Anwaltsblatt 1998/02 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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I<br />
Franz Brand1 und RA Dr. Wolfgang Völkl<br />
Versichern beruh ig t? !<br />
Die verschiedenen technischen Kommuni kationsmöglichkeiten<br />
bewirken, daß auch die Arbeit der rechtsberatenden Berufe<br />
unter immer größerem Zeitdruck ausgeübt werden muß, wo-<br />
durch sich die Risken, einen Schadenersatzansprüche auslö-<br />
senden Fehler zu begehen, häufen. Um die Klienten vor den<br />
Folgen dieser Fehler zu schützen und natürlich auch dem<br />
Anwalt die Schadensliquidierung zu erleichtern, ist gem 5 21 a<br />
RA0 jeder Rechtsanwalt verpflichtet, vor Aufnahme seiner<br />
Berufstätigkeit dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer nach-<br />
zuweisen, daß zur Deckung der aus dieser Tätigkeit gegen ihn<br />
entstehenden Schadenersatzansprüche eine Haftpflichtversi-<br />
cherung bei einem zum Geschäftsbetrieb in Österreich zuge-<br />
lassenen Versicherer besteht. Er hat die Versicherung während<br />
der Dauer seiner Berufstätigkeit aufrecht zu erhalten und dies<br />
seiner Rechtsanwaltskammer nachzuweisen. Kommt der<br />
Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zum Abschluß und zur Auf-<br />
rechterhaltung dieser Pflichthaftpflichtversicherung nicht nach,<br />
so ist ihm bis zur Erbringung des Nachweises über die Erfül-<br />
lung dieser Verpflichtung, die Ausübung der Rechtsanwalt-<br />
Schaft einzustellen. Die Mindestversicherungssumme hat<br />
S 500.000,- zu betragen. Der Bundesminister für Justiz kann<br />
nach Anhörung des ÖRAK im Einvernehmen mit dem Bundes-<br />
minister für Finanzen die Mindestversicherungssumme bis zum<br />
Fünffachen erhöhen, soweit dies aufgrund der Änderung der<br />
wirtschaftlichen Verhältnisse erforderlich ist.<br />
Vor dem Hintergrund dieses rechtlichen Rahmens werden von<br />
allen größeren in Österreich tätigen Versicherungsunterneh-<br />
men Vermögensschadenshaftpflichtversicherungsverträge an-<br />
geboten. Die einzelnen Rechtsanwaltskammern haben dar-<br />
über hinaus Großschadenshaftpflichtversicherungsverträge<br />
als , Gruppenversicherung” für ihre Mitglieder abgeschlossen.<br />
Bei entsprechender Wahl der Versicherungssumme ist derzeit<br />
ein Versicherungsschutz aus dem Grundvertrag und dem<br />
Großschadenshaftpflichtversicherungsvertrag bis zu etwa<br />
S 30 Mio möglich.<br />
Die Bedeutung der Berufshaftpflichtversicherung nimmt aus<br />
vielerlei Gründen - im wesentlichen wohl durch das gestiegene<br />
Anspruchsbewußtsein -zu. Es ist durchaus ratsam, über seine<br />
Haftpflichtversicherung Bescheid zu wissen, um nicht im Scha-<br />
densfall mit bösen Überraschungen konfrontiert zu sein. Durch<br />
die dramatisch zunehmende Schadenbelastung wurden von<br />
der Versicherungswirtschaft einerseits die Prämien stark ange-<br />
hoben und andererseits der Deckungsumfang eingeschränkt.<br />
Der Wunsch des Versicherers, das von ihm übernommene<br />
Risiko überschaubar bzw kalkulierbar zu machen, steht insbe-<br />
sondere bei der zeitlichen Abgrenzung des Versicherungs-<br />
Schutzes dem Sicherheitsbedürfnis des Versicherungsnehmers<br />
entgegen.<br />
Die von vielen erwartete Änderung auf der Anbieterseite durch<br />
den EU-Beitritt ist nicht eingetreten. Dies deshalb, da jene<br />
Versicherer, die österreichisches Geschäft zeichnen wollen,<br />
schon seit Jahren in Österreich ansässig sind. Die Erfahrung<br />
zeigt, daß Grunddeckungen zur Berufshaftpflichtversicherung<br />
so gut wie nicht bei Versicherern im Ausland zu erhalten sind,<br />
sehr wohl jedoch Exzedenten-Deckungen (Zweitrisiko-Versi-<br />
cherungen). In der Haftpflichtversicherung ganz generell, be-<br />
sonders jedoch in der Berufshaftpflichtversicherung, ist es nicht<br />
ratsam, Versicherer in Ländern anzusprechen, deren Rechts-<br />
Systeme nicht mit dem österreichischen vergleichbar sind. Die<br />
Sprachbarrieren und unterschiedliche Mentalität, was die Li-<br />
quidierung von Schäden betrifft, sollten ebenso nicht unter-<br />
schätzt werden. Anders ist die Situation bei Exzedenten-Dek-<br />
kungen, in denen üblicherweise vereinbart wird, daß der<br />
Exzedenten-Versicherer dem Wording des Grund-Versiche-<br />
rers und dessen Schadenabwicklung folgt. Der Kunde kann<br />
daher, ohne ein allzu großes Risiko eingehen zu müssen, diese<br />
Exzedentendeckungen auch im Ausland einkaufen.<br />
Trotz Abschlusses eines Versicherungsvertrages sind aber<br />
nicht alle möglichen Schäden gedeckt. Diesbezüglich besteht<br />
ein gravierender Unterschied welche Versicherungsbedingun-<br />
gen dem abgeschlossenen Versicherungsvertrag zugrunde Iie-<br />
gen. Die überwiegende Zahl der Primärvermögensschadens-<br />
haftpflichtversicherungsverträge sind derzeit auf Grundlage<br />
der AVB 1 951 (Allgemeine Versicherungsbedingungen zur<br />
Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden) und der BBHV<br />
(Besondere Bedingungen für die Haftpflichtversicherung für<br />
Vermögensschäden) abgeschlossen, auf die sich die folgenden<br />
Ausführungen im wesentlichen beziehen.<br />
Seit dem Beitritt Österreichs zur EU ist die Bewilligungspflicht<br />
der Versicherungsbedingungen durch die Aufsichtsbehörde<br />
weggefallen, sodaß jeder Versicherer in der Gestaltung seiner<br />
Bedingungen frei ist. Von diesem Recht hat auch ein namhafter<br />
österreichischer Versicherer bereits Gebrauch gemacht. Die<br />
Rechtslage wird daher für vertragsabschlußwillige Versiche-<br />
rungsnehmer immer unübersichtlicher, die Transparenz über<br />
die von den Versicherern angebotenen Leistungen immer<br />
schwieriger.<br />
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Anwßl I998/2