Untitled - AG Rötenberg
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3.1. Wieso, weshalb, warum – Was spricht für qualitative Sozialforschung?<br />
Das Wort Empirie stammt aus dem Griechischen (empeiria) und bedeutet übersetzt<br />
erfahrungsgemäß oder auf Erfahrung begründet (vgl. Kluge 1989, 177). Empirische<br />
Sozialforschung kann daher als eine Überprüfung theoretisch formulierter Annahmen<br />
an bezeichnenden Wirklichkeiten verstanden werden. Sie hat das Ziel, Ausschnitte der<br />
sozialen Realität möglichst unverfälscht zu erfassen, um daraus neue Erkenntnisse<br />
gewinnen zu können (vgl. Atteslander 1993, 11). Die empirische Sozialforschung lässt<br />
sich in die quantitative und qualitative Sozialforschung gliedern. Im Laufe ihrer Geschichte<br />
nahm sie sich die Exaktheit der Naturwissenschaften als Vorbild, infolge dessen<br />
sich der Fokus auf die Entwicklung quantitativer und standardisierter Methoden<br />
richtete. Als Leitgedanken der quantitativen Forschung können unter anderen die klare<br />
Isolierbarkeit von Ursache und Wirkung, die Messbarkeit und Quantifizierbarkeit von<br />
Phänomenen, die genaue Plan- und Formulierbarkeit von Untersuchungsanordnungen<br />
sowie die objektive Mess- und Beschreibbarkeit der Wirklichkeit genannt werden (vgl.<br />
Atteslander 1993, 13).<br />
Der qualitativen Sozialforschung liegt hingegen das interpretative Paradigma zu Grunde,<br />
indem sie die soziale Realität aus Sicht des individuell handelnden Menschen analysiert.<br />
Methoden der qualitativen Sozialforschung stellen beispielsweise die Analyse<br />
von Biographien, qualitative Interviews und Gruppendiskussionen dar (vgl. Atteslander<br />
1993, 13). Die in der quantitativen Sozialforschung weitestgehend ausgeklammerte<br />
Subjektivität der Forscherinnen und der untersuchten Subjekte werden nicht nur von<br />
Vertreterinnen der qualitativen Forschung, sondern auch von Seiten feministischer<br />
67<br />
Wissenschaftlerinnen stark in Frage gestellt. Maria MiesF<br />
F fordert insbesondere in der<br />
feministischen Forschung eine bewusste Parteilichkeit anstelle von Objektivität beziehungsweise<br />
Wertefreiheit: „Bewusste Parteilichkeit hingegen begreift nicht nur die<br />
´Forschungsobjekte´ als Teil eines umfassenden gesellschaftlichen Zusammenhangs,<br />
sondern auch die Forschungssubjekte selbst. Sie ist alles andere als bloßer Subjektivismus<br />
oder bloße Einfühlung, sondern schafft auf der Basis einer Teilidentifizierung<br />
zwischen Forschern und Erforschten so etwas wie eine kritische und dialektische Distanz.<br />
Sie ermöglicht die Korrektur subjektiver Wahrnehmungsverzerrung auf beiden<br />
Seiten, auf der Seite der Forscher durch die Erforschten, auf der Seite der Erforschten<br />
67 Maria Mies ist emeritierte Professorin für Soziologie an der Fachhochschule Köln. Sie ist seit vielen<br />
Jahren aktiv in der Frauen-, Ökologie- und Dritte-Welt-Bewegung und hat zahlreiche Artikel und mehrere<br />
Bücher zu den genannten Themenkomplexen veröffentlicht (vgl. Mies 1995).<br />
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