Copyright SHACKMAN.de - 70
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Baß — o<strong>de</strong>r was?<br />
Alle zitierten Arbeiten sind unter www.<strong>SHACKMAN</strong>.<strong>de</strong> erhältlich<br />
Die Wi<strong>de</strong>rgabe tiefer Frequenzen in kleinen<br />
Räumen ist ein vieldiskutiertes Problem.<br />
Einerseits können sich Schallwellen,<br />
die groß gegen die Raumabmessungen sind,<br />
in einem solchen Raum aus physikalischen<br />
Grün<strong>de</strong>n nicht ausbreiten. An<strong>de</strong>rerseits<br />
sind offensichtlich in manchen Fällen auch<br />
tiefste Frequenzen in sehr kleinen Räumen<br />
hörbar. Bei gleich niedriger Resonanzfrequenz<br />
sind dabei Lautsprecher mit sehr<br />
großen Membranen anscheinend geeigneter,<br />
tiefste Frequenzen mit hörbarem Schalldruck<br />
zu erzeugen, als solche mit kleinen<br />
Membranen.<br />
Zur Erklärung dieses Phänomens ist ein<br />
kurzer Ausflug in die Raumakustik sehr<br />
nützlich. Wie eingangs erwähnt, hat je<strong>de</strong>r<br />
Raum eine untere Grenzfrequenz, unterhalb<br />
<strong>de</strong>r im Raum keine Schallwellen erzeugt<br />
wer<strong>de</strong>n können. Woran liegt das? Die<br />
Schallenergie, die z. B. von einem Lautsprecher<br />
abgegeben wird, kann in <strong>de</strong>m Medium<br />
Luft bekanntlich in Form kinetischer<br />
Energie (Bewegung <strong>de</strong>r Luftmoleküle)<br />
o<strong>de</strong>r als potentielle Energie (Kompression<br />
<strong>de</strong>r Luft) vorkommen. In einer Schallwelle<br />
pen<strong>de</strong>lt die Energie zwischen bei<strong>de</strong>n<br />
Formen hin und her und breitet sich als<br />
Schallenergie im Raum aus.<br />
Die Wand eines Raumes verhin<strong>de</strong>rt jedoch<br />
eine Bewegung <strong>de</strong>r Luftmoleküle, hier ist<br />
nur eine Kompression möglich. Daraus<br />
folgt, daß die längste Schallwelle, die in einem<br />
Raum erzeugt wer<strong>de</strong>n kann, allein<br />
vom Abstand <strong>de</strong>r Wän<strong>de</strong> bestimmt wird.<br />
Eine halbe Schallwelle mit zwei Druckmaxima<br />
an <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n und einem Schnellemaxima<br />
in <strong>de</strong>r Raummitte kann dabei in<br />
einem Raum noch untergebracht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Wellenlänge <strong>de</strong>r tiefsten Frequenz entspricht<br />
also <strong>de</strong>m doppelten Abstand <strong>de</strong>r<br />
Wän<strong>de</strong>. Über die Schallgeschwindigkeit ist<br />
die Frequenz errechenbar.<br />
Ein größerer Raum mit <strong>de</strong>n Abmessungen<br />
5x4x2,5 m hat dabei in <strong>de</strong>r längsten Richtung<br />
eine Grenzfrequenz von 35 Hz. Um<br />
Frequenzen von weniger als 20 Hz als<br />
Schallwellen unterzubringen, ist ein Abstand<br />
von min<strong>de</strong>stens 10 m nötig. In kleinen<br />
Räumen liegt die Grenzfrequenz natürlich<br />
höher, im Durchschnitt sind es meistens<br />
40 Hz.<br />
Diese Grenzfrequenz be<strong>de</strong>utet allerdings<br />
nicht, daß tiefere Töne in solchen Räumen<br />
nicht hörbar gemacht wer<strong>de</strong>n können. Da<br />
Schallwellen zur Übertragung <strong>de</strong>r Schallenergie<br />
ausfallen, müssen diese Töne über<br />
Druckwechsel hörbar gemacht wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r<br />
Raum wird zur Druckkammer. Än<strong>de</strong>rt man<br />
das Volumen eines geschlossenen Raumes,<br />
so än<strong>de</strong>rt sich auch <strong>de</strong>r Druck im Raum<br />
proportional. Diese Volumenän<strong>de</strong>rung wird<br />
im Abhörraum durch die Auslenkung <strong>de</strong>r<br />
Membranfläche erzielt. Die Wie<strong>de</strong>rgabe<br />
tiefster Frequenzen ist dabei frequenzunabhängig<br />
nur eine Folge <strong>de</strong>r Volumenän<strong>de</strong>rung.<br />
Bei konstanter Membranauslenkung<br />
können im Raum auch tiefste Frequenzen<br />
reproduziert wer<strong>de</strong>n. Die Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an Membranfläche und Auslenkung sind<br />
dabei jedoch bereits bei einer i<strong>de</strong>alen (luftdichten)<br />
Druckkammer recht erheblich,<br />
normale Räume weichen darüberhinaus<br />
von diesem I<strong>de</strong>alfall immer mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
stark ab.<br />
Um in einer i<strong>de</strong>alen Druckkammer von<br />
5x4x2,5 m Abmessung einen Schalldruck<br />
von 100 dB zu erzeugen muß die Membran<br />
eines 38 cm Lautsprecherchassis je 1 cm<br />
Hub in bei<strong>de</strong>n Richtungen ausführen, bei<br />
120 dB wären es bereits 8 cm in bei<strong>de</strong>n<br />
Richtungen. Diese 120 dB kommen bei<br />
Frequenzen unter 40 Hz in normalem Musikprogramm<br />
zum Glück nicht vor, Wohnzimmer<br />
mit i<strong>de</strong>alen Druckkammereigenschaften<br />
lei<strong>de</strong>r auch nicht. In <strong>de</strong>n meisten<br />
Fällen sind erheblich größere Auslenkungen<br />
nötig. Allein die Verkleinerung <strong>de</strong>s<br />
Raumvolumens macht es <strong>de</strong>r Membran etwas<br />
einfacher, daher klingen riesige Boxen<br />
in kleinsten Räumen ab und zu recht gut<br />
(Tür zu). Lei<strong>de</strong>r ist <strong>de</strong>r Übergang zur<br />
Druckkammer bei allen Räumen unterschiedlich,<br />
ebenso das Raumvolumen, bei<strong>de</strong>s<br />
Grün<strong>de</strong> für die unterschiedlichen Standpunkte<br />
<strong>de</strong>r Betroffenen. Weiterhin erfüllen<br />
keine Lautsprecherchassis die For<strong>de</strong>rung<br />
nach konstanter Membranauslenkung. Je<br />
nach Qtc Faktor nimmt die Auslenkung<br />
oberhalb und unterhalb <strong>de</strong>r Resonanzfrequenz<br />
rapi<strong>de</strong> ab (vgl. das Kapitel „Geschlossene<br />
Boxen"). Ein Equalizing erfor<strong>de</strong>rt<br />
bei geschlossenen Boxen höchste Verstärkerleistung<br />
und Belastbarkeit, da die<br />
Fe<strong>de</strong>rsteife <strong>de</strong>r Luft im Gehäuse überwun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n muß, und ist zu<strong>de</strong>m bei Baßreflexboxen<br />
sinnlos, da <strong>de</strong>r Reflextunnel unterhalb<br />
<strong>de</strong>r Resonanzfrequenz „offen" ist<br />
und bei Membranbewegungen sofort ein<br />
Druckausgleich zwischen Vor- und Rückseite<br />
<strong>de</strong>r Mambran stattfin<strong>de</strong>t. Ausgenommen<br />
sind natürlich Boxen mit einer Resonanzfrequenz<br />
unter 15 Hz, diese haben dafür<br />
an<strong>de</strong>re Probleme mit <strong>de</strong>r Aufstellung<br />
(vgl. das Kapitel: Der Lautsprecher im<br />
Raum).<br />
Messen o<strong>de</strong>r hören?<br />
Das menschliche Gehör registriert bei mittleren<br />
und hohen Frequenzen <strong>de</strong>n Einfluß<br />
indirekter Schallanteile, die durch Reflexion<br />
von Decke, Bo<strong>de</strong>n und Wän<strong>de</strong>n eines<br />
Raumes zum Hörer gelangen, auf <strong>de</strong>n<br />
Direktschall vollkommen an<strong>de</strong>rs als ein<br />
Schallpegelmeßgerät. Ein solches Meßgerät<br />
kann nur einen „Momentanwert" liefern,<br />
<strong>de</strong>n Schalldruck, <strong>de</strong>r aus allen Schallwellen<br />
(<strong>de</strong>r direkten und allen indirekten) zu einer<br />
Zeit und an einem Ort (Meßmikrophon)<br />
resultiert. Der Schalldruck ist ein frequenzabhängiger<br />
Wechsel von Unter- und Überdruck<br />
in <strong>de</strong>r Luft (Schwingung). Da die<br />
Wegstrecken von direkten und indirekten<br />
Schallanteilen unterschiedlich groß sind,<br />
kommt es zur Überlagerung gleicher (Überdruck<br />
+ Überdruck) und ungleicher (Überdruck<br />
+ Unterdruck) Zustän<strong>de</strong>, abhängig<br />
vom Verhältnis <strong>de</strong>s Wegstreckenunterschie<strong>de</strong>s<br />
zur Wellenlänge <strong>de</strong>r untersuchten Frequenz.<br />
Diese „Interferenzen" zeigt das<br />
Meßgerät als Anhebung bestimmter und<br />
Absenkung an<strong>de</strong>rer Frequenzen an.<br />
<strong>Copyright</strong> <strong>SHACKMAN</strong>.<strong>de</strong><br />
Ein Lautsprecher mit linearem Frequenzgang<br />
im reflektionsfreien Raum wird in<br />
einem Wohnraum immer eine mehr o<strong>de</strong>r<br />
weniger „verbogene" Schalldruckmeßkurve<br />
zeigen, ohne dabei schlecht zu klingen.<br />
Fast alle Versuche diesen Frequenzgang<br />
mit elektronischen Mitteln zu linearisieren,<br />
führen erfahrungsgemäß zu einer klanglichen<br />
Verschlechterung.<br />
Der Grund hierfür ist die Fähigkeit <strong>de</strong>s<br />
Gehörs zwischen gleichen aber zeitlich verschobenen<br />
Signalen zu unterschei<strong>de</strong>n. Da<br />
<strong>de</strong>r reflektierte Schall eine größere Wegstrecke<br />
als <strong>de</strong>r Direktschall zurücklegen<br />
muß, ergibt sich über die konstante Schallgeschwindigkeit<br />
(ca. 343 m/s) eine zeitliche<br />
Verzögerung.<br />
1 m : 343 m/s = 0,003 s = 3 m/s.<br />
Der zuerst einfallen<strong>de</strong> Schall wird vom<br />
Gehör als Originalschall wahrgenommen,<br />
dieser und sehr gering verzögerte Schall<br />
(Beugung um <strong>de</strong>n Kopf) wird zur Richtungsortung<br />
genutzt. Verzögerungen zwischen<br />
1 m/s und 30 m/s wer<strong>de</strong>n als Reflektionen<br />
bewertet, die Wirkung <strong>de</strong>r Signale<br />
mit wachsen<strong>de</strong>r Verzögerungszeit stark<br />
abgeschwächt. So muß z. B. ein um 10 m/s<br />
verzögertes Signal um 10 dB lauter als <strong>de</strong>r<br />
Direktschall sein, um die Richtungsortung<br />
zu beeinflussen. (Davon profitiert auch ein<br />
namhafter amerikanischer Hersteller; diese<br />
Erkenntnisse sind allerdings schon älter<br />
und nicht wie behauptet von ihm. Haas H.,<br />
Über die Wirksamkeit eines Einfachechos,<br />
Acustica, 1961 S. 49.) Bei größeren Verzögerungszeiten<br />
als 30 m/s, wer<strong>de</strong>n zwei zeitlich<br />
und auch räumlich getrennte Signale<br />
gehört.<br />
Die Übergänge zwischen diesen Zeitbereichen<br />
sind gleitend.<br />
Alle mehr als ca. 2 m/s verzögerten Signale<br />
erzeugen einen Raumeindruck, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r<br />
Summe, Intensität und Verzögerungsdauer<br />
<strong>de</strong>r Signale abhängt.<br />
An<strong>de</strong>rs als bei tiefen Frequenzen, wo aufgrund<br />
<strong>de</strong>r großen Wellenlängen, Laufzeitunterschie<strong>de</strong><br />
nicht hörbar sind und die<br />
Schalldruckabweichungen vom linearen Verlauf<br />
unangenehm hörbar wer<strong>de</strong>n, ist <strong>de</strong>r<br />
durch die höheren Frequenzen erzeugte<br />
Raumeindruck eine natürliche Begleiterscheinung<br />
<strong>de</strong>s Hörens. Eine Stimme, die im<br />
reflektionsfreien (schalltoten) Raum gehört<br />
wird, klingt eigenartig, ebenso bei unnatürlich<br />
hohem Reflektionsanteil (Ba<strong>de</strong>zimmereffekt).<br />
Je<strong>de</strong>s Linearisieren (Einmessen), das über<br />
ein Linearisieren <strong>de</strong>s Lautsprechers ohne<br />
Raumeinflüsse hinausgeht, verfälscht nicht<br />
nur <strong>de</strong>n Direktklang, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>n<br />
Raumeindruck mit <strong>de</strong>m Ergebnis hörbarer<br />
Anhebungen und Absenkungen trotz linearer<br />
Meßkurve, abgesehen von <strong>de</strong>r Problematik<br />
<strong>de</strong>s Linearisierens, da mit je<strong>de</strong>r<br />
Anhebung auch die abschwächen<strong>de</strong>n Reflektionen<br />
stärker wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Sinne einer natürlichen Musikwie<strong>de</strong>rgabe<br />
sollten sehr kurze (Störung <strong>de</strong>r Stereo-<br />
Ortung) und sehr lange (Echo) Verzögerungszeiten<br />
durch geeignete Aufstellung im<br />
Raum und Bedämpfung durch Möbel und<br />
Vorhänge vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Probleme im<br />
tieffrequenten Bereich lassen sich durch<br />
richtige Aufstellung ebenfalls recht einfach<br />
lösen, daher ist bei guten Lautsprechern <strong>de</strong>r<br />
Aufstellungsort, in Grenzen, vorgeschrieben.