Der Partizipationsmythos - Otto Brenner Shop
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DIE ROLLE SOZIALER MEDIEN IN DEUTSCHLANDS VERBÄNDEN<br />
3. Die Rolle sozialer Medien in Deutschlands Verbänden<br />
3.1. Soziale Medien zwischen<br />
Massenmedialisierung<br />
und sozialer Medialisierung?<br />
Was ist soziale Medialisierung?<br />
Für seine Politik brauche er nur Bild, BamS und<br />
Glotze. Spätestens mit diesem Satz des ehemaligen<br />
Bundeskanzlers Gerhard Schröder ist die<br />
wissenschaftliche Medialisierungsdebatte zur<br />
politischen Kommunikation eingezogen in die<br />
Publikumsmedien. So berichtet der Journalismus<br />
seit Jahren vielfach über die empirisch abgesicherte<br />
Entwicklung, dass sich Politiker zunehmend<br />
an Medien orientieren und sie zu beeinflussen<br />
versuchen. Mit anderen Worten: Die<br />
Medien berichten nicht nur über die Politik, in<br />
Deutschland berichten oder vielmehr spekulieren<br />
sie gerne auch darüber, wie die Politik sich<br />
in ihrem Handeln an den Medien orientiere.<br />
Aber beginnen wir am Anfang: Unter Mediatisierung<br />
bzw. Medialisierung im Bereich der<br />
politischen Kommunikation soll mit Sarcinelli<br />
(vgl. 1998: 678 f.) die wachsende Verschmelzung<br />
von Medienwirklichkeit und politischer<br />
wie sozialer Wirklichkeit, die zunehmende<br />
Wahrnehmung von Politik über Medien sowie<br />
die Ausrichtung politischen Handelns und Verhaltens<br />
an den Gesetzmäßigkeiten des Mediensystems<br />
verstanden werden. Zentraler Bezugspunkt<br />
dieser Veränderungen ist die Entwicklung<br />
hin zur Mediengesellschaft, die zu<br />
Medialisierungsprozessen in fast allen gesellschaftlichen<br />
Bereichen geführt hat. Die Medialisierung<br />
politischer Kommunikation wird in<br />
der Forschung heute kaum mehr ernsthaft hinterfragt<br />
(z. B. Steiner/Jarren 2009: 255) und gilt<br />
nach zahlreichen Untersuchungen für unterschiedliche<br />
intermediäre Organisationen wie<br />
Parteien (z. B. Donges 2008), Verbände (z. B.<br />
Hackenbroch 1998a) und Interessengruppen<br />
(z. B. Baringhorst 1998) als empirisch bestätigt.<br />
Wenn wir bislang von Medien sprachen, so<br />
meinten wir die klassischen Massenmedien:<br />
die Tagesschau, den Spiegel, die Bild-Zeitung,<br />
den Deutschlandfunk, aber auch deren Online-<br />
Versionen, etwa spiegel.de oder sueddeutsche.de.<br />
Und genauso verwendet der Medialisierungsdiskurs<br />
im Kontext der politischen<br />
Kommunikation zwar den allgemeinen Medienbegriff,<br />
das Interesse gilt in der Regel aber ausschließlich<br />
den Massenmedien (vgl. z. B. Mazzoleni/Schulz<br />
1999: 247; Kepplinger 2002:<br />
972). Statt Medialisierung müsste dieser Prozess<br />
also richtigerweise Massenmedialisierung<br />
genannt werden. Und noch weiterführend:<br />
Da in der Regel die Relevanz der journalistischen<br />
Berichterstattung für die Politik und ihre<br />
Auswirkungen auf die Politik thematisiert werden,<br />
müsste es eigentlich – sprachlich unzumutbar<br />
– „Journalismusisierung“ heißen.<br />
Eine solche Verengung im Medialisierungsdiskurs<br />
im Rahmen der politischen Kommunikation<br />
mag so lange verständlich gewesen<br />
sein, wie die Massenmedien das (einzige?) prägende<br />
Medium politischer Kommunikation waren.<br />
Spätestens durch die vielfältigen Anwendungen<br />
der Online-Kommunikation wird aber<br />
deutlich, dass es neben den klassischen Massenmedien<br />
weitere Medien gibt, die relevant<br />
für politische Organisationen sind. Da sich<br />
auch im Internet noch massenmediale Formen<br />
Traditionelle<br />
Massenmedialisierung<br />
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