Erinnerungen eines ETA-Arbeiters - Museums-Gesellschaft Grenchen
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an zum Marken schlagen. Auf diese Weise lernte ich mit Maschinen umgehen und den<br />
Werdegang einer Uhr kennen. So habe ich Dutzende von kleineren Partien praktisch<br />
kennengelernt. Allerdings blieb der finanzielle Erfolg zurück. Entweder arbeitete ich am<br />
Taglohn oder dann musste ich auf Maschinen arbeiten, wo überhaupt nicht viel Lohn<br />
herauszuholen war. Aber immerhin sammelte ich Erfahrungen, welche ich später gut und<br />
praktisch verwerten konnte. Auch kam ich mit vielen Leuten in Berührung und lernte den<br />
Umgang mit ihnen. Zur selben Zeit war man noch weit entfernt, die Bestandteile der Uhr<br />
planmässig herzustellen. Die erforderlichen Masse wurden in ein Carnet eingetragen. War ein<br />
Arbeiter nicht ganz sicher damit, so wurde das Probestück vom Remonteur eingestellt und<br />
dann für gut geheissen, falls es klappte.<br />
Das mittlere Zimmer<br />
Im sogenannten mittleren Zimmer waren am meisten Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt.<br />
So zählte ich über hundert Personen. Im östlichen Teil waren die Automaten, deren Gang ein<br />
grosser Lärm und Getöse verursachten, dann kamen die Platinen-Bohrerinnen, das Graisage<br />
des Ponts, die Füsslerinnen, Arberpolissages, Carréfräser, Arberpivotages, auf der Nordseite<br />
die Tarauteuses [Taraudeuses], Entrefraiser [Entréefräser?], Poussettefraiser und<br />
Tigesbohrer, die Dreherei für Brücken, Flachpolissages für Schrauben, Masse etc. Die<br />
Staubentwicklung war sehr enorm, zumal das Getriebe der Transmission die sich zur Ruhe<br />
setzenden Staubteilchen immer wieder von neuem aufwirbelte. Bei schönem Wetter, wann die<br />
Sonne ihre Strahlen durch die Fenster in das Innere sandte, konnte man sehen, in welches<br />
Staublabyrinth die Luft gehüllt war. Aber es war gar nicht zu verwundern, da war neben den<br />
vielen andern Maschinen hauptsächlich die Adouciermaschine, welche viel Messingstaub<br />
aufwirbelte. Staubfänger waren noch keine vorhanden. Dazu kam das feine Gerucharoma,<br />
welches von den Automaten herkam, das heisst vom Oel. Aber man hatte sich an all diese<br />
Dinge gewöhnt und wusste nichts anderes. Garderobe gab es keine, d.h. in der Zimmermitte<br />
waren Kleiderhaken angebracht, wo man seine Kleider aufhängen konnte. Selbstverständlich<br />
nahmen die Kleider den Staub und Geruch des Zimmers an, sodass man nicht lange nach der<br />
Herkunft zu fragen brauchte. "Es fabrigelet!" In jedem Zimmer befand sich auch ein grosser<br />
Schleifstein, welcher mittels Riemen mit der Transmission verbunden war. Dieser Schleifstein<br />
bestand aus rotem Sandstein. Unter keinen Umständen war dieser Stein als Zierte des<br />
Arbeitszimmers, sondern diente lediglich dazu damit die Arbeiter ihre Werkzeuge darauf<br />
schärfen konnten. Über dem Stein war ein Holzgestell angebracht, um den Wasserbehälter<br />
welcher mit einem Hahnen versehen war, als Standort aufzunehmen. Es kam dann öfters vor,<br />
dass dieser Wasserbehälter unter grossem Gepolter auf den Boden fiel, insbesondere wenn<br />
kein Wasser mehr drinnen war und durch das immerwährende Rütteln das Gleichgewicht