NATURFREUNDiN - NaturFreunde Deutschlands
NATURFREUNDiN - NaturFreunde Deutschlands
NATURFREUNDiN - NaturFreunde Deutschlands
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ERDERWÄRMUNG<br />
Klimawandel in den Chefetagen<br />
Finanzwirtschaft und Investoren wollen über Geschäftspolitik aufgeklärt werden<br />
b Klimawandel in der Deutschen Wirtschaft:<br />
Bei einem Drittel der 200 größten Konzerne<br />
spielt die Erderwärmung inzwischen im<br />
„Business“ eine Rolle. Das hat der Bundesverband<br />
Investment und Asset Management (BVI)<br />
herausgefunden, der die größten deutschen Börsenkonzerne<br />
unter die Lupe nahm – „Größe“ gemessen<br />
nach Marktkapitalisierung.<br />
„Carbon Disclosure Projekt“ nennt sich das<br />
Untersuchungsprojekt von 225 Finanz-Anlegern.<br />
„Für Investoren spielt in ihrer Finanzstrategie zunehmend<br />
der Klimaschutz eine Rolle“, begründet<br />
Frank Bock, Sprecher des BVI, das Engagement<br />
der Finanziers. Weltweit vereinen die am<br />
„Carbon Disclosure Project“ interessierten Investoren<br />
insgesamt über 24 Billionen Euro. Unter<br />
den weltweit 225 klimafreundlichen Investoren<br />
sind auch 32 Deutsche: Unternehmen wie<br />
DWS Investment, die Helaba Invest Kapitalgesellschaft,<br />
die Landesbank Baden-Württemberg<br />
oder die Deutsche Bank.<br />
Die Untersuchung des BVI lobt Firmen. BMW,<br />
Münchner Rück, BASF oder etwa Siemens ma-<br />
ARTENVERDRÄNGUNG<br />
Der Klimawandel in der Nordsee<br />
chen sich demnach die richtigen Gedanken. Und<br />
tadelt: Firmen wie Degussa, Karstadt-Quelle, Jenoptik,<br />
der Rüstungsbauer Rheinmetall oder<br />
der Axel Springer Verlag haben abgelehnt, sich<br />
mit dem Thema überhaupt zu befassen. Klimaschutz-Strategien<br />
scheinen auch bei Firmen wie<br />
Vattenfall, Heidelberger Zement oder dem Windanlagenbauer<br />
Repower Systems nicht vorhanden<br />
– sie verweigerten ihre Auskunft. Für die<br />
Mehrzahl der Unternehmen aus der Umfrage<br />
„sind Veränderungen der Energiekosten nur geringfügig<br />
ergebnisrelevant“, heißt es in der Auswertung.<br />
Klartext: Das Stöhnen über steigende<br />
Belastung durch die Klimaschutzpolitik einer Regierung<br />
– Stichwort EEG-Umlage, Zertifikate-Handel<br />
oder Abgabe für Kraft-Wärme-Kopplung – ist<br />
nichts als das Rasseln der Lobbyisten.<br />
„Der Klimawandel wird sich direkt und massiv<br />
auf die Weltwirtschaft, die Kapitalmärkte<br />
und das Vermögen der Aktionäre auswirken“,<br />
urteilt Joachim Faber, Vorstandsmitglied der Allianz.<br />
Mattias Kopp, Finanzreferent beim WWF<br />
Deutschland bewertet die Untersuchung der Ka-<br />
„Wir finden immer häufiger Fischarten aus den deutlich wärmeren Gewässern der Biscaya<br />
und des Mittelmeeres.“ Harald Asmus ist Meeresbiologe. Er forscht auf Sylt - einer Außenstelle<br />
des Bremerhavener Alfred-Wegener-Institutes für Meeresforschung. Als äußeres Zeichen des<br />
Klimawandels sieht Asmus einen langsamen Anstieg der Durchschnittstemperaturen des Nordsee-Wassers.<br />
Der bewegt sich zwar nur im Zehntelgradbereich und hat noch keine zwei Grad<br />
erreicht. Der Biologe: „Trotzdem reagieren die Lebewesen bereits auf die Veränderung.“ Zum<br />
Beispiel die Pazifische Auster. Die finden die Forscher jetzt immer häufiger in der Nordsee. Inzwischen<br />
fände die Auster hier so gute Bedingungen vor, dass sie die bislang dominierende<br />
Miesmuschel verdrängt. „Bestimmte Fischarten wie Plattfische oder Kabeljau wandern in tiefere<br />
und kältere Gewässer“, hat Asmus beobachtet. Im Gegenzug wandern immer mehr Fische<br />
aus südlichen und wärmeren Gewässern in die Nordsee ein. „Wir haben sogar schon Sardellen<br />
hier entdeckt“, sagte Asmus. „Seit 18 Jahren wird das Wasser kontinuierlich wärmer. Das<br />
ist die längste Warmperiode seit Beginn der Aufzeichnungen vor 130 Jahren.“ Dramatisch findet<br />
Asmus das Tempo, in dem sich die Veränderung vollzieht. „Die Arten haben keine Chance,<br />
sich anzupassen, sondern können nur ausweichen.“ Mittelfristig sei deswegen das Aussterben<br />
einzelner Arten nicht auszuschließen. c [NR]<br />
Weitere Informationen: www.awi-bremerhaven.de<br />
THEMA<br />
pitalisten so: „Die Investoren haben erkannt,<br />
dass der Klimawandel fundamentale Risiken für<br />
zukünftigen Geschäftserfolge birgt.“ Bislang werden<br />
einer groben Schätzung zufolge weniger als<br />
0,1 Prozent der Kapitalanlagen klimafreundlich<br />
verwaltet.<br />
Deshalb ist die andere Aussage des „Carbon<br />
Disclosure Projektes“ aus Sicht der Finanzwelt<br />
auch verheerend: Zwei Drittel der größten deutschen<br />
Konzerne machen sich über Klimawandel<br />
keine Gedanken. 80 Prozent der globalen Emissionen<br />
werden von drei Sektoren verursacht:<br />
Energieerzeugung, Öl und Gas, und Metall- und<br />
Stahlverarbeitung plus Bergbau.<br />
I „Chefetage“ der Münchner Rück: Hier warnt<br />
man seit Jahren vor den Klimafolgen<br />
In anderen Ländern ist das Bewusstsein größer.<br />
So antworteten in Frankreich 45 Prozent der<br />
Unternehmen, in Brasilien mehr als die Hälfte,<br />
in Japan sogar zwei Drittel. Bock: „Das größte<br />
Engagement ist in Großbritannien zu verzeichnen:<br />
83 Prozent der größten Unternehmen antworteten.“<br />
Insgesamt, so Bock, sei das Bewusstsein<br />
für den Klimawandel auf der Insel am größten.<br />
„Augenscheinlich eine Mentalitätsfrage:<br />
Sogar die Boulevardzeitungen sind bei diesem<br />
Thema progressiv.“c NICK REIMER<br />
LÖSUNGSUCHE<br />
Welt-Klimakonferenz<br />
Welt-Klimakonferenz vom 6. bis zum 17.<br />
November in Nairobi: Der Chef des UN-Klimasekretariats<br />
in Bonn, Yvo de Boer, hat<br />
eine globale Allianz gegen die Erderwärmung<br />
gefordert. Die Welt brauche dringend<br />
einen langfristigen Rahmenvertrag zur Sicherung<br />
des CO 2-Marktes und der Klimainvestitionen<br />
in den Ländern des Südens:<br />
„Zurzeit reichen die finanziellen Ressourcen,<br />
die den Entwicklungsländern zur Verfügung<br />
gestellt werden, nicht.“ Nennenswerte<br />
Fortschritte erzielte allerdings auch<br />
die diesjährige Welt-Klimakonferenz nicht.<br />
4-2006 <strong>NATURFREUNDiN</strong> SEITE 15