Das menschliche Manifest - holger-niederhausen
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wirklich arbeiten wolle, der finde auch Arbeit usw. – Doch welche Urteile<br />
liegen in diesen Gedanken? Was ist es für ein Denken, das zu solchen<br />
Gedanken kommt?<br />
In diesem Denken liegt das Urteil, dass Hilfsbedürftigkeit generell verdächtig<br />
sei. <strong>Das</strong>s Arbeitslosigkeit mangelnden Willen, mangelndes Bemühen<br />
anzeige. <strong>Das</strong>s andere Menschen es ganz und gar durch eigene Leistung „zu<br />
etwas gebracht“ hätten und geradezu die „Leistungsträger der Gesellschaft“<br />
seien, die alle anderen „mit durchfüttern“ würden und so weiter...<br />
Kann ein solches Denken menschlich genannt werden? Wir wissen doch,<br />
dass in einem ganz auf Konkurrenz und Machtverhältnissen basierenden<br />
System unzählige Menschen ihre Arbeit verlieren – oder gar nicht erst Arbeit<br />
finden –, die arbeiten wollen. Wer hier die Freiheit betont, macht doch all<br />
diese Menschen zum zweiten Mal zu Opfern! Heute wird aber vielfach voll<br />
bewusst so argumentiert.<br />
Wenn wir dagegen bewusst das <strong>menschliche</strong> Denken in uns zulassen und<br />
suchen und hervorbringen, wird uns dieses Denken unmittelbar die <strong>menschliche</strong><br />
Wahrheit zeigen. Es geht dann nicht um abstrakte Argumentationen,<br />
sondern um ein inneres Erleben, das keine Argumentation braucht, weil es<br />
seinen eigenen unwiderleglichen Beweis in sich trägt.<br />
Mit einem solchen Denken wissen wir unmittelbar, dass „Solidarität“ nicht<br />
etwa eine abstrakte Minimalverpflichtung eines sogenannten Sozialstaates ist<br />
(der dann auch noch schrittweise abzubauen wäre), sondern dass Solidarität<br />
etwas Reales, Wirkliches ist, das zutiefst mit dem Wesen des Menschen zu<br />
tun hat. Solidarität ... das ist doch unmittelbare Menschlichkeit!<br />
Solidarität ist kein „Gebot“ der Menschlichkeit, denn die Menschlichkeit<br />
kennt kein Gebot. Sie handelt aus sich heraus, wo sie eines Menschen Not<br />
sieht. Und so kann Solidarität, wenn sie real ist, nur da Grenzen haben, wo<br />
die Menschlichkeit selbst Grenzen hat. In einem auf Konkurrenz gebauten<br />
System hat sie enge, sehr enge Grenzen... Wo es aber keine Menschlichkeit<br />
gibt, können wir ihren Mangel unmittelbar und schmerzlich erleben...<br />
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