Untitled - AG Rötenberg
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auch hart gearbeitet. Mit dem alltäglichen Leben auf dem <strong>Rötenberg</strong> ist Blandine zufrieden.<br />
Das Einzige, was ihr Schwierigkeiten bereitet, ist das Einkaufen. Der Fußweg<br />
in die Stadt sei zwar nicht weit, aber der Rückweg recht beschwerlich, da es den Berg<br />
hoch gehe, erklärt sie mir.<br />
Caroline:<br />
Caroline, Anfang 30, ist auf dem <strong>Rötenberg</strong> geboren und aufgewachsen. Verheiratet<br />
sei sie mit einem Türken, mit dem sie drei Kinder habe, wie sie berichtet. Als sie heiratete,<br />
ist sie vom <strong>Rötenberg</strong> weggezogen und hat heute ein eigenes Haus. Caroline<br />
erzählt viel von ihrer Jugend auf dem <strong>Rötenberg</strong>, von der „Spielstub“ und den gemeinsamen<br />
Unternehmungen: von Wanderausflügen, Sommerferienlager und Nachtwanderungen.<br />
Einmal in der Woche sei immer Disco gewesen, wovon sie noch heute<br />
schwärmt. Nach ihrem Jahrgang hat das aber alles aufgehört, da immer weniger Deutsche<br />
kamen und die türkischen Mädchen an den Ausflügen mit Übernachtung nicht<br />
teilnehmen durften. Aus diesem Grund gab es auch immer öfter Streit und die Ausflüge<br />
wurden seltener. Caroline spricht während des Gesprächs immer wieder davon, wie<br />
schön ihre Jugend auf dem <strong>Rötenberg</strong> gewesen sei und dass sie so einen Zusammenhalt,<br />
wie sie ihn damals gehabt hätten, noch nie anderswo erlebt habe. Aber heute sei<br />
das eben alles anders, erklärt sie. Dies ist auch der Grund, warum sie sich nicht vorstellen<br />
kann, ihre Kinder auf dem <strong>Rötenberg</strong> aufwachsen zu lassen. Caroline geht es<br />
nicht darum, dass so viele Ausländer auf dem <strong>Rötenberg</strong> wohnen, ihr Mann sei ja selber<br />
einer, aber es lebten eben nur noch Ausländer hier. Sie betont noch mal, dass es<br />
nichts mit den Leuten zu tun habe, die hier wohnen würden. Es gehe einfach um das<br />
Ganze, sagt sie, dass es eben nicht mehr so sei wie früher und immer mehr Leute<br />
„raufgesteckt“ würden, die sonst niemand haben möchte. Trotzdem kommt Caroline<br />
immer noch gerne auf den <strong>Rötenberg</strong>. Im Sommer besucht sie fast jeden Tag ihre Mutter,<br />
und auch ihre Kinder sind gerne hier, da auf dem <strong>Rötenberg</strong> immer was los ist.<br />
Aber hier zu wohnen kann sie sich nicht mehr vorstellen. Die Wohnungen seien<br />
„menschlich nicht zumutbar“, meint sie empört. Dennoch hat Caroline ihre Herkunft nie<br />
verleugnet. Obwohl es, wie sie sagt, früher schon schlimm gewesen sei, wenn man<br />
vom <strong>Rötenberg</strong> kam. Caroline findet das schade, denn es gäbe ja auch gute Menschen<br />
auf dem <strong>Rötenberg</strong> und nicht nur „die anderen“, sagt sie. Den schlechten Ruf des <strong>Rötenberg</strong>s<br />
machen nach Carolines Meinung die Menschen selbst und besonders diejenigen,<br />
die es am wenigsten etwas anginge.<br />
Olga:<br />
Olga ist eine ältere Dame, die im Jahr 1956 auf den <strong>Rötenberg</strong> gezogen ist und im<br />
letzten Jahr ihr fünfzigjähriges Jubiläum feiern durfte. An dem Interview beteiligt sich<br />
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