Finanzmathematik 1: Diskrete Modelle - Reinhold Kainhofer
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Einführung in die<br />
<strong>Finanzmathematik</strong>: <strong>Diskrete</strong> <strong>Modelle</strong><br />
Skriptum zur Vorlesung (Teile <strong>Kainhofer</strong>)<br />
<strong>Reinhold</strong> <strong>Kainhofer</strong><br />
FAM, TU Wien<br />
Mai 2007
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Das Ein-Perioden-Modell 1<br />
1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />
1.2 Arbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
1.2.1 dominierende Handelsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
1.2.2 Lineare Preismaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
1.2.3 Gesetz des eindeutigen Preises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
1.2.4 Arbitrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
1.3 Risikoneutrales Wahrscheinlichkeitsmaß (Martingalmaß) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
1.4 Bewertung von Contingent Claims . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
1.4.1 Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
1.5 Vollständige Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
1.5.1 Unvollständige Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
1.6 Risiko und Ertrag (Return) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
1.7 Optimale Portfolios, Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
1.7.1 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
2 Wh. Wahrscheinlichkeitstheorie 21<br />
3 Mehr-Perioden-Modell in diskreter Zeit 22<br />
4 Wh. Martingaltheorie 23<br />
5 Capital Asset Pricing Model (CAPM) 24<br />
6 Das Binomialmodell 25<br />
6.1 Beschreibung des Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
6.1.1 Das Cox-Ross-Rubinstein (CRR) Modell als Spezialfall . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
6.2 Arbitrage-Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
6.3 Bepreisung im Binomialmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
6.4 Europäische Call-Option im Binomialmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
6.5 Verteilung des Maximums im Binomialmodell (Reflection Principle) . . . . . . . . . . . . 30<br />
6.5.1 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
7 Markov <strong>Modelle</strong> 33<br />
7.1 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
8 Grenzübergang im Binomialmodell: Das Black-Scholes Modell 37<br />
8.1 Schwache Konvergenz, zentraler Grenzwertsatz in schwacher Formulierung . . . . . . . . . 37<br />
8.2 Reskalierung des Binomialmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
8.3 Die Black-Scholes-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
8.3.1 Ableitung der Black-Scholes-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
9 Amerikanische Optionen im diskreten Modell 42<br />
9.1 Die Snell-Envelope (Snell’sche Einhüllende) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
9.2 Zerlegung von Supermartingalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
9.3 Anwendung auf Amerikanische Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
9.4 Zusammenhang der Preise von Amerikanischen und Europäischen Optionen . . . . . . . . 46<br />
i
INHALTSVERZEICHNIS<br />
ii<br />
9.4.1 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
10 Optimale Portfolios und Martingalmethoden 47<br />
10.1 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />
Stichworte zum Inhalt der Lehrveranstaltung 50<br />
Anhang 52
Kapitel 1<br />
Das Ein-Perioden-Modell<br />
1.1 Definitionen<br />
(Dieses Kapitel hält sich zu einem großen Teil an Kapitel 1 des Buches [Pli97])<br />
Das Ein-Perioden-Modell ist ein simples Modell, das aber trotzdem die meisten Begriffe, Effekte und<br />
grundlegenden Gedanken der <strong>Finanzmathematik</strong> gut darstellen lässt.<br />
Definition 1.1. Das Ein-Perioden-Modell besteht aus<br />
1. Start- und Endzeitpunkt t 0 und t 1 , üblicherweise t 0 = 0 und t 1 = 1. Handel ist nur zu t 0 und<br />
t 1 möglich<br />
2. Endlicher Ereignisraum Ω, |Ω| = k < ∞<br />
Ω = {ω 1 , . . . , ω k }<br />
ω ∈ Ω beschreibt den allgemeinen Marktzustand zu t 1<br />
3. Wahrscheinlichkeitsmaß P mit P(ω i ) > 0∀ω i ∈ Ω<br />
4. Bankkonto-Prozess B = (B t ) t=0,1<br />
, B 0 = 1, B 1 ist Zufallsvariable ( risikolose Anlage“), B ” 1 > 0<br />
(<br />
)<br />
5. Preisprozess S = (S t ) t=0,1<br />
mit S t = S (1)<br />
t , . . . , S (N)<br />
t , N < ∞. Es existieren N risikobehaftete<br />
Anlagen ( Assets“), S (n)<br />
”<br />
t ist der Preis der n-ten Anlage zur Zeit t. Zu t = 0 sind die Preise<br />
S (n)<br />
0 bekannt, die Preise S (n)<br />
1 jedoch nicht-negative Zufallsvariablen (S (n)<br />
1 (ω))<br />
t 1 ⩵1<br />
Preisentwicklung Bankkonto<br />
B 1 ⩵1r<br />
t 0 ⩵0<br />
r<br />
1<br />
B 0 ⩵1<br />
S 0<br />
n<br />
t 0 ⩵0<br />
Preisentwicklung Asset n<br />
Ω 1<br />
Ω 2<br />
Ω 3<br />
PΩ 1 <br />
PΩ 2 <br />
PΩ 3 <br />
t 1 ⩵1<br />
S 1 n Ω 1 <br />
S n 1 Ω 2 <br />
S n 1 Ω 2 <br />
S 1 n Ω 3 <br />
Ω 4<br />
PΩ 4 <br />
Immer positiv↑<br />
0<br />
S 1 n Ω 4 <br />
Abbildung 1.1: Entwicklung des Bankkontos und eines Assets n im Einperiodenmodell.<br />
1
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 2<br />
Bemerkung 1.1. B t ist meist fest-verzinst gewählt, typischerweise positiv: r = B 1 − B 0 = B 1 − 1.<br />
Definition 1.2 (Handelsstrategie). Eine Handelsstrategie H = (H 0 , . . . , H N ) beschreibt ein Portfolio,<br />
das von t 0 bis t 1 gehalten wird. H ist durch die zu t = 0 bekannten Daten bestimmt (d.h. auch<br />
zu t = 0 ist H keine Zufallsvariable ). H 0 ist der Investitionsbetrag ins risikolose Asset, H n die<br />
Anzahl der Anteile an Wertpapier n (zum Preis S (n)<br />
t ).<br />
Bemerkung 1.2. Alle H i können positiv oder negativ sein 1<br />
Definition 1.3 (Wertprozess). Der Wertprozess V = (V t ) t=0,1<br />
beschreibt den Wert des Portfolios<br />
H zu jedem Zeitpunkt:<br />
N∑<br />
V t = H 0 B t + H n S (n)<br />
t , t = 0, 1<br />
n=1<br />
Definition 1.4 (Gewinnprozess). Der Gewinnprozess G beschreibt die Wertänderung des Portfolios<br />
H für jeden Zeitschritt (d.h. im Ein-Perioden-Modell von t 0 bis t 1 ):<br />
G = H 0 · r +<br />
N∑ [<br />
H n<br />
n=1<br />
S (n)<br />
t 1<br />
]<br />
− S (n)<br />
t 0<br />
} {{ }<br />
∆S n<br />
Bemerkung 1.3. Es gilt V 1 = V 0 + G, d.h. Wertänderungen geschehen nur durch Änderung der Kurse der<br />
Wertpapiere, nicht durch Kapital von außen.<br />
Preisänderungen werden oft nur relativ zum Bankkonto betrachtet ( ”<br />
Um wie viel ist das Wertpapier<br />
besser als das Bankkonto?“), d.h. man kann auch den Wert des Bankkontos als Geldeinheit benutzen.<br />
Dies führt zu den diskontierten Prozessen:<br />
Definition 1.5 (diskontierte Prozesse).<br />
• diskontierter Preisprozess ˜S<br />
( )<br />
= ˜St<br />
˜S (n)<br />
t<br />
• diskontierter Wertprozess Ṽ = (Ṽt<br />
)<br />
t=0,1<br />
mit<br />
= S (n)<br />
t /B t , n = 1, . . . , N, t = 0, 1<br />
t=0,1<br />
mit<br />
Ṽ t = V t /B t = H 0 +<br />
• diskontierter Gewinnprozess ˜G<br />
( )<br />
= ˜Gt<br />
Damit gilt auch Ṽ1 = Ṽ0 + ˜G.<br />
˜G t = G t /B t =<br />
t=0,1<br />
N∑<br />
n=1<br />
N∑<br />
n=1<br />
mit<br />
H n<br />
[ ˜S(n) t 1<br />
H n ˜S(n) t , t = 0, 1<br />
−<br />
]<br />
(n) ˜S t 0<br />
, t = 0, 1<br />
1 Das bedeutet, dass Short-selling bzw. Schulden bei der Bank zulässig sind. Short-selling ist der Verkauf von Wertpapieren,<br />
die man noch gar nicht hat. Vergleichbar ist dies mit der Aufnahme eines Kredits bei der Bank.
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 3<br />
Beispiel 1.1. k = 2 Marktzustände, N = 1 risikobehaftetes Asset, Zins r = 1 9<br />
. Die Kursentwicklung<br />
verhält sich:<br />
B 0 = 1 B 1 (ω) = 1 + 1 9 = 10 9<br />
S 0 = 5 S 1 (ω 1 ) = 20 3<br />
S 1 (ω 2 ) = 40 9<br />
˜S 0 = 5 ˜S1 (ω 1 ) = 20 3 /10 9 = 6 ˜S1 (ω 2 ) = 40 9 /10 9 = 4<br />
Damit ergeben sich für eine Handelsstrategie H = (H 0 , H 1 ) die Werte zu t 0 = 0 und t 1 = 1 sowie der<br />
Gewinn als<br />
V 0 = Ṽ0 = 1 · H 0 + 5H 1<br />
V 1 (ω) = 10 9 H 0 + H 1 S 1 (ω)<br />
Ṽ 1 = H 0 + H 1 ˜S1 (ω)<br />
G(ω) = 1 9 H 1 + (S 1 (ω) − S 0 )H 1<br />
˜G(ω) = H1 ( ˜S 1 (ω) − S 0 )<br />
Dies definiert uns also für jeden Marktzustand ω ∈ Ω eine Gleichung.<br />
Bemerkung 1.4. ω sind die möglichen Marktzustände zu t = 1. Deren tatsächliche Wahrscheinlichkeiten<br />
sind nicht näher gegeben (werden aber – wie wir später sehen werden – auch gar nicht zur Preisfestlegung<br />
eines Derivats benötigt)!<br />
Bemerkung 1.5. Unser erstes Ziel ist nun, für eine gegebene Verpflichtung Ṽ1(ω i ) (z.B. ein abgeschlossener<br />
Vertrag oder ein sonstiges Derivat, das abhängig vom Marktzustand Leistungen bietet) eine Handelsstrategie<br />
H = (H 0 , H 1 , . . . , H N ) zu finden, die zum Zeitpunkt t = 1 in jedem Marktzustand ω i genau den<br />
Wert V 1 (ω i ) hat. Wenn wir nun zu t = 0 den Betrag V 0 in dieses Portfolio investieren, können wir exakt<br />
die nötigen Zahlungen tätigen. Insofern ist also V 0 ein fairer Preis bzw. der momentane Wert von V zum<br />
Zeitpunkt t = 0.<br />
Bemerkung 1.6. Wenn man obiges Beispiel betrachtet, sieht man, dass wir für die Bestimmung von H 0<br />
und H 1 für die beiden Assets aus den Ṽ1 genau zwei mögliche Zustände haben, wobei jeder Zustand ω i<br />
eine Gleichung definiert. Insbesondere haben wir zwei Gleichungen für zwei Variablen und können i.A.<br />
ein eindeutiges derartiges Portfolio bestimmen:<br />
Ṽ 1 (ω 1 ) = H 0 + H 1 S (1)<br />
1 (ω 1)<br />
Ṽ 1 (ω 2 ) = H 0 + H 1 S (1)<br />
1 (ω 2)<br />
Die Lösung kann daher als eine Linearkombination der Portfoliowerte zu t = 1 dargestellt werden kann:<br />
H 0 =<br />
H 1 =<br />
1<br />
(−1)<br />
S (1)<br />
1 (ω 1) − S (1)<br />
1 (ω Ṽ 1 (ω 1 ) +<br />
2)<br />
S (1)<br />
1<br />
} {{ }<br />
(ω 1) − S (1)<br />
1 (ω Ṽ 1 (ω 2 )<br />
2)<br />
} {{ }<br />
a 0,1 a 0,2<br />
(<br />
)<br />
1<br />
1<br />
(−1)<br />
S (1)<br />
1 (ω 1 −<br />
2) S (1)<br />
1 (ω 1) − S (1)<br />
1 (ω Ṽ 1 (ω 1 ) +<br />
2)<br />
(S (1)<br />
1<br />
} {{ }<br />
(ω 1) − S (1)<br />
1 (ω 2))S (1)<br />
1 (ω Ṽ 1 (ω 2 )<br />
1)<br />
} {{ }<br />
a 1,1 a 1,2<br />
Damit berechnet sich der momentane Wert dieses Portfolios, das genau Ṽ1 generiert, durch:<br />
V 0 = H 0 + H 1 S (1)<br />
0 = a 0,1 Ṽ 1 (ω 1 ) + a 0,1 Ṽ 1 (ω 2 ) + S (1)<br />
0 a 1,1Ṽ1(ω 1 ) + S (1)<br />
0 a 1,2Ṽ1(ω 2 )<br />
(<br />
) (<br />
)<br />
= a 0,1 + S (1)<br />
0 a 1,1 Ṽ 1 (ω 1 ) + a 1,1 + S (1)<br />
0 a 1,2 Ṽ 1 (ω 2 ) = E Q [Ṽ ]<br />
} {{ } } {{ }<br />
=:q 1 =:q 2<br />
Naïv würde man erwarten, dass der faire Preis einfach E[Ṽ ] beträgt, wobei die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten<br />
für die Marktzustände ω i benutzt werden. Obige Gleichung zeigt allerdings, dass der
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 4<br />
momentane Preis zwar auch als Erwartungswert der diskontierten Preise zu t = 1 bestimmt werden<br />
kann, allerdings bezüglich einer anderen Wahrscheinlichkeitsverteilung, die lediglich von den Kursen der<br />
am Markt verfügbaren Assets S (n)<br />
t für t = 0, 1 abhängen, nicht aber von den Wahrscheinlichkeiten der<br />
Marktzustände!<br />
Die grundlegende Idee der <strong>Finanzmathematik</strong> ist jene, dass ein gegebener Claim durch geeignete Kombinationen<br />
von vorhandenen Assets dargestellt werden kann – die replizierende Handelsstrategie – und<br />
dadurch der Preis bereits bestimmt ist. Damit ist in jedem Fall genau das nötige Kapital zu t = 1<br />
vorhanden und es besteht kein Risiko, unabhängig davon, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit ein<br />
Marktzustand angenommen wird. Daher wird dieses durch den Markt (und durch die Annahme, dass<br />
keine risikolosen Gewinne möglich sein sollen) bestimmte Wahrscheinlichkeitsmaß auch risikoneutrales<br />
”<br />
Maß‘ genannt. Mehr dazu jedoch später.<br />
Beispiel 1.2. Betrachte nun den Markt aus Beispiel 1.1 mit k = 3 Zuständen, wobei im zusätzlichen<br />
Zustand der Preisverlauf S 1 (ω 3 ) = 30/9 und ˜S 1 (ω 3 ) = 3 lautet. Alle Definitionen und Gleichungen sind<br />
gleich wir oben, lediglich eine neue dritte Gleichung für ω 3 kommt hinzu:<br />
ω 3 : V 1 (ω 3 ) = 10<br />
9 H 0 + 30<br />
9 H 1<br />
G(ω 3 ) = 1 9 H 0 − 5 3 H 1<br />
Ṽ 1 (ω 3 ) = H 0 + 3H 1<br />
˜G(ω 3 ) = H 0 − 2H 1<br />
Damit haben wir 3 Gleichungen (von ω 1 , ω 2 , ω 3 ) für 2 Variablen (H 0 , H 1 ) bei vorgegebenem G oder ˜G.<br />
Übungsbeispiel 1.1. N = 2 risikobehaftete Assets, k = 3 Zustände. Stelle Gleichungen für V , Ṽ , G und<br />
˜G auf!<br />
1.2 Arbitrage<br />
Idee. Der Markt soll keine Gelegenheit für einen risikolosen Gewinn bieten.<br />
1.2.1 dominierende Handelsstrategien<br />
Definition 1.6. Eine Handelsstrategie Ĥ ist dominierend, wenn es eine Handelsstrategie ¯H gibt mit<br />
̂V 0 = ¯V 0 , aber ̂V 1 (ω) > ¯V 1 (ω)∀ω ∈ Ω.<br />
Lemma 1.1. Eine dominierende Handelsstrategie existiert dann und nur dann, wenn eine Handelsstrategie<br />
H existiert mit V 0 = 0 und V 1 (ω) > 0∀ω ∈ Ω.<br />
Beweis. =⇒ Sei Ĥ dominierend. Die Handelsstrategie H = Ĥ − ¯H erfüllt V 0 = 0 und V 1 (ω) > 0∀ω ∈ Ω.<br />
⇐= Die HS H dominiert die HS ¯H = (0, 0) für alle ω ∈ Ω.<br />
Lemma 1.2. Eine dominierende Handelsstrategie existiert dann und nur dann, wenn eine Handelsstrategie<br />
existiert mit V 0 < 0 und V 1 (ω) ≥ 0∀ω ∈ Ω.<br />
Beweisskizze. Betrachte die Handelsstrategie H, die das vorige Lemma erfüllt. Konstruiere eine neue<br />
Handelsstrategie ¯H n = H n , n = 1, . . . , N und ¯H 0 = − ∑ N<br />
n=1 H nS (n)<br />
0 − δ mit δ = min ω ˜G(ω) > 0. Diese<br />
erfüllt die Behauptung des Lemmas. Für die andere Richtung verschiebt man H 0 um V 0 und hat damit<br />
die dominierende Handelsstrategie.
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 5<br />
Interpretation. Zwei Investitionen (Portfolios) haben denselben Anfangspreis V 0 , die eine hat aber in<br />
jedem Fall einen höheren Endwert. Damit könnte man einen Anteil des niedrigeren Portfolios verkaufen<br />
und das Kapital in das bessere Portfolio investieren. In jedem Fall bleibt ein risikoloser Gewinn übrig.<br />
1.2.2 Lineare Preismaße<br />
Definition 1.7 (lineares Preismaß). Ein lineares Preismaß ist ein nicht-negativer Vektor π =<br />
(π(ω 1 ), π(ω 2 ), . . . , π(ω N )) mit<br />
Ṽ 0 = E π [Ṽ1] = ∑ ω∈Ω<br />
π(ω)Ṽ1(ω) = ∑ ω∈Ω<br />
π(ω) V 1(ω)<br />
B 1 (ω) ∀Handelsstrategien<br />
Korollar 1.3. Wenn ein lineares Preismaß existiert, gibt es keine dominierende Handelsstrategie.<br />
Beweis. Angenommen, es existiert eine dominierende Handelsstrategie Ĥ, d.h. ̂V0 = ¯V 0 und ̂V 1 (ω) ><br />
¯V 1 (ω)∀ω ∈ Ω, woraus ˜̂V 1 (ω) > ˜¯V 1 (ω) folgt. Damit erhalten wir den Widerspruch<br />
˜̂V 0 = ∑ ω<br />
π(ω)˜̂V 1 (ω) > ∑ ω<br />
π(ω)˜̂V 1 (ω) = ˜̂V 0 = ˜¯V 0 .<br />
Die strikte Ungleichung im Beweis gilt allerdings nur, da wir an eine dominierende Handelsstrategie die<br />
relativ starke Forderung gestellt haben, dass sie in jedem Marktzustand strikt mehr als die dominierte<br />
Handelsstrategie liefert. Der Fall, dass π = (0, 0, . . . , 0) gilt, ist trivial, da dann nach Definition immer<br />
V 0 = 0 gelten würde und zum anderen gar nicht möglich, wenn man z.B. die Handelsstrategie H = (H 0 ><br />
0, 0, . . . , 0) betrachtet, die nur in das risikolose Asset investiert.<br />
Bemerkung 1.7. π ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß.<br />
Beweis. Dies ist einfach zu sehen, indem man ein Portfolio H = (1, 0, . . . , 0) mit H 0 ≠ 0 betrachtet,<br />
welches zu t 0 den Wert V 0 = 1 und unabhängig vom Marktzustand zu t = 1 immer den Wert Ṽ1(ω) = 1<br />
hat. Damit folgt<br />
1 = Ṽ0 = ∑ π(ω) · 1 = ∑ π(ω)<br />
ω<br />
ω<br />
Zusammen mit der Nicht-Negativität folgt die Behauptung.<br />
Lemma 1.4. Ein Vektor π ist ein lineares Preismaß dann und nur dann, wenn π ein Wahrscheinlichkeitsmaß<br />
auf Ω ist mit ˜S 0 = E π [ ˜S 1 ] = ∑ (n)<br />
(n)<br />
(n)<br />
ω<br />
π(ω) ˜S 1 (ω) für n = 1, . . . , N.<br />
Es genügt also, dass (1.7) nur für alle N Assets erfüllt ist, um zu garantieren, dass die Gleichung für jedes<br />
beliebige Portfolio erfüllt ist. Dies ist relativ klar, da ein beliebiges Portfolio als Vektor betrachtet ja nur<br />
eine Linearkombination der Portfolios (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0) ist, die jeweils nur das i-te Asset beschreiben.<br />
Interpretation (Definition des linearen Preismaßes). Der Wert Ṽ0 zum Zeitpunkt t = 0 entspricht genau<br />
dem Erwartungswert des Preises zu t = 1 unter dem Wahrscheinlichkeitsmaß π. Das heißt, wir benutzen<br />
nicht die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten, sondern andere, die risikolosen Gewinn ausschließen.<br />
1.2.3 Gesetz des eindeutigen Preises
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 6<br />
Definition 1.8. Das Gesetz des eindeutigen Preises gilt, wenn es keine zwei Handelsstrategien Ĥ<br />
und ¯H gibt, sodass ̂V 1 (ω) = ¯V 1 (ω)∀ω ∈ Ω gilt, aber ̂V 0 ≠ ¯V 0 .<br />
Anschaulich bedeutet dies, dass zwei Anlagen / Portfolios, die zu t = 1 in jedem Zustand dasselbe<br />
auszahlen, auch gleich viel Wert sein sollen zum Zeitpunkt t = 0.<br />
Bemerkung 1.8. Wenn es keine zwei verschiedenen Handelsstrategien gibt, die dieselben Auszahlungen<br />
leisten (etwa weil die durch Ṽ1(ω i ) bestimmte Handelsstrategie immer eindeutig ist wie im Beispiel 1.1),<br />
ist das Gesetz des eindeutigen Preises trivialerweise automatisch erfüllt!<br />
Lemma 1.5. Wenn keine dominierenden Handelsstrategien existieren, gilt das Gesetz des eindeutigen<br />
Preises. Die Umkehrung gilt i.A. nicht.<br />
Beispiel 1.3 (Gesetz des eindeutigen Preises nicht erfüllt). Betrachte einen Markt mit k = 2 Zuständen<br />
und N = 1 risikobehaftetem Asset, sowie r = 1. Es sei<br />
S 0 = 10 S 1 (ω 1 ) = S 1 (ω 1 ) = 12<br />
In diesem Fall ist S 1 und damit auch V 1 (ω) = 2H 0 + 12H 1 konstant auf Ω, also quasi risikolos.<br />
⇒ beliebig viele HS (H 0 , H 1 ), um V 1 = λ (λ fix gewählt) zu erzeugen, jede hat unterschieden Preis V 0 .<br />
⇒ kein eindeutiger Preis<br />
Beispiel 1.4 (Gesetz des eindeutigen Preises, aber dominierende Handelsstrategie existiert).<br />
Betrachte einen Markt mit k = 2 Zuständen und N = 1 risikobehaftetem Asset, sowie r = 1. Es sei<br />
Das GS für die HS H lautet<br />
S 0 = 10 S 1 (ω 1 ) = 12 S 1 (ω 1 ) = 8<br />
V 1 (ω 1 ) = 2H 0 +12H 1<br />
V 1 (ω 2 ) = 2H 0 + 8H 1<br />
und besitzt eine eindeutige Lösung für jedes X = (V 1 (ω 1 ), V 1 (ω 2 )). Damit ist die Handelsstrategie H<br />
eindeutig und auch der Preis V 0 eindeutig.<br />
Betrachte nun allerdings die Handelsstrategie H = (10, −1), also 10 Geldeinheiten am Bankkonto, ein<br />
Asset short:<br />
V 0 = 10 · 1 − 1 · 10 = 0<br />
V 1 (ω 1 ) = 2 · 10 − 12 · 1 = 8<br />
V 1 (ω 2 ) = 2 · 10 − 8 · 1 = 12<br />
Damit gilt für die HS H = (10, −1), dass V 0 = 0, aber V 1 (ω) > 0∀ω. Damit dominiert H die Handelsstrategie<br />
(0, 0) und der Markt lässt dominierende Handelsstrategien zu.<br />
1.2.4 Arbitrage<br />
Definition 1.9. Eine Arbitrage-Möglichkeit ist eine Handelsstrategie H mit<br />
• V 0 = 0<br />
• V 1 (ω) ≥ 0∀ω ∈ Ω<br />
• ∃ω ∈ Ω : V 1 (ω) > 0 (oder alternativ E[V 1 ] > 0, da π(ω) > 0∀ω ∈ Ω)
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 7<br />
Definition 1.10 (Alternative Definition von Arbitrage). Eine Arbitrage-Möglichkeit ist eine<br />
Handelsstrategie H, sodass eine weitere Handelsstrategie Ĥ existiert mit<br />
• V 0 = ̂V 0<br />
• V 1 (ω) ≥ ̂V 1 (ω)∀ω ∈ Ω<br />
• ∃ω ∈ Ω : V 1 (ω) > ̂V 1 (ω) (oder alternativ E[V 1 ] > E[̂V 1 ], da π(ω) > 0∀ω ∈ Ω)<br />
Bemerkung 1.9. Die Existenz von Arbitrage ist nach beiden Definitionen äquivalent, da Definition 1.9<br />
nur der Spezialfall Ĥ = 0 von Definition 1.10 ist, und andererseits die HS H − Ĥ die Bedingungen von<br />
Definition 1.9 erfüllt. Wenn es also eine Arbitrage-Möglichkeit im Sinn von Definition 1.9 gibt, dann auch<br />
im Sinn von Definition 1.10 und umgekehrt.<br />
Interpretation. Arbitrage bedeutet einen risikolosen Gewinn. Insbesondere besteht ohne Kapitel (V 0 = 0)<br />
eine Chance auf einen Gewinn in zumindest einem möglichen Marktzustand, aber es ist kein Verlust<br />
möglich. In eine derartige Investitionsmöglichkeit würden alle am Markt (beliebig viel, da kein Kapital<br />
nötig ist) investieren. Daher ist die Nicht-Existenz der Möglichkeit eines risikolosen Gewinnes das<br />
Grundprinzip der <strong>Finanzmathematik</strong>. Außerdem würde aufgrund der starken Nachfrage nach den Marktprinzipien<br />
der Preis steigen und die Arbitrage doch wieder verschwinden.<br />
Lemma 1.6. Wenn es eine dominierende Handelsstrategie gibt, existiert eine Arbitrage-Möglichkeit.<br />
Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht.<br />
Beweis. Die Handelsstrategie ¯H dominiere Ĥ. Dann erfüllt H = ¯H − Ĥ alle Bedingungen für eine<br />
Arbitrage-Möglichkeit.<br />
Beispiel 1.5 (Arbitrage, aber keine dominierende Handelsstrategie). k = 2 Zustände, N = 1 risikobehaftetes<br />
Asset, r = 0, S 0 = 10, S 1 (ω 1 ) = 12, S 1 (ω 2 ) = 10.<br />
• H = (−10, 1) ist eine Arbitrage-Möglichkeit, weil V 0 = −10+1·10 = 0, aber V 1 (ω 1 ) = −10+12 = 2<br />
und V 1 (ω 2 ) = −10 + 10 = 0.<br />
• π = (0, 1) ist ein lineares Preismaß, daher existiert keine dominierende Handelsstrategie.<br />
Bemerkung 1.10. Der Zustand ω 2 , der im letzten Beispiel die Arbitrage liefert, wird durch π(ω 2 ) = 0<br />
wieder kompensiert und wirkt sich daher nicht auf V 0 aus.<br />
Korollar 1.7. H ist eine Arbitrage-Möglichkeit dann und nur dann, wenn (a) ˜G ≥ 0, (b) E[ ˜G] > 0<br />
und (c) V 0 = 0.<br />
Beweis. Simples Übungsbeispiel.<br />
1.3 Risikoneutrales Wahrscheinlichkeitsmaß (Martingalmaß)<br />
Frage. Wann gibt es keine Arbitrage-Möglichkeit?<br />
Wie wir in Beispiel 1.5 gesehen haben, verhindert die Existenz eines linearen Preismaßes zwar die Existenz<br />
von dominierenden Handelsstrategien, nicht jedoch die Existenz von Arbitrage. Die Analyse des Beispiels<br />
zeigte uns, dass π(ω 2 ) = 0 zur Folge hatte, dass der Arbitrage erlaubende Zustand ω 2 sich nicht auf die<br />
Martingaleigenschaft auswirkt. Um diesen Fall also zu verhindern, werden wir nun zusätzlich fordern,<br />
dass jeder Zustand wirklich positive Wahrscheinlichkeit besitzt.
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 8<br />
Märkte ohne Arbitrage<br />
Märkte ohne dominierende Handelsstrategien<br />
Märkte, in denen Gesetz des eindeutigen Preises gilt<br />
Abbildung 1.2: Klassifikation und Hierarchie von Marktmodellen<br />
Definition 1.11. Ein Wahrscheinlichkeitsmaß Q auf Ω heißt risikoneutrales Maß (RNM), wenn<br />
(a) Q(ω) > 0∀ω ∈ Ω<br />
(b) E Q [∆S (n) ] = 0 (bzw. E Q [S (n)<br />
1 ] = S (n)<br />
0 ) für n = 1, . . . , N ( ”<br />
Martingaleigenschaft“)<br />
Interpretation. Der momentane Preis S (n)<br />
0 ist – wie auch schon bei linearen Preismaßen – der beste<br />
(Momenten-)Schätzer für den Preis zu t = 1. Außerdem hat ein risikoneutrales Maß dieselben Nullmengen<br />
(nämlich keine in unserem Fall) wie die ursprünglichen Wahrscheinlichkeiten, d.h. P ∼ Q.<br />
Die entscheidende Eigenschaft ist, dass Q(ω) > 0∀ω ∈ Ω bzw. Q ∼ P.<br />
Theorem 1.8. Es existiert keine Arbitrage-Möglichkeit dann und nur dann, wenn ein risikoneutrales<br />
Maß Q existiert.<br />
Der Beweis dieses Satzes läuft z.B. über lineare Programmierung, würde aber den Rahmen hier sprengen.<br />
Bemerkung 1.11. Ein risikoneutrales Maß ist i.A. nicht eindeutig, wichtig ist nur die Existenz mindestens<br />
eines RNM. Ist das RNM eindeutig, ist der Markt vollständig und jeder beliebige Claim kann durch ein<br />
Portfolio erreicht werden, wie später gezeigt werden wird.<br />
(1)<br />
Beispiel 1.6 (Fs. von Beispiel 1.1; eindeutiges RNM). S 0 = 5, ˜S 1 (ω (1)<br />
1) = 6, ˜S 1 (ω 2) = 4. Das RNM Q<br />
wird definiert durch die Martingalbedingung einerseits und die Tatsache, dass Q ein Wahrscheinlichkeitsmaß<br />
ist. Das entsprechende Gleichungssystem lautet also<br />
5 =6Q(ω 1 )+4Q(ω 2 )<br />
1 = Q(ω 1 )+ Q(ω 2 )<br />
Dessen Lösung ist Q(ω 1 ) = Q(ω 2 ) = 1 2 , wodurch Q = ( 1<br />
2 , 1 2)<br />
ein RNM ist und daher keine Arbitrage in<br />
diesem einfachen Markt möglich ist.<br />
Beispiel 1.7 (Fs. von Beispiel 1.2; RNM nicht eindeutig). Der Markt besteht wie im letzten Beispiel aus<br />
(1)<br />
einem Asset, jedoch wird noch ein dritter Marktzustand ω 3 beobachtet mit ˜S 1 (ω 3) = 3. Das Gleichungssystem<br />
lautet nun<br />
5 =6Q(ω 1 )+4Q(ω 2 )+3Q(ω 3 )<br />
1 = Q(ω 1 )+ Q(ω 2 )+ Q(ω 3 )
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 9<br />
Dessen Lösung ist Q(ω 2 ) = 2−3Q(ω 1 ) und Q(ω 3 ) = −1+2Q(ω 1 ). Damit ist also Q = (λ, 2 − 3λ, −1 + 2λ)<br />
für jedes λ ∈ ] 1<br />
2 , [ 3<br />
2 ein RNM (Die Werte λ =<br />
1<br />
2 und λ = 2 3<br />
müssen ausgeschlossen werden, da sonst<br />
Q(ω 2 ) = 0 oder Q(ω 3 ) = 0 gilt und Q dann kein RNM mehr ist!). Damit haben wir ein (nicht eindeutiges)<br />
RNM gefunden und der Markt lässt keine Arbitrage zu.<br />
Beispiel 1.8 (kein RNM, obwohl N = 2 und k = 3 und LPM). Betrachte einen Markt mit N = 2 risikobehafteten<br />
Assets und k = 3 Marktzuständen, sowie einen Zins von r = 1 9<br />
. Die Kurse entwickeln sich<br />
nach folgender Tabelle:<br />
S (n)<br />
0 =<br />
(n) ˜S 0 S (n)<br />
1<br />
˜S (n)<br />
1<br />
n ω 1 ω 2 ω 3 ω 1 ω 2 ω 3<br />
1 5 20/3 20/3 40/9 6 6 4<br />
2 10 40/3 80/9 80/9 12 8 8<br />
Das Gleichungssystem für ein risikoneutrales Maß lautet also<br />
5 = 6Q(ω 1 )+6Q(ω 2 )+4Q(ω 3 )<br />
10 =12Q(ω 1 )+8Q(ω 2 )+8Q(ω 3 )<br />
1 = Q(ω 1 )+ Q(ω 2 )+ Q(ω 3 )<br />
und besitzt die Lösung Q = ( 1<br />
2 , 0, 1 2)<br />
. Dies ist zwar ein lineares Preismaß, aber nicht echt positiv, also<br />
kein risikoneutrales Maß. Damit ist in diesem Markt Arbitrage möglich, z.B. durch H = (0, 2, −1) im<br />
Zustand ω 2 .<br />
Beispiel 1.9 (kein RNM, kein LPM). Der Markt sei wie im letzten Beispiel 1.8, jedoch soll der Zustand<br />
ω 3 nicht existieren. Das GS ist damit<br />
5 = 6Q(ω 1 )+6Q(ω 2 )<br />
10 =12Q(ω 1 )+8Q(ω 2 )<br />
1 = Q(ω 1 )+ Q(ω 2 )<br />
Damit haben wir drei (nicht linear abhängige) Gleichungen für 2 Variablen, weshalb keine Lösung existiert.<br />
Damit gibt es kein RNM in diesem Markt und es ist Arbitrage möglich. Es gibt nicht mal ein LPM, da<br />
auch dieses obiges Gleichungssystem erfüllen müsste!<br />
1.4 Bewertung von Contingent Claims<br />
Definition 1.12 (Contingent Claim). Ein Contingent Claim (CC, ”<br />
bedingte Forderung“) X ist<br />
eine Zahlung zu t 1 = 1, deren Höhe vom Marktzustand ω i abhängt. Zum Zeitpunkt t = 0 betrachtet<br />
ist X eine Zufallsvariable.<br />
Definition 1.13 (erreichbarer CC). Ein CC ist erreichbar (attainable, marketable), wenn eine<br />
Handelsstrategie H existiert (das ”<br />
replizierende Portfolio“) mit V 1 (ω i ) = X(ω i )∀ω i ∈ Ω. Man sagt<br />
dann, dass H den CC X erzeugt.<br />
Beispiel 1.10. Betrachte einen Markt mit N = 2 Assets und k = 3 Zuständen sowie einen Zins von r = 0.<br />
Die Preisentwicklung sei<br />
˜S (1)<br />
0 = 5 ˜S(1) 1 (ω 1) = 3 ˜S(2) 0 = 5 ˜S(2) 1 (ω 1) = 7<br />
˜S (1)<br />
1 (ω 2) = 5 ˜S(2) 1 (ω 2) = 5<br />
˜S (1)<br />
1 (ω 3) = 7 ˜S(2) 1 (ω 3) = 3
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 10<br />
Betrachte nun einen CC X(ω 1 ) = X(ω 2 ) = X(ω 3 ) = 5. Gesucht ist damit die Handelsstrategie H =<br />
(H 0 , H 1 , H 2 ) mit<br />
5 =H 0 B 0 +H 1 ˜S(1) 1 (ω 1)+H 2 ˜S(2) 1 (ω 1) =1H 0 +3H 1 +7H 2<br />
5 = =1H 0 +5H 1 +5H 2<br />
5 = =1H 0 +7H 1 +3H 2<br />
Die Lösung ist H 0 = 5 − 10H 2 und H 1 = H 2 , insbesondere also H = (5 − 10λ, λ, λ). Mögliche Portfolios<br />
zur Replizierung sind z.B. H = (5, 0, 0) (nur Investition ins Bankkonto) oder H = (0, 1 2 , 1 2<br />
) (nur in<br />
risikobehaftete Assets). Das replizierende Portfolio ist also i.A. nicht eindeutig (der Preis jedoch schon,<br />
auch in diesem Fall!)<br />
Beispiel 1.11. Ändere im letzten Beispiel nun<br />
˜S<br />
(2)<br />
1 (ω 3) = 5 und ˜X(ω 3 ) = 7. Das GS lautet nun<br />
ω 1 : 5 =5H 0 +3H 1 +7H 2<br />
ω 2 : 5 =5H 0 +5H 1 +5H 2<br />
ω 3 : 7 =5H 0 +7H 1 +5H 2<br />
und besitzt die Lösung H 0 = −1, H 1 = H 2 = 1. Die Handelsstrategie H = (−1, 1, 1) ist insbesondere in<br />
diesem Fall eindeutig, da die Koeffizientenmatrix vollen Rang besitzt.<br />
Frage. Was ist der (faire) Preis p eines erreichbaren CC X zum Zeitpunkt t = 0?<br />
Man sieht leicht, dass es eine Arbitrage-Möglichkeit gibt, wenn p ≠ V 0 gilt:<br />
p > V 0 : Verkaufe einen Claim zum Zeitpunkt t 0 = um p, investiere V 0 ins replizierende Portfolio, welches<br />
genau die nötige Auszahlung abdeckt. Die Differenz p − V 0 kann als risikoloser Gewinn eingestreift<br />
werden.<br />
p < V 0 : Verfahre genau umgekehrt (Investiere in Claim und gehe einmal das replizierende Portfolio short).<br />
Wenn p = V 0 , existiert keine Arbitrage mit der replizierenden Handelsstrategie H. Die Frage ist jedoch,<br />
ob eine solche replizierende Handelsstrategie überhaupt existiert. Mehr dazu im Abschnitt 1.5.<br />
Lemma 1.9. Sei Q ein risikoneutrales Maß. Dann gilt für jede Handelsstrategie H:<br />
V 0 = E Q [Ṽ1]<br />
Def. G<br />
Beweis. V 0 = E Q [Ṽ1 − ˜G]<br />
[ ∑N<br />
= E Q [Ṽ1] − E Q n=1 H n∆ ˜S<br />
]<br />
n = E Q [Ṽ1] − ∑ N<br />
n=1 H n E Q [∆ ˜S n ] = E Q [Ṽ1]<br />
} {{ }<br />
=0<br />
Das Gesetz des eindeutigen Preises ist also für alle Claims sicher erfüllt, für die eine replizierende Handelsstrategie<br />
existiert. Mit anderen Worten: Jede Handelsstrategie, die den Claim erzeugt, hat denselben<br />
Preis, vorausgesetzt es existiert ein risikoneutrales Maß.<br />
Bemerkung 1.12. Aus V 0 = E Q [Ṽ1] folgt nun die Arbitrage-Freiheit: Wenn es nun einen Zustand ω ∈ Ω<br />
gibt mit Ṽ1(ω) > V 0 , dann muss es auch einen Zustand ¯ω ∈ Ω geben, sodass Ṽ1(¯ω) < V 0 . Wenn also die<br />
Möglichkeit auf einen Gewinn besteht, muss es ebenso die Möglichkeit eines Verlustes geben.<br />
Lemma 1.10. Wenn das Gesetz des eindeutigen Preises erfüllt ist, dann ist der faire Preis des<br />
Contingent Claims X mit replizierendem Portfolio H zum Zeitpunkt t = 0 genau der Wert des<br />
replizierenden Portfolios zu t = 0:<br />
V 0 = H 0 B 0 +<br />
N∑<br />
n=1<br />
H n S (n)<br />
0
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 11<br />
Theorem 1.11 (Risikoneutrales Bewertungsprinzip). Ist das Ein-Perioden-Modell arbitragefrei,<br />
dann ist der Wert eines Contingent Claims X zu t = 0 gegeben durch E Q [X/B 1 ], wobei Q ein<br />
beliebiges risikoneutrales Wahrscheinlichkeitsmaß ist.<br />
Beweis. Folgt sofort aus Lemma 1.9.<br />
Beispiel 1.12 (von früher). Es sei r = 1 9 , S 0 = 5, S 1 (ω 1 ) = 20<br />
3 , S 1(ω 2 ) = 40<br />
9 . Also ˜S 1 (ω 1 ) = 6 und<br />
˜S 1 (ω 4 ) = 4. Als risikoneutrales Maß haben wir bereits Q(ω 1 ) = Q(ω 2 ) = 1 2 bestimmt.<br />
Betrachte einen Claim X mit X(ω 1 ) = 7 und X(ω 2 ) = 2. Nach obigem Theorem ist der Preis dieses<br />
Claims<br />
V 0 = E Q [ X ] = 1 B 1 2 · + 1 2 · = 81<br />
20 = 4.05<br />
7<br />
10<br />
9<br />
Die replizierende Handelsstrategie H bestimmt sich folgendermaßen, indem Ṽ1 = V 0 + ˜G benutzt wird:<br />
X(ω i )/B 1 (ω i ) = Ṽ1(ω i ) = V 0 + ˜G(ω i ) = 4.05 + H 1 ∆ ˜S 1 (ω i ) für i = 1, 2.<br />
Wir haben also 2 Gleichungen, die beide denselben Wert für H 1 liefern:<br />
9<br />
ω 1 :7 ·<br />
10 = 81<br />
20 + H 1 · 1 ⇒ H 1 = 45<br />
20 = 2.25<br />
9<br />
ω 2 :2 ·<br />
10 = 81<br />
20 + H 1 · (−1) ⇒ H 1 = 81<br />
20 − 36<br />
20 = 45<br />
20 = 2.25<br />
Die Tatsache, dass beide Gleichungen denselben Wert für H 1 liefern ist nicht weiter verwunderlich, immerhin<br />
wurde V 0 so bestimmt. Insofern war die Benutzung der zweiten Gleichung nur als Kontrolle<br />
notwendig. H 0 ergibt sich nun als<br />
4.05 = V 0 = H 0 + H 1 S 0 = H 0 + 2.25 · 5 ⇒ H 0 = 81<br />
20 − 225<br />
20 = −144 = −7.2<br />
20<br />
Der Claim X ist also durch die Handelsstrategie H = (−7.2, 2.25) erreichbar.<br />
Als Kontrolle können wir den Wert dieser Handelsstrategie zu t = 0 und zu t = 1 berechnen:<br />
2<br />
10<br />
9<br />
t = 0 : V 0 = −7.2+ 2.25 · 5 =4.05<br />
t = 1 : ω 1 : V 1 (ω 1 ) =−7.2 · 10 9 +2.25 · 20 3 =7<br />
ω 2 : V 1 (ω 2 ) =−7.2 · 10 9 +2.25 · 40 9 =2<br />
Der faire Preis dieses Claims X muss nun nach obigem Theorem genau V 0 sein, ansonsten wäre ein<br />
risikoloser Gewinn möglich.<br />
Definition 1.14 (Zustands Claim, Zustandspreis). Für ̂ω ∈ Ω wird der Contingent Claim X,<br />
der nur im Zustand ̂ω genau 1 Geldeinheit auszahlt, in allen anderen Zuständen jedoch nichts, also<br />
{<br />
1 für ω = ̂ω<br />
X(ω) =<br />
0 sonst,<br />
als ”<br />
Elementar-Claim“ bzw. ”<br />
Zustands-Claim“ des Zustandes ̂ω bezeichnet. Sein Preis (wenn er<br />
erreichbar ist) ist<br />
E Q [X/B 1 ] = ∑ ω∈Ω<br />
Q(ω)X(ω)/B 1 (ω) = Q(̂ω)/B 1 (̂ω)<br />
und wird als Zustandspreis für ̂ω ∈ Ω bezeichnet.<br />
Der Preis V 0 jedes Contingent Claims kann als Linearkombination der Payoffs X(ω) mit den Zustandspreisen<br />
als Gewichten dargestellt werden (da die Zustandspreise genau die risikoneutralen Wahrscheinlichkeiten<br />
beinhalten).
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 12<br />
1.4.1 Optionen<br />
• Call-Optionen: Eine Call-Option gibt dem Käufer das Recht (aber nicht die Pflicht), das Asset<br />
zum festgelegten Preis K zum Zeitpunkt t 1 zu kaufen. Ist der Aktienkurs höher, wird er dies tun, das<br />
Asset sofort wieder verkaufen und die Differenz als Gewinn einstreifen, ansonsten wird er die Option<br />
nicht ausüben und sie ist wertlos. Der Payoff ist also für N = 1 genau X(ω) = (S 1 (ω) − K) + =<br />
max(0, S 1 (ω) − K) für gegebene Konstante K (Ausübungspreis, ”<br />
exercise price“, ”<br />
strike price“),<br />
teilweise auch mit e bezeichnet.<br />
Wenn X erreichbar ist, gilt<br />
E Q [X/B 1 ] = ∑ ω∈Ω ′ Q(ω)[S 1 (ω) − K]/B 1 (ω)<br />
wobei Ω ′ = {ω ∈ Ω : S 1 (ω) ≥ K} nur jene Zustände beinhaltet, in denen die Option einen Gewinn<br />
abwirft.<br />
Beispiel 1.13. Betrachte eine Option auf das Asset von Beispiel 1.1: r = 1 9<br />
{<br />
, K = 5.<br />
5/3, ω = ω 1<br />
Der Payoff ist also X(ω) =<br />
und damit gilt E Q [X/B 1 ] = 1 2<br />
0, ω = ω · 5<br />
3 · 9<br />
2<br />
den Wert der Option, falls sie erreichbar ist.<br />
10 = 3 4<br />
= 0.75 für<br />
Ist X nun durch ein Portfolio erreichbar? Die Handelsstrategie wird wieder bestimmt durch X(ω) =<br />
V 1 (ω) = H 1 B 1 +H 1 S 1 (ω), wobei die Lösung genau H 0 = −3 und H 1 = 0.75 beträgt. H = (−3, 0.75)<br />
erzeugt also X und daher ist X erreichbar und man kann das Kapital von 0.75 so investieren, dass<br />
in jedem Zustand exakt das nötige Kapital zur Verfügung steht.<br />
• Put-Option: : Eine Put-Option gibt dem Käufer das Recht (aber nicht die Pflicht), das Asset<br />
zum festgelegten Preis K zum Zeitpunkt t 1 zu verkaufen. Ist der Aktienkurs niedriger als K, wird<br />
er dies tun, die nötige Aktie am Markt um den billigeren Aktienkurs kaufen und die Differenz als<br />
Gewinn einstreifen, ansonsten wird er die Option nicht ausüben und sie ist wertlos. Der Payoff ist<br />
also für N = 1 genau X(ω) = (K − S 1 (ω)) + = max(0, K − S 1 (ω)) für gegebene Konstante K. Die<br />
Put-Option kann exakt gleich behandelt werden wie die Call-Option.<br />
Beispiel 1.14 (Fortsetzung von Beispiel 1.2; nicht jeder Claim ist erzeugbar). Betrachte einen allgemeinen<br />
CC mit X = (X 1 , X 2 , X 3 ) ∈ R 3 . Existiert hierfür immer eine Handelsstrategie, die diesen Claim<br />
erzeugt? Dafür haben wir ein Gleichungssystem mit 3 Gleichungen, je eine pro Zustand ω i :<br />
ω i : H 0 B 1 (ω i ) + H 1 S (1)<br />
1 (ω i) = X(ω i ) = X i<br />
Dieses Gleichungssystem aus drei Gleichungen für zwei Variablen hat i.A. keine Lösung. Eine Lösung<br />
existiert insbesondere nur dann, wenn die Gleichungen linear abhängig sind, was der Fall ist für X 1 −<br />
3X 2 + 2X 3 = 0. Derartige Claims sind erreichbar, alle anderen sind nicht erreichbar. Insbesondere heißt<br />
dies, dass nicht jeder Claim erreichbar ist in diesem Modell (wo wir mehr als ein risikoneutrales Wahrscheinlichkeitsmaß<br />
haben).<br />
Bisher hatten wir immer vorausgesetzt, dass eine replizierende Handelsstrategie existiert, damit wir den<br />
Preis festlegen können.<br />
1.5 Vollständige Märkte<br />
Wenn ein risikoneutrales Maß existiert (was gleichbedeutend ist mit der Absenz von Arbitrage), können<br />
wir den Preis V 0 eines CC bestimmen als Erwartungswert bezüglich eines risikoneutralen Maßes Q.<br />
Wenn ein Claim erreichbar ist, so muss insbesondere für jede replizierende Handelsstrategie derselbe<br />
Preis herauskommen, also alle Erwartungswerte bezüglich aller risikoneutralen Maße übereinstimmen.<br />
Die Frage ist nun, wann ein CC überhaupt erreichbar ist, bzw. in welchen Fällen es ohnehin nur ein<br />
eindeutiges risikoneutrales Maß gibt.
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 13<br />
Definition 1.15 (Vollständigkeit von Märkten). Ein Markt ist vollständig, wenn jeder CC erreichbar<br />
ist durch eine Handelsstrategie. Sonst heißt er unvollständig.<br />
Sei X nun ein Contingent Claim in einem Marktmodell mit N Assets und k Zuständen in Ω. Das Problem<br />
der Bestimmung einer replizierenden Handelsstrategie H ist ein lineares Gleichungssystem X = A·H mit<br />
⎛<br />
B 1 (ω 1 ) S (1)<br />
1 (ω 1) S (2)<br />
1 (ω ⎞<br />
1) . . . S (N)<br />
1 (ω 1 )<br />
B<br />
A =<br />
1 (ω 2 ) S (1)<br />
1 (ω 2) S (2)<br />
1 (ω 2) . . . S (N)<br />
1 (ω 2 )<br />
⎜<br />
.<br />
⎝ . . . .. ⎟ . ⎠ .<br />
B 1 (ω k ) S (1)<br />
1 (ω k) S (k)<br />
1 (ω k) . . . S (N)<br />
1 (ω k )<br />
Der Contingent Claim X ist erreichbar, wenn X = A · H zumindest eine Lösung besitzt. Der Markt ist<br />
vollständig, wenn X = A · H für jedes X eine Lösung besitzt, wozu ˜k ≤ N nötig ist mit ˜k ≤ k der Anzahl<br />
der linear unabhängigen Zeilen von A. Andererseits ist das Modell nur dann arbitragefrei, wenn ˜k ≥ N.<br />
Folgendes Lemma ist also aus dieser Argumentation heraus sofort ersichtlich.<br />
Lemma 1.12. Ist das Marktmodell arbitragefrei, so ist es genau dann vollständig, wenn die Anzahl<br />
der Zustände ω i der Anzahl ˜k der linear unabhängigen Vektoren (B, S (1)<br />
1 , . . . , S(n) 1 ) entspricht.<br />
Beispiel 1.15 (Fs. Beispiel 1.1). Die Matrix A =<br />
Beispiel 1.16 (Fs. Beispiel 1.2). A = ⎝<br />
⎛<br />
10<br />
9<br />
10<br />
9<br />
10<br />
9<br />
20<br />
3<br />
40<br />
9<br />
10<br />
3<br />
⎞<br />
( 10<br />
9<br />
10<br />
9<br />
20<br />
3<br />
40<br />
9<br />
)<br />
hat vollen Rang, der Markt ist vollständig.<br />
⎠ hat Rang 2, aber k = 3. Der Markt ist nicht vollständig.<br />
Das RNM in diesem Beispiel war Q = (λ, 2 − 3λ, −1 + 2λ) mit λ ∈] 1 2 , 2 3<br />
[. Insbesondere ergibt sich für<br />
alle RNM Q(λ) derselbe Preis E Q [X/B 1 ] = λ 9 10 X 1 + (2 − 3λ) 9 10 X 2 + (−1 + 2λ) 9 10 X 3 = 9 10 (2X 2 − X 3 ) +<br />
9<br />
10 λ(X 1 − 3X 2 + 2X 3 ) genau dann unabhängig vom Wert von λ, wenn X 1 − 3X 2 + 2X 3 = 0, also der<br />
Claim überhaupt erreichbar ist, wie wir im letzten Abschnitt gesehen haben. Alle nicht erreichbaren<br />
Claims haben keinen eindeutigen Preis!<br />
Beispiel 1.17. Betrachte nun Beispiel 1.1 mit einem zusätzlichen Asset: S (2)<br />
0 = 54, S (2)<br />
1 (ω 1) = 70 und<br />
S (2)<br />
1 (ω 2) = 50. Das Maß Q = ( 1<br />
2 , ) 1<br />
2 ist noch immer ein RNM (54 =<br />
1<br />
2 · 9<br />
10 · 70 + 1 2 · 9<br />
( 10 · 50). Die<br />
10<br />
)<br />
20<br />
Koeffizientenmatrix A = 9 3<br />
70<br />
10 40 erfüllt nun RgA = 2 = k. Damit ist der Markt vollständig.<br />
9 9<br />
50<br />
Allerdings ist das replizierende Portfolio nicht eindeutig (jedes replizierende Portfolio hat aber denselben<br />
Anfangswert!).<br />
Definition 1.16 (Menge alle risikoneutralen Maße). Die Menge aller risikoneutralen Maße<br />
wird mit M bezeichnet.<br />
Bemerkung 1.13. Nach unserer Grundvoraussetzung der Absenz von Arbitrage gilt auf alle Fälle M ≠ ∅.<br />
Theorem 1.13. Die folgenden Aussagen sind äquivalent:<br />
1. Das Modell ist vollständig.<br />
2. Für jeden CC X gilt: E Q [X/B 1 ] hat für alle Q ∈ M denselben Wert.<br />
3. M enthält genau ein risikoneutrales Maß (|M| = 1).
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 14<br />
Beweis.<br />
1.⇒2. Nach Voraussetzung enthält M mindestens ein RNM. Nach der Argumentation des letzten Abschnittes<br />
muss für jeden erreichbaren Claim der Anfangswert V 0 = E Q [X/B 1 ] aller erzeugenden<br />
Handelsstrategie übereinstimmen, sonst ist Arbitrage möglich.<br />
2.⇒1. Betrachte einen nicht erreichbaren CC X und ein RNM ̂Q ∈ M. Wir werden uns nun ein RNM Q<br />
konstruieren, sodass Q bQ [X/B 1 ] ≠ E Q [X/B 1 ] gilt.<br />
Dass X nicht erreichbar ist, bedeutet, dass A · H = X keine Lösung besitzt. Das Farkas-Lemma<br />
[Far02] aus der linearen Optimierung (siehe Anhang) sagt für diesen Fall jedoch aus, dass<br />
∃π : π · A = 0, δ = π · X > 0 .<br />
Definieren wir nun Q(ω k ) = ̂Q(ω k )+λπ k B 1 (ω k ), so gilt für genügend kleines λ > 0, dass Q(ω k ) > 0.<br />
Es ist nun nicht mehr sehr schwer zu zeigen, dass Q ein RNM ist:<br />
1. Q(ω i ) > 0<br />
2. ∑ k Q(ω k) = ∑ ̂Q(ω k k ) + λπ · B 1 (ω k ) = ∑ } {{ }<br />
̂Q(ω k k ) = 1.<br />
=0, da B 1 die<br />
1. Spalte von A<br />
3. Die Martingalbedingung ist ebenfalls erfüllt, wie aus der Martingalbedingung für ̂Q und dem<br />
Farkas-Lemma sofort folgt:<br />
E Q ˜S(n) 1 = ∑ k<br />
(n)<br />
Q(ω k ) ˜S 1 (ω k ) = ∑ k<br />
Q(ω k )S (n)<br />
1 (ω k )/B 1 (ω k )<br />
= ∑ k<br />
(n) ̂Q(ω k ) ˜S 1 (ω k ) + λ ∑ π k B 1 (ω k ) S(n) 1 (ω k )<br />
= ∑ B 1 (ω k )<br />
k<br />
k<br />
} {{ }<br />
=0, da S (n)<br />
1 die n. Spalte von A<br />
(n)<br />
(n)<br />
̂Q(ω k ) ˜S 1 (ω k ) = ˜S 0<br />
Es muss nun nur noch gezeigt werden, dass E Q [X/B 1 ] ≠ E bQ [X/B 1 ] gilt:<br />
E Q [X/B 1 ] = ∑ k<br />
Q(ω k )X(ω k )/B 1 (ω k ) = ∑ k<br />
̂Q(ω k )X(ω k ) + λ ∑ π k X(ω k )<br />
k<br />
} {{ }<br />
=δ<br />
= E bQ [X/B 1 ] +<br />
}{{}<br />
λδ > E bQ [X/B 1 ]<br />
>0<br />
3.⇒2. Diese Implikation ist trivial, da nur ein einziges RNM in M existiert.<br />
2.⇒3. Seien Q und ̂Q zwei RNM mit Q ≠ ̂Q, d.h. ∃ω k ∈ Ω : Q(ω k ) ≠ ̂Q(ω k ). Betrachte nun den<br />
Contingent Claim X(ω) = 1 {ω=ωk }B 1 (ω k )<br />
[ ] X<br />
E Q = B 1(ω k )<br />
B 1 B 1 (ω k ) Q(ω k) = Q(ω k ) ≠ ̂Q(ω k ) = B [ ]<br />
1(ω k )<br />
B 1 (ω k ) ̂Q X<br />
= E bQ .<br />
B 1<br />
Damit (und weil Q keine Nullmengen besitzt) kann es also nur ein eindeutiges Martingalmaß Q<br />
geben: |M| = 1<br />
Aus dem Beweis der Äquivalenz des ersten und zweiten Punktes des Theorems sieht man außerdem sofort<br />
folgendes Lemma:<br />
Lemma 1.14. Ein CC X ist dann und nur dann erreichbar, wenn für jedes RNM Q der Erwartungswert<br />
E Q [X/B 1 ] denselben Wert annimmt.
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 15<br />
Bemerkung 1.14. In einem vollständigen Markt ist also jeder CC X bepreisbar mit einem eindeutigen<br />
RNM, und jeder CC X ist durch eine HS H erreichbar, deren Wert zu t = 0 genau dem Preis des<br />
CC entspricht. In einem unvollständigen Markt gibt es jedoch mehrere RNM, die aufgrund des letzten<br />
Lemmas für die nicht erreichbare CCs X auch unterschiedliche Preise liefern! Wenn also keine replizierende<br />
Handelsstrategie mehr existiert, ist auch der Preis nicht mehr eindeutig. Alle Preise, die als E Q [ ˜X] für<br />
ein Q ∈ M bestimmt wurden, sind jedoch faire Preise in dem Sinn, dass dann Arbitrage ausgeschlossen<br />
ist, wenn konsistent dasselbe Maß Q benutzt wird.<br />
1.5.1 Unvollständige Märkte<br />
In einem unvollständigen Markt existieren also i.A. keine eindeutigen Preise mehr. Allerdings können wir<br />
Schranken für faire Preise auf zwei verschiedene Arten angeben:<br />
1. Auch wenn wir einen CC nicht exakt erzeugen können, können wir Handelsstrategien betrachten,<br />
die in jedem Marktzustand mehr oder gleichviel ( ”<br />
Superhedging“) bzw. immer weniger oder gleich<br />
viel ( ”<br />
Subhedging“) wert sind. Der eindeutige Preis jeder dieser Handelsstrategien ist eine obere<br />
(untere) Schranke für den Preis des CC, da es ansonsten Arbitragemöglichkeiten gibt.<br />
2. Die Menge aller E Q [ ˜X] für Q ∈ M ist die Menge aller fairen Preise (in dem Sinn, dass keine Arbitrage<br />
möglich ist).<br />
Aus dem ersten Zugang ergibt sich folgende Definition<br />
Definition 1.17 (Schranken für den faire Preise in unvollständigen Märkten).<br />
Obere Schranke für Preis:<br />
}<br />
V + (X) = inf<br />
{E Q [Ỹ ] : Y ≥ X, Y erreichbar<br />
Untere Schranke für Preis:<br />
}<br />
V + (X) = inf<br />
{E Q [Ỹ ] : Y ≥ X, Y erreichbar<br />
Die Schranken für die fairen Preise von nicht erreichbaren Claims werden also durch Vergleich mit allen<br />
erreichbaren Claims bestimmt. Wie folgendes Lemma zeigt, liefert dieser Zugang tatsächlich scharfe<br />
Schranken für die Preise und führt zu denselben Schranken wie der zweite Zugang über E Q [ ˜X]:<br />
Lemma 1.15 (o.B.). Ist M ≠ ∅, so gilt für jeden Contingent Claim X:<br />
{<br />
V + (X) = sup E Q [ ˜X]<br />
}<br />
: Q ∈ M<br />
{<br />
V − (X) = inf E Q [ ˜X]<br />
}<br />
: Q ∈ M<br />
Ein erreichbarer Claim Y ≥ X, der nie weniger liefert, hat also jedenfalls keinen geringeren Preis als er<br />
durch das risikoneutrale Bewertungsprinzip für den nicht erreichbaren Claim X bestimmt ist.<br />
Beispiel 1.18 (Fs. Beispiel 1.2). Die Menge der RNM war M = { (λ, 2 − 3λ, −1 + 2λ)|λ ∈ ] 1<br />
2 , 3[} 2 . Der<br />
Claim X = (30, 20, 10) ist nicht erreichbar, da X 1 − 3X 2 + 2X 3 = −1 ≠ 0 gilt.<br />
Aus dem risikoneutralen Bewertungsprinzip ergeben sich Preise E Q [ ˜X] = λ 9 10 ·30+(2−3λ) 9 10 ·20+(−1+<br />
2λ) 9 10 · 10 = −9λ + 27. Insbesondere ergibt sich wegen λ ∈ ] 1<br />
2 , 3[ 2 für die fairen Preise p ein Intervall von<br />
p ∈ ]21, 22.5[. Obiges Lemma sagt nun, dass<br />
V − (X) = inf E Q[ ˜X] = 21 V + (X) = sup E Q [ ˜X] = 22.5<br />
λ<br />
Diese beiden Schranken werden tatsächlich von erreichbaren Sub- und Superhedging-Strategien angenommen:<br />
• Y = (30, 50<br />
3 , 10) erfüllt Y ≥ X und hat einen Wert von V (Y ) = 21 = V −(X).<br />
• Y = (30, 20, 15) erfüllt Y ≤ X und hat einen Wert von V (Y ) = 22.5 = V + (X).<br />
λ
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 16<br />
1.6 Risiko und Ertrag (Return)<br />
Definition 1.18. Für ω ∈ Ω und Q ∈ M wird E Q [ ˜X] = Q(ω)/B 1 (ω) für X(̂ω) = 1 {ω=bω}<br />
Zustandspreis des Zustands ω bezeichnet.<br />
als<br />
Definition 1.19. Der Return eines Assets ist definiert als die ZV, die den relative Wertzuwachs<br />
beschreibt<br />
R n = S(n) 1 − S (n)<br />
0<br />
S (n)<br />
0<br />
, n = 1, . . . , N R 0 := r = B 1 − B 0<br />
B 0<br />
Lemma 1.16. Ein Wahrscheinlichkeitsmaß Q mit Q(ω) > 0∀ω ∈ Ω ist genau dann ein RNM, wenn<br />
[ ]<br />
Rn − R 0<br />
E Q = 0, n = 1, . . . , N<br />
1 + R 0<br />
Beweis.<br />
˜S (n) (n)<br />
1 − ˜S 0 = S(n) 1 − B 1 S (n)<br />
0<br />
B 1<br />
[<br />
⇒ E Q ∆ ˜S (n)] [ ]<br />
= S (n) Rn − R 0<br />
0 E Q<br />
1 + R 0<br />
= (1 + R n)S (n)<br />
0 − (1 + R 0 )S (n)<br />
0<br />
= S (n)<br />
0<br />
1 + R 0<br />
R n − R 0<br />
1 + R 0<br />
Bemerkung 1.15. Bei deterministischer Zinsrate R 0 (ω) = r folgt sofort, dass E Q [R n ] = E Q [R 0 ] = r<br />
äquivalent ist zur Tatsache, das Q ein RNM ist.<br />
1.7 Optimale Portfolios, Zulässigkeit<br />
Problem: Bestimmung der optimalen Handelsstrategie nach subjektiven Kriterien.<br />
Definition 1.20 (Nutzenfunktion). Eine Nutzenfunktion U : R × Ω → R ist eine Funktion, die<br />
für alle ω ∈ Ω<br />
1. für w ↦→ U(w, ω) differenzierbar,<br />
2. konkav ( ”<br />
risikoavers“) und<br />
3. streng monoton steigend ist.<br />
U(w, ω) bezeichnet den subjektiv empfundenen Nutzen des Betrages w im Zustand ω, wobei nicht absolute<br />
Werte Bedeutung haben, sondern nur der Vergleich zweier oder mehrerer möglicher Werte relevant ist.<br />
U beschreibt also, wie ich subjektiv den Betrag w bewerte. Die Konkavität von U bedeutet, dass die<br />
Steigung – also die Nutzenänderung desselben Betrages – bei geringen Beträgen höher ist als bei hohen<br />
Beträgen (Für jemanden, der bereits 10 Mio. e besitzt, ist 1 e keine so große Verbesserung wie für<br />
jemanden, der nur sehr wenig Kapital besitzt). Die strenge Monotonie hat die nahe liegende Bedeutung,<br />
dass ein höherer Betrag immer mehr Nutzen hat als ein geringerer Betrag.
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 17<br />
Die Kenngröße, um die Auswahl eines Portfolios zu optimieren ist nun der erwartete Nutzen des Endwertes:<br />
EU(V 1 ) = ∑ ω∈Ω<br />
P(ω)U(V 1 (ω), ω)<br />
Bemerkung 1.16. Oft wird angenommen, dass der Nutzen eines Betrages w nicht vom Marktzustand ω<br />
abhängig ist, also U(w, ω) = U(w).<br />
Bemerkung 1.17. Der erwartete Nutzen muss bezüglich der tatsächlich eintretenden Wahrscheinlichkeiten<br />
bestimmt werden! Als Daumenregel kann man sich merken:<br />
• Geht es um die Bestimmung des Preises (der sich ja aufgrund der No-Arbitrage Bedingung aus den<br />
Preisen der am Markt verfügbaren Assets ergibt), ist ein risikoneutrales Wahrscheinlichkeitsmaß Q<br />
für den Erwartungswert zu benutzen. Hierfür werden die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten P der<br />
einzelnen Marktzustände gar nicht benötigt!<br />
• Geht es jedoch um tatsächliche Auszahlungen, ist sehr wohl das tatsächliche Wahrscheinlichkeitsmaß<br />
P zu benutzen.<br />
Definition 1.21. H bezeichne die Menge aller Handelsstrategien.<br />
Problem 1 (Optimales Portfolio-Problem). Sei ν ∈ R das Anfangskapital. Gesucht ist die Handelsstrategie<br />
H ∈ H mit<br />
max EU(V 1) (1.1)<br />
H∈H<br />
unter V 0 = ν (1.2)<br />
Problem 2 (Alternative Formulierung des Optimalen Portfolio-Problems). Mit den Definitionen<br />
V 1 = B 1 Ṽ 1 = B 1 ·<br />
(Ṽ0 + ˜G<br />
)<br />
sowie durch Einsetzen der Nebenbedingung in die Hauptbedingung<br />
ergibt sich eine alternative Formulierung<br />
[ (<br />
)]<br />
N∑<br />
max E U B 1 · (ν + H i ∆ ˜S (n) )<br />
(1.3)<br />
H∈H<br />
i=1<br />
Lemma 1.17. Wenn (1.1) oder (1.3) eine Lösung besitzt, gibt es keine Arbitrage-Möglichkeit (und<br />
damit ein RNM). Äquivalent dazu ist die Aussage: Existiert eine Arbitrage-Möglichkeit, hat (1.1)<br />
keine Lösung und der Nutzen kann beliebig erhöht werden.<br />
Beweis. Wir werden die zweite Formulierung beweisen. Sei Ĥ optimal und H eine Arbitrage-Möglichkeit.<br />
Betrachte die Handelsstrategie ¯H = Ĥ + H:<br />
N∑<br />
ν + ¯H n ∆ ˜S<br />
N∑<br />
(n) = ν + Ĥ n ∆ ˜S<br />
N∑<br />
N∑<br />
(n) (n)<br />
(n)<br />
+ H n ∆ ˜S ≥ ν + Ĥ n ∆ ˜S<br />
n=1<br />
n=1<br />
n=1<br />
} {{ }<br />
≥0<br />
Die Ungleichung ist wegen der Definition einer Arbitrage-Möglichkeit H für mindestens ein ω ∈ Ω strikt,<br />
was einen Widerspruch zur Optimalität von Ĥ darstellt.<br />
n=1
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 18<br />
Betrachten wir nun zum Abschluss noch den Zusammenhang zwischen Optimaler Handelsstrategie und<br />
einem risikoneutralen Maß.<br />
Lemma 1.18. Ist H mit Wert V t eine Lösung von (1.1) oder (1.3), so ist<br />
ein risikoneutrales Maß.<br />
Q(ω) = P(ω)B 1(ω)U ′ (V 1 (ω), ω)<br />
E [B 1 U ′ (V 1 )]<br />
Beweis. Aus der Extremalbedingung 1. Ordnung erhalten wir<br />
[ ( (<br />
0 = ! ∂ E U B 1 · ν +<br />
∂H n<br />
))]<br />
N∑<br />
H i ∆ ˜S (n)<br />
i=1<br />
= ∑ P(ω)U<br />
(B ′ 1 (ω) ·<br />
ω∈Ω<br />
(<br />
ν +<br />
= ∂<br />
∂H n<br />
∑<br />
ω∈Ω<br />
P(ω)U<br />
(<br />
B 1 (ω) ·<br />
(<br />
ν +<br />
) )<br />
N∑<br />
H i ∆ ˜S (n) (ω) , ω B 1 (ω)∆ ˜S (n) (ω) = E<br />
i=1<br />
) )<br />
N∑<br />
H i ∆ ˜S (n) (ω) , ω<br />
i=1<br />
[<br />
U ′ (V 1 )B 1 ∆ ˜S (n)] .<br />
Andererseits folgt aus der Martingalbedingung für ein risikoneutrales Maß:<br />
0 = E Q<br />
[<br />
∆ ˜S (n)] = ∑ ω∈Ω<br />
Q(ω)∆ ˜S (n) (ω) (1.4)<br />
Durch Koeffizientenvergleich können wir wir also die Beziehung<br />
Q(ω) = a · P(ω)U ′ (V 1 (ω))B 1 (ω)<br />
isolieren, wobei wir die Normierungkonstante a noch bestimmen müssen. Insgesamt ergibt sich damit in<br />
Abhängigkeit von der Wahl von U für das risikoneutrale Maß:<br />
Q(ω) = P(ω)U ′ (V 1 (ω))B 1 (ω)<br />
E [U ′ (V 1 )B 1 ]<br />
Definition 1.22 (zulässiges Marktmodell). Ein Marktmodell ist zulässig, wenn ∃U : R × Ω → R<br />
und ein Startkapital ν, sodass<br />
1. w ↦→ U(w, ω) für alle ω konkav und streng monoton steigend ist und<br />
2. das Portfolio-Problem (1.1) eine Lösung besitzt.<br />
Theorem 1.19 (Zusammenhang von Zulässigkeit und RNM). Ein Marktmodell ist zulässig<br />
dann und nur dann, wenn ein risikoneutrales Maß existiert.<br />
Beweis.<br />
⇒ Wurde schon durch obiges Lemma 1.18 gezeigt.<br />
⇐ Sei Q ∈ M ein risikoneutrales Maß. Wir konstruieren uns nun eine Nutzenfunktion U(w, ω) und ein<br />
Startkapital ν, sodass (1.1) eine Lösung besitzt. Wähle ν beliebig und setze<br />
U(w, ω) = w ·<br />
Q(ω)<br />
P(ω)B 1 (ω) .
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 19<br />
Diese Funktion ist für jede Wahl von ω linear in w und damit sowohl differenzierbar in w, streng<br />
monoton steigend in w (Q > 0), als auch konkav in w und somit eine Nutzenfunktion.<br />
Wir werden nun zeigen, dass der erwartete Nutzen unabhängig von der Wahl der Handelsstrategie<br />
immer ν ist und somit diese Konstante auch die Lösung des Optimierungsproblems (1.1) darstellt.<br />
Nimm dazu eine beliebige Handelsstrategie H ∈ R N .<br />
[ (<br />
)]<br />
N∑<br />
E U B 1 · (ν + H i ∆ ˜S (n) ) = ∑ (<br />
)<br />
N∑<br />
P(ω)B 1 (ω) · ν + H i ∆ ˜S (n) Q(ω)<br />
(ω)<br />
P(ω)B 1 (ω)<br />
ω∈Ω<br />
i=1<br />
i=1<br />
= ν +<br />
N∑<br />
n=1<br />
H n E Q [∆ ˜S (n) ]<br />
} {{ }<br />
= ν<br />
=0, weil Q RNM<br />
Beispiel 1.19. Betrachte ein (vollständiges) Marktmodell mit N = 2, k = 3 und r = 1 9<br />
. Die Assets haben<br />
folgende Entwicklung:<br />
n ˜S(n) 0<br />
˜S (n)<br />
1 (ω 1 ) ˜S(n) 1 (ω 2 ) ˜S(n) 1 (ω 3 )<br />
1 6 6 8 4<br />
2 10 13 9 8<br />
Das RNM ergibt sich aus<br />
(n)<br />
(n)<br />
˜S 0 = E Q [ ˜S 1 ]:<br />
6 = 6Q(ω 1 )+ 8Q(ω 2 )+ 4Q(ω 3 )<br />
10 = 13Q(ω 1 )+ 9Q(ω 2 )+ 8Q(ω 3 )<br />
1 = Q(ω 1 )+ Q(ω 2 )+ Q(ω 3 )<br />
Dieses Gleichungssystem hat die Lösung Q = ( 1<br />
3 , 1 3 , 1 3)<br />
.<br />
Als Beispiel sehen wir uns nun die exponentielle Nutzenfunktion U(w) = − exp(−w) an mit U ′ (w) =<br />
exp(−w). Das optimale Portfolio für diese Wahl der Nutzenfunktion ergibt sich aus der Bedingung 0 =<br />
E[U ′ (V 1 )B 1 ∆ ˜S (n) ], bzw. dem Gleichungssystem<br />
n = 1 : 0 = P(ω 1 )e − 10<br />
9 (ν+3H2) 10 9 · 0 + P(ω 2)e − 10<br />
9 (ν+2H1−H2) 10 9 · 2 − P(ω 3)e − 10<br />
9 (ν−2H1−2H2) 10 9 · 2<br />
n = 2 : 0 = P(ω 1 )e − 10<br />
9 (ν+3H2) 10 9 · 3 − P(ω 2)e − 10<br />
9 (ν+2H1−H2) 10 9 · 1 − P(ω 3)e − 10<br />
9 (ν−2H1−2H2) 10 9 · 2<br />
Dieses Gleichungssystem ist nun nicht mehr linear und kann nicht analytisch, sondern nur nummerisch<br />
gelöst werden.<br />
1.7.1 Übungsaufgaben<br />
Bsp. 1.1) Betrachte ein Ein-Perioden-Modell mit zwei risikobehafteten Wertpapieren und drei möglichen<br />
Marktzuständen (N = 2, K = 3, Zins r = 1 9 ):<br />
S 0 = 5, S 1 (ω 1 ) = 20 3 , S 2(ω 1 ) = 70 9<br />
S 1 (ω 2 ) = 40 9 , S 2(ω 2 ) = 40 9<br />
Betrachte eine Call-Option auf Wertpapier 1:<br />
S 1 (ω 3 ) = 30 9 , S 2(ω 3 ) = 20 9<br />
V t=1 (ω i ) = (S 1 (ω i ) − K) + , K = 35 9<br />
Finde die Handelsstrategie H = (H 0 , H 1 , H 2 ), die diesen Claim erzeugt. Was ist der momentane<br />
Wert dieser Option?<br />
Führe selbiges auch mit Aktie 2 durch!<br />
Wenn konstant V t=1 (ω i ) = 10 ausbezahlt werden sollen, wie viel ist dieser Vertrag wert?
KAPITEL 1. DAS EIN-PERIODEN-MODELL 20<br />
Bsp. 1.2) Zeige: H ist eine Arbitrage-Möglichkeit ⇐⇒ a) G ∗ (ω) ≥ 0 ∀ ω ∈ Ω und b) E[G ∗ ] > 0.<br />
Bsp. 1.3) Sei r konstant und P 0 und C 0 die Preise der Put- und Call-Option mit demselben Strike-Preis<br />
K.<br />
Zeige, dass entweder beide erreichbar sind oder beide nicht. Zeige in ersterem Fall (mittels<br />
risikoneutraler Bewertung), dass die Put-Call-Parität gilt:<br />
C 0 − P 0 = S 0 −<br />
K<br />
1 + r
Kapitel 2<br />
Wh. Wahrscheinlichkeitstheorie<br />
• W-Raum, σ-Algebra, W-Maß, ZV, Ereignis, Messbarkeit, endliche σ-Algebren<br />
• absolut stetige Maße, äquivalente Maße, Radon-Nikodym<br />
• Stochastische Prozesse: Filtrierungen, adaptierte Prozesse<br />
21
Kapitel 3<br />
Mehr-Perioden-Modell in diskreter<br />
Zeit<br />
• Marktmodell: Bankkonto (Numéraire), Asset-Preise, Annahmen<br />
• Handelsstrategien: Wert des Portfolios, selbst-finanzierend<br />
• Diskontierung<br />
• Bewertungsfunktionale: erreichbare Gewinne, Gesetz des eindeutigen Preises<br />
• Dualität Bewertungsfunktionale und Preis (Hahn-Banach, Trennungssatz für Beweis)<br />
• Arbitrage-Freiheit<br />
• Satz von Dalang, Morton, Willinger: äquivalente Bedingungen zu Arbitrage-Freiheit<br />
• vollständige Märkte<br />
22
Kapitel 4<br />
Wh. Martingaltheorie<br />
• Bedingte Erwartungen, Eigenschaften<br />
• stochastischer Kern<br />
• Martingale, Doob’sche Zerlegung, Bayes’sche Formel<br />
• Stoppzeiten, Optimal Stopping Theorem, gestoppte Prozesse<br />
23
Kapitel 5<br />
Capital Asset Pricing Model<br />
(CAPM)<br />
• Sharpe-Ratio<br />
• Portfolio-Optimierungsproblem, Varianz-Optimierung, Mean-variance Effizienz<br />
• Nutzen-Optimierung, duales Optimierungsproblem, Nutzen-indifferente Preise<br />
24
Kapitel 6<br />
Das Binomialmodell<br />
6.1 Beschreibung des Modells<br />
Definition 6.1 (Assets im Binomialmodell).<br />
1. Bankkonto (risikolos): B 0 = 1, B t = e rt B t−1 mit r t ∈ R für t = 1, . . . , T<br />
2. risikobehaftete(s) Asset(s) (Stock/Aktie): S 0 > 0 (konstant) und für t = 1, . . . , T :<br />
{<br />
u t · S t−1 , wenn X t = 1 ( up“)<br />
S t =<br />
”<br />
d t · S t−1 , wenn X t = 0 ( down“) ”<br />
mit Konstanten 0 < d t < u t und Bernoulli-Zufallsvariablen X 1 , . . . , X T .<br />
Zu den Zeitpunkten 0, 1, . . . , T teilen sich alle bisher gleich verlaufenden Pfade in je zwei Klassen auf, die<br />
einen, die nun nach oben springen, während die anderen nach unten springen. Damit erhält man jeweils<br />
eine Information mehr zu 1, . . . , T , beschrieben durch die Filtration F 0 = {∅, Ω} ⊂ F 1 ⊂ F 2 ⊂ · · · ⊂ F T .<br />
Jedes Atom der Filtration F t wird dabei jeweils in zwei Atome von F t+1 geteilt. Folgendes Bild kann das<br />
schön verdeutlichen:<br />
•u<br />
•<br />
0 u 1 u 2 u 3 S 0<br />
u 2<br />
•<br />
•<br />
u 1<br />
d 2<br />
•<br />
•<br />
•u 0 u 1 d 2 d 3 S 0<br />
•<br />
u 0<br />
d 1<br />
•<br />
u 2<br />
•<br />
•<br />
•<br />
S 0<br />
d 2<br />
F 1<br />
F 2 F 3<br />
u 2<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
d 0<br />
u 1<br />
•<br />
d 2<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
d 1<br />
•<br />
u 2<br />
•<br />
•<br />
•<br />
•<br />
d 2<br />
•<br />
•d 0 d 1 d 2 d 3 S 0<br />
Die Beschreibung der Pfade erfolgt durch {0, 1}-wertige Zufallsvariablen: Seien X 1 , . . . , X T {0, 1}-wertige<br />
Zufallsvariablen mit P(X 1 = x 1 , . . . , X T = x T ) > 0 für alle (x 1 , . . . , x T ) ∈ {0, 1} T . Der Vektor ω =<br />
25
S ddd<br />
S dddd = d 4 S 0 N 4 = 0<br />
KAPITEL 6. DAS BINOMIALMODELL 26<br />
(x 1 , . . . , x T ) beschreibt dann einen Pfad im Baum, wobei x i = 1 ein Schritt nach oben und x i = 0 ein<br />
Schritt nach unten bedeutet. Insgesamt gibt es daher |Ω| = 2 T Pfade.<br />
6.1.1 Das Cox-Ross-Rubinstein (CRR) Modell als Spezialfall<br />
Definition 6.2 (Cox-Ross-Rubinstein Binomialmodell). Das Binomialmodell von Cox, Ross<br />
und Rubinstein ist der Zeit-homogene Spezialfall des Binomialmodells, in dem u t = u∀t und d t = d∀t,<br />
sowie r t = r mit e rt = (1 + R)∀t gewählt wird.<br />
Aus dem Binomialbaum mit 2 T verschiedenen Endwerten zum Zeitpunkt T wird damit ein Gitter ( ”<br />
Binomial<br />
lattice“, manchmal auch als ”<br />
Recombining binomial tree“ bezeichnet) mit T + 1 verschiedenen<br />
Endwerten zum Zeitpunkt T . Ein Pfad kann nun beschrieben werden durch einen modifizierten Bernoulli-<br />
Prozess ( ”<br />
T -facher Münzwurf“): {X t , t = 1, . . . , T } ist ein stochastischer Prozess, wobei die X 1 , . . . , X T<br />
unabhängige Bernoulli-Zufallsvariablen auf {0, 1} mit P(X 1 = 1) = P(X 2 = 1) = · · · = 1−P(X 1 = 0) = p.<br />
u<br />
S u<br />
S uuu<br />
S uuuu = u 4 S 0 N 4 = 4<br />
S uu S uuud = u 3 dS 0 N 4 = 3<br />
S uud<br />
S 0 S ud S uudd = u 2 d 2 S 0 N 4 = 2<br />
d<br />
S d<br />
u<br />
d<br />
u<br />
d<br />
u<br />
d<br />
u<br />
d<br />
u<br />
S udd<br />
S dd S uddd = ud 3 S 0 N 4 = 1<br />
d<br />
Bemerkung 6.1. Die Reihenfolge, in der die up- und down-Bewegungen vor sich gehen, ist für den Wert<br />
des Prozesses irrelevant. Insbesondere ist S ud = S du .<br />
Wahrscheinlichkeitsmaß für Pfad ω = (x 1 , . . . , x T )<br />
Definiere den Zählprozess N t (ω) = X 1 (ω) + · · · + X t (ω), der die Anzahl der Sprünge nach oben zählt.<br />
Insbesondere charakterisiert er auch den Wert des Pfades zum Zeitpunkt t und damit die Position im<br />
Gitter, unabhängig vom Verlauf des Pfades bis zum entsprechenden Punkt. Es gilt:<br />
E[N t ] = ∑ E[X i ] = tp<br />
V ar[N t ] unabh.<br />
= ∑ V arX i = tp(1 − p)<br />
Man sieht nun, dass für t = 1, . . . die Verteilung von N t gegeben ist durch:<br />
( t<br />
P(N t = n) =<br />
p<br />
n)<br />
n (1 − p) t−n , n = 0, 1, . . . , t<br />
} {{ }<br />
} {{ } n mal nach oben,<br />
#Pfade<br />
(t − n) mal nach unten<br />
mit N t = n<br />
Lemma 6.1. Die Verteilung von N t , die auch die Verteilung der Werte S t des Assets zu t beschreibt,<br />
ist die Binomialverteilung:<br />
( t<br />
P(N t = n) = P(X t = S 0 u n d t−n ) = p<br />
n)<br />
n (1 − p) t−n
KAPITEL 6. DAS BINOMIALMODELL 27<br />
Bemerkung 6.2. Der Prozess kann zum Zeitpunkt t nur t + 1 verschiedene Werte annehmen!<br />
6.2 Arbitrage-Überlegungen<br />
Lemma 6.2. Aus der ”<br />
No-Arbitrage“-Bedingung ergibt sich:<br />
d t < e rt < u t ∀t = 1, . . . , T . (6.1)<br />
Das risikoneutrale Maß im Binomialmodell ist eindeutig und besitzt die Form<br />
q t = ert − d t<br />
u t − d t<br />
(6.2)<br />
Übungsbeispiel 6.1. Wenn (6.1) nicht erfüllt ist, gib eine Arbitrage-Strategie an!<br />
Betrachte nun den diskontierten risikobehafteten Preisprozess<br />
˜S t = S t<br />
B t<br />
=<br />
{<br />
˜St−1 u t e −rt wenn X t = 1,<br />
˜S t−1 d t e −rt wenn X t = 0,<br />
Beweis. Wenn ein Martingalmaß Q existiert für ˜S 0 , . . . , ˜S T (und damit keine Arbitrage möglich ist), dann<br />
gilt für t = 1, . . . , T<br />
˜S t−1 = E Q [ ˜S t |F t−1 ]<br />
und nach Division durch das F t−1 -messbare ˜S t−1 weiter<br />
[ ∣ ] ˜St ∣∣∣∣<br />
1 = E Q F t−1 = u t e −rt Q(X t = 1|F t−1 ) +d t e −rt Q(X t = 0|F t−1 ) = u t e −rt q t + d t e −rt (1 − q t ) .<br />
˜S t−1<br />
} {{ } } {{ }<br />
=q t =1−q t<br />
Aufgelöst nach q t ergibt dies das eindeutig bestimmte risikoneutrale Maß<br />
q t = ert − d t<br />
u t − d t<br />
Dies ist nur ein RNM mit q t ∈ ]0, 1[, wenn obige Ungleichungen d t < e rt < u t erfüllt sind.<br />
Bemerkung 6.3. Im CRR Modell ergibt sich für die risikoneutrale Wahrscheinlichkeit eines Sprungs nach<br />
oben<br />
(1 + R) − d<br />
q = .<br />
u − d<br />
Das Martingalmaß für einen Pfad ω mit n Sprüngen nach oben ist Q(ω) = q n (1−q) t−n , das Martingalmaß<br />
für den Wert S t ist<br />
( t<br />
Q(S t = S 0 u n d t−n ) = q<br />
n)<br />
n (1 − q) t−n , n = 0, 1, . . . , t<br />
Bemerkung 6.4. Da q t = Q(X t = 1|F t−1 ) = Q(X t = 1) unabhängig vom bisherigen Verlauf und dem<br />
Wert X t−1 – insbesondere also unabhängig von F t−1 – ist, folgt<br />
Q(X 1 = x 1 , . . . , X T = x T ) = Q(X 1 = x 1 ) · . . . · Q(X T = x T )∀x 1 , . . . , x T ∈ {0, 1}<br />
sind unabhängige Bernoulli-Zufallsvariablen (nicht not-<br />
durch iteriertes Bedingen. D.h. die X 1 , . . . , X T<br />
wendigerweise identisch verteilt) unter Q!<br />
Bemerkung 6.5. Wenn (6.1) gilt, ist das Martingalmaß eindeutig und das Marktmodell daher vollständig.<br />
Es gibt also kein arbitragefreies unvollständiges Binomialmodell.
KAPITEL 6. DAS BINOMIALMODELL 28<br />
6.3 Bepreisung im Binomialmodell<br />
Idee. Sei h : Ω → R ein Contingent Claim zur Zeit T , der F T = σ(X 1 , . . . , X T )-messbar ist. Dann sind<br />
die arbitragefreien diskontierten Preise gegeben durch E Q [h/B T |F t ] und die nicht diskontierten Preise<br />
durch<br />
[ ∣ ] h ∣∣∣ ]<br />
B t E Q F t = E Q<br />
[e −(rt+1+···+r T ) h∣ F t für t = 0, 1, . . . , T .<br />
B T<br />
Bemerkung 6.6. Das Modell könnte erweitert werden auf stochastische F t−1 -messbare d t , u t und r t , die<br />
(6.1) erfüllen. Die Unabhängigkeit der X 1 , . . . , X T unter Q geht dabei aber eventuell verloren.<br />
Beispiel 6.1 (CRR Modell, Preisdynamik im Binomialbaum). Sei T = 3, S 0 = 80, u = 1.5, d = 0.5,<br />
p u = 0.6, p d = 0.4 und R = 0.<br />
Betrachte eine Europäische Call-Option mit Ausübungszeitpunkt T = 3 und Ausübungspreis K = 80.<br />
Der Payoff ist also<br />
h T = max(S T − K, 0) = (S T − K) + .<br />
Der Binomialbaum für den Preisverlauf S t der Aktie sieht folgendermaßen aus:<br />
180<br />
270 h T = 190<br />
120 90 h T = 10<br />
80 60<br />
40 30 h T = 0<br />
20<br />
10 h T = 0<br />
Die Bestimmung des Preises Π(t) zu Zeitpunkten t < T erfolgt durch Rückwärtsinduktion aus Π(T |F T ) =<br />
h T mittels risikoneutralen Maßes Q, q u = q d = 1 2 :<br />
z.B.Π(t = 2|S 2 = 180) = 1 2 · 190 + 1 · 10 = 100<br />
2<br />
Damit ergibt sich die Preisstruktur der Option als Replizierendes Portfolio durch Vorwärtsinduktion:<br />
270 h T = 190<br />
180<br />
100<br />
120<br />
52.5<br />
90 h T = 10<br />
80<br />
27.5<br />
60<br />
5<br />
40<br />
2.5<br />
30 h T = 0<br />
20<br />
0<br />
10 h T = 0<br />
Beginne bei t = 0. Gesucht ist (x 1 , y 1 ), sodass<br />
x 1 + 80y 1 =27.5 (Preis zu t = 0)<br />
x 1 +120y 1 =52.5 (Preis zu t = 1, X 1 = 1 (up) )<br />
x 1 + 40y 1 = 2.5 (Preis zu t = 1, X 1 = 0 (down) )
KAPITEL 6. DAS BINOMIALMODELL 29<br />
Dieses redundante Gleichungssystem von drei Gleichungen für (x 1 , y 1 ) besitzt die eindeutige Lösung<br />
x 1 = −22.5, y 1 = 0.625. Der Preis (rechte Seite des GS) wurde genau so bestimmt, dass diese Gleichungen<br />
eine Lösung besitzen.<br />
Analog kann nun zu jedem Zeitpunkt t − 1 das Portfolio (x t , y t ) ausgehend von der momentanen Position<br />
im Gitter bestimmt werden:<br />
190<br />
(<br />
−<br />
45<br />
2 , )<br />
5<br />
8<br />
27.5<br />
(<br />
−<br />
85<br />
2 , )<br />
95<br />
120<br />
(<br />
−<br />
5<br />
2 , )<br />
1<br />
8<br />
2.5<br />
52.5<br />
(−80, 1)<br />
( )<br />
−5,<br />
1<br />
6<br />
100<br />
5<br />
10<br />
0<br />
(0, 0)<br />
0<br />
0<br />
Proposition 6.3. Betrachte einen Claim X = Φ(S T ). Dieser kann durch ein selbstfinanzierendes<br />
Portfolio erreicht werden. Bezeichne V t (k) den Wert am Knoten (t, N t = k). Dann kann V t (k)<br />
rekursiv bestimmt werden<br />
(<br />
)<br />
V T (k) = Φ<br />
∏<br />
T<br />
S 0<br />
t=1<br />
u Xt<br />
t d 1−Xt<br />
t<br />
V t (k) = e −rt [q u,t V t+1 (k + 1) + q d,t V t+1 (k)]<br />
mit dem Martingalmaß Q aus (6.2). Das replizierende Portfolio (x t , y t ) ist gegeben durch<br />
x t (k) = e −rt [u t V t (k) − d t V t (k + 1)] /(u t − d t )<br />
y t (k) = 1<br />
S t−1<br />
[V t (k + 1) − V t (k)] /(u t − d t )<br />
6.4 Europäische Call-Option im Binomialmodell<br />
Betrachte ein Wertpapier im CRR Modell, d.h. seien r t = r, u t = u und d t = d konstant (unabhängig von<br />
t) und bezeichne N t = ∑ t<br />
n=1 X t die Anzahl der up“-Bewegungen bis zum Zeitpunkt t. Der Aktienkurs<br />
”<br />
beträgt damit S t = S 0 u Nt d t−Nt , der diskontierte Aktienkurs ist ˜S t = S t /B t = e −rt S 0 u Nt d t−Nt .<br />
Unter Q hat N t (und damit auch S t bzw. ˜S t ) eine Binomial-Verteilung<br />
Q ( S t = S 0 u k d t−k) ( t<br />
= q<br />
k)<br />
k (1 − q) t−k , k ∈ {0, . . . , t} , t = 1, . . . , T .<br />
Der betrachtete Claim sei eine europäische Call-Option mit Ausübungspreis K zum Zeitpunkt T , der<br />
Payoff lautet also h = (S T − K) + . Nach der bisherigen Theorie ist der arbitragefreie Preis C 0 von h zum<br />
Zeitpunkt t = 0 gegeben durch<br />
C 0 = E Q<br />
[e −rT (S T − K) +] [ ( ) ] +<br />
= E Q ˜ST − e −rT K .
KAPITEL 6. DAS BINOMIALMODELL 30<br />
Die Option ist in the money“ genau dann, wenn<br />
”<br />
(<br />
S T ≥ K ⇔ S 0 u N T<br />
d T −N T u<br />
) ⌈<br />
NT<br />
K<br />
≥ K ⇔ ≥<br />
d S 0 d T ⇔ N log(K/S0 d T ⌉<br />
)<br />
T ≥ n k =<br />
log(u/d)<br />
Der Wert der Option beträgt damit<br />
C 0 = e −rT<br />
∑<br />
T (<br />
S0 u n d T −n − K ) ( )<br />
T<br />
q n (1 − q) T −n<br />
n<br />
n=n k<br />
Bemerkung 6.7. Die rekursive Berechnung wie im letzten Abschnitt und die direkte Berechnung über den<br />
gesamten Erwartungswert sind aufgrund der Linearität des Erwartungswerts äquivalent.<br />
6.5 Verteilung des Maximums im Binomialmodell (Reflection<br />
Principle)<br />
Betrachte den Spezialfall u · d = 1, d.h. ”<br />
up“ und ”<br />
down“ heben sich genau auf, womit der Aktienkurs<br />
sich vereinfacht zu<br />
S t = S 0 u 2Nt−t .<br />
Definiere Y T = max {S t : t = 0, 1, . . . , T } mit Werten aus { S 0 , S 0 u, . . . , S 0 u } T als das Maximum des<br />
Kurses bis zum Zeitpunkt T .<br />
Ziel. Unser Ziel ist nun die Bestimmung der Verteilung von Y T , also P(Y T<br />
i für ein i) für i = 0, 1, . . . , T .<br />
≥ S 0 u i ) = P(2N t − t ≥<br />
Bei der Bestimmung dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung werden wir einen sehr nützlichen Trick, das<br />
Reflection Principle“ anwenden, welches uns eine Bijektion zwischen Pfaden liefert, die an einem bestimmten<br />
Level gespiegelt sind. Dasselbe Prinzip kann auch z.B. für die Bestimmung des Maximums der<br />
”<br />
Brown’schen Bewegung benutzt werden.<br />
Lemma 6.4 (Verteilung des Maximums im Binomialgitter). Das Maximum Y t eines Pfades<br />
im Binomialgitter besitzt die Verteilung<br />
P(Y t ≥ S 0 U i ) =<br />
( T<br />
T +i<br />
mit n ∗ = min { }<br />
i ∈ R, i > T +i<br />
2 .<br />
2<br />
)<br />
p T +i<br />
T −i<br />
2 (1 − p) 2<br />
} {{ }<br />
=0, wenn T + i ungerade<br />
+<br />
T∑<br />
n=n ∗ ( T<br />
n<br />
) [p n (1 − p) T −n + p T +i−n (1 − p) n−i]<br />
Beweis. Betrachte alle Pfade, die S 0 u i erreichen und definiere τ i = min {t : 2N t − t = i} als den ersten<br />
Zeitpunkt, zu dem S 0 u i erreicht wird. Nach Voraussetzung gilt τ i ≤ T . Wähle i = 0, . . . T fix und betrachte<br />
drei disjunkte Fälle für den Endzeitpunkt:<br />
1. 2N T − T = i (nur möglich, wenn i = T, T − 2, T − 4, . . . )<br />
2. 2N T − T > i<br />
3. 2N T − T < i, aber Y t ≥ S 0 u i<br />
Bei Fall 1 und 2 erreicht der Pfad automatisch S 0 u i . Die Verteilung des Maximums kann daher zerlegt<br />
werden in<br />
P(2N t − t ≥ i für ein i) = P(2N T − T = i) + P(2N T − T > i) + P((2N T − T < i) ∧ (τ i ≤ T ))<br />
Die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Terme lassen sich getrennt bestimmen:
KAPITEL 6. DAS BINOMIALMODELL 31<br />
1. P(2N T − T = i) = P ( N T = 1 2 (i + T )) = ( )<br />
T T +i<br />
T +i p 2 (1 − p) T −i<br />
2 , wenn i = T, T − 2, T − 4, . . . ,<br />
2<br />
ansonsten 0<br />
2. P(2N T − T > i) = ∑ T<br />
n=n ∗ ( T<br />
n<br />
)<br />
p n (1 − p) T −n mit n ∗ = min { }<br />
i ∈ R, i > T +i<br />
3. Dieser Fall ist komplizierter, da aus der Bedingung für T nicht auf das Maximum geschlossen<br />
werden kann. Allerdings werden wir feststellen, dass eine Dualität mit den Pfaden aus Fall 2 besteht,<br />
insbesondere eine Bijektion zwischen den Pfaden in 2 und 3:<br />
Betrachte also einen beliebigen Pfad P ∗ in 3. Er erreicht nach Definition den Wert S 0 u i , weshalb<br />
τ i < T gilt. Der Pfad ˜P , der bis zu τ i mit P ∗ übereinstimmt und ab dann an S 0 u i gespiegelt ist<br />
(siehe Grafik 6.1), erfüllt 2N T − T > i und liegt daher in 2. Außerdem ist er eindeutig (also die<br />
Abbildung injektiv). Auf dieselbe Art können wir jedem Pfad aus Fall 2 einen Pfad aus Fall 3<br />
zuweisen, womit wir eine Bijektion zwischen Fall 2 und 3 haben. Insbesondere hat Fall 2 gleich viele<br />
Pfade wie 3.<br />
2<br />
Τ i<br />
1 2 3 4 5<br />
Abbildung 6.1: Das Reflektionsprinzip: Ab der Stoppzeit τ i wird der Pfad am Level S 0 u i gespiegelt. Damit<br />
erhalten wir eine Bijektion zwischen Pfaden in 2 und 3.<br />
Betrachte nun einen Pfad aus 2 mit N T = n ≥ n ∗ . Seine Wahrscheinlichkeit ist p n (1 − p) T −n und<br />
es gibt ( T<br />
n)<br />
derartige Pfade, die bei n enden. Sein Partnerpfad aus 3 endet bei NT = T + i − n<br />
(symmetrisch unter der Schranke (T +i)/2) und hat daher die Wahrscheinlichkeit p T +i−n (1−p) n−i .<br />
Auch hier gibt es genau ( T<br />
n)<br />
verschiedene derartige Pfade wegen der Dualität.<br />
Damit erhalten wir die Wahrscheinlichkeiten<br />
( T<br />
P((2N T − T < i) ∧ (N T = T + i − n) ∧ (τ i < T )) = p<br />
n)<br />
T +i−n (1 − p) n−i<br />
P((2N T − T < i) ∧ (τ i < T )) =<br />
T∑<br />
n=n ∗ ( T<br />
n<br />
Insgesamt erhalten wir also genau den Ausdruck im Lemma.<br />
)<br />
p T +i−n (1 − p) n−i<br />
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Maximums wird z.B. benötigt für<br />
• Knock-Out/-In Optionen: Dieser Typ von Optionen zahlt nichts (oder nur dann) aus, wenn der<br />
Kurs irgendwann eine bestimmte Schranke über- oder unterschreitet.<br />
• Lookback-Optionen: Payoff h ist abhängig vom Maximum (oder Minimum) des Kurses in einem<br />
Zeitintervall. Z.B. das Recht, zu T die Aktie zum höchsten Kurs Y T bis zu diesem Zeitpunkt zu<br />
verkaufen. Für die Bewertung wird damit die genau Verteilung des Maximums sowie des Kurses<br />
benötigt.
KAPITEL 6. DAS BINOMIALMODELL 32<br />
6.5.1 Übungsaufgaben<br />
Bsp. 6.1) Lookback-Option im CRR-Modell mit Payoff X = (Y T − K) + (Call) mit Y T = max 0≤t≤T S t .<br />
Benutze u · d = 1 und bepreise diese Option.<br />
Hinweis: Die Verteilung unter dem risikoneutralen Maß hat dieselbe Verteilung wie die tatsächlichen<br />
Wahrscheinlichkeiten, lediglich mit q statt p.<br />
Bsp. 6.2) Knockout-Option im CRR-Modell: Bepreise eine Option mit Strike K und Knockout-Barriere<br />
H, K < H, S 0 < H, mit Payoff<br />
{<br />
(S t − K) + wenn Y T < H<br />
X =<br />
0 sonst
Kapitel 7<br />
Markov <strong>Modelle</strong><br />
Dieser Abschnitt hält sich in groben Zügen an [Pli97] und [Sch02], für tiefer gehende Theorie zu Markov-<br />
Ketten, siehe [Wil91].<br />
Sei (E, E) der Zustandsraum (messbar) und (Ω, F, {F t } t∈I<br />
, P) mit I ⊆ R ein filtrierter Wahrscheinlichkeitsraum.<br />
Definition 7.1. Ein adaptierter stochastischer Prozess {X t }, X t : Ω → E, ist ein Markov-Prozess<br />
bezüglich der Filtration {F t } t∈I<br />
, wenn<br />
P (X t+1 = j|F t = σ(X 1 , . . . , X t )) = P (X t+1 = j|X t ) ∀j ∈ E, ∀t ∈ I .<br />
(⇔ P (X t+s = j|F t ) = P (X t+s = j|X t ) ∀s<br />
(⇔ ∀s, t ∈ I, s < t : P (X t ∈ F |F s ) = P (X t ∈ F |X s ) P-f.s.∀F ∈ E) (7.1)<br />
Bemerkung 7.1. Die Relation (7.1) wird Markov-Eigenschaft genannt.<br />
Interpretation. Die Zukunft X t hängt von der Vergangenheit (F s ) s≤t<br />
nur durch den momentanen Zustand<br />
X s ab, nicht durch den gesamten bisherigen Verlauf σ(X 1 , . . . , X s ).<br />
Definition 7.2 (homogener bzw. stationärer Markovprozess). Ein Markov-Prozess heißt homogen<br />
oder stationär, wenn<br />
P (X t+u ∈ F |X t ) = P (X s+u ∈ F |X s ) ∀s, t ∈ I∀u .<br />
Die Übergangswahrscheinlichkeiten für einen Zeitschritt können dann als Matrix P dargestellt werden<br />
mit Einträgen<br />
P(i, j) = P(X t+1 = j|X t = i), i, j ∈ E .<br />
Die Übergangswahrscheinlichkeiten für n Zeitschritte ergeben sich als die Einträge der n-ten Matrixpotenz<br />
von P: P i,j (n) = (P n ) i,j<br />
.<br />
Beispiel 7.1. Der Random Walk S n = Y 1 + Y 2 + · · · + Y n = S n−1 + Y n mit (Y i ) i∈R unabhängige identisch<br />
verteilte Zufallsvariablen ist ein (homogener) Markovprozess.<br />
Lemma 7.1. Die Markoveigenschaft (7.1) ist äquivalent zu E P [g(X t )|F s ] = E P [g(X t )|X s ] P-f.s. für<br />
alle E-messbaren Funktionen g : E → R, die beschränkt oder nicht-negativ sind.<br />
33
KAPITEL 7. MARKOV MODELLE 34<br />
Beweisskizze.<br />
⇐ Trivial: g = 1 F ∀F ∈ E<br />
⇒ Standard-Methode: für charakteristische Funktionen nach Vor. erfüllt ⇒ für einfache Funktionen<br />
(Treppenfunktionen) durch Linearität des Erwartungswerts erfüllt.<br />
Für beschränkte, messbare g : E → R existiert eine Folge von einfachen Funktionen (g n ) n∈R<br />
mit<br />
‖g n ‖ ∞ ≤ ‖g‖ und g n → g punktweise. Wegen der dominierten Konvergenz folgt dann<br />
E P [g(X t )|F s ]<br />
dom.<br />
Konv.<br />
= lim E P[g n (X t )|F s ] Markov<br />
dom.<br />
= lim E Konv.<br />
P[g n (X t )|X s ] = E P [g(X t )|X s )] P-f.s.<br />
n→∞ n→∞<br />
Bei nicht-negativem g benutze stattdessen monotone Konvergenz, allgemeine g lassen sich schließlich<br />
als Differenz zweier nicht-negativer Funktionen darstellen.<br />
Bemerkung 7.2. Die Markov-Eigenschaft für R d -wertige Prozesse ist komponentenweise definiert.<br />
Lemma 7.2. Sei X t : Ω → R, t ∈ I ⊂ R, ein Markov-Prozess. Dann gilt für alle E ⊗ E-messbaren<br />
h : E × E → R, die beschränkt oder nicht-negativ sind, für s, t ∈ I, s < t:<br />
E P [h(X s , X t )|F s ] = E P [h(X s , X t )|X s ] P-f.s. (7.2)<br />
(vergleiche (3.35) in Pliska [Pli97])<br />
Beweis. Sei zuerst h(x, y) = f(x)g(y) mit f, g : E → R beschränkt und E-messbar:<br />
E P [h(X s , X t )|F s ] = E P [f(X s )g(X t )|F s ] = f(X s )E P [g(X t )|F s ] = f(X s )E P [g(X t )|X s ] = E[f(X s )g(X t )|X s ]<br />
Sei nun H = {h : E × E → R|h ist E ⊗ E-messbar, beschränkt und erfüllt (7.2)}. H erfüllt:<br />
1. H ist ein Vektorraum.<br />
2. H enthält alle h(x, y) = f(x)g(y) mit f, g : E → R beschränkt und E-messbar (insbesondere<br />
h = 1 F ×G mit F, G ∈ E)<br />
3. Wenn {h n } n∈R<br />
⊂ h beschränkt und nicht-negativ mit h n ↗ h, dann gilt h ∈ H (über monotone<br />
Konvergenz).<br />
Wegen dem Theorem über monotone Klassen (siehe Anhang) enthält H daher alle beschränkten, E ⊗ E-<br />
messbaren h : E × E → R. Daher wegen 3 auch alle nicht-negativen h, die E ⊗ E-messbar sind.<br />
Bemerkung 7.3. Die Verallgemeinerung auf d Dimensionen erfolgt durch komponentenweise Betrachtung.<br />
Theorem 7.3. Sei der Preisprozess ˜S 0 , . . . , ˜S T ein Markov-Prozess unter P (mit E = R d ) und<br />
arbitragefrei. Dann existiert ein äquivalentes Maß Q ∼ P, sodass ˜S 0 , . . . , ˜S T ein Q-Martingal ist,<br />
sowie ein Markov-Prozess unter Q.<br />
Bemerkung 7.4. Die Existenz eines äquivalenten Martingalmaßes folgt aus der Arbitragefreiheit. Dieser<br />
Satz sagt aus, das die Markov-Eigenschaft auch unter einem äquivalenten Martingalmaß erhalten bleibt.<br />
Beweis. Die Existenz eines Q ′ ∈ M ∞ t folgt nach Dalang-Morton-Willinger.<br />
Definiere Z T = dQ ′ /dP und Z t = E P [Z T |F t ]. Für jedes A ∈ F t gilt<br />
Q ′ (A) = E P [1 A Z T ] bed.EW = E P [1 A E[Z T |F t ]] = E P [1 A Z t ]<br />
Dies bedeutet, dass Z t eine Dichte von Q ′ | Ft<br />
bezüglich P| Ft<br />
ist.<br />
[ ∣ ]<br />
Da Q ′ ∼ P, gilt Z T > 0 P-f.s. und E<br />
Zt+1 ∣∣<br />
P Z Ft t<br />
= 1 Z t<br />
E P [Z t+1 |F t ].<br />
[ ∣<br />
Z<br />
Konstruktion von Q ∼ P: Definiere d t = E t ∣∣<br />
P Z<br />
˜St<br />
t−1<br />
, ˜S<br />
]<br />
t−1 für t = 1, . . . , T .<br />
Betrachte Y 0 = Z 0 und Y t = Z 0 d 1 · · · · · d t für t = 1, . . . , T . Dann:
KAPITEL 7. MARKOV MODELLE 35<br />
1. d t > 0 f.s., daher auch Y t > 0 f.s. ∀t = 1, . . . , T<br />
2. d t ist F t -messbar, daher auch Y t ∀t = 1, . . . , T<br />
[ [ ∣ ]<br />
]<br />
Def Zt+1 ∣∣∣<br />
3. E P [d t+1 |F t ] = E P E P ˜St+1 ,<br />
Z ˜S t t<br />
∣ F t<br />
} {{ }<br />
E P<br />
[<br />
E P [Z t+1 /Z t | F t ]<br />
} {{ }<br />
= 1 Z t<br />
E P [Z t+1|F t] Mart. = 1 Z t<br />
Z t=1<br />
=h( e S t, e S t+1)<br />
]<br />
∣ ˜St = 1. Daher gilt<br />
Lem. 7.2<br />
= E P [h( ˜S t , ˜S t+1 )| ˜S t ]= 1 E P [Z t+1 /Z t | ˜S t ]<br />
[ ∣ ]<br />
Yt+1 ∣∣∣<br />
E P F t = 1 ,<br />
Y<br />
} {{ t<br />
}<br />
d t+1<br />
bed.EW<br />
=<br />
weshalb Y t ein P-Martingal ist und daher E P [Y T ] = E P [Y 0 ] = E P [Z 0 ] = 1 erfüllt.<br />
Insgesamt wird also durch dQ<br />
dP = Y T ein Wahrscheinlichkeitsmaß Q mit Q ∼ P definiert.<br />
Martingaleigenschaft von ( ˜S 0 , . . . , ˜S T ) bezüglich Q:<br />
E Q [ ˜S t+1 |F t ] Bayes<br />
= E P[Y t+1 ˜St+1 |F t ] [Y t+1<br />
= E P<br />
E P [Y t+1 |F t ] Y<br />
} {{ } } {{ t<br />
}<br />
=Y t<br />
d t+1<br />
˜St+1<br />
∣ ∣Ft<br />
]<br />
Lemma mit<br />
h( e S t, e S t+1)=<br />
d t+1 e St+r<br />
= EP<br />
[<br />
d t+1 ˜St+1 | ˜S t<br />
]<br />
eS t+1 ist [ [ ∣ ]∣ ] [ ∣ ] [<br />
eS t+1-mb Zt+1 ∣∣∣ ∣∣∣<br />
= E P E P ˜St ,<br />
Z ˜S<br />
Zt+1 ∣∣∣ 1<br />
t+1 ˜St = E P<br />
˜St+1 ˜St = E P E P [Z t+1 ˜St+1 |F t ]<br />
t Z t Z<br />
} t<br />
{{ }<br />
= E P [ ˜S t | ˜S t ] = ˜S t .<br />
Bayes<br />
= E Q ′ [ e S t+1|F t] Q′ -Mart.<br />
Markov-Eigenschaft von ( ˜S 0 , . . . , ˜S T ) bezüglich Q: Sei g : R d → R beschränkt und messbar.<br />
E Q [g( ˜S t+1 |F t ] Bayes<br />
= E P[Y t+1 g( ˜S t+1 )|F t ]<br />
E P [Y t+1 |F t ]<br />
} {{ }<br />
= E P [d t+1 g( ˜S t+1 )<br />
} {{ }<br />
=:h( S<br />
Y e t, S e t+1)<br />
t<br />
|F t ] Lemma<br />
= E P [d t+1 g( ˜S t+1 )| ˜S t ] = . . .<br />
= e S t<br />
∣ ∣∣∣ ˜St<br />
]<br />
· · · = E Q [g( ˜S t+1 )| ˜S t ]<br />
Korollar 7.4. Der Preis im Zustand F ∈ E hängt nicht von der Vergangenheit ab, sondern nur vom<br />
momentanen Zustand:<br />
Def. MM [ ∣ ∣∣ ] ME [ ∣ ∣∣ ]<br />
˜S t = E Q ˜St+s Ft = EQ ˜St+1 ˜St ∀t, s<br />
}{{}<br />
}{{}<br />
gesamter<br />
Knoten im<br />
bish. Verlauf<br />
Baum/Gitter<br />
Beispiel 7.2. Das Binomialmodell ist ein Spezialfall des Markov-Modells.<br />
Bemerkung 7.5 (Faktormodell). Obige Eigenschaften gelten nur für deterministischen Zins r m . Ist das<br />
Bankkonto nicht deterministisch, sondern stochastisch, ist ˜S t i.A. keine Markovkette mehr (auch wenn<br />
B t ein Markov-Prozess ist!).<br />
Mögliche Lösung in diesem Fall: Marktmodell mit zugrunde liegendem Faktorprozess X (Markov-Prozess),<br />
von dem das Bankkonto abhängt (z.B. Preise aller relevanten Wertpapiere).<br />
1 Da σ( e S t) ⊂ σ( e S t, e S t+1 )
KAPITEL 7. MARKOV MODELLE 36<br />
Das Bankkonto ist dann definiert durch f t : R k → R, f t (X t ) = B t , wobei X t ein entsprechender Sample-<br />
Pfad aus Ω ist. Ebenso sind die Wertpapiere in Abhängigkeit vom Markov-Prozess X definiert: S (n)<br />
t =<br />
S (n)<br />
t (X t ), wobei S (n)<br />
t nun nicht unbedingt ein Markov-Prozess sein muss.<br />
˜S (n) ist nun der Quotient zweier Funktionen des Markov-Prozesses X t , aber nicht unbedingt selbst ein<br />
Markov-Prozess. Nun kann analog wie im Satz vorgegangen werden: X (und nicht ˜S) ist ein Markov-<br />
Prozess unter Q und damit<br />
[ ]<br />
˜S (n)<br />
t = E ˜S(n)<br />
(n)<br />
Q t+s|F t = E Q [ ˜S t+s|X t ] ∀n, t, s .<br />
Beispiel 7.3. Sei g t (x) = S 0 u x d t−x , dann ist im Binomialmodell S t = g t (N t ), wobei N t ein Markov-<br />
Prozess ist. S t ist stationär, weil die Übergangswahrscheinlichkeiten konstant sind (mit X 1 , . . . , X T i.i.d.):<br />
⎧<br />
⎪⎨ p, wenn j = su<br />
P(S t+1 = j|S t = s) = 1 − p, wenn j = sd<br />
⎪⎩<br />
0, sonst<br />
Wenn u = 1 d<br />
(anderenfalls liefert eine up und eine down-Bewegung nicht wieder denselben Wert und die<br />
Anzahl der möglichen Zustände ist zeitabhängig), dann gibt es 2T + 1 mögliche Zustände.<br />
Martingalbedingungen für Q: Es ist ˜S t = S 0 u Nt d t−Nt /(1 + R) t .<br />
E Q [ ˜S t+1 | ˜S t ] = E Q [S 0 u Nt+1 d t+1−Nt+1 /(1 + R) t+1 | ˜S t ] = E Q [S 0 u Nt+Xt+1 d t−Nt+1−Xt+1 /(1 + R) t+1 | ˜S t ]<br />
N t ist<br />
eS t-mb.<br />
= S 0<br />
u Nt d t−Nt<br />
= ˜S t<br />
1 + R<br />
(1 + R) t E Q[u Xt+1 d 1−Xt+1 /(1 + R)| ˜S t ] iid.<br />
= ˜S t /(1 + R)E Q [u Xt+1 d 1−Xt+1 ]<br />
[<br />
]<br />
(1 + r) − d u − (1 + R)<br />
u + d =<br />
u − d u − d<br />
˜S t<br />
Das Binomialmodell ist also ein Markov-Modell.<br />
Alternativ kann das Binomialmodell auch als ein Faktormodell mit dem Faktorprozess N t angesehen<br />
werden:<br />
E Q [ ˜S t+1 |N t ] = ˜S t<br />
7.1 Übungsaufgaben<br />
Bsp. 7.1) Betrachte das Binomialmodell als Spezialfall eines Faktormodells und zeige, dass E[ ˜S t+1 |N t ] =<br />
˜S t .
Kapitel 8<br />
Grenzübergang im Binomialmodell:<br />
Das Black-Scholes Modell<br />
8.1 Schwache Konvergenz, zentraler Grenzwertsatz in schwacher<br />
Formulierung<br />
Sei (S, d) ein metrischer Raum und S seine Borel-σ-Algebra.<br />
Definition 8.1 (schwache Konvergenz). Eine Folge (µ n ) n∈R<br />
von Wahrscheinlichkeitsmaßen auf<br />
(S, S) konvergiert schwach gegen ein Wahrscheinlichkeitsmaß µ, wenn<br />
∫ ∫<br />
fdµ n = fdµ für alle beschränkten, stetigen f : S → R.<br />
lim<br />
n→∞<br />
S<br />
S<br />
Notation. µ n<br />
w<br />
−→ µ<br />
Theorem 8.1 (zentraler Grenzwertsatz, o.B.). Seien {X n } n∈R<br />
⊂ L 2 (Ω, F, P) unabhängige,<br />
identisch verteilte Zufallsvariablen. Definiere S n = X 1 + . . . X n . Die Verteilung von<br />
G n = S N − E[S n ]<br />
√ , n ∈ R<br />
V arSn<br />
konvergiert schwach gegen die Standard-Normalverteilung auf (R, B). D.h. für alle beschränkten,<br />
stetigen Funktionen f : R → R gilt<br />
∫<br />
lim E[f(G 1<br />
n)] = f(x) √ e − 1 2 x2 dx .<br />
n→∞ 2π<br />
R<br />
Lemma 8.2. Sei (S, d) ein metrischer Raum, µ n<br />
beschränkt).<br />
w<br />
−→ µ und f : S → R stetig (aber nicht unbedingt<br />
1. Wenn ∀ε > 0∃M ε > 0 mit<br />
∫<br />
sup |f|dµ n ≤ ε ,<br />
n∈R |f|>M ε<br />
dann gilt f ∈ L 1 (S, S, µ) und lim n→∞<br />
∫S fdµ n = ∫ S fdµ.<br />
37
KAPITEL 8. GRENZÜBERGANG IM BINOMIALMODELL: DAS BLACK-SCHOLES MODELL 38<br />
2. Wenn ein messbares ϕ : [0, ∞) → [0, ∞) existiert mit<br />
ϕ(x)<br />
lim<br />
x→∞ x<br />
dann gilt 1 auch für f.<br />
∫<br />
= ∞ und sup ϕ(|f|)dµ n < ∞ ,<br />
n∈R S<br />
Definition 8.2. Sei (S, d) ein metrischer Raum mit Borel-σ-Algebra S. Eine Folge von Zufallsvariablen<br />
X n : Ω → S, n ∈ R ist schwach konvergent gegen die Zufallsvariable X : Ω ′ → S, wenn<br />
die Verteilungen µ n = PXn<br />
−1 , n ∈ R, schwach gegen µ = P ′ X −1 konvergieren, wobei (Ω ′ , F ′ , P ′ ) ein<br />
anderer Wahrscheinlichkeitsraum sein kann.<br />
8.2 Reskalierung des Binomialmodells<br />
Ziel. Skalierung des Binomialmodells auf m Schritte der Länge T/m, T > 0, und Grenzübergang m → ∞,<br />
was zu einem stetigen Modell führt.<br />
Betrachte ein Binomialmodell mit:<br />
1. Zinsrate r m : e rT = (e rm ) m ⇒ r m = rT m<br />
( √<br />
2. Schritt nach oben: u m = e rT m 1 + α<br />
ist also proportional zur Wurzel aus dem Zeitschritt, √ ∆t.<br />
3. Schritt nach unten: Wähle β ∈ ( 0, √ )<br />
m<br />
T und dm = e rT m<br />
T<br />
m<br />
)<br />
mit geeignetem α > 0. Die Größe des Schrittes α √ T/m<br />
( √ )<br />
T<br />
1 − β<br />
m<br />
.<br />
Das Martingalmaß Q dieses Binomialmodells mit m Schritten, in dem die X 1 , . . . , X m<br />
identisch verteilte Bernoulli-Variablen sind, lautet<br />
Q(X i = 1) = q = erm − d m<br />
u m − d m<br />
=<br />
e rm β<br />
e rm (α + β)<br />
√<br />
T<br />
m<br />
√<br />
T<br />
m<br />
= β<br />
α + β<br />
für i = 1, . . . , m<br />
unabhängige,<br />
Notation. σ = √ αβ wird Volatilität genannt.<br />
Insgesamt haben wir also 4 Parameter α, β, q und σ, von denen 2 frei wählbar sind.<br />
Wenden wir nun eine Taylor-Approximation auf log u m und log d m an:<br />
log u m = rT m + α √<br />
T<br />
m − 1 2 α2 T m + O ( 1<br />
m 3/2 )<br />
log d m = rT m − β √<br />
T<br />
m − 1 2 β2 T m + O ( 1<br />
m 3/2 )<br />
log u √<br />
m<br />
T<br />
= log u m − log d m = (α + β)<br />
d m m − 1 (<br />
α 2 − β 2) ( )<br />
T 1<br />
2 m + O m 3/2
KAPITEL 8. GRENZÜBERGANG IM BINOMIALMODELL: DAS BLACK-SCHOLES MODELL 39<br />
Betrachte den diskontierten Aktienpreis nach m Schritten der Größe T m :<br />
˜S m = S 0<br />
e<br />
} −rT<br />
{{ }<br />
u Nm<br />
m<br />
(e −rm )m<br />
d m−Nm<br />
m<br />
einfügen<br />
= S 0 e −rT exp<br />
(<br />
= S 0 e −rT exp N<br />
}{{} m log u )<br />
m<br />
+ m log d m<br />
= P d m<br />
X i<br />
E[N m]<br />
{}}{<br />
mq<br />
(<br />
Nm −<br />
√<br />
mq(1 − q)<br />
} {{ }<br />
√ Var Nm<br />
√<br />
} {{ }<br />
=:Nm ∗ ... ZV<br />
m<br />
√<br />
q(1 − q) log<br />
u m<br />
d m<br />
} {{ }<br />
(△)<br />
+ mq log u )<br />
m<br />
+ m log d m<br />
d<br />
} m<br />
{{ }<br />
(□)<br />
Die einzelnen Terme berechnen sich durch Einsetzen der Definitionen und der Taylor-Approximation zu<br />
√<br />
(△) = √ [ √<br />
β α<br />
T<br />
m<br />
(α + β)<br />
α + β α + β<br />
m − 1 2 (α + β)(α − β) T ( ) ]<br />
1<br />
m + O m 3/2<br />
= √ [ ( √T 1 T 1<br />
αβ − (α − β) √ + O<br />
} {{ } 2 m m)]<br />
σ<br />
Insgesamt also<br />
(□) = mq log u m<br />
+ m log d m = mq log u m + m(1 − q) log d m<br />
d m<br />
mq log u m = rT q + qα √ ( )<br />
T m − α2<br />
1<br />
2 qT + O √ m<br />
m(1 − q) log d m = rT (1 − q) − β(1 − q) √ T m − 1 2 β2 (1 − q)T + O<br />
˜S m = S 0 exp(−rT ) exp<br />
( [ √T<br />
Nmσ<br />
∗ 1 −<br />
T<br />
(α − β)<br />
2<br />
(<br />
α 2 q + β 2 (1 − q) ) + O<br />
( 1<br />
√ m<br />
))<br />
( 1<br />
√ + O m m)]<br />
− T 2<br />
(<br />
= S 0 exp Nmσ √ ( ( )) 1<br />
∗ T 1 + O √ + √ ( αβ<br />
T m<br />
m<br />
(<br />
= S 0 exp Nmσ √ ( ( )) 1<br />
∗ T 1 + O √ − T m 2 σ2 + O<br />
( ) 1<br />
√ m<br />
+ rT + √ T m (qα − β(1 − q))<br />
α + β − βα )<br />
− T ( α 2 )<br />
β<br />
α + β 2 α + β + β2 α<br />
α + β<br />
} {{ } } {{ }<br />
=0<br />
=αβ α+β<br />
( 1<br />
√ m<br />
))<br />
α+β =σ2 +O<br />
( 1<br />
√ m<br />
))<br />
Nach dem zentralen Grenzwertsatz gilt Nm<br />
∗<br />
√<br />
T N<br />
∗<br />
m<br />
Außerdem gilt Nmσ √ ( ) (<br />
∗ 1<br />
T O √ m<br />
+ O<br />
Insgesamt<br />
N ∗ mσ √ T<br />
w<br />
−−−−→ W 1 ∼ N (0, 1). Daher<br />
m→∞<br />
w<br />
−−−−→<br />
m→∞ W T ∼ N (0, T ) .<br />
)<br />
√1<br />
L 2 ,P<br />
m m→∞<br />
(<br />
1 + O<br />
˜S m<br />
−−−−→<br />
( 1<br />
√ m<br />
))<br />
+ O<br />
0 und daher<br />
( ) 1<br />
√ m<br />
(<br />
w<br />
−−−−→ S 0 exp σW t − 1 )<br />
m→∞<br />
2 σ2 T<br />
w<br />
−−−−→ σW T<br />
m→∞<br />
(8.1)<br />
Korollar 8.3. Der diskontierte Preis zur Zeit t im skalierten Binomialmodell mit m Zeitschritten der<br />
Größe T m<br />
konvergiert schwach (bzw. in der Verteilung) gegen die geometrische Brown’sche Bewegung<br />
S 0 exp ( σW t − 1 2 σ2 T ) zur Zeit T .
KAPITEL 8. GRENZÜBERGANG IM BINOMIALMODELL: DAS BLACK-SCHOLES MODELL 40<br />
8.3 Die Black-Scholes-Formel<br />
Konvergenzsätze auf Europäische Call-Option angewendet:<br />
−1<br />
Mit µ m = Q ˜S m und µ = P ( ′ S 0 exp ( σW T − 1 2 σ2 T )) −1 w<br />
haben wir gerade µm −→ µ gezeigt für m → ∞.<br />
Wenn f(x) = ( x − e −rT K ) +<br />
(Payoff des Calls), x ∈ R, die Bedingungen des Punktes 2 des Lemmas 8.2<br />
erfüllt, dann ist:<br />
[ ( ) ] +<br />
∫<br />
C (m) = E Q ˜Sm − e −rT (<br />
K = x − e −rT K ) +<br />
dµm<br />
R<br />
} {{ }<br />
Preis im Binomialmodell<br />
w<br />
−−−−−−−→<br />
Lemma 8.2<br />
∫<br />
R<br />
(<br />
x − e −rT K ) +<br />
dµ = EP ′<br />
[ ( (<br />
S 0 exp σW T − 1 ) ) ] +<br />
2 σ2 T − e −rT K<br />
} {{ }<br />
Call-Optionspreis im Modell mit geom. BB<br />
f ist stetig, aber unbeschränkt. Allerdings erfüllt es die Bedingungen des Punktes 2 von Lemma 8.2 mit<br />
messbarem ϕ(x) = x 2 , welches auch ϕ(x)<br />
x<br />
= x → ∞ erfüllt.<br />
∫<br />
∫<br />
ϕ(|f|)dµ m = f 2<br />
[ ] [<br />
dµ<br />
R<br />
R<br />
}{{} m ≤ E Q S<br />
2<br />
m = EQ S<br />
2<br />
0 e −2rT ]<br />
u 2Nm<br />
m d 2m−2Nm<br />
m<br />
≤x 2<br />
= S 2 0e −2rT m ∑<br />
n=0<br />
( ) m<br />
u 2n<br />
m d 2m−2n<br />
m q n (1 − q) m−n<br />
n<br />
} {{ }<br />
Binomialvert. unter Q<br />
} {{ }<br />
=(qu 2 m +(1−q)d2 m )m wegen Binomialformel<br />
⎛ ( √ ) 2 ( √ ) ⎞ 2<br />
m<br />
= S0e 2 −2rT ⎝qe 2rT T<br />
m 1 + α + (1 − q)e 2rT T<br />
m 1 − β ⎠<br />
m<br />
m<br />
( ( √ (<br />
= S0e 2 −2rT e 2rT β<br />
T<br />
1 + 2α<br />
α + β<br />
m m)<br />
+ T<br />
α2 + α<br />
√ m<br />
T<br />
1 − 2β<br />
α + β<br />
m m)) + T<br />
β2<br />
(<br />
α + β + α<br />
= S0 2 2 β T m + ) αβ2 T m (<br />
m<br />
(α + β) m = S0<br />
2 1 + T ) m<br />
m }{{}<br />
αβ ↗ m→∞ S 0 exp ( σ 2 T ) =: L < ∞<br />
σ 2<br />
Damit ist also das Lemma 8.2, Punkt 1, anwendbar und das Black-Scholes-Modell ergibt sich tatsächlich<br />
als Grenzwert des Binomialmodells.<br />
8.3.1 Ableitung der Black-Scholes-Formel<br />
Im Modell mit geometrischer Brown’scher Bewegung ist die Option in the money“ ⇔<br />
”<br />
(<br />
S 0 exp σW T − 1 )<br />
2 σ2 T ≥ e −rT K ⇔ σW T − 1 2 σ2 T ≥ log K/(e rT S 0 ) ⇔ W T ≥ − √ T d 2
KAPITEL 8. GRENZÜBERGANG IM BINOMIALMODELL: DAS BLACK-SCHOLES MODELL 41<br />
(<br />
) (<br />
mit d 2 = 1<br />
σ √ − log e−rT K<br />
T<br />
S 0<br />
− 1 2 σ2 T = 1<br />
σ √ T log<br />
S 0<br />
e −rT K − 1 2 σ2 T ) . Daher gilt<br />
[ ( (<br />
C = E P ′ S 0 exp σW T − 1 ) ) ] +<br />
2 σ2 T − e −rT K<br />
=<br />
∫ ∞<br />
(<br />
− √ T d 2<br />
(<br />
S 0 exp<br />
∣ x = √ y ∣∣∣∣ ∫ ∞<br />
=<br />
T<br />
∣dx = √ dy = S 0<br />
T<br />
=<br />
∣ z = σ√ T − x<br />
dz = −dx ∣ = S 0<br />
σy − 1 2 σ2 T<br />
−d 2<br />
1<br />
(<br />
√ exp 2π<br />
∫ d2+σ √ T<br />
−∞<br />
) ) + (<br />
− e −rT 1<br />
K √ exp<br />
2πT<br />
y 2<br />
− 1 2 T<br />
} {{ }<br />
N (0,T )<br />
)<br />
dy<br />
σx √ T − 1 2 σ2 T − 1 ) ∫ ∞<br />
2 x2 dx −<br />
} {{ }<br />
=− 2(x−σ √ 1 T) 2<br />
1<br />
√ exp<br />
(− 1 )<br />
2π 2 z2 dz −Ke −rT Φ(d 2 )<br />
} {{ }<br />
Φ(d 1)<br />
mit d 1 = d 2 + σ √ (<br />
T = 1<br />
σ √ T log<br />
S 0<br />
e −rT K + 1 2 σ2 T ) .<br />
Ke −rT 1<br />
√ e − x2<br />
2 ds<br />
−d 2 2π<br />
} {{ }<br />
Ke −rT (1−Φ(−d 2))=Ke −rT Φ(d 2)<br />
Ergebnis 1 (Black-Scholes-Formel). Der Preis einer europäischen Call-Option im Black-Scholes Modell<br />
ist<br />
C = S 0 Φ(d 1 ) − Ke −rT Φ(d 2 )<br />
mit<br />
d 1 = 1 (<br />
σ √ T<br />
d 2 = 1<br />
σ √ T<br />
S 0<br />
log<br />
e −rT K − 1 )<br />
2 σ2 T<br />
S 0<br />
e −rT K + 1 )<br />
2 σ2 T .<br />
(<br />
log<br />
Bei dieser Formel ist nicht so sehr der genaue Wert von d 1 und d 2 (symmetrisch um log<br />
vielmehr die allgemeine Form interessant.<br />
S 0<br />
e −rT K<br />
!), als
Kapitel 9<br />
Amerikanische Optionen im<br />
diskreten Modell<br />
Dieses Kapitel richtet sich zu einem großen Teil nach Lamberton und Lapeyre [LL96].<br />
Definition 9.1 (Amerikanische Optionen). Eine amerikanische Option mit Ausübungszeitpunkt<br />
T ∈ R kann zu jedem Zeitpunkt t ∈ {0, 1, . . . , T } ausgeübt werden. Der Payoff zu t ist Z t , wobei<br />
{Z t } t∈{0,...,T }<br />
ein nicht-negativer, (F t ) t∈{0,...,T }<br />
-adaptierter Prozess ist.<br />
Beispiel 9.1.<br />
1. Amerikanische Call-Option, Strike K, Payoff Z t = (S t − K) +<br />
2. Amerikanische Put-Option, Strike K, Payoff Z t = (K − S t ) +<br />
Ziel. Zusätzlich zur Bestimmung des fairen Preises wie bei Europäischen Optionen (die nur zu einem<br />
fixen Zeitpunkt T ausgeübt werden konnten), stellt sich bei amerikanischen Optionen auch die Frage<br />
nach dem optimalen Zeitpunkt der Ausübung (als Stoppzeit; zu t muss entschieden werden können, ob<br />
die Option jetzt ausgeübt werden soll).<br />
Betrachte den Preis {U t } 0≤t≤T<br />
der Option, basierend auf dem Payoff {Z t } 0≤t≤T<br />
. Zum Zeitpunkt T ist<br />
der Preis trivialerweise gleich dem Payoff:<br />
U T = Z T<br />
Sei Q ∈ M ∞ t ein Martingalmaß. Dann ist B T −1 E Q [U T /B T |F T −1 ] ein fairer Preis zum Zeitpunkt T − 1<br />
des Payoffs (zu T ). Allerdings hat man zum Zeitpunkt T − 1 auch die Wahl, die Option gleich auszuüben,<br />
wenn dies zu einem besseren Ergebnis führt. Daher ergibt sich also der Preis zu T − 1 der Option als<br />
{<br />
}<br />
U T −1 = max<br />
Z T −1<br />
} {{ }<br />
Ausübung zu T − 1<br />
[ ∣ ]<br />
UT ∣∣∣<br />
, B T −1 E Q F T −1<br />
B T<br />
} {{ }<br />
warten<br />
Induktiv erhält man aufgrund derselben Argumentation für jeden Zeitpunkt t = 0, 1, . . . , T − 1 den Preis<br />
{ [ ∣ ]}<br />
Ut+1 ∣∣∣<br />
U t = max Z t , B t E Q F t<br />
B t+1<br />
Ergebnis 2. Für den diskontierten Preis Ũt = U t /B t einer amerikanischen Option mit diskontiertem<br />
Payoff ˜Z t = Z t /B t gilt<br />
Ũ T = ˜Z T<br />
Ũ t = max<br />
{<br />
˜Zt , E Q<br />
[Ũt+1<br />
∣ ∣∣ Ft<br />
]}<br />
.<br />
42
KAPITEL 9. AMERIKANISCHE OPTIONEN IM DISKRETEN MODELL 43<br />
9.1 Die Snell-Envelope (Snell’sche Einhüllende)<br />
Definition 9.2 (Snell’sche Einhüllende). Sei {Z t } t≤T<br />
Einhüllende (Envelope) {U t } t≤T<br />
ist definiert durch<br />
U t =<br />
{<br />
Z t ,<br />
wenn t = T<br />
max {Z t , E [U t+1 |F t ]} für t ∈ {0, . . . , T − 1}<br />
ein adaptierter Prozess. Die Snell’sche<br />
Lemma 9.1. {U t } t≤T<br />
ist das kleinste P-Supermartingal, das {Z t } t≤T<br />
dominiert.<br />
Beweis.<br />
• Da nach Definition U t ≥ Z t ∀t ≤ T gilt, ist U dominierend.<br />
• Weiters gilt nach Definition U t ≥ E[U t+1 |F t ], womit U ein Supermartingal ist.<br />
• Sei nun {V t } t≤T<br />
ein dominierendes Supermartingal von {Z t } t≤T<br />
. Wir werden induktiv zeigen, dass<br />
V das Supermartingal U dominiert. Es ist nach Definition V T ≥ Z T = U T . Wenn V t+1 ≥ U t+1 ,<br />
dann gilt<br />
⎫<br />
Super-<br />
Mart.<br />
⎬<br />
V t ≥ E[V t+1 |F t ] ≥ E[U t+1 |F t ] f.s.<br />
⎭ V t ≥ max (Z t , E[U t+1 |F t ]) = U t<br />
V t ≥ Z t<br />
Damit dominiert nach Rückwärtsinduktion V t also U t und {U t } t≤T<br />
ist das kleinste Supermartingal,<br />
das Z dominiert.<br />
Lemma 9.2. τ 0 = inf {t ≥ 0 : U t = Z t } ist eine Stoppzeit und die gestoppte Folge {U t∧τ0 } t≤T<br />
ist ein<br />
Martingal.<br />
Beweis. a) Da U T = Z T gilt, ist τ 0 wohldefiniert und τ 0 ∈ {0, . . . , T } ∀ω ∈ Ω. Es ist weiters {τ 0 ≤ t} =<br />
⋃ t<br />
n=0 {Z n = U n } ∈ F t ∀t ∈ {0, . . . , T }, womit τ 0 eine Stoppzeit ist.<br />
b) Für die Martingaleigenschaft schreibe für t ∈ {0, . . . , T }<br />
t+1 = U ∑t+1<br />
t+1∧τ 0<br />
= U 0 + H j (U j − U j−1 ) ,<br />
U τ0<br />
wobei H j = 1 {τ0≥j}. Beachte, dass {τ 0 ≥ j} = Ω/ {τ 0 ≤ j − 1} ∈ F t−1 , d.h. H j ist vorhersagbar.<br />
Da U t > Z t auf {τ 0 ≥ t + 1}, gilt U t = E[U t+1 |F t ] f.s. zu diesen Zeiten. Daher ist<br />
j=1<br />
U τ0<br />
t+1 − U τ0<br />
t = H t+1 (U t+1 − U t ) = H t+1 (U t+1 − E[U t+1 |F t ]) .<br />
Da H t+1 F t -messbar ist, gilt<br />
E [ U τ0<br />
t+1 − U ]<br />
t<br />
τ0 ∣ Ft = Ht+1 E [U t+1 − E[E t+1 |F t ]| F t ] = 0<br />
} {{ }<br />
=0<br />
und U τ0<br />
t<br />
ist ein Martingal.<br />
Bemerkung 9.1. Seit τ : Ω → I eine Stoppzeit mit I = {0, . . . , T } oder I = N. Dann gilt:<br />
1. Wenn {X t } t∈I adaptiert ist, dann ist auch {X τ t } t∈I adaptiert.
KAPITEL 9. AMERIKANISCHE OPTIONEN IM DISKRETEN MODELL 44<br />
2. Wenn {X t } t∈I ein Martingal ist, dann ist auch {X τ t } t∈I ein Martingal.<br />
3. Wenn {X t } t∈I ein Sub-/Supermartingal ist, dann ist auch {X τ t } t∈I ein Sub-/Supermartingal.<br />
Definition 9.3. Für T ∈ R, 0 ≤ t ≤ T sei T t,T<br />
{t, . . . , T }.<br />
die Menge der Stoppzeiten mit Werten aus<br />
Definition 9.4. Eine Stoppzeit τ ∈ T 0,T<br />
E[Z τ0 |F 0 ] = sup τ∈T0,T<br />
E[Z τ |F 0 ] f.s.<br />
heißt optimal für die adaptierte Folge {Z t } t≤T<br />
, wenn<br />
Korollar 9.3. Die Stoppzeit τ 0 = inf {τ ≥ 0|U τ = Z τ } ist optimal für {Z t } t≤T<br />
und U 0 = E[Z τ0 |F 0 ]<br />
f.s.<br />
Beweis.<br />
U 0 = U τ0<br />
0<br />
Def.<br />
Mart.<br />
= E[U τ0<br />
N |F Stoppz.<br />
0] = E[U τ0 |F 0 ] = E[Z τ0 |F 0 ] f.s.<br />
Seit τ ∈ T 0,T eine Stoppzeit. Dann ist U τ ein Supermartingal (Bew: Übung) und daher<br />
U 0 ≥ E[U τ N|F 0 ] = E[U τ |F 0 ] ≥ E[Z τ |F 0 ] ⇒ τ 0 ist optimal<br />
Bemerkung 9.2. Verallgemeinerung: Für n ∈ {0, . . . , T } ist τ n = inf {n ≤ τ ≤ T : U τ = Z τ } eine optimale<br />
Stoppzeit für {Z t } t≤T<br />
mit U n = E[Z τn |F n ].<br />
Theorem 9.4. Eine Stoppzeit τ ist optimal für die adaptierte Folge {Z t } t≤T<br />
mit Snell’scher Envelope<br />
{U t } t≤T<br />
dann und nur dann, wenn Z τ = U τ f.s. und {U τ t } 0≤t≤T<br />
ein Martingal ist.<br />
Beweis.<br />
⇐ U 0 = U0<br />
τ Mart.<br />
= E[UT τ |F 0] = E[U τ |F 0 ] . Da U 0 = E[Z τ0 |F 0 ] mit τ 0 optimal, ist auch τ eine optimale<br />
Stoppzeit.<br />
⇒ Z.z. Z τ = U τ : Sei τ optimal. Dann gilt E[Z τ |F 0 ]<br />
Z τ ≤ U τ f.s. folgt Z τ = U τ f.s.<br />
Z.z. U τ t ist ein Martingal: Da U τ t ein Supermartingal ist, gilt<br />
Super-<br />
Mart.<br />
≥ U 0 . Daher gilt E[Z τ |F 0 ] = E[U τ |F 0 ] und wegen<br />
U 0 ≥ E[U τ∧t |F 0 ] ≥ E[U τ∧T |F 0 ] = E[U τ |F 0 ] = U 0 f.s.<br />
Daraus folgt<br />
E[U τ∧t |F 0 ] = E[U t |F 0 ] = E[E[U τ |F t ]|F 0 ] f.s.<br />
Da U τ∧t ≥ E[U τ |F t ] f.s. (Supermartingal), gilt nun insgesamt U τ∧t = E[U τ |F t ] und Ut<br />
τ<br />
Martingal.<br />
ist ein<br />
9.2 Zerlegung von Supermartingalen
KAPITEL 9. AMERIKANISCHE OPTIONEN IM DISKRETEN MODELL 45<br />
Lemma 9.5 (Doob’sche Zerlegung). Jedes Supermartingal {U t } t≤T<br />
hat die eindeutige Zerlegung<br />
U t = M t − A t (9.1)<br />
mit einem Martingal {M t } und einem nicht-fallenden, vorhersagbaren Prozess {A t } mit A 0 = 0.<br />
Beweis. Für t = 0 gilt M 0 = U 0 , A 0 = 0. Definiere nun rekursiv<br />
}<br />
M t+1 = M t + U t+1 − E[U t+1 |F t ]<br />
⇒ M<br />
A t+1 = A t + (U t − E[U t+1 |F t ])<br />
t+1 − A t+1 = M t − A t + U t+1 − U t = U t+1<br />
Wie leicht zu sehen ist, ist M t+1 ein Martingal und A t+1 ist nicht fallend, weil {U t } t≤T<br />
ein Supermartingal<br />
ist.<br />
Sei nun U t = ˜M t − Ãt, t ∈ {0, . . . , T } eine andere Zerlegung. Dann ist ̂M t = M t − ˜M t = A t − Ãt ein<br />
vorhersagbares Martingal mit ̂M 0 = 0.<br />
Da ̂M<br />
vorhers.<br />
t = E[̂M t |F t−1 ] Mart.<br />
= ̂M t−1 , ist ̂M t = 0 für alle t und die Zerlegung ist eindeutig.<br />
Theorem 9.6. Die größte optimale Stoppzeit τ max für einen adaptierten Prozess {Z t } t≤T<br />
ist<br />
τ max =<br />
mit der Doob’schen Zerlegung Z t = M t − A t .<br />
{<br />
T, wenn A T = 0<br />
inf {t|A t+1 ≠ 0} sonst<br />
Beweis.<br />
1. A ist vorhersagbar ⇒ τ max ist eine Stoppzeit (folgt aus der Definition)<br />
2. A τmax = 0 ⇒ U τmax = M τmax ⇒ Die gestoppte Schnell’sche Einhüllende ist ein Martingal<br />
3. Optimalität: Zu zeigen ist U τmax = Z τmax f.s.<br />
Es gilt<br />
T∑<br />
−1<br />
T∑<br />
−1<br />
U τmax = 1 {τmax=j}U j + 1 {τmax=T }U T = 1 {τmax=j} max {Z j , E[U j+1 |F t ]} + 1 {τmax=T }U T<br />
j=0<br />
j=0<br />
Nach der Definition ist M t − A t+1 = M t − A t − U t + E[U t+1 |F t ] = E[U t+1 |F t ], sowie A j+1 > 0 in<br />
der Menge {τ max = j} = {A j = 0, A j+1 > 0}. Daher<br />
E[U j+1 |F j ] = M t − A t+1 < M t = M t − A t = U t<br />
Def. von<br />
=⇒<br />
Snell Env. U t = Z t<br />
T∑<br />
−1<br />
⇒ U τmax = 1 {τmax=j}Z j + 1 {τmax=T }Z T = Z τmax<br />
j=0<br />
4. τ max ist die größte Stoppzeit: Annahme, es gäbe eine Stoppzeit τ ≥ τ max mit P(τ > τ max ) > 0.<br />
Dann gälte<br />
E[U τ ] = E[M τ ] − E[A τ ] = E[U 0 ] − E[A τ ] < E[U 0 ] .<br />
} {{ }<br />
>0<br />
Damit wäre {U t } t≤T<br />
kein Martingal und aufgrund dieses Widerspruchs ist τ max die größte Stoppzeit.
KAPITEL 9. AMERIKANISCHE OPTIONEN IM DISKRETEN MODELL 46<br />
9.3 Anwendung auf Amerikanische Optionen<br />
}<br />
Die diskontierten Preise<br />
{Ũt sind die Snell’sche Einhüllende der diskontierten Payoffs<br />
{<br />
˜Zt<br />
}<br />
. Nach der<br />
Doob’schen Zerlegung ist Ũt = ˜M t − Ãt für t = 0, . . . , T .<br />
Die letzten beiden Abschnitte liefern uns nun Schranken für die optimale Ausübungszeit der Amerikanischen<br />
Option: Die Option soll zwischen τ 0 = min<br />
{0 ≤ t ≤ T |Ũt = ˜Z<br />
}<br />
t und τ max = T für ÃT = 0 bzw.<br />
{<br />
}<br />
τ max = min 0 ≤ t ≤ T |Ãt+1 > 0, Ãt = 0 ausgeübt werden (optimale Stoppzeit).<br />
Bemerkung 9.3. Wichtig für das Hedgen von Amerikanischen Optionen ist die Tatsache, dass der gestoppte<br />
Prozess ein Martingal ist (da Ãt = 0 für t ≤ τ). Dafür existiert nun eine Handelsstrategie H, die<br />
den Payoff erzeugt und damit zum Hedgen benutzt werden kann.<br />
9.4 Zusammenhang der Preise von Amerikanischen und Europäischen<br />
Optionen<br />
Da bei Amerikanischen Optionen im Vergleich zu Europäischen Optionen mehr Ausübungszeitpunkte<br />
möglich sind, der Zeitpunkt T aber auch immer erlaubt ist, kann der Preis einer Amerikanischen<br />
Option nicht kleiner sein als der Preis einer Europäischen Option mit denselben zugrunde liegenden<br />
Werten. Andererseits werden wir aber gleich sehen, dass es sehr wohl Fälle gibt, wo diese zusätzlichen<br />
Ausübungsmöglichkeiten keine Verbesserung im Vergleich zur Europäischen Option liefern. Dies ist etwa<br />
bei Standard Call-Optionen der Fall.<br />
Lemma 9.7. Seien {U t } t≤T<br />
die Preise einer Amerikanischen Option mit Payoff {Z t } t≤T<br />
und {C t }<br />
die Preise einer Europäischen Option mit Payoff Z T zum Zeitpunkt T .<br />
Dann gilt U t ≥ C t f.s. ∀t = 0, . . . , T und aus C t ≥ Z t ∀t folgt U t = C t ∀t f.s.<br />
}<br />
{ }<br />
Beweis. Sei Q ein Martingalmaß.<br />
{Ũt ist ein Q-Supermartingal, ˜Ct ist ein Q-Martingal und ŨT =<br />
˜C T = ˜Z T . Daher gilt Ũt ≥ E[ŨT |F t ] = E[ ˜C T |F t ] = ˜C t ∀t f.s.<br />
Wenn C t ≥ Z t , so auch ˜C t ≥ ˜Z t , das Martingal ˜C t dominiert also ˜Z t . Da Ũt das kleinste Supermartingal<br />
ist, das ˜Z t dominiert, gilt Ũt ≤ ˜C t , gemeinsam mit der ersten Aussage des Lemmas also Ũt = ˜C t .<br />
Lemma 9.8. Sei das Bankkonto {B t } eine deterministische, nicht fallende Folge. Dann sind die<br />
Preise einer Europäischen und einer Amerikanischen Call-Option äquivalent.<br />
Beweis. Sei Q ein Martingalmaß. Der Payoff zur Zeit t ist Z t = (S t − K) + . Damit<br />
˜C t = E Q [(<br />
˜ST − K/B T<br />
) +<br />
|Ft ] ≥ E Q [ ˜S T − K/B T |F t ]<br />
Mart.maß<br />
=<br />
B T determ.<br />
˜S t − K/B T<br />
Daher ist C t ≥ S t − KB t /B T ≥ S t − K sowie C t ≥ 0, insgesamt also C t ≥ (S t − K) + . Der Beweis folgt<br />
nun unmittelbar aus dem vorigen Lemma 9.7<br />
Bemerkung 9.4. Die Äquivalenz der Preise von Europäischen und Amerikanischen Optionen bei deterministischem<br />
Zins gilt nur für Call-Optionen, bei Put-Optionen gilt sie z.B. nicht mehr!<br />
9.4.1 Übungsaufgaben<br />
Bsp. 9.1) Sei τ : Ω → I eine Stoppzeit mit I = {0, . . . , T } oder I = N. Zeige:<br />
(a) Ist {X t } t∈I adaptiert, dann ist auch {X τ t } t∈I adaptiert.<br />
(b) Ist {X t } t∈I ein Martingal, dann ist auch {X τ t } t∈I ein Martingal.<br />
(c) Ist {X t } t∈I ein Sub-/Supermartingal, dann ist auch {X τ t } t∈I ein Sub-/Supermartingal.
Kapitel 10<br />
Optimale Portfolios und<br />
Martingalmethoden<br />
Großteils nach Pliska [Pli97, Kap. 5.2 und 5.4]<br />
Betrachte eine Nutzenfunktion u(w, ω) : R × Ω → R (differenzierbar, konkav, streng monoton steigend).<br />
Das Anfangskapital ν sei gegeben.<br />
Problem 3. Finde eine selbstfinanzierende Handelsstrategie H mit Anfangswert V 0 = ν mit<br />
max E[u(V T )] = ∑ ω∈Ω<br />
P(ω)u(V T (ω), ω)<br />
unter V 0 = ν, H ∈ H<br />
Problem 4 (äquivalente Formulierung).<br />
max E[u(B T (ν + ˜G T ))]<br />
unter H ∈ H − p (vorhersagbare Handelsstrategie in R T )<br />
Definition 10.1. Die Menge aller mit dem Anfangskapital ν erreichbaren Kapitale sei W ν =<br />
{<br />
W ∈ R k : ∃H ∈ H mit V 0 = ν }<br />
Bemerkung 10.1. Ist das Modell vollständig, so gilt W ν = { W ∈ R k |E Q [W/B T ] = ν } .<br />
Problem 5 (alternative Formulierung).<br />
max Eu(W )<br />
unter W ∈ W ν<br />
Die Lösung von Problem 5 erfolgt z.B. mittels Lagrange-Multiplikator:<br />
[ ] [<br />
W<br />
max Eu(W ) − λE Q = max E u(W ) − λ W ]<br />
Q<br />
= max ∑ [<br />
P(ω) u(W (ω)) − λL(ω) W (ω) ]<br />
B T B T }{{}<br />
P<br />
B T (ω)<br />
ω∈Ω<br />
=:L<br />
47
KAPITEL 10. OPTIMALE PORTFOLIOS UND MARTINGALMETHODEN 48<br />
Die Bedingung erster Ordnung liefert für jedes ω ∈ Ω: u ′ (W ) = λL/B T . Sei nun ũ := (u ′ ) −1 die Inverse<br />
von u ′ . Dann ist das optimale W gegeben durch:<br />
(<br />
W (ω) = ũ λ L(ω) )<br />
∀ω ∈ Ω .<br />
B T (ω)<br />
Der Wert von λ wird nun so bestimmt, dass E Q [W/B T ] = ν = E Q [ũ(λL/B T )/B T ].<br />
Bemerkung 10.2. Aus W (ω) kann die Handelsstrategie H leicht rückgerechnet werden.<br />
Beispiel 10.1 (Exponentielle Nutzenfunktion). Die Exponentielle Nutzenfunktion ist definiert als u(W ) =<br />
a − bc exp(−W/c) mit a, b, c ∈ R, b, c > 0.<br />
u ′ (W ) = b exp(−W/c) ⇒ ũ(x) = −c log x b<br />
( ) ]<br />
( ) ] [ (<br />
λL<br />
λL<br />
L<br />
ν = E Q<br />
[ũ /B T = E Q<br />
[−c log /B T = −cE P<br />
B T B T b<br />
B T<br />
= −cE<br />
)]<br />
log L + log λ B T b<br />
[ L<br />
log L ]<br />
− c log<br />
B T B T<br />
optimales Kapital:<br />
[<br />
W = ũ (λL/B T ) = −c log λL<br />
B T b = −c log L − c log λ B T b = −c log L ν + cE<br />
+ [<br />
B T E<br />
optimaler erwarteter Nutzen:<br />
⎛ [<br />
[ ]<br />
ν<br />
L c<br />
E[u(W )] = a − bcE exp ⎝−<br />
+ E [<br />
B T E<br />
Beispiel 10.2 (logarithmische Nutzenfunktion).<br />
Nutzenfunktion: u(W ) = log W , u ′ (W ) = 1 W , ũ(x) = [<br />
1 x<br />
[<br />
Bedingung für λ: ν = E 1<br />
]<br />
Q λL ⇒ λ =<br />
1<br />
ν E [ 1<br />
]<br />
Q L =<br />
1<br />
ν E<br />
1<br />
L<br />
]<br />
Q<br />
= 1<br />
}{{}<br />
P<br />
ν<br />
=L<br />
L<br />
B T<br />
]<br />
L<br />
B T<br />
log L<br />
optimales Kapital W = ũ(λL/B T ) = B T<br />
λL = νB T<br />
L<br />
[ ]<br />
optimaler Nutzen E [u(W )] = E [log W ] = E [log ν + log B T − log L] = log ν − E log L<br />
B T<br />
10.1 Übungsaufgaben<br />
B T<br />
]<br />
⎞<br />
⎠<br />
L<br />
B T<br />
]<br />
L<br />
B T<br />
( ) [ ]<br />
λ L<br />
E<br />
b B T<br />
log L<br />
B T<br />
]<br />
Bsp. 10.1) Finde explizite Formeln für das optimale Kapital und den optimalen Nutzen unter der quadratischen<br />
Nutzenfunktion u(w) = α + βw − w 2 /2, β > 0.<br />
Bsp. 10.2) Betrachte das CRR-Binomialmodell mit konstanten Faktoren u, d und Zins r und den tatsächlichen<br />
Wahrscheinlichkeiten p.<br />
Bei Benutzung der logarithmischen Nutzenfunktion u(w) = ln w bestimme:<br />
(a) das optimale erreichbare Kapital W ,<br />
(b) den optimalen Nutzen Eu(w),<br />
(c) die Handelsstrategie (H 0 , H 1 ), die W erzeugt.<br />
( ) n ( T −n<br />
Hinweis: L(ω) = Q(ω)<br />
P (ω) = q 1−q<br />
p 1−p)<br />
wegen der Binomialverteilung.<br />
Bsp. 10.3) Betrachte das CRR-Binomialmodell mit konstanten Faktoren u, d und Zins r und den tatsächlichen<br />
Wahrscheinlichkeiten p, sowie die quadratische Nutzenfunktion u(w) = βw − w 2 /2.
KAPITEL 10. OPTIMALE PORTFOLIOS UND MARTINGALMETHODEN 49<br />
(a) Zeige, dass für das optimale Kapital gilt<br />
W (ω) = β +<br />
(1 + R) T ( ) n ( ) T −n<br />
ν − β q 1 − q<br />
[q 2 /p + (1 − q) 2 /(1 − p)] T p 1 − p<br />
mit n = N t der Anzahl der Bewegungen nach oben.<br />
(b) Zeige, dass<br />
Hinweis: Benutze die Binomialformel!<br />
Eu(w) = β2<br />
2 − [<br />
(1 + R) T ν − β ] 2<br />
2 [q 2 /p + (1 − q) 2 /(1 − p)] T .
Stichworte zum Inhalt der<br />
Lehrveranstaltung<br />
Das Ein-Perioden-Modell<br />
1. Definitionen<br />
- Modell, Handelsstrategie, (diskontierter) Wert-, Preisprozess<br />
- Arbitrage, dominierende Handelsstrategie<br />
- lineares Preismaß, Zusammenhang zu dom. HS, Gesetz des eindeutigen Preises<br />
2. Risikoneutrales Wahrscheinlichkeitsmaß (Martingalmaß)<br />
- No-Arbitrage Theorem<br />
3. Bewertung von Contingent Claims - attainable CC, replizierendes Portfolio<br />
- Risikoneutrales Bewertungsprinzip, Beispiele: Optionen<br />
- Elementar-Claims, Zustandspreise, Linearität des Preises<br />
4. Vollständigkeit<br />
- Zusammenhang mit Eindeutigkeit des RNM<br />
- unvollständige Märkte: Schranken für Preis, Sub-/Superhedging<br />
5. Optimale Portfolios, Zulässigkeit<br />
- Nutzenfunktionen<br />
- Zusammenhang mit “No Arbitrage”, explizite Form eines RNM<br />
Wh. Wahrscheinlichkeitstheorie<br />
- W-Raum, σ-Algebra, W-Maß, ZV, Ereignis, Messbarkeit, endliche σ-Algebren<br />
- absolut stetige Maße, äquivalente Maße, Radon-Nikodym<br />
- Stochastische Prozesse: Filtrierungen, adaptierte Prozesse<br />
Mehr-Perioden-Modell in diskreter Zeit<br />
- Marktmodell: Bankkonto (Numéraire), Asset-Preise, Annahmen<br />
- Handelsstrategien: Wert des Portfolios, selbst-finanzierend<br />
- Diskontierung<br />
- Bewertungsfunktionale: erreichbare Gewinne, Gesetz des eindeutigen Preises<br />
- Dualität Bewertungsfunktionale und Preis (Hahn-Banach, Trennungssatz für Beweis)<br />
- Arbitrage-Freiheit<br />
- Satz von Dalang, Morton, Willinger: äquivalente Bedingungen zu Arbitrage-Freiheit<br />
- vollständige Märkte<br />
Wh. Martingaltheorie<br />
- Bedingte Erwartungen, Eigenschaften<br />
- stochastischer Kern<br />
50
STICHWORTE ZUM INHALT DER LEHRVERANSTALTUNG 51<br />
- Martingale, Doob’sche Zerlegung, Bayes’sche Formel<br />
- Stoppzeiten, Optimal Stopping Theorem, gestoppte Prozesse<br />
Capital Asset Pricing Model (CAPM)<br />
- Sharpe-Ratio<br />
- Portfolio-Optimierungsproblem, Varianz-Optimierung, Mean-variance efficient<br />
- Nutzen-Optimierung, duales Optimierungsproblem, nutzen-indifferente Preise<br />
Das Binomialmodell<br />
- Definition des Modells, Assets, Entwicklung (Baum, Gitter)<br />
- Cox-Ross-Rubinstein Modell<br />
- No Arbitrage Bedingungen<br />
- Bepreisung, Bestimmung des replizierenden Portfolios<br />
- Europäische Call-Option<br />
- Verteilung des Maximums eines Pfades (Reflection Principle)<br />
Markov <strong>Modelle</strong><br />
- Definition Markov-Prozesse, Markov-Eigenschaft<br />
- Erhaltung der Markov-Eigenschaft unter äquiv. Martingalmaßen<br />
- Faktormodell bei stochastischem Zins<br />
Grenzübergang Binomialmodell zu Black-Scholes<br />
- Schwache Konvergenz, zentraler Grenzwertsatz<br />
- Reskalierung des BM: Taylor-Approximation, Grenzübergang<br />
- Black-Scholes Formel für Europäische Calls, Herleitung<br />
Amerikanische Optionen<br />
- Definition<br />
- Snell’sche Einhüllende (Envelope)<br />
- optimale Stoppzeit, Zusammenhang mit Snell’scher Envelope<br />
- Zerlegung von Supermartingalen (Doob’sche Zerlegung), Anwendung auf Am. Optionen<br />
- Zusammenhang der Preise von Europ. und Am. Optionen<br />
Optimale Portfolios und Martingalmethoden
Anhang<br />
Das Farkas-Lemma, heutzutage hauptsächlich in der linearen Optimierung benötigt, stammt ursprünglich<br />
aus dem Artikel [Far02].<br />
Lemma 10.1 (Farkas-Lemma, [Far02]). Für jede reelle Matrix A und jeden reellen Vektor b ist<br />
von beiden Systemen<br />
stets genau eines lösbar.<br />
Ax = b, x ≥ 0 y t A ≥ 0, y t b > 0<br />
Theorem 10.2 (Satz über monotone Klassen, [Wil91, Thm. 3.14]). Sei H eine Klasse von<br />
beschränkten Funktionen aus einer Menge S nach R, die folgende Eigenschaften erfüllt:<br />
(i) H ist ein Vektorraum über R,<br />
(ii) die konstante Funktion 1 liegt in H und<br />
(iii) wenn (f n ) eine Folge von nicht-negativen Funktionen in H ist mit f n ↗ f für eine beschränkte<br />
Funktion f auf S, dann gilt auch f ∈ H.<br />
Dann gilt: Wenn H die Indikatorfunktion jeder Menge eines π-Systems I (unter endlicher Durchschnittsbildung<br />
abgeschlossene Familie von Teilmengen von S) enthält, dann enthält H jede beschränkte,<br />
σ(I)-messbare Funktion in S.<br />
Theorem 10.3 (Monotone Konvergenz, [Wil91, Thm. 5.3]). Sei (f n ) eine Folge von Σ-messbaren<br />
Funktionen mit f n ↗ f. Dann gilt<br />
∫<br />
∫<br />
µ(f n ) ↗ µ(f) ≤ ∞<br />
bzw.<br />
f n (s)µ(ds) ↗ f(s)µ(ds) .<br />
S<br />
S<br />
Theorem 10.4 (Dominierte Konvergenz, [Wil91, Thm. 5.9]). Sei (f n ) eine Folge von Σ-<br />
messbaren Funktionen und f Σ-messbar mit f n (s) → f(s) für alle s ∈ §. Wenn die Folge (f n )<br />
durch ein g ∈ L 1 (S, Σ, µ) + mit µ(g) < ∞ dominiert wird,<br />
dann gilt µ (|f n − f|) → 0 bzw.<br />
µ(f n ) → µ(f)<br />
|f n (s)| ≤ g(s), ∀s ∈ S, ∀n ∈ R,<br />
bzw.<br />
∫<br />
S<br />
∫<br />
f n (s)µ(ds) →<br />
S<br />
f(s)µ(ds) .<br />
52
ANHANG 53<br />
Theorem 10.5 (Satz von Bayes). Seien P und Q zwei äquivalente Wahrscheinlichkeitsmaße auf<br />
(Ω, F), G ⊂ F eine sub-σ-Algebra von F, S ∈ L 1 (Ω, F, Q) und f := dQ<br />
dP . Dann gilt E P[f|G] > 0 f.s.<br />
und<br />
E Q [X| G] = E P [Xf|G]<br />
f.s.<br />
E P [f|G]
Literaturverzeichnis<br />
[Far02] Julius Farkas. Theorie der einfachen Ungleichungen. Journal für die Reine und Angewandte<br />
Mathematik, 124(1):1–27, 1902. http://dz-srv1.sub.uni-goettingen.de/contentserver/<br />
contentserver?command=docconvert&docid=D261364.<br />
[FS04]<br />
[LL96]<br />
[Pli97]<br />
Hans Föllmer and Alexander Schied. Stochastic finance. An introduction in discrete time, volume<br />
27 of de Gruyter Studies in Mathematics. Walter de Gruyter & Co., Berlin, 2004.<br />
Damien Lamberton and Bernard Lapeyre. Introduction to stochastic calculus applied to finance.<br />
Chapman & Hall, London, 1996.<br />
Stanley R. Pliska. Introduction to Mathematical Finance: Discrete Time Models. Cambridge<br />
University Press, June 1997.<br />
[Sch02] Uwe Schmock. Mathematical finance, 2002. Vorlesung im Rahmen der Summer School, Perugia.<br />
[Wil91] David Williams. Probability with martingales. Cambridge Mathematical Textbooks. Cambridge<br />
University Press, Cambridge, 1991.<br />
54