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Bertram Weisshaar: Was treibt dich an, dass du mit anderen Menschen<br />

gemeinsam spazieren gehst, in der Rolle einer Spaziergangsexpertin?<br />

Marie-Anne Lerjen: Über zehn Jahre habe ich im Bereich der<br />

Architekturvermittlung gearbeitet. An der Abteilung Architektur<br />

der ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule) habe ich<br />

Ausstellungen und Publikationen sprachlich begleitet. Ursprünglich<br />

habe ich Literatur studiert, mich also mit fiktionalen Texten<br />

beschäftigt. Bei der Architektur hat mich nun beeindruckt, welchen<br />

Einfluss das Gebaute auf unseren realen Lebensalltag hat.<br />

So fing ich an, mich intensiver mit der Vermittlung von gebauten<br />

und gelebten Räumen zu befassen. Von dieser Seite, aber auch<br />

von eigenen künstlerischen Projekten her bin ich auf das Gehen<br />

gekommen. Abseits von klassischen Führungen liegt im Spazieren<br />

noch ein großes Potenzial zur Raumerkundung. Deshalb habe ich<br />

mich auf den Weg zur Spaziergangsexpertin gemacht.<br />

BW: So kam es wohl auch, dass wir uns 2009 kennen lernten bei<br />

dem Seminar Geh doch – Spaziergang als künstlerische Praxis an<br />

der Bundesakademie in Wolfenbüttel (D).<br />

Konzeptspaziergänge<br />

Experimente zur Gehkultur in der Schweiz<br />

Marie-Anne Lerjen, Bertram Weisshaar<br />

Marie-Anne Lerjen lebt und geht in Zürich. Anfang des Jahres 2012 gründete<br />

sie die Agentur für Gehkultur. Mit Spaziergängen und Wanderungen in Zürich<br />

und der Schweiz macht sie vielfältige Räume erfahrbar. Bertram Weisshaar traf<br />

sich mit ihr in Schaffhausen zu einem Gespräch. Entlang des Rheins entwickelte<br />

sich ein Redefluss über Konzeptspaziergänge und Spaziergangskonzepte.<br />

MAL: Beim Lesen der Ausschreibung war sofort entschieden, dass<br />

ich dorthin musste. Das Seminar war dann auch ein Schlüsselerlebnis<br />

und hat mich sehr inspiriert. Für mich wurde weiter klar,<br />

dass das Spazieren genau die „Methode“ ist, mit der ich arbeiten<br />

möchte. Zurück in Zürich habe ich angefangen, mit ungewöhnlichen<br />

Spaziergängen zu experimentieren. Freunde und Bekannte<br />

durften dann als Testpersonen immer wieder ihre „Füße“ herhalten.<br />

BW: Wie muss man sich diese Experimente vorstellen?<br />

MAL: Ich überlege mir für jeden Spaziergang eine Anordnung oder<br />

einen Fokus. Meist spielt dabei der Kontext, für den ich den Spaziergang<br />

plane, eine Rolle. Man kann also von einer Art experimenteller<br />

Versuchsanordnung sprechen. Nur dass hier nicht eine<br />

Hypothese belegt werden soll, sondern ein Rahmen vorgegeben<br />

wird, der eine Erfahrung ermöglicht. Diese Erfahrung ist offen gehalten<br />

und von den einzelnen Personen abhängig, die mitgehen.<br />

Es geht also um einen anderen Blick oder auch einen fokussierten<br />

Zugang zum Stadtraum oder Landschaftsraum – je nach dem,<br />

wo das Experiment stattfindet. Ich nenne diese Art auch „Konzeptspazieren“.<br />

Zentrale Begriffe sind das Gehen, der Weg und<br />

der Ort. Der Ort, der erkundet wird, durch den Weg, auf dem man<br />

zu Fuß unterwegs ist.<br />

BW: Und wie sieht so ein Spaziergang mit dir ganz konkret aus? Du<br />

hattest einmal von einem „Schablonenspaziergang“ gesprochen.<br />

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