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NATURFREUNDiN - NaturFreunde Deutschlands

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Am Ende steht wieder die Erkenntnis, dass die Entwicklung des Menschen<br />

auf Kosten des Lebensraums großer Wildtiere stattfindet – etwa in Afrika,<br />

aber eben auch hier bei uns. SALZBURGER NACHRICHTEN ZUM ABSCHUSS VON BÄR BRUNO<br />

I Eine Wasserschlange auf Beutezug im rumänischen Donaudelta<br />

MENSCH GEGEN TIER<br />

Bruno und die Rote Liste<br />

Nach gnadenlosen Feldzügen gegen Luchs, Wolf, Biber und Co. gibt es Hoffnung<br />

bBrennende Wälder, ungehemmte Holzfällerei,<br />

ausgedehnte Jagden – was vielerorts in den<br />

tropischen Regionen derzeit passiert, haben wir<br />

in Mitteleuropa längst hinter uns. Der letzte Bär<br />

in Preußen wurde 1741 geschossen, in Schlesien<br />

immerhin überlebte „Meister Petz“ bis 1770. Der<br />

letzte Elch wurde 1746 im Spreewald erlegt, 1844<br />

der letzte Wolf zur Strecke gebracht.<br />

I Ein Heupferdchen an einer Knospe<br />

Konflikte zwischen wildlebenden Arten und<br />

menschlicher Ressourcennutzung hat es schon<br />

immer gegeben. Große Raubtiere wie Braunbären<br />

oder Wölfe waren natürlich stets eine Gefahr<br />

für die Viehherden. Deshalb wurden sie von<br />

unseren Vorfahren erbarmungslos bekämpft. Es<br />

gab gewaltige Ausrottungsfeldzüge: Der preußische<br />

Jagdbericht für das Jahr 1700 listet 147 erlegte<br />

Bären auf. Was Fischotter, Wolf, Luchs und<br />

Robben in Europa waren, sind Elefanten in Afrika<br />

und Indien oder Schneeleoparden im Himalaja:<br />

Nahrungskonkurrenten des Menschen.<br />

Dazu kamen seit Anfang des letzten Jahrhunderts<br />

gigantische, menschgemachte Umweltsünden:<br />

Saurer Regen machte die Wälder krank, die<br />

Flüsse verdreckten, die Chemie hielt Einzug in<br />

der Landwirtschaft. Das blieb nicht ohne Folgen<br />

für die Biodiversität in Deutschland. Vom Stör<br />

bis zur Moorente, vom Biber bis zur Kegelrobbe:<br />

12 Säugetier-, 16 Brutvogel-, 34 Schmetterling-,<br />

29 Bienen- und 20 Webspinnenspezies gelten<br />

als „ausgestorben oder verschollen“, hunderte<br />

als bedroht. Die Rote Liste gefährdeter Tiere<br />

<strong>Deutschlands</strong> legt davon Zeugnis ab.<br />

Das 20. Jahrhundert verwandelte die größten<br />

Teile <strong>Deutschlands</strong> in eine artenarme Agrarsteppe.<br />

Straßen und wuchernde Siedlungsgebiete<br />

zerschnitten das Land in Parzellen, für viele Arten<br />

zu klein zum Überleben. Zwar verschwinden<br />

zurzeit nur noch wenige Arten – wer bis heute<br />

überdauert hat, hat sich mit den Bedingungen<br />

arrangiert oder kommt mit wenig Platz aus.<br />

Doch für Entwarnung besteht kein Anlass: In der<br />

Fläche ist die Artenvielfalt auf ein Minimum ge-<br />

4-2006 <strong>NATURFREUNDiN</strong> SEITE 5<br />

TITEL<br />

schrumpft – und die Bestände vieler Vogelarten,<br />

vor allem der Watt- und Wiesenvögel, sinken<br />

weiter dramatisch.<br />

Allerdings gibt es auch Erfolge: Dank des<br />

deutschen Umweltbewusstseins gab sich die<br />

Bundesrepublik Deutschland in den 80er Jahren<br />

Gesetze, die damals als vorbildlich galten.<br />

Ab 1990 galten die auch für den anderen Teil<br />

<strong>Deutschlands</strong>, der zudem eine gigantische De-<br />

Industrialisierung erleben musste. Das hat dazu<br />

geführt, dass seltene oder lokal ausgerottete<br />

Tierarten wieder zurückkehren, im Bestand zunehmen<br />

oder gar neue Lebensräume erobern.<br />

Damit leben jedoch alte Konflikte zwischen<br />

Mensch und Tier wieder auf. Bauer Gerd Blume<br />

aus dem ostbrandenburgischen Neubrück flucht<br />

auf die Biber an der Spree: „Jedes Mal, wenn ich<br />

aufs Feld fahren will, muss ich zuerst die umgenagten<br />

Bäume vom Weg räumen.“ In Mecklenburg-Vorpommern<br />

ziehen Fischer heimlich<br />

los, um Kormoran-Gelege zu zerstören. „Was soll<br />

ich denn machen, die fressen mir die ganzen<br />

Fanggebiete leer“, sagt ein Fischer, der heute für<br />

dieselbe Fangquote doppelt so lange arbeiten<br />

muss, wie noch vor 10 Jahren. Und für Bruno,<br />

den Bär blieb in Bayern nur der Todesschuss.<br />

Zwar sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke: „Mit<br />

seinem Abschuss ist den Arten- und Wildtierschutzbemühungen<br />

in Deutschland im wahrsten<br />

Sinne des Wortes ein Bärendienst erwiesen worden.“<br />

Die Anwohner aber waren erleichtert. Etliche<br />

tote Schafe, gerissene Hühner und mehrere<br />

zerstörte Bienenstöcke hat Problembär Bruno<br />

auf dem Gewissen. Naturschutzforscher Robert<br />

Klenke: „Da spielte eine psychologische Dimension<br />

eine Rolle. Der Bär macht den Menschen<br />

Angst.“ c NICK REIMER

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