und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht
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Traugott Holtz, Die Offenbarung des Johannes<br />
Einleitung 9<br />
will, ist ganz unsicher, sowohl hinsichtlich ihres Inhalts als auch ihrer historischen<br />
Verläßlichkeit. Wir müssen davon ausgehen, daß Elemente<br />
durchaus unterschiedlicher Traditionen in dem Raum Kleinasiens zusammengeflossen<br />
sind oder auch nebeneinander existierten. Die wesentlich<br />
besser überschaubare Geschichte der paulinischen <strong>und</strong> der ihr unmittelbar<br />
folgenden Mission läßt eine erstaunlich lebhafte Kommunikation über<br />
weite Gebiete des östlichen Mittelmeers erkennen, auch wenn wir sie im<br />
einzelnen nur begrenzt verifizieren <strong>und</strong> fixieren können. Das wird einige<br />
Jahrzehnte später kaum zum Erliegen gekommen sein. Vermuten kann<br />
man hier natürlich viel, doch sollte man dem keine zu große Sicherheit zusprechen<br />
<strong>und</strong> dann weitere Annahmen damit begründen.<br />
Schließlich ist selbst die präzise Nennung des Ortes, an dem Johannes<br />
den Befehl zum Schreiben seines Buches an die sieben hier erstmalig genannten<br />
Gemeinden empfing, die Insel Patmos, 1, 9, mehrdeutig. Daß sie<br />
einen historisch zutreffenden Haftpunkt hat, sollte man freilich nicht bestreiten.<br />
Doch die seit der frühen Zeit (Irenäus [nach Eusebius], Clemens<br />
Alexandrinus, Origenes) belegte Annahme, er sei dorthin verbannt gewesen,<br />
ist nicht so sicher wie oft vorausgesetzt; topographische <strong>und</strong> juristische<br />
Bedenken sind neuerlich dagegen überzeugend geltend gemacht worden,<br />
V. 9 ist keineswegs ganz eindeutig. Dennoch ist es wahrscheinlich,<br />
daß der Autor der Offb das Berufungserlebnis für sein Werk auf Patmos<br />
empfing <strong>und</strong> daß er sich dort im Zusammenhang seiner Verkündigung des<br />
Evangeliums befand. Nur muß man nicht damit rechnen, daß er es insgesamt<br />
dort niedergeschrieben hat. Und das gilt erst recht für die Zeitangabe<br />
„am Herrentag“, die freilich ein wichtiges Zeugnis für die frühchristliche<br />
Geschichte des Sonntags bleibt.<br />
6. Zeit<br />
Seit Irenäus (Adv. Haer. V 30, 3 [um 180 n. Chr.]), der Offb auf das Ende<br />
der Zeit Domitians, d.h. ca. 95 n. Chr., datiert, wird dieses Datum weitgehend<br />
als zutreffend akzeptiert. Im 19. Jh. freilich richtete sich der Blick<br />
der kritischen Forschung stärker auf die Zeit zwischen der neronischen<br />
Christenverfolgung 64 n. Chr. <strong>und</strong> der Zerstörung Jerusalems im Jahre<br />
70 n.Chr; in der neueren Zeit hingegen besteht eine Neigung, Offb erst<br />
auf den Anfang des 2. Jh., die Zeit Trajans, zu datieren. Tatsächlich ist Domitian<br />
nicht der Christenverfolger gewesen, als den besonders Euseb ihn<br />
in der Kirchengeschichte etabliert hat, doch war die Situation der jungen<br />
christlichen Gemeinden in Kleinasien am Ende des 1. Jh. nicht derart, daß<br />
die Entstehung der Offb in dieser Zeit ausgeschlossen oder auch nur in<br />
Frage gestellt werden müßte, zumal wenn man zwischen der damalig<br />
empf<strong>und</strong>enen <strong>und</strong> der von uns kritisch rekonstruierten Situation zu diffe-<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525513873 — ISBN E-Book: 9783647513874