NATURFREUNDiN - NaturFreunde Deutschlands
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TITEL<br />
VERKANNT<br />
Der Otter<br />
Ein „akzeptierter“ Rückkehrer<br />
bDie Geschichte von Mensch und Fischotter<br />
ist eine Geschichte voller Missverständnisse.<br />
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert intensivierte<br />
sich die Jagd auf den fischfressenden Marder, zumal<br />
sein Fell von Kürschnern gerne zu Mützen,<br />
Kragen und Mänteln verarbeitet wurde. Fischotter<br />
fressen zwar hauptsächlich Fisch, aber sie<br />
bevorzugen bei ausreichendem Nahrungsangebot<br />
nicht etwa große Karpfen, sondern eher<br />
handlichere Happen – also Fische zwischen zehn<br />
und zwanzig Zentimetern. Das sind zum Beispiel<br />
Barsche und andere wirtschaftlich kaum genutzte<br />
Fischarten. Karpfenteiche werden zu Otters<br />
Lieblingsrevier, wenn die umgebende Landschaft<br />
ausgeräumt und nahrungsarm ist; auch<br />
harte Winter spielen eine Rolle, wie unter anderem<br />
Nahrungsuntersuchungen im Rahmen des<br />
Artenschutzprogrammes Fischotter in Sachsen<br />
zeigten. Wenn sich zusätzlich noch die Absatzsituation<br />
für einheimischen Fisch verschlechtert,<br />
kann es für den Fischer knapp werden. Aber ist<br />
daran der Fischotter schuld?<br />
Sicher hat die Fischotterpopulation in der<br />
Oberlausitzer Teichlandschaft zugenommen.<br />
Trotzdem ist der Bestand keineswegs gesichert,<br />
wie Modellierungen des Helmholtz-Zentrums für<br />
Umweltforschung gezeigt haben: Verluste durch<br />
Überfahren und Lebensraumverlust steigen. Der<br />
Zenit der Populationsentwicklung scheint deshalb<br />
bereits überschritten und in etwa einhundert<br />
Jahren könnte diese Entwicklung zu einem<br />
unvermuteten Kollaps der Fischotterpopulation<br />
in Sachsen führen.<br />
Im Gegensatz zu den Vergleichsregionen<br />
Tschechien und Österreich ist das Verhältnis der<br />
sächsischen Teichwirte zu den Fischottern relativ<br />
entspannt. Dafür hat der Freistaat mit einer<br />
Vielzahl von Maßnahmen gesorgt, zum Beispiel<br />
durch technische Abwehrmaßnahmen wie Otterzäune<br />
und EU-kofinanzierte Ausgleichszahlungen<br />
für Teichwirte. Die gibt es für naturschutzverträgliches<br />
Wirtschaften oder den Besatz der Teiche<br />
mit zusätzlichen Karpfen, die dann dem Otter<br />
als Nahrung dienen können. So wird der aktive<br />
Beitrag des Teichwirtes zum Naturschutz gesellschaftlich<br />
honoriert.c [NR]<br />
GEFÄHRLICH<br />
Der Wolf<br />
Der „gemanagte“ Rückkehrer<br />
bDer Wolf war bis zur Entwicklung von Land-<br />
und Herdenwirtschaft das am weitesten verbreitete<br />
Raubtier der Erde. Er war in ganz Europa,<br />
Asien, Nordafrika und in Nordamerika beheimatet.<br />
In weiten Teilen dieses einst riesigen Verbreitungsgebietes<br />
wurde der Wolf ausgerottet. In Osteuropa,<br />
auf dem Balkan, in Kanada, Sibirien, ist<br />
der Wolf heute nur in isolierten Beständen (manche<br />
umfassen weniger als 100 Tiere) anzutreffen.<br />
Neuerdings auch wieder in Deutschland: Auf<br />
einem Truppenübungsplatz in Sachsen haben<br />
aus Polen eingewanderte Wölfe erstmals seit der<br />
Ausrottung Nachwuchs aufgezogen. Das ist eine<br />
Sensation, die über die Fachwelt hinaus Beachtung<br />
gefunden hat. Heute leben etwa 20 Tiere in<br />
der Lausitz.<br />
„Bei ihrem Wiedereinwandern in eine Kulturlandschaft<br />
ist besonderes Management unumgänglich“,<br />
sagt Jens-Uwe Schade, Sprecher des<br />
Brandenburger Umweltministeriums. Deshalb<br />
müssen sich dort alle Forstverwaltungen weiterbilden:<br />
Wie erkennt man Spuren eines Wolfs?<br />
Wie wirkt sich die Anwesenheit von Wölfen auf<br />
das Wild aus? Zum Seminar gehört auch ein praktischer<br />
Teil: die Exkursion ins Wolfsrevier. c<br />
I Ein fischfressender Wasservogel ohne<br />
wasserfestes Gefieder: der Kormoran<br />
HUNGRIG<br />
Der Kormoran<br />
Der „problematische“ Rückkehrer<br />
bWeil Kormorane als Fischfresser Konkurrenten<br />
für die Fischer waren, wurden sie über lange<br />
Zeit stark verfolgt. In Deutschland gelten sie in<br />
den 80er Jahren als nahezu ausgerottet. Aus wenigen<br />
Kolonien in anderen Ländern sind die Kormorane<br />
– nicht zuletzt auch durch die Umwelt- und<br />
Naturschutzpolitik – wieder zurück in Deutschland.<br />
In Deutschland gibt es rund 9.500 Brutpaare. Allein<br />
7.000 nisten an den Gewässern Mecklenburg-<br />
Vorpommerns und an der Ost- und Nordseeküste.<br />
Damit kehrte auch der alte Konflikt zurück:<br />
„Fischgangster“ und „Unterwasserterrorist“ betiteln<br />
manche Binnenfischer die Kormorane. Die<br />
Fischereiwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern<br />
meldete, dass im vergangenen Jahr Kormorane<br />
fast 5.000 Tonnen Fisch gefressen hätten, 6.000<br />
Tonnen wurden in Brandenburg geschätzt. Im<br />
Sommer 2005 wurden in einem Naturschutzgebiet<br />
in Mecklenburg-Vorpommern mit Billigung<br />
des dortigen Umweltministeriums 6.000 Kormorane<br />
geschossen. Dabei wurde nach Augenzeugenberichten<br />
im Anklamer Stadtbruch auf Jungvögel<br />
gezielt. Teilweise sollen aber auch Altvögel<br />
getötet worden sein; qualvolles Verhungern der<br />
Brut war die Folge.c [NR]<br />
I Sanfter Tourismus im rumänischen Donaudelta<br />
ist zum Erhalt der Artenvielfalt besonders wichtig<br />
SEITE 6 <strong>NATURFREUNDiN</strong> 4-2006