Der Partizipationsmythos - Otto Brenner Shop
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DER PARTIZIPATIONSMYTHOS<br />
7.2. Offene Fragen<br />
Was folgt aus dieser Studie für die Planung der<br />
Verbandskommunikation? Wir wollen keine<br />
eindimensionalen Empfehlungen geben, sondern<br />
laden Praktiker aus der Verbandskommunikation<br />
mit den folgenden Fragen zur selbstkritischen<br />
Reflexion ein. Zugleich zeigen diese<br />
Fragen künftigen Forschungsbedarf auf.<br />
Neue Verbandskultur statt One-Voice-Policy?<br />
Eine Vertrauenskultur mit dezentralen Entscheidungsbefugnissen<br />
aller Mitarbeiter bzw.<br />
Mitglieder kann Zielgruppen erfolgreicher ansprechen<br />
und diese für die Verbandszwecke<br />
motivieren. Eine Fokussierung der internen<br />
Kommunikation mit Mitarbeitern, Freiwilligen<br />
und Mitgliedern auf Eigenverantwortung und<br />
Kollaboration kann den Zusammenhalt stärken,<br />
was Ressourcen freisetzt, die für fortlaufende<br />
Kontrolle verwendet wurden. Diesen<br />
Chancen steht das Risiko gegenüber, dass die<br />
Interessenselektion in solchen Verbänden<br />
künftig länger dauert und schwieriger wird.<br />
Hier wird einmal mehr der Konflikt zwischen<br />
Mitgliedschafts- und Einflusslogik deutlich<br />
(Schmitter/Streeck 1981): Je mehr sich Verbände<br />
für Mitgliederinteressen öffnen, desto<br />
schwieriger wird es tendenziell, Verbandsinteressen<br />
gegenüber der Politik durchzusetzen.<br />
Mehr Diskussion wagen?<br />
Wie lebendig es in einem Verband zugeht, zeigt<br />
die Kommunikation sowohl mit Unterstützern<br />
als auch mit (potenziellen) Kritikern. Werden<br />
Diskussionen an den Verband herangetragen,<br />
so sollte dieser ermöglichend, moderierend<br />
oder mit Mehrwert informierend reagieren.<br />
Gleichzeitig kann es auch vielversprechend<br />
sein, in sozialen Medien selbst Themen aktiv<br />
einzubringen und Diskussionen anzuregen.<br />
Wie bei E-Mail-Listen und Datenbanken sinkt<br />
der Wert dieser Beziehungsdaten, je weniger<br />
diese im Zeitverlauf aktiv bedient und zu „Dateileichen“<br />
werden. Es bedarf eines detaillierten<br />
Wissens über die Community, welche sich<br />
um die Verbandsangebote in sozialen Medien<br />
versammelt. Aber auch hier „lauern“ erneut<br />
die Risiken des Konflikts zwischen Mitgliedschafts-<br />
und Einflusslogik.<br />
Die richtigen Kennzahlen?<br />
Was macht den Erfolg aus? Die Anzahl der<br />
Freunde oder eine intensiv geführte Diskussion<br />
bei Facebook? <strong>Der</strong> Wert eines Social-Media-<br />
Nutzers liegt in der Ausgestaltung seiner Beziehung<br />
mit dem Verband im Zeitverlauf, nicht<br />
in der Transaktion, wie z. B. dem einmaligen<br />
„Liken“ einer Facebook-Fanpage. Eine kleine<br />
aktive Community, welche Verbandsaktivitäten<br />
selbst filmt, hochlädt, kommentiert, teilt und<br />
Feedback gibt, ist mehr wert als jeder zählbare<br />
„Tausenderkontaktpreis“. <strong>Der</strong> Bezifferung von<br />
immateriellen Werten wie dem Return on Investment<br />
von sozialen Medien kann sich<br />
schrittweise genähert werden, z. B. mit Aktivitätsgrad,<br />
internem wie externem Wissenszuwachs,<br />
Entlastung vormaliger Informationsstellen,<br />
Meinungsänderung oder Empfehlungsrate.<br />
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