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„Auch um der Ohnmacht<br />
– er kenne sie wohl – ein<br />
leises Dennoch abzunötigen“ 1<br />
und dennoch<br />
Reise auf den Spuren der Fruchtbringenden Gesellschaft<br />
Andrea Thiele<br />
Peter Isselburg, Versammlung der Fruchtbringenden Gesellschaft,<br />
um 1622. Der Schmackhafte - Birne mit Wespe - Erkannte Güte<br />
Ein Künstler konzipiert eine mehrtägige<br />
Wanderung durch Sachsen-Anhalt. Die Route,<br />
welche von einer größeren Gruppe gemeinsam<br />
zurückgelegt wird und nicht unbedingt<br />
Alltagswegen entspricht, wurde durch<br />
einen Kreis gelehrter Personen inspiriert,<br />
die sich vor langer Zeit im mitteldeutschen<br />
Raum zusammenschlossen: Es handelt<br />
sich um die Fruchtbringende Gesellschaft.<br />
Diese war „die“ deutsche Gesellschaft des<br />
17. Jahrhunderts, gegründet auf Initiative<br />
von Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen im<br />
Jahre 1617, fast zeitgleich mit dem Beginn<br />
des Dreißigjährigen Krieges. Ihre bis zum<br />
Tod des dritten und letzten Vorsitzenden<br />
im Jahre 1680 auf die Zahl von insgesamt 890<br />
angewachsenen Mitgliedern hingen meist dem<br />
protestantischen Bekenntnis an. Dem Stand<br />
nach waren es vor allem Adelige, unter ihnen<br />
bedeutende Fürsten, aber auch kleinerer<br />
Landadel, dazu fast alle deutschen Dichter<br />
des Barock.<br />
In der Idee der Fruchtbringenden Gesellschaft<br />
kann man einen Traum verwirklicht<br />
sehen: Ein Mensch wird seines Titels, seines<br />
Alltagsgeschäfts, seiner Lebensumstände entledigt<br />
– gleichzeitig erhält er einen Gesellschaftsnamen,<br />
welcher Wunsch, Ansporn<br />
und Inspiration zugleich ist. Fürst Ludwig<br />
von Anhalt-Köthen trug zum Beispiel den<br />
Namen „der Nährende“, der letzte Vorsitzende,<br />
August von Sachsen-Weißenfels, den<br />
Namen „der Wohlgeratene“. Jedem in einer<br />
feierlichen Zeremonie aufgenommenen Mitglied<br />
wurde zudem eine charakteristische<br />
Pflanze als Wappenzeichen verliehen. Diese<br />
Pflanze wiederum nahm ihren Platz im die<br />
Gesellschaft symbolisierenden „Garten der<br />
Palme“ ein, denn die Palme wurde als die<br />
Nützlichste aller Pflanzen angesehen. Der<br />
Einzelne wurde so zu einem Teil der Natur,<br />
zum Bestandteil eines – allerdings nur virtuellen<br />
– „Gartens“, der über einen entsprechenden<br />
Artenreichtum verfügte. Der Leitspruch<br />
der Gesellschaft, „Alles zu Nutzen“,<br />
bezog sich daher weniger auf Reformen, wie<br />
sie später im aufklärerischen Sinne verwirklicht<br />
wurden, sondern zielte auf das Streben<br />
nach sittlichen Werten und die Pflege und<br />
Belebung der deutschen Sprache.<br />
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