6.ZT_Dezember_2012.pdf
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Jochen-Peter Breuer<br />
Jochen Peter Breuer gründete das Beratungsunternehmen JPB Consulting in Paris<br />
und ist Geschäftsführer von human esteem to business enhancement (he2be)<br />
in Lausanne. Co-Autor Pierre Frot studierte Informatik und arbeitet als Unternehmensberater<br />
und Coach und repräsentiert he2be in München.<br />
Organisation.<br />
Und wie lautet die Faustregel<br />
Nummer 2?<br />
Für die Nichtakzeptanz ihrer Wahrnehmungen<br />
revanchieren sich die<br />
Mitarbeiter mit einer Nichtakzeptanz<br />
der Vorgaben des Managements.<br />
Das ist also ein Null-Summen-Spiel,<br />
bei dem es nur Verlierer<br />
gibt. Unsere Erfahrung zeigt, dass<br />
Veränderungsprozesse jeder Art<br />
überproportional beschleunigt werden<br />
können, wenn das „warum“<br />
dieser Wahrnehmungen hinterfragt<br />
und behandelt wird.<br />
Wie soll das denn gehen? Ein Unternehmer<br />
kann doch nicht jeden<br />
einzelnen ständig nach seinem<br />
Wohlbefinden fragen…<br />
Es geht nicht um Wohlbefinden,<br />
sondern um emotionale Effizienz.<br />
Wie gesagt, die Energie der kollektiven<br />
Emotionen innerhalb einer<br />
Organisation kann diese vernichten<br />
oder aufblühen lassen. Haben die<br />
Mitarbeiter Angst, so gehen sie in<br />
die Selbstschutz-Intelligenz, sie<br />
denken nur an ihre eigenen Interessen.<br />
In solchen Situationen appellieren<br />
Manager an die Vernunft<br />
oder drohen. In der Folge müssen<br />
Sie immer mehr kontrollieren, um<br />
Minimalziele zu erreichen. Wenn<br />
man jedoch den Mitarbeitern die<br />
Gelegenheit gibt, ihre Wahrnehmungen<br />
auszudrücken, so geschieht<br />
Erstaunliches…<br />
Inwiefern?<br />
Wenn wir eine Bestandsaufnahme<br />
der Wahrnehmungen durchführen,<br />
so hat das bereits eine erste heilende<br />
Wirkung. Wir schaffen einen<br />
Raum, in dem Tabus, Hoffnungen<br />
und Ängste sowie auch Aggressionen<br />
ausgedrückt werden können.<br />
Im Buch beschreiben wir ausführlich,<br />
wie wir das machen. Hier sei<br />
nur gesagt, dass wir einen ausgewählten<br />
Personenkreis, egal ob<br />
Vorstände, mittleres Management,<br />
Ingenieure oder Sachbearbeiter<br />
in nur zwei Stunden dazu bringen<br />
können, in dieser Runde Themen<br />
anzusprechen und zu strukturieren,<br />
über die sie sonst nur hinter vorgehaltener<br />
Hand an der Kaffeemaschine<br />
reden.<br />
Ist das nicht gefährlich? Öffnen<br />
Sie damit nicht die Büchse der<br />
Pandora?<br />
Klar, das ist die große Angst, die<br />
in jedem Unternehmen herrscht.<br />
Denn mit diesem Vorgehen bringt<br />
man ja sozusagen die Weicheier an<br />
die Macht. Die absolute Horrorvorstellung<br />
für die Hardliner. Deren<br />
Problem ist aber hauptsächlich die<br />
fehlende Kompetenz im Umgang<br />
mit Emotionen. Sie wissen zum<br />
Beispiel nicht, dass man negativen<br />
Emotionen die Zerstörungskraft<br />
nimmt, sobald sie in einem wertschätzenden<br />
Raum ausgedrückt<br />
werden können. Sie können mir<br />
glauben, ich habe in 35 Jahren im<br />
internationalen Business eine große<br />
Anzahl heikler Situationen erlebt<br />
und auch im Buch beschrieben. Es<br />
funktioniert sogar mit, und darauf<br />
sind wir besonders stolz, französischen<br />
Gewerkschaften. Es hat eben<br />
etwas unglaublich Befreiendes,<br />
wenn die Mitarbeiter sagen können,<br />
was sie fühlen, ohne dafür manipuliert<br />
oder abgestraft zu werden. Die<br />
emotionalen Viren werden damit<br />
sozusagen in Quarantäne gebracht.<br />
Wie überzeugen Sie denn die<br />
Hardliner? Die werden doch<br />
nicht gerade Hurra schreien,<br />
wenn Sie mit Ihrem Team auftauchen…<br />
Ganz einfach durch Pragmatismus.<br />
Auch die Hardliner wissen, dass<br />
die Produktivitätsverbesserungen<br />
durch Prozessoptimierung weitgehend<br />
ausgereizt sind. Durch Benchmarking<br />
funktionieren heute alle<br />
Konkurrenten gleich. Es ist wie im<br />
Spitzensport. Die oben ankommen<br />
haben alle Talent, trainieren intensiv,<br />
ernähren sich unter Anleitung<br />
von Spezialisten usw. Letztlich entscheidend<br />
für beständige Topleistungen<br />
ist die mentale Stärke. Sie<br />
finden heute keinen einzigen Sportteil<br />
in den Zeitungen, indem nicht<br />
Zukunft-Training 12/2011 33