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Anwaltsblatt 1998/02 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Abhandlungen<br />

nicht ordnungsgemäßen Bedienung (einschließlich Zinsenzah-<br />

IungJ von Hypotheken;<br />

8. die aus der Tätigkeit von nicht in die Versicherung einbe-<br />

zogenen Geschäftsteilhabern des Versicherungsnehmers erho-<br />

ben werden;<br />

9. aJ von Personen, die mit dem Versicherungsnehmer in<br />

häuslicher Gemeinschaft leben, sowie von Angehörigen des<br />

Versicherungsnehmers; als Angehörige gelten:<br />

der Ehegatte des Versicherungsnehmers;<br />

wer mit dem Versicherungsnehmer in gerader Linie oder im<br />

zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist.<br />

Ansprüche von Mündeln gegen den in dieser Eigenschaft<br />

versicherten gerichtlich bestellten Vormund werden durch die-<br />

se Ausschlüsse nicht betroffen;<br />

bJ von Geschäftsteilhabern des Versicherungsnehmers;<br />

cJ von juristischen Personen, wenn die Majorität der Anteile<br />

und von sonstigen Gesellschaften, wenn ein Anteil dem Versi-<br />

cherungsnehmer oder Versicherten oder einem Geschäftspart-<br />

ner oder Angehörigen des Versicherungsnehmers oder Versi-<br />

cherten gehört.<br />

I/. Ein Ausschließungsgrund (Abs 1)<br />

wirkt gegen sämtliche<br />

Personen, auf welche sich der Versicherungsschutz dieses<br />

Vertrages erstreckt, auch wenn er bei einem Ersatzanspruch<br />

nur hinsichtlich einer oder eines Teiles dieser Person gegeben<br />

ist.<br />

Die einzelnen Ausschlußtatbestände ergeben, daß der in Art I<br />

ohnehin nicht gerade umfassend vereinbarte Versicherungs-<br />

Schutz noch weiter und ziemlich drastisch reduziert wird - aus<br />

Sicht der Versicherer allerdings nicht unberechtigt, da einer-<br />

seits wie auch im VersVG vorgesehen, die vorsätzliche bzw<br />

wissentliche Herbeiführung eines Versicherungsfalles ausge-<br />

schlossen werden soll, andererseits jede Risikoerhöhung, die<br />

durch Ausübung nicht berufsbildgemäßer Tätigkeiten von Ver-<br />

sicherungsnehmern entsteht, ebenfalls nicht gedeckt sein soll.<br />

ad Z I:<br />

Der Text bedarf insofern einer Interpretation, als der erste<br />

Satzteil ,,welche vor ausländischen Gerichten geltend gemacht<br />

werden'' einerseits bedeutet, daß der Deckungsausschluß auch<br />

dann besteht, wenn in dem Verfahren vor dem ausländischen<br />

Gericht österreichisches Recht zur Anwendung zu kommen<br />

hätte. Es handelt sich dabei allerdings nur um einen formellen<br />

Ausschlußtatbestand, da für den Fall, daß sich die materielle<br />

Deckungspflicht nach inländischem Recht oder auch nach<br />

außergerichtlicher Prüfung im Inland als gegeben erweisen<br />

sollte, der Versicherer dennoch die Leistung zu erbringen<br />

haben wird. Die Konsequenz aus der Formulierung des ersten<br />

Halbsatzes ist lediglich die, daß der Versicherer sich die<br />

Kosten des im Ausland geführten Schadenersatzprozesses er-<br />

sparen kann. Zur sogenannten , Auslandsdeckung" gibt es<br />

keine Judikatur. Interpretationsversuche wurden in Bruck/MöI-<br />

ler/Johannsen und Prö//s/Martin vorgenommen. Das Problem<br />

muß nun im Hinblick auf den EU-Beitritt sicherlich neu behan-<br />

delt werden. Dem wurde insoferne Rechnung getragen, als die<br />

Klausel 1 der BBHV bereits abweichend von Art 4.1.1 AVBV<br />

auch die Möglichkeit des Versicherungsschutzes für Ausland<br />

vorsieht. Der Auslandsdeckungsausschluß besteht iedenfalls<br />

teilweise auch nicht für die von den Rechtsanwaltskammern<br />

abgeschlossenen GroßschadensversiCherungen.<br />

ad Z3:<br />

Bei diesem Ausschlußtatbestand handelt es sich um einen, der<br />

in der Praxis ebenfalls Probleme macht, weil für die Bege-<br />

hungsform der Wissentlichkeit keine Anknüpfungsmöglichkeit<br />

an traditionelle Schuldformen besteht. Nach der deutschen<br />

Judikatur liegt Wissentlichkeit bereits dann vor, wenn der<br />

Versicherungsnehmer seine Pflicht positiv gekannt hat und der<br />

Pflichtverstoß für den Schaden ursächlich geworden ist - an-<br />

ders als bei den sonst bekannten Formen des Verschuldens<br />

müssen die Schadensfolgen vom Wissen des Versicherungs-<br />

nehmers nicht umfaßt sein, dh also, daß die Voraussetzungen<br />

für die Annahme des wissentlichen Verstoßes auf wesentlich<br />

niedrigerem Niveau liegen als bei den traditionellen Schuld-<br />

formen, wie insbesondere beim Vorsatz, bei dem nicht nur das<br />

Wissen um die Rechtswidrigkeit des Verhaltens, sondern auch<br />

um die Schadensfolgen Voraussetzung ist.<br />

Dementsprechend streng ist die (auch hier im wesentlichen<br />

wieder deutsche) Judikatur.<br />

Die von der deutschen Lehre und Rechtsprechung in vorstehen-<br />

dem Sinne entwickelte Interpretation erscheint auch für den<br />

österreichischen Rechtsbereich durchaus anwendbar, da die<br />

Wissentlichkeit im Sinne dieser Bedingungsbestimmung im<br />

Hinblick auf 9 152 VersVG, wonach ia bereits die vorsätzliche<br />

Herbeiführung des Versicherungsfalles den Versicherer lei-<br />

stungsfrei macht, ein aliud gegenüber den überwiegend ge-<br />

bräuchlichen Schuldformen darstellt.<br />

Nachdem jeder Steuerberater weiß, daß die Steuererklärung<br />

innerhalb bestimmter Fristen abzugeben sind und es, sei es<br />

durch Arbeitsüberlastung infolge Übernahme zu vieler Mandate<br />

oder Beschäftigung von zu wenig Personal und dergleichen,<br />

zur Versäumung von Fristen und damit zur Vorschreibung<br />

von Säumniszuschlägen kommt, stellen Fristversäumnisse<br />

aus diesen Ursachen einen wissentlichen Verstoß dar. Der<br />

deutsche Bundesgerichtshof geht in diesen Fällen davon aus,<br />

daß immer positives Wissen darüber besteht, daß die Nichtabgabe<br />

der Erklärungen bzw die nicht fristgerechte Abschlußer-<br />

Stellung nicht den geltenden Vorschriften entsprechen kann.<br />

90<br />

AnwBl <strong>1998</strong>/2

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