Das menschliche Manifest - holger-niederhausen
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der „Frühförderung“. Doch was geschieht hier? Die Politik greift in das<br />
Bildungswesen ein und diktiert, erzwingt ein ganz bestimmtes Verständnis<br />
von „Frühförderung“ mit teilweise sehr bestimmten Maßnahmen. Verpflichtend<br />
und einheitlich für alle.<br />
Jeder Kindergarten muss dann dieser einheitlichen „staatlichen Frühförderungs-Verordnung“<br />
genügen: „Sprachlerntagebücher“, Dokumentation, Auswertung,<br />
Nachbereitung, interne und externe Evaluation und so weiter...<br />
PädagogInnen werden gleichsam zu Ausführungsbeamten degradiert.<br />
Schon dies ist im Geistesleben eine Ungeheuerlichkeit, aber es geht noch<br />
weiter. Denn was geschieht nun real in den Kindergärten? Die Erzieherinnen<br />
können sich viel weniger wirklich mit den Kindern beschäftigen, sie müssen<br />
sich dem Dokumentieren, Auswerten und Evaluieren widmen, Verwaltungsaufgaben,<br />
die ihre Kräfte binden – und lähmen. Dabei ist das Allermeiste von<br />
dem, was hier „dokumentiert“ werden muss, den Erzieherinnen aus ihrer<br />
unmittelbaren Erfahrung bekannt! Was hinzukommt, ist nur der Zwang,<br />
diese täglich erlebte Wirklichkeit zu „dokumentieren“, zu „evaluieren“, zu<br />
archivieren...<br />
Was also ist die reale Wirklichkeit? Ein ungeheurer staatlich-politischer<br />
Aufwand, „die Kinder zu fördern“ – mit dem Ergebnis, dass die Erzieherinnen<br />
... weniger Zeit für die Kinder haben; dass ihre Begeisterung, ihre<br />
Intuition, ihr Ideenreichtum gelähmt wird!<br />
Und wir haben die wichtigsten Fragen noch überhaupt nicht gestellt: Was ist<br />
die eigentliche Aufgabe der Kindergärten? Müssen Kinder „frühgefördert“<br />
werden? Welche Art von Frühförderung ist gemeint? Müssen Kinder schon<br />
mit fünf Jahren lesen und rechnen lernen? – In der Erziehungswissenschaft<br />
spielt sich ein ungeheurer Kampf um die Kindheit ab: Um die Frage, was<br />
Kindheit soll und darf, was ihre Aufgaben, Möglichkeiten und Potentiale<br />
sind, was Kindheit wirklich bedeutet.<br />
Es wird unendlich viel hineininterpretiert in diese Kindheit. Es wird gesagt:<br />
Kinder sind Forscher und Entdecker. <strong>Das</strong> stimmt auch. Aber was wir Erwachsenen<br />
ihnen dann entgegenbringen, ist oftmals so intellektuell aus-<br />
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