Anwaltsblatt 1998/02 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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Rechtsprechung<br />
bloßen Kündigung ohne Kündigungsfrist, um dem vermitteln-<br />
den Arbeitsamt gegenüber zu dokumentieren, daß ein Arbeits-<br />
platz nicht grundlos aufgegeben worden sei (vgl Mayer-Maly,<br />
JBI 1959, 301 ; Martinek/Schwarz/Schwarz7, Er1 9 zu Q 19).<br />
Für das Zustandekommen eines Probedienstverhältnisses ist es<br />
auch gar nicht erforderlich, zusätzlich die uneingeschränkte<br />
beiderseitige Lösbarkeit zu vereinbaren. Diese ist Folge der<br />
Vereinbarung, ein Dienstverhältnis zur Probe bzw mit Probe-<br />
monat zu schließen. Ein Dienstverhältnis kann während der<br />
Probezeit demnach jederzeit gelöst werden, wobei weder<br />
besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz noch die Re-<br />
gelungen über den Rücktritt vom Vertrag zu beachten sind.<br />
Die Vereinbarung eines Probemonats bedeutet demnach eine<br />
beiderseitige freie Lösbarkeit des Dienstverhältnisses ohne<br />
Gründe oder Frist. Das Probedienstverhältnis ist mit einem<br />
Kauf auf Probe (Q 1080 ABGB) vergleichbar, bei dem die<br />
fehlende rechtliche Bindung des Käufers durch die ,,in seinem<br />
Belieben stehende Bedingung der Genehmigung" besonders<br />
deutlich wird. Beim Probedienstverhältnis steht diese Bedin-<br />
gung im Belieben beider Vertragspartner, wobei lediglich<br />
arbeitsrechtlich, dem Arbeitnehmerschutz entsprechend zu be-<br />
achten ist, daß die Probefrist nicht länger als einen Monat<br />
dauern darf. Bei der aufschiebenden, bedingten Vertragsbin-<br />
dung während der Probezeit ist, abgesehen von sonstigen<br />
vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten und der Ent-<br />
geltzahlungspflicht, die Bindung beider Vertragspartner noch<br />
nicht eingetreten. Während der Probezeit kann sohin jeder von<br />
ihnen jederzeit erklären, keinen (Wil1ens)Vertrag schließen zu<br />
'wollen (Lösungserklärung). Die Vertragspartner sind erst nach<br />
Ablauf der Probezeit an den Vertrag gebunden, wenn zuvor<br />
keine Auflösungserklärung abgegeben worden ist. Abgesehen<br />
von den bereits wirksam gewordenen Schutz- und Sorg-<br />
faltgspflichten und der Entgeltfortzahlungspflicht besteht eben-<br />
so wenig eine rechtliche Bindung der Vertragspartner während<br />
des Probemonats wie vor Zustandekommen der Willens-<br />
Übereinstimmung, einen Dienstvertrag schließen zu wollen.<br />
Die rechtliche Bindung an den Dienstvertrag wird beim Probe-<br />
dienstverhältnis bis zu dessen Ende aufgeschoben. Es ist die<br />
Folge der grundsätzlichen Vertragsfreiheit, insbesondere der<br />
Abschlußfreiheit von Dienstverträgen, daß die Gründe, die<br />
dem Abschluß des Dienstverhältnisses nach Ablauf eines Pro-<br />
bedienstverhältnisses entgegenstehen, rechtlich nicht überprüft<br />
werden müssen (ARD 41 50/15/90).<br />
Zwar schränkt die Entscheidung des OGH vom 22. 10. 1957,<br />
4 Ob i 23/58 = ARD 1053/8/58 dahingehend ein, daß Pro-<br />
bedienstverhältnisse nicht schikanös aufgelöst werden dürften.<br />
Da aber die Auflösung nicht begründungsbedürftig ist, ist nicht<br />
ersichtlich, wie dieser ,foffenbare" Rechtsmißbrauch geltend<br />
gemacht werden sollte.<br />
Im Hinblick darauf, daß die jederzeitige Lösungsmöglichkeit<br />
sanktionslos ist, wird auch eine vereinbarte Konventionalstrafe<br />
nicht fällig, wenn der verpflichtete Arbeitnehmer das Dienst-<br />
verhältnis während des Probemonats löst (infas A 1 15/87).<br />
Wenn auch die Frage, ob die Auflösung des Probedienstver-<br />
hältnisses keine Kündigung, sondern eine Auflösung eigener<br />
Art sei, hinsichtlich der Frage des rechtlichen Charakters einer<br />
solchen Auflösungserklärung immer wieder in der Judikatur<br />
umstritten war (Floretts, Arbeitsrecht I 164; Arb 10.224), kann<br />
dies im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil der Be-<br />
klagte in seinem Einspruch von einer vorzeitigen Auflösung des<br />
Dienstverhältnisses mit sofortiger Wirkung seitens der Klägerin<br />
spricht, aber auch überhaupt kein Vorbringen dazu erstattet<br />
hat, daß die Klägerin einseitig schikanös das Probearbeitsver-<br />
hältnis aufgelöst habe.<br />
Ein Anspruch nach Q 28 Abs 2 AngG ist überhaupt nur dann<br />
denkbar, wenn ein bestimmter Leistungserfolg (zB Entwurf<br />
eines Bauplans etc) arbeitsvertraglich vereinbart worden ist.<br />
Es fehlen auch sämtliche Hinweise darauf, zumal die in Q 28<br />
Abs 2 leg cit vorgesehene Rechtsfolge ebenso wie der Schadenersatz<br />
nach Q 28 Abs 1 leg cit hinsichtlich Verursachung<br />
und Höhe durch konkrete Umstände nachgewiesen werden<br />
kann (Martinek/Schwarz/Schwarz aaO, Er1 7 zu Q 28).<br />
Die Voraussetzungen zur Anwendung des 5 28 Abs 2 AngG<br />
liegen sohin nicht vor, sodaß spruchgemäß mit der Bestätigung<br />
des angefochtenen Urteils vorzugehen war.<br />
Anmerkung:<br />
Das OLG Wien beschäftigt sich ausführlich mit dem rechtlichen<br />
Charakter eines Probedienstverhältnisses. Es ist für einen<br />
Dienstgeber oftmals sehr ärgerlich, falls ein oft mühsam und<br />
nach langem Suchen engagierter Dienstnehmer während der<br />
Probezeit das Dienstverhältnis auflöst. Es liegt auf der Hand,<br />
daß gerade bei qualifizierteren Tätigkeiten ein neuer Dienstnehmer<br />
in den ersten Wochen kaum produktiv wird. Er muß<br />
sich einarbeiten bzw wird er geschult etc.<br />
Es wäre also bei qualifizierteren Tätigkeiten ratsam, bei Vereinbarung<br />
einer Probezeit auch einen bestimmten Leistungserfolg<br />
konkret zu vereinbaren. Tritt dieser Erfolg durch die durch<br />
den Dienstnehmer erfolgte Lösung des Probedienstverhältnis-<br />
Ses nicht ein, könnte dokumentiert werden, daß die ieistungen<br />
ihren Wert ganz oder zum größten Teil eingebüßt haben. "<br />
Dann darf die Zahlung des Entgeltes verweigert werden.<br />
Im Streitfall wäre auch zu prüfen und allenfalls einzuwenden,<br />
daß der Dienstnehmer das Probearbeitsverhältnis einseitig<br />
schikanös aufgelöst habe.<br />
RA Dr. Harald Sitta, Wien (am Verfahren beteiligt)<br />
AnwB/ <strong>1998</strong>/2<br />
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