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ökg 2011<br />

Johannes Mair, Innsbruck<br />

Kardiale Dekompensation bei Patienten mit einem Vitium<br />

Angeborene, operierte und erworbene Vitien<br />

Aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung<br />

nimmt einerseits die Zahl der Patienten<br />

mit einem erworbenen Vitium in<br />

der älteren Bevölkerung ständig zu (> 10 %<br />

bei über 70-Jährigen), und andererseits<br />

nimmt die Lebenserwartung der Patienten<br />

mit einem komplexen angeborenen<br />

Vitium nach Korrekturoperationen aufgrund<br />

verbesserter Operationsmethoden<br />

zusätzlich stetig zu. Viele dieser Patienten<br />

haben jedoch Residualdefekte nach Korrekturoperationen,<br />

und deshalb werden<br />

Internisten und Kardiologen immer häufiger<br />

mit akut kardial dekompensierten erworbenen<br />

und angeborenen Vitien (meist<br />

nach Korrekturoperationen) im klinischen<br />

Alltag konfrontiert. Die pathophysiologischen<br />

Besonderheiten der wichtigsten angeborenen<br />

und erworbenen Vitien mit ihren<br />

therapeutischen Auswirkungen auf<br />

die medikamentöse Akutbehandlung der<br />

kardialen Dekompensation sind in Tabelle<br />

1 zusammengefasst. Oft sind aufgrund der<br />

Pathophysiologie Abweichungen von der<br />

üblichen Standardtherapie einer akuten<br />

kardialen Dekompensation bei Patienten<br />

ohne primäres Vitium erforderlich. Es gibt<br />

jedoch nur wenige und nur kleine klinische<br />

Studien zu diesem Thema. Im folgendem<br />

können nur die häufigsten Vitien<br />

kurz näher vorgestellt werden.<br />

Aortenklappenstenose<br />

Das häufigste erworbene Vitium als Ursache<br />

einer kardialen Dekompensation ist<br />

die Aortenklappenstenose (AS), meistens<br />

verursacht durch Klappendegeneration<br />

und -kalzifizierung. Durch die abnehmende<br />

Öffnungsfläche kommt es zu einer<br />

Zur Person<br />

Zunahme der Nachlast des linken Ventrikels<br />

(LV) und des Druckgradienten über<br />

der Aortenklappe mit Ausbildung einer<br />

LV-Hypertrophie und Zunahme des myokardialen<br />

Sauerstoffverbrauches. Der hypertrophierte<br />

LV benötigt eine ausreichende<br />

Vorlast, um ein ausreichendes<br />

Herzminutenvolumen (HMV) zu erreichen<br />

(Cave: Diuretikaüberdosierung).<br />

Eine begleitende Aortenklappeninsuffizienz<br />

(AI) verschlechtert zusätzlich die Koronarperfusion.<br />

Der koronare Perfusionsdruck<br />

ergibt sich aus der Differenz des<br />

diastolischen Aortendruckes und dem<br />

linksventrikulären enddiastolischen<br />

Druck. Daher kommt der Aufrechterhaltung<br />

eines ausreichenden Systemdruckes<br />

bei dekompensierter AS durch alpha-adrenerge<br />

Rezeptoragonisten eine besondere<br />

Bedeutung zu (z. B. bei Narkoseeinleitung<br />

für die Intubation). Jede Hypotonie<br />

muss sofort behandelt werden. Aufgrund<br />

der diastolischen Dysfunktion kommt<br />

auch der Aufrechterhaltung des Sinusrhythmus<br />

(SR) eine große Bedeutung zu,<br />

um das Herzminutenvolumen (HZV) aufrechterhalten<br />

zu können. Ein normofrequenter<br />

Rhythmus muss erzielt werden<br />

(optimale HF 60–70/min, Kardioversion<br />

falls medikamentöse Therapie ineffektiv).<br />

Ein optimaler intravasaler Volumensstatus<br />

muss angestrebt werden, daher ist ein<br />

invasives Monitoring und gegebenenfalls<br />

auch das Einschwemmen eines Swan-<br />

Ganzkatheters indiziert. Bei Patienten mit<br />

low-gradient low-output AS kann auch<br />

unter entsprechendem intensivmedizinischer<br />

hämodynamischer Überwachung<br />

eine niedrig dosierte Dobutamintherapie<br />

versucht werden. Natriumnitroprussid<br />

Ao. Univ.-Prof. Dr. Johannes Mair<br />

Universitätsklinik für Innere Medizin III – Kardiologie<br />

Medizinische Universität Innsbruck<br />

Anichstraße 35<br />

6020 Innsbruck<br />

Fax: ++43/512/504-22767<br />

E-Mail: johannes.mair@i-med.ac.at<br />

zeigte in einer kleinen klinischen Studie<br />

bei hochselektionierten Patienten mit eingeschränkter<br />

LV-Funktion ohne Hypotonie<br />

positive hämodynamische Effekte<br />

durch Nachlastsenkung, diese Substanz<br />

ist jedoch in Österreich nicht mehr zugelassen.<br />

Mitralklappenstenose<br />

Hochgradige Mitralklappenstenosen (MS)<br />

sind wesentlich seltenere Ursachen einer<br />

akuten kardialen Dekompensation; bei<br />

Erwachsenen ist die Genese meist postrheumatisch.<br />

Die Patienten präsentieren<br />

sich im Lungenödem und mit pulmonalem<br />

Hochdruck, ein sekundäres Rechtsherzversagen<br />

kann zusätzlich vorliegen.<br />

Der kritische Punkt in der Therapie ist das<br />

Erzielen eines normofrequenten Rhythmus<br />

mit einer möglichst langen Dauer der<br />

Diastole, um eine ausreichende linksventrikuläre<br />

Füllung zu ermöglichen und eine<br />

systemische Vasodilatation zu verhindern<br />

sowie die Vorlast zu optimieren. Für die<br />

Steuerung dieser komplexen Therapie ist<br />

ein Swan-Ganzkatheter hilfreich. Ein Blutdruckabfall<br />

wird am besten mittels alphaadrenerger<br />

Agonisten behandelt (Tab. 1).<br />

Das Management einer akut kardial<br />

dekompensierten Aorten- oder Mitralklappeninsuffizienz<br />

unterscheidet sich<br />

nicht wesentlich von der Standardtherapie<br />

der akuten Herzinsuffizienz (Tab. 1).<br />

Obstruierter Ausflusstrakt<br />

Dynamische intraventrikuläre oder subvalvuläre<br />

Ausflusstraktobstruktionen (z. B.<br />

hypertroph obstruktive Kardiomyopathie<br />

oder Z. n. operativer Korrektur einer<br />

Fallot’schen Tetralogie mit residualer<br />

rechtsventrikulärer dynamischer Ausflusstraktobstruktion)<br />

mit akutem systemischen<br />

Blutdruckabfall erfordern eine<br />

besondere Therapie mit Vermeidung von<br />

positiv inotropen Medikamenten, stattdessen<br />

Gabe von Volumen und<br />

β-Rezeptorenblockern und gegebenenfalls<br />

alpha-adrenerger Rezeptoragonisten<br />

(Tab. 1). Bei fixierten Stenosen (z. B. membranöse<br />

subvalvuläre Aortenstenose im<br />

14 6/2011 © Springer-Verlag<br />

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