GEW-ZEiTUnG Rheinland-Pfalz
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Berufliche Bildung<br />
Umsetzung prozessorientierter Lehrpläne in Lernsituationen<br />
und Lernaufgaben in der Berufsschule<br />
Umsetzungsstrategien und Umsetzungsbeispiele in der Berufsschule<br />
waren Inhalt der Präsentation von Markus Henrich, BBS<br />
Montabaur. Lernfeld- und prozessorientierte Lehrpläne zeichnen<br />
sich als offene Curricula dadurch aus, dass ein Teil der Curriculumarbeit<br />
auf die Ebene der Schule verlagert wird. Ausgehend von<br />
einer Klärung des berufspädagogischen Kompetenzbegriffs zeigte<br />
der Referent in 12 Schritten auf, wie Bildungsgangteams mit ihrer<br />
fachwissenschaftlichen und didaktischen Kompetenz und ihrer<br />
Kenntnis der beruflichen Praxis aus Lernfeldern Lernsituationen<br />
generieren können:<br />
• Eingehendes Studium der Zielbeschreibung des betreffenden<br />
Lernfeldes aus dem Rahmenlehrplan und Klärung von Begriffen<br />
• Was ist bezüglich der Zielformulierung gelebte Berufspraxis?<br />
• Vorstellungen von beruflichen Handlungen und fachwissenschaftlichen<br />
Inhalten entwickeln<br />
• Strukturierung der gefundenen beruflichen Handlungen und der<br />
fachwissenschaftlichen Inhalte<br />
• Verständigung über die angestrebte Kompetenzentwicklung der<br />
beruflichen Handlungskompetenz unter Berücksichtigung der<br />
didaktischen Analyse<br />
• Formulieren von Lernsituationen<br />
• Zeitliche und inhaltliche Anordnung der Lernsituationen auf<br />
einem Zeitstrahl<br />
• Abgleich der Lernsituationen mit den Zielen und Inhalten des<br />
Rahmenlehrplans<br />
• Zuordnung von Zeitwerten zu den einzelnen Lernsituationen<br />
• Ermittlung der für die Lernsituation relevanten Vorkenntnisse<br />
der Schüler<br />
• Entfalten der Lernsituation, Ordnen der beruflichen Handlungen<br />
und der fachwissenschaftlichen Inhalte<br />
• Vollständige Handlung beschreiben<br />
Die theoretischen Ausführungen wurden anhand von Beispielen<br />
für Jahresarbeitspläne, Prozess-Modellierung, Lernsituationen und<br />
Modellunternehmen konkretisiert.<br />
Diskussionen lösten insbesondere die Flexibilisierung der LehrerInnenarbeitszeit<br />
durch die Zuordnung von Zeitwerten zu den<br />
einzelnen Lernsituationen, der Einsatz von Software zur Prozessmodellierung,<br />
das Verhältnis einer vorgelagerten fachspezifischen<br />
„Grundbildung“ (z.B. in Buchführung oder Datenverarbeitung)<br />
zur prozessorientierten Fächerintegration sowie die mangelnde<br />
Inhaltsorientierung lernfeldorientierter Lehrpläne aus.<br />
Unterstützungsbedarf der Lehrkräfte, Bildungsgangteams<br />
und Schulen<br />
Zum Abschluss der Veranstaltung stellten die TeilnehmerInnen<br />
einen Forderungskatalog auf, der sich an das Ministerium, das<br />
Pädagogische Landesinstitut und die Schulträger richtet:<br />
Fortbildungsbedarf sahen die TeilnehmerInnen bezüglich der Umsetzung<br />
der Lernfelder in Lernsituationen und Lernaufgaben, der<br />
konkreten unterrichtlichen Umsetzung der Prozessorientierung und<br />
dem Einsatz von ERP-Software. Vor allem jüngere Lehrkräfte mit<br />
wenig Unterrichtserfahrung verlangten konkretere Formulierungen<br />
der Kompetenzen und Inhalte bzw. Handreichungen für die<br />
lernfeldorientierten Lehrpläne. Die in Fortbildungsveranstaltungen<br />
und an den Schulen entwickelten Jahresarbeitspläne, Lernsituationen<br />
und Lernaufgaben sollten in einer PL-Datenbank allen<br />
Fotos: Bert Butzke<br />
BBS-Lehrkräften zugänglich gemacht werden. Gefordert wurden<br />
außerdem Betriebspraktika für Lehrkräfte und duale Fortbildungen<br />
gemeinsam mit Ausbildungsbetrieben. Als besonders dringlich<br />
wurde die Qualifizierung der Lehrkräfte zur Förderung der Lesekompetenz<br />
der SchülerInnen als unverzichtbare Voraussetzung zur<br />
Erreichung des Ausbildungsabschlusses in diesem anspruchsvollen<br />
Ausbildungsberuf angesehen wurde.<br />
Hinsichtlich der Ausstattung ist ebenfalls ein Umdenken erforderlich:<br />
Statt der noch immer vorherrschenden PC- Fachräume, in denen<br />
Auszubildende in Informations- und Textverarbeitung trainiert<br />
werden, müssen die Schulen umstellen auf Multimedia-Räume,<br />
in denen IT-gestützte, prozessorientierte Betriebswirtschaftslehre<br />
unterrichtet werden kann. Dazu gehören eine bessere PC-Ausstattung<br />
oder - übergangsweise - Notebook-Sets. Hinsichtlich der<br />
Software-Ausstattung besteht vor allem Bedarf an Datenkränzen<br />
von Unternehmen.<br />
Eine Umsetzung der neuen Lehrpläne erfordert aus der Sicht der<br />
TeilnehmerInnen auch Veränderungen in der Schulorganisation:<br />
Eine bessere, externe Netz- und PC-Wartung soll die Lehrkräfte<br />
entlasten. Eine stärkere individuelle Förderung der SchülerInnen<br />
soll durch mehr Teilungsmöglichkeiten und Förderunterricht gewährleistet<br />
werden. Basic-Lernfelder und Einstiegsmodule sollen<br />
sicherstellen, dass grundlegende Kompetenzen vor dem Einstieg in<br />
fächerübergreifende Lernaufgaben gesichert sind. Anrechnungsstunden<br />
und die Einplanung von Team-Time sowie flexible Stundenpläne<br />
sollen Bildungsgangteams in die Lage versetzen, gemeinsam die<br />
Umsetzung der Lernfelder in Lernsituationen und Lernaufgaben zu<br />
bewältigen. Vor allem brauchen die Schulen ausreichend Vorlauf,<br />
um die Qualifikation der Lehrkräfte zu sichern und die Erstellung<br />
der Jahresarbeitspläne zu gewährleisten.<br />
Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausbildung in diesem anspruchsvollen<br />
neuen Büroberuf ist aus der Sicht der in den Bürofachklassen<br />
unterrichtenden Lehrkräfte eine bessere Grundbildung<br />
der SchülerInnen in der Sekundarstufe I.<br />
Annelie Strack<br />
Vorstandsbereich Berufliche Bildung und Weiterbildung<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 4 / 2012<br />
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