Erinnerungen eines ETA-Arbeiters - Museums-Gesellschaft Grenchen
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störungsfrei; entweder zerriss ein Triebriemen oder eine Saite oder dann ging der Burin in<br />
Stücke. Etwas war immer los und die Arbeiter, welche mit diesen Maschinen zu tun hatten<br />
waren wirklich nicht zu beneiden. Die „Automätler“, wie sie genannt wurden, hatte jeder ein<br />
halbes Dutzend solcher Maschinen zu überwachen und nachzuprüfen, ob die Arbeit noch ihre<br />
bestimmten Masse innehatte, frischen Stahl einsetzen, schmieren und ölen und sich fast zu<br />
Tode ärgern, wenn so ein „Karren“ nicht mehr laufen wollte. Auf dem Stühli sitzen, die Hände<br />
in den Schoss legen und abwarten, bis die Fabrikglocke Feierabend läutet, dann die<br />
automatisch laufenden Maschinen abstellen, gehört ganz entschieden ins Reich der Märchen.<br />
Alle Samstage mussten die Automaten gründlich gereinigt werden und das ging<br />
folgendermassen zu: Aus einer Flasche wurde Weingeist, Benzin oder Petrol über die<br />
Maschine gegossen, um das klebrige Oel herunterzuspülen. Dann wurde mit einem<br />
Flaschenputzerbürstli das restliche weggebürstet. Diese Prozedur entwickelte ein fast<br />
unausstehliches Geruchsaroma, sodass man froh war, wenn man schleunigst aus dem<br />
Gestank herauskam, um sich draussen an der frischen Luft wieder zu erholen.<br />
Als ich zirka ein Jahr an diesem Platz gearbeitet hatte, kam <strong>eines</strong> schönen Tages der<br />
Mechanikerchef, schaute den Platz gründlich an und sagte zu mir: „Du musst da fort von<br />
diesem Platz. Ein Werkzeugmechaniker kommt hieher und du kommst jetzt an den Bock.<br />
Packe das Zeug zusammen, nachmittags wirst du versetzt.“ Ein Blitz aus heiterem Himmel<br />
hätte mich nicht mehr erschreckt. Momentan war ich ganz niedergeschlagen. Nach und nach<br />
kamen wieder andere Gefühle und Gedanken: Du musst dich halt fügen, es ist gewiss nicht so<br />
schlimm und du wirst sogar noch froh sein, dass du von der vermaledeiten Türe wegkommst.<br />
So wurde ich also gezügelt. Sogar die Maschine hinter dem Garderobe-Ständer wurde ans<br />
Tageslicht befördert und kam neben die andern Maschinen zu stehen. Mein Visiteur blieb bei<br />
mir stehen und sagte: „Schau, wie die Sonne es gut mit dir und deiner Maschine meint“, als ein<br />
Sonnenstrahl gerade intensiv auf meine aus dem Versteck hervorgeholte Maschine fiel. Ich<br />
hatte mich von dieser Züglerei bald erholt und es gefiel mir nach einiger Zeit noch besser als<br />
am alten Platz, trotzdem ich nicht mehr am Fenster war. Dafür war ich nicht mehr der Zugluft<br />
ausgesetzt wie vorher. Auch der Lärm hatte sich etwas verringert., weil etwas mehr abseits<br />
gelegen von den Automaten. Meine Maschine wurde durch eine andere und weitaus bessere<br />
ersetzt.<br />
Der neue Visiteur<br />
Mein Visiteur, Herr Gottlieb Vogt, musste aus Gesundheitsrücksichten zurücktreten. Ungern<br />
sah ich ihn scheiden. Wir hatten uns gut verstanden und er war mit meiner Arbeit zufrieden.<br />
Wer wird dessen Nachfolger sein? war meine bange Frage. Es waren da in kurzer Zeit