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Anwaltsblatt 1998/02 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Rechßsgrechung<br />

Disziplinarrecht<br />

7466<br />

9 25 Abs 2 DSt - rechtzeitiger Delegierungsantrag<br />

Durch die Zurückweisung eines rechtzeitigen<br />

Delegierungsantrages wegen vermeintlicher<br />

Verspätung wurde eine Sachentscheidung ver-<br />

weigert und damit der Bf im verfassungsgesetzlich<br />

gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor<br />

dem gesetzlichen Richter verletzt.<br />

VfGH 29. 9. 1997, B 634/97, 13 Bkd 2/96<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird<br />

durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn<br />

die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständig-<br />

keit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre<br />

Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg 9696/1983), etwa indem sie<br />

zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg<br />

10.374/1985, 11.405/1987, 13.280/1992).<br />

Ein derartiger Vollzugsfehler ist der bel Beh im vorliegenden<br />

Fall tatsächlich anzulasten:<br />

Die bel Beh ist in der Begründung ihres Zurückweisungsbe-<br />

schlusses davon ausgegangen, daß der Einleitungsbeschluß<br />

des Bf am 15. 4. 1996 zugestellt worden ist und die zweiwö-<br />

chige Frist für die Einbringung des Antrages - der sich (aus-<br />

schließlich) auf Tatsachen stützt, die dem Bf bis einschließlich<br />

29.4. 1996 bekannt geworden sind - am 29.4. 1996 geen-<br />

det habe. Der am 30. 4. 1996 zur Post gegebene Antrag<br />

erweise sich daher als verspätet.<br />

Der Bf hat sowohl in seinem Delegierungsantrag vom 30. 4.<br />

1996 als auch in der verfahrensgegenständlichen VfGH-Be-<br />

schwerde die Auffassung vertreten, daß ihm der Einleitungs-<br />

beschluß bereits am 12. 4. 1996 zugestellt worden ist. Die<br />

Frist zur Einbringung eines auf den ersten Satz des § 25 Abs 2<br />

DSt gestützten Delegierungsantrages habe daher bereits am<br />

26. 4. 1996 geendet. Sein Antrag stütze sich jedoch auf<br />

Tatsachen, die ihm erst am 29. 4. 1996 bekannt geworden<br />

seien. Der an die OBDK gerichtete Antrag sei daher fristge-<br />

recht gestellt worden.<br />

Ausgehend von diesem Beschwerdevorbringen ist es entschei-<br />

dungswesentlich, wann der Einleitungsbeschluß dem Bf zuge-<br />

stellt wurde. In den dem VfGH von der OBDK übermittelten<br />

Verwaltungsakten fehlt der Zustellnachweis des Einleitungsbe-<br />

schlusses an den Bf. Der VfGH hat daher das PostamtY<br />

diesbezüglich um Mitteilung ersucht. Mit Fax vom 21. 5. 1997<br />

teilte das genannte Postamt dem VfGH mit, daß der Einlei-<br />

tungsbeschluß am 12. 4. I996 hinterlegt und am 15. 4. 1996<br />

behoben wurde, wobei die Sendung ab 12. 4. 1996 zur<br />

Abholung bereitgelegen sei.<br />

Gem § 17 Abs 3 ZustellG, BGBl 1982/200, gelten hinterlegte<br />

Sendungen mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur<br />

Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Dieser Tag war<br />

der 12. 4. 1996.<br />

Ausgehend von dieser Sachlage ist die Frist zur Stellung eines<br />

Delegierungsantrages gem 5 25 Abs 2 erster Satz DSt am<br />

26. 4. 1996 abgelaufen. Der am 30. 4. 1996 zur Post gege-<br />

bene Delegierungsantrag des Bf stützt sich jedoch auch auf<br />

Tatsachen, die ihm erst am 29. 4. 1996, also nach Ablauf<br />

dieser Frist, bekannt geworden sind. Er nimmt nämlich auf<br />

Tatsachen Bezug, die dem Bf am 29. 4. 1996 anläßlich einer<br />

Verhandlung vor dem BG X bekannt geworden sind. Damit<br />

kommt die in 25 Abs 2 zweiter Satz DSt festgelegte Frist zur<br />

Anwendung; der Delegierungsantrag wurde am 30. 4. 1996,<br />

sohin innerhalb der durch diese Bestimmung festgelegten<br />

Zwei-Wochen-Frist eingebracht. Die OBDK hätte daher in der<br />

Sache entscheiden müssen.<br />

Indem die OBDK dies verkannt und den fristgerecht einge-<br />

brachten Antrag zurückgewiesen hat, hat sie eine Sachent-<br />

Scheidung verweigert und damit den Bf im verfassungsgesetzlich<br />

gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetz-<br />

lichen Richter verletzt. Der bekämpfte Bescheid war daher<br />

aufzuheben.<br />

Anmerkung:<br />

Bel Beh war die OBDK, die bei der Entscheidung über Dele-<br />

gierungsanträge erste und letzte Instanz ist (5 25 Abs 1 letzter<br />

Satz DSt). Die Meinung der OBDK über die Verspätung des<br />

Antrages stützte sich auf ein - irriges - Zustelldatum, welches<br />

nur deswegen zugrundegelegt wurde, weil der Zustellnachweis<br />

des Einleitungsbeschlusses an den Bf im DR-Akt fehlte. Den<br />

Recherchen des VfGH beim Zustellpostamt und den Feinheiten<br />

des Zustellgesetzes ist es zu danken, daß festgestellt werden<br />

konnte, daß die am 1. Tag der postamtlichen Hinterlegung<br />

beginnende Antragsfrist bereits abgelaufen war, als dem Bf<br />

weitere Tatsachen für den Delegierungsantrag bekannt wur-<br />

den; diese waren daher rechtzeitig im Delegierungsantrag<br />

verwertet worden (§ 25 Abs 2 Satz 2 DSt).<br />

Die Moral der Geschichte: OBDK und VfGH hätten sich Arbeit<br />

und die lokale RAK den Ersatz der Kosten der VfGH-Beschwer-<br />

de (mit USt immerhin S 18.000,-) sparen können, wenn die<br />

Kanzlei des DR dafür gesorgt hätte, daß sich in dem der OBDK<br />

vorgelegten DisAkt der Zustellnachweis des Einleitungsbe-<br />

schlusses befunden hätte. So etwas wird natürlich nie wieder<br />

vorkommen.<br />

Strigl<br />

AnwB/ <strong>1998</strong>/2<br />

113

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