und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht
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Traugott Holtz, Die Offenbarung des Johannes<br />
8 Einleitung<br />
nischen Bereich, nach meinem Urteil sogar mehr als für den johanneischen;<br />
das dürfte auch dem Ort seiner Wirksamkeit, dem westlichen Kleinasien,<br />
am ehesten entsprechen.<br />
Freilich besagen solche Überlegungen noch nichts darüber, wo der Ort<br />
seiner Herkunft zu finden ist. Sicher entstammt er dem Judentum, ebenso<br />
wie fast alle neutestamentlichen Autoren. Das beweist seine umfassende<br />
Kenntnis jüdischer Überlieferungen, die das Alte Testament, insbesondere<br />
die Propheten, zum F<strong>und</strong>ament hat. Dadurch ist sein Denken bestimmt,<br />
wobei indessen stets zu bedenken ist, daß die Rezeption der Schrift immer<br />
eine – direkt oder indirekt – vermittelte ist. Die Vorstellung, er habe souverän<br />
über eine „Vollbibel“ – etwa gar im uns überdies konfessionell unterschiedlich<br />
vertrauten Umfang – verfügt, ist abwegig. Die Neigung, die<br />
Quelle solcher Vermittlung in Palästina zu verorten, läßt häufig vermuten,<br />
daß er zu denen gehört, die z.Z. des beginnenden Jüdischen Kriegs (in<br />
den 60 er Jahren) Palästina verließen <strong>und</strong> in den syrischen <strong>und</strong> kleinasiatischen<br />
Gemeinden Einfluß gewannen als Wanderpropheten <strong>und</strong> Charismatiker.<br />
Darauf könnte auch sein besonderer Umgang mit dem Text der<br />
Schrift, der nicht von der LXX abhängig zu sein scheint, sowie auch mit<br />
der eigenen (griechischen) Sprache deuten.<br />
In der Tat ist beides sehr auffällig, beides aber auch ambivalent. Zweifellos<br />
basiert die Kenntnis des Alten Testaments nicht (nur) auf der LXX,<br />
sondern trägt Züge unabhängigen Umgangs mit dem semitischen Text.<br />
Doch ist kaum zu entscheiden, wie weit das auf Tradition oder Benutzung<br />
anderer Übersetzungen zurückgeht (die Geschichte der griechischen<br />
Übersetzung des Alten Testaments im 1. Jh. ist komplex); auch ist die<br />
Kenntnis des Hebräischen bzw. Aramäischen nicht strikt auf Palästina zu<br />
beschränken. Das ist auch bei dem Urteil über die Sprache der Offb zu bedenken.<br />
Zunächst ist festzustellen, daß Johannes das Griechische voll beherrscht.<br />
Das zeigen gerade die schwersten Verstöße gegen die Regeln der<br />
griechischen Grammatik (Solözismen), durch die die Sprache mit voller<br />
Absicht in den Dienst des Inhalts, den sie vermitteln soll, gestellt wird; in<br />
vergleichbar gebauten Phrasen ohne solchen Inhalt folgt er korrekt den<br />
grammatischen Regeln! Er handhabt weit darüber hinaus auch sonst das<br />
Griechische als Medium seiner Botschaft, indem er ein stark semitisierendes<br />
Griechisch schreibt, ohne indessen die Grenzen der Möglichkeiten der<br />
Koine zu verletzen. Als gebürtigen Palästiner weist er sich dadurch nicht<br />
zwingend aus, wohl aber als jemand, der in der Welt des „apokalyptischen“<br />
Judentums zu Hause ist. Das aber schließt eine kleinasiatische Beheimatung<br />
keineswegs aus.<br />
Seine Verortung in Ephesus aufgr<strong>und</strong> einer durch Eusebius, Hist. Eccl.<br />
III 39, 4 überlieferten Aussage des Papias (um 125 n. Chr.), der neben dem<br />
„Herrenjünger“ einen (anderen) Presbyter Johannes, einen Jünger des<br />
Herrn, in Ephesus gekannt <strong>und</strong> zur Herren-Überlieferung befragt haben<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525513873 — ISBN E-Book: 9783647513874