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Anwaltsblatt 1998/02 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Rechtsprechung<br />

aufgrund einschlägiger Judikatur des Bundesfinanzhofes (sie-<br />

he die Nachweise jeweils aaO) zusammengefaßt (wenn auch<br />

teilweise durchaus kritisch) zu dem Ergebnis gelangt, daß in<br />

der Praxis ein steuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft auch<br />

dann vorliegt, wenn die übernehmende Gesellschaft selbst<br />

Gesellschafterin der übertragenden Gesellschaft ist; was auch<br />

für den umgekehrten Fall zu gelten hat, daß (wie im Beschwer-<br />

defall) die übertragende Gesellschaft Gesellschafterin der<br />

übernehmenden Gesellschaft ist. Die Steuerschuld entsteht im<br />

Zeitpunkt des Vermögensübergangs auf die aufnehmende Ge-<br />

sellschaft (so insbesondere Brönner/Kamprad, aaO). Liegt ein<br />

Fall so, dann ist in der Tat von einem Erwerb der betreffenden<br />

Anteile (wenn sie Wertpapiere gem § 19 Abs 2 KVG sind)<br />

durch die übernehmende Gesellschaft auszugehen, allenfalls<br />

von einem bloß vorübergehenden Erwerb nur für kurze Zeit,<br />

also von einem sog Durchgangserwerb.<br />

Im Beschwerdefall liegen die Dinge aber anders: Gem § 96<br />

GmbHG (idF vor dem mit 1. 7. 1996 in Kraft getretenen<br />

EU-GesRÄG, BGBl 1996/304; vgl jetzt § 96 Abs 2 GmbHG)<br />

waren auf Verschmelzungen mit Gesellschaften mit beschränkter<br />

Haftung die §§ 21 9 bis 233 AktG 1965 (jetzt §§ 220 bis<br />

233 AktG) sinngem anzuwenden.<br />

Gem § 226 Abs 3 AktG (vgl jetzt 5 225 a Abs 3 AktG idF des<br />

EU-GesRÄG) vollzog sich die Universalsukzession mit der<br />

Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch (vgl dazu<br />

insbesondere Koppensteiner, GmbH-Kommentar, Rz 123 zu<br />

3 96 GmbHG sowie Strasser in Schiemer/Jabornegg/<br />

Strasser, AktG-Kommentar3, Rz 12 zu § 219 bzw Rz 12 zu<br />

9 226 AktG). Diese Firmenbucheintragung wurde im vorliegenden<br />

Fall erst mit Beschluß des HG Wien vom 27. 6. 1995<br />

angeordnet.<br />

Im Beschwerdefall wurde aber bereits zuvor im Wege des in<br />

Notariatsaktsform errichteten Verschmelzungsvertrags vom<br />

6. 4. 1995 in Gestalt eines Vertrages zugunsten Dritter, nämlich<br />

der vier ehemaligen Gesellschafter der übertragenden<br />

Gesellschaft unmittelbar den Geschäftsanteil (aufgeteilt auf<br />

vier Gesellschafter) erhielten, den bis dahin die übertragende<br />

Gesellschaft (als Mutter) an der Bf(in) (als Tochter) gehalten<br />

hatte. Daß der Verschmelzungsvertrag als Vertrag zugunsten<br />

Dritter angesehen werden kann, ist in der Literatur anerkannt<br />

(vgl Koppensteiner, aaO, Rz 24 zu § 96 GmbHG). Demzufol-<br />

ge fand im Beschwerdefall aufgrund der ausdrücklichen For-<br />

mulierung im Verschmelzungsvertrag ein entgeltlicher Anteil-<br />

serwerb durch die genannten Gesellschafter im Wege einer<br />

Abtretung bereits vor dem Wirksamwerden der Verschmel-<br />

zung statt, sodaß der in Rede stehende Geschäftsanteil (auf-<br />

geteilt auf vier Gesellschafter) tatsächlich nicht im Wege der<br />

Universalsukzession in das Vermögen der Bf(in) übergegan-<br />

gen ist. Es wurde vielmehr schon im Wege des zitierten<br />

Verschmelzungsvertrages der Tatbestand eines Anschaffungs-<br />

geschäftes gem § 18 Abs 1 KVG erfüllt, wobei die Bf(in) auch<br />

dafür gem 9 9 Abs 1 KVG Steuerschuldner ist.<br />

Dadurch, daß die bel Beh in Bestätigung des erstinstanzlichen<br />

Börsenumsatzsteuerbescheides vermeinte, es habe ein Vor-<br />

gang gem § 18 Abs 2 Z 1 leg cit stattgefunden, der als<br />

Anschaffungsgeschäft gilt, kann aber die Bf(in) in ihren Rechten<br />

nicht verletzt sein, weil Vorgänge nach § 18 Abs 2 KVG<br />

nicht anders zu besteuern sind als Anschaffungsgeschäfte<br />

nach Abs 1 der zitierten Gesetzesstelle.<br />

Anmerkung:<br />

1. Im vorliegenden Fall wurde im Verschmelzungsvertrag eine<br />

Abtretung (Einzelrechtsnachfolge) vorgesehen, der VwGH<br />

wertete den Verschmelzungsvertrag als solchen zugunsten<br />

Dritter. Dies hat zur Folge, daß die Anteile an der überneh-<br />

menden Gesellschaft nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfol-<br />

ge und damit ex lege auf die Gesellschafter der untergehenden<br />

Gesellschaft, sondern im Wege rechtsgeschäftlicher Abtretung<br />

vor Wirksamwerden der Verschmelzung (Eintragung im Firmenbuch)<br />

übergehen. Der zugrundeliegende Sachverhalt Iäßt<br />

diese Annahme mE zu (vgl zur verpflichtenden deklarativen<br />

Festlegung Pkt 3 unten). Offenbleibt bedauerlicherweise eine<br />

eingehende Begründung zum Tatbestandsrnerkmal , entgelt-<br />

lich". Die Begründung zur Steuerschuldnerschaft enthält einen<br />

offensichtlichen Schreibfehler (statt § 9 KVG richtig § 25<br />

KVG).<br />

2. In einem obiter dictum nimmt der VwGH freilich auch auf<br />

die BUSt-Folgen eines down stream mergers Bezug, wenn -<br />

anders als im Beschwerdefall - keine Einzelrechtsnachfolge im<br />

Verschmelzungsvertrag verankert wurde. Das BMF sieht für<br />

solche Fälle in einer Einzelerledigung den Einbringungstatbe-<br />

stand iSd 9 18 Abs 2 Z 2 KVG aufgrund Erwerbes eigener<br />

Anteile als erfüllt an und erblickt in der nachfolgenden Abfin-<br />

dung der Altgesellschafter mit den eigenen Anteilen kein zweites<br />

BUSt-pflichtiges Anschaffungsgeschäft (s BMF 8. 9. 1995,<br />

ecolex 1995, 928). Der VwGH verweist in seinem obiter<br />

dictum auch auf die kritische deutsche Kommentarliteratur zur<br />

ähnlichen BFH-Rsp (s insbesondere Brönner/Kamprad KVG,<br />

Rz 5 zu 9 18; Kinnebrock/Meulenbergh, KVG5, Rz 15 zu<br />

§ 18 KVG).<br />

3. Bei Erwerb durch Gesamtrechtsnachfolge geht die zivil-<br />

rechtliche Literatur von einem unmittelbaren Erwerb der Mit-<br />

gliedschaft ex lege aus, klarstellend muß dies - bei sonstiger<br />

Nichtigkeit - im Verschmelzungsvertrag festgelegt werden<br />

(s Kalss/Bachner, Verschmelzung - Spaltung - Umwandlung<br />

119971 107u 132).<br />

4. Noch im Urteil vom 19. 12. 1 973 (BStBl I/ 1974 I/ 400)<br />

hatte der BFH ausdrücklich ausgesprochen, daß ein Ver-<br />

AnwBl I998/2<br />

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