und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht
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Traugott Holtz, Die Offenbarung des Johannes<br />
2 Einleitung<br />
Evangelien in der „synoptischen Apokalypse“ Mk 13 par., bei Paulus<br />
1. Thess 4, 15–17. Andererseits enthalten alle überkommenen Schriften,<br />
die der Gattung „Apokalypse“ zugerechnet werden <strong>und</strong> von denen her sie<br />
definiert wird, wesentliche Partien, die ganz anderen Charakters sind, im<br />
1Hen etwa das „astronomische“ Buch (Kap. 72–82), in Dan die ersten<br />
sechs Kapitel mit der Daniel-Erzählung, in Offb die sieben Sendschreiben<br />
(Kap. 2 f.). Die Offb ordnet sich überdies als Ganze klar <strong>und</strong> betont einer<br />
ganz anderen Gattung zu, nämlich der durch Paulus „autorisierten“ Form<br />
des Gemeindebriefes.<br />
Dieser Bef<strong>und</strong> drängt zu dem Urteil, daß es eine eigene selbständige<br />
Gattung „Apokalypse“ in der fraglichen Zeit nicht gegeben hat, sondern<br />
„apokalyptische“ Texte (stets) – beherrschend oder nur peripher – in die<br />
literarische Produktion ihrer Verfasser integriert worden sind. Das bedeutet<br />
zugleich, daß sie von der sie jeweils umgebenden geistigen, theologischen<br />
Umwelt nicht isoliert gewesen sind, sondern ihr zugehörig, wenn<br />
auch in durchaus differenzierter Akzentuierung, nicht aber ohne Partizipation<br />
an <strong>und</strong> im Austausch mit ihr.<br />
Besonders hervortretendes Element „apokalyptischer“ Theologie ist<br />
zunächst ein ausgeprägter „Dualismus“ hinsichtlich des Verhältnisses<br />
zwischen der gegenwärtigen geschichtlichen Welt <strong>und</strong> Gott <strong>und</strong> seiner<br />
Welt („dieser Äon – jener Äon“), ohne indessen in religionsgeschichtlich<br />
genauer Weise den Monotheismus preiszugeben (erst Markion wird das<br />
tun <strong>und</strong> scheidet damit aus dem jüdisch-christlichen Konsens aus); Gott<br />
bleibt der Gr<strong>und</strong> (als Schöpfer) <strong>und</strong> die Hoffnung (als Erlöser) der Welt,<br />
die Erfahrung der Gegenwart aber wird bestimmt von der Herrschaft der<br />
gegengöttlichen Gewalt der sich selbst als göttlich wähnenden Machthaber<br />
der Erde. Die als krisenhaft empf<strong>und</strong>ene Zuspitzung des Konflikts der<br />
widergöttlichen Macht der Welt mit dem Anspruch Gottes auf seine Herrschaft<br />
<strong>und</strong> der überwältigenden Erfahrung geschichtlicher Ohnmacht seiner<br />
Anhänger nährt die glaubende Erwartung an das (baldige) endgültige<br />
Eingreifen Gottes in den katastrophalen Verlauf der Geschichte, der „alles<br />
neu machen“ wird (Offb 21, 5). Die gegenwärtige Geschichte der Welt freilich<br />
ist nicht mehr zu retten, die Heilshoffnungen <strong>und</strong> -erwartungen werden<br />
transponiert in eine radikal andere Welt, deren Kontinuität mit der<br />
Einen Welt, die der Eine Gott schuf, sich darin manifestiert, daß in ihr die<br />
prophetisch angesagten Heilszusagen Gottes in Erfüllung gehen.<br />
Offb zeigt dieses letztgenannte Element „apokalyptischer“ Theologie<br />
in besonders ausgeprägter Weise, indem ihr Aufdecken dessen, „was geschehen<br />
wird in Bälde“ (1, 1), weitestgehend in Worten der Schrift ergeht.<br />
Schon die ursprünglichen Heilsworte der Propheten haben in hohem<br />
Maße metaphorischen Charakter; das gilt um so mehr für ihre „apokalyptische“<br />
Fortschreibung. Ohnehin kann, bedingt durch den bereits angesprochenen<br />
Geschichtsdualismus, mit Blick auf „apokalyptische“ Wirklich-<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525513873 — ISBN E-Book: 9783647513874