Erinnerungen eines ETA-Arbeiters - Museums-Gesellschaft Grenchen
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Carréloch gestanzt" und zu mir gewendet: „Zeig mal ein fertiges Stück!" Bereitwillig gab ich ein<br />
solches her, doch war es mir nicht recht, dass sich mein Patron so vergaloppiert hatte mit der<br />
Erklärung. Ich tröstete mich aber damit, dass die Herren Offiziere den Irrtum übersehen haben<br />
und ein Carré mit einem gewöhnlichen Rundloch doch nicht so recht unterscheiden konnten.<br />
Es wäre aber an mir gewesen den Herren zu sagen: bitte, diesmal mache ich ausnahmsweise<br />
Rundloch. Aber das durfte ich doch nicht. Einesteils wollte ich dem Patron nicht Widerreden,<br />
andernteils war ich zu schüchtern dazu. Ich war froh, als sich die <strong>Gesellschaft</strong> wieder verzog,<br />
um weitere Maschinen zu besichtigen. Da in der Fabrik nur ganz wenig Arbeit war, so musste<br />
ich, um einigermassen vollbeschäftigt zu sein, noch andere Partien verrichten. So arbeitete ich<br />
nebst meiner Partie noch auf Halbautomaten, Renuredrehen der Pig Coul [Pignons<br />
Coulantes], ferner Raquette drehen, Renvoir ausschleifen. So hatte ich immer Arbeit. Leider<br />
bin ich nicht zu meinem Lohn gekommen, da ich mich nicht auf die Arbeit konzentrieren<br />
konnte, bald musste ich das machen, bald jenes und keinen Tag lang konnte ich an der<br />
gleichen Maschine arbeiten. Anfänglich war dieses Treiben interessant und<br />
abwechslungsreich, allmählich wurde mir die Sache doch zu bunt und ich sprach deswegen<br />
beim Patron vor. So könne es nicht mehr auf die Länge gehen, erklärte ich ihm, verdiene ja<br />
nichts und werde nur immer so herumgejagt; lieber wolle ich fort als noch länger so<br />
weitermachen. Der Patron war mit dem Fortgehen nicht so recht einverstanden und sagte:<br />
„Habe noch ein wenig Geduld! Bald wird es mehr Arbeit geben und man kann dir die<br />
zugewiesenen Arbeiten wieder abnehmen und du kannst wieder ruhig auf deiner altgewohnten<br />
Partie arbeiten.“<br />
Es bessert mit der Arbeit<br />
Und so geschah es. Nach und Nach gab es auf meiner Partie mehr Arbeit und ich konnte die<br />
zugezogenen Partien wieder abhängen. So übernahm Vater Rüefli, in der Storchengasse<br />
wohnhaft, das Renuren-Drehen und ich war sein Lehrmeister, obschon Vater Rüefli 20 Jahre<br />
älter war als ich. Als Lehrlohn bekam ich von ihm eine Flasche selbstgebranntes Birliwasser.<br />
Natürlich war ich mit dieser Gabe zufrieden, hat der mich auch von einer Partie enthoben, die<br />
mir am meisten Kummer und Sorgen machte und das zählte mir doppelt. Ich war also sehr<br />
froh, dass ich diesen Posten hängen konnte. Und so bekam ich auf meiner Partie Arbeit in<br />
Hülle und Fülle, sodass es notwendig war, eine Hilfsarbeiterin anzustellen, welche die<br />
etampierten Pignons krösierte (feinfräste). Die grösseren Kaliber waren vollständig von der<br />
Bildfläche verschwunden und es kamen kleinere Kaliber zur Verarbeitung wie z.B. 10 c 128.<br />
Es erfolgte also eine Umwandlung in den Uhren und nach und nach trug die Armbanduhr den<br />
Sieg davon. In unseren Nachbarländern tobte der Krieg und alle Fabriken wurden auf<br />
Kriegsartikel eingestellt. Uhren waren aber gleichwohl notwendig und so kam es, dass unsere