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ökg 2011<br />

Christoph J. Binder, Wien<br />

Immunsystem und Atherosklerose<br />

Einblicke aus experimentellen Modellen<br />

Die Tatsache, dass es sich bei Atherosklerose<br />

um eine chronisch-entzündliche Erkrankung<br />

handelt, ist mittlerweile allgemein<br />

anerkannt und vor allem durch<br />

zahlreiche epidemiologische Studien,<br />

welche gezeigt haben, dass Serumspiegel<br />

des Entzündungsmarkers hsCRP als unabhängiger<br />

Risikofaktor dienen, klar dokumentiert<br />

[1]. Demnach wird die Entstehung<br />

atherosklerotischer Läsionen<br />

gleichermaßen durch Hypercholesterinämie<br />

und durch entzündliche Reaktionen<br />

induziert. Darüberhinaus konnte aber<br />

auch durch eine Vielzahl von tierexperimentellen<br />

Studien gezeigt werden, dass<br />

sowohl die angeborene als auch die erworbene<br />

Immunabwehr Plaquebildung<br />

und -progression bedeutend beeinflussen<br />

können [2, 3]. Atherosklerotische Plaques<br />

zeichnen sich durch die Ablagerung von<br />

oxidiertem LDL-Cholesterin (OxLDL) und<br />

durch die Infiltration von Makrophagen,<br />

T-Zellen sowie anderer zelluläre und humoraler<br />

Bestandteile des Immunsystems<br />

aus. Diese wesentliche Rolle des Immunsystems<br />

im atherosklerotischen Erkrankungsprozess<br />

kann folgendermaßen erklärt<br />

werden: Währenddessen die<br />

Beteiligung des adaptiven Immunsystems<br />

im weitesten Sinn die Aktivierung bestimmter<br />

Autoimmunreaktionen darstellt,<br />

die durch chronische Gewebeschädigung<br />

in der Gefäßwand ausgelöst werden,<br />

scheint die Rolle der angeborenen Immunität<br />

zunächst in einer angeborenen<br />

Schutzfunktion zu liegen, die jedoch<br />

durch die Chronizität der pathogenen entzündlichen<br />

Insulte (z. B. OxLDL) überfordert<br />

oder sogar fehlgeleitet wird. Diese<br />

Anschauung ergibt sich unter anderem<br />

Zur Person<br />

auch aus Erkenntnissen, welche zeigen,<br />

dass die Progression atherosklerotischer<br />

Plaques durch die Akkumulation modifizierter<br />

Lipoproteine, aber auch apoptotischer<br />

Zellen infolge defekter oder inadäquater<br />

Clearance-Mechanismen der<br />

angeborenen Immunität gefördert wird<br />

[4].<br />

Angeborene Immunität<br />

Auf der Seite der angeborenen Immunität<br />

stellen Makrophagen den wichtigsten zellulären<br />

Bestandteil dar. Sie haben sowohl<br />

in der Initiierung als auch im Fortschreiten<br />

atherosklerotischer Läsionen eine<br />

wichtige Rolle, indem sie OxLDL über die<br />

Scavenger-Rezeptoren CD36 und SRA-1<br />

internalisieren, welches in weiterer Folge<br />

zu der Entstehung von Schaumzellen<br />

führt. Daneben lösen verschiedenste Bestandteile<br />

von OxLDL durch eine Interaktion<br />

mit Toll-like Rezeptoren (TLR) auch<br />

zelluläre Signale in Makrophagen aus, die<br />

eine Entzündungsreaktion zur Folge haben.<br />

Beide Typen von Rezeptoren stellen<br />

sogenannte Pattern-recognition Rezeptoren<br />

dar, die OxLDL über bestimmte Oberflächenstrukturen<br />

erkennen, welche erst<br />

durch die oxidative Veränderung intakter<br />

LDL-Moleküle entstehen. Die gleichen<br />

Strukturen finden sich auch auf der Oberfläche<br />

abgestorbener Zellen. Man nimmt<br />

daher an, dass es sich bei dieser Abwehrreaktion<br />

zunächst um einen physiologischen<br />

Mechanismus handelt, der jedoch<br />

im Rahmen atherosklerotischer Ablagerungen<br />

überfordert ist und letztendlich<br />

anhaltende Entzündungsreaktionen nach<br />

sich zieht.<br />

Univ.-Prof. DDr. Christoph Binder<br />

Klinische Abteilung für Med.-chem. Labordiagnostik<br />

Klinisches Institut für Labormedizin<br />

Medizinische Universität Wien<br />

Währinger Gürtel 18-20<br />

1090 Wien<br />

Fax: ++43/1/40400-5389<br />

E-Mail: christoph.binder@meduniwien.ac.at<br />

Adaptive Immunreaktionen<br />

In weitere Folge kommt es zur Beteiligung<br />

adaptiver Immunreaktionen, welche<br />

durch die Infiltration von T-Zellen dominiert<br />

wird. In der Tat konnten T-Zellen aus<br />

humanen atherosklerotischen Plaques<br />

isoliert und deren Spezifität für Epitope in<br />

OxLDL nachgewiesen werden, wobei<br />

auch Immunreaktionen gegen andere Antigene<br />

wie zum Beispiel heat shock Proteine<br />

nachgewiesen wurden. Von besonderer<br />

Bedeutung in diesem Zusammenhang<br />

sind hierbei T-Helfer 1 (TH1)-Zellen, welche<br />

durch die Sekretion des inflammatorischen<br />

Zytokins Interferon-γ (IFNγ) eine<br />

wesentliche pro-atherogene Rolle besitzen.<br />

Als wichtigste Gegenspieler dieser<br />

pro-atherogenen TH1-Zellen wurden in<br />

zahlreichen Studien regulatorische T-Zellen<br />

identifiziert, welche durch die Sekretion<br />

von Interleukin-10 (IL-10) und transforming<br />

growth factor β (TGFβ) atheroprotektive<br />

Effekte aufweisen. Im Gegensatz<br />

dazu ist die Rolle von TH2-Zellen,<br />

welche die Zytokine IL-4, IL-5, und IL-13<br />

sezernieren, weniger klar. Die vorhandenen<br />

experimentellen Daten in Mausmodellen<br />

zeigen sowohl pro-atherogene (IL-<br />

4) als auch anti-atherogene (IL-5) Effekte.<br />

Ähnlich unklar ist derzeit auch die Rolle<br />

von TH17-Zellen, die IL-17 sezernieren<br />

und wesentliche Modulatoren der Immunantwort<br />

darstellen. So können TH17 einerseits<br />

durch die Inhibierung von IFNγsezerinerende<br />

TH1-Zellen anti-atherogen<br />

wirken, jedoch auch durch Stimulation<br />

entzündlicher Chemokine und Zytokine<br />

Atherogenese fördern. Damit könnten<br />

TH17-Zellen unterschiedliche Funktionen<br />

bei der Entstehung und der Progression<br />

atherosklerotischer Läsionen haben.<br />

Rolle von T- und B-Zellen<br />

Im Gegensatz zu T-Zellen finden sich B-<br />

Zellen nur vereinzelt in atherosklerotischen<br />

Läsionen: sie sind jedoch ein wichtiger<br />

Bestandteil tertiäre lymphoider Organe<br />

in der Adventitia atherosklerotischer Gefäße.<br />

B-Zellen wurde lange Zeit eine protektive<br />

Rolle in der Atherogenese zugeschrieben,<br />

da B-Zell defiziente Mäuse in<br />

wmw skriptum © Springer-Verlag<br />

6/2011 29

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