und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht
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Traugott Holtz, Die Offenbarung des Johannes<br />
Einleitung 5<br />
3. Formen<br />
Die Briefform der Offb fügt sich überraschend genau in das Schema der<br />
Paulus- <strong>und</strong> der sich seines Namens bedienenden Briefe aus der Zeit der<br />
frühen christlichen Gemeinde ein. Das muß als eine bewußte Entscheidung<br />
verstanden werden. Denn der Inhalt <strong>und</strong> Charakter der Schrift legt<br />
die Briefform als solche nicht nahe, schon gar nicht diese besondere.<br />
Jak 1, 1; Apg 15, 23; 23, 26, auch die Ignatius-Briefe weisen eine ganz andere<br />
Form auf, erst recht die Gemeindebriefe Offb 2 f. Johannes setzt offensichtlich<br />
ebenso wie die nachpaulinischen Briefe – nicht nur Eph oder<br />
die Pastoralbriefe sondern wohl auch 1. u 2. Petr – die Autorität des Paulus<br />
in den von ihm angeredeten Gemeinden voraus <strong>und</strong> sieht sie manifestiert<br />
vor allem in der auf ihn gründenden Kommunikationsform des „Apostel“-Briefes.<br />
Er benutzt sie für die Befestigung der eigenen Autorität. Das<br />
setzt voraus, daß er sich selbst versteht als in einer Linie mit dem Apostel<br />
stehend. Das muß freilich nicht – entgegen manchen Erwartungen – heißen,<br />
daß er paulinische Theologie gleichsam mit anderen Mitteln fortsetzen<br />
wollte oder gar müßte; auch ist nicht zu erwarten, daß er sich in irgendeiner<br />
Weise ausdrücklich auf Paulus (literarisch) beziehen müßte – das<br />
tut er selbst „seiner“ Bibel, dem Alten Testament gegenüber nicht. Aber<br />
er bezeugt das „Wort Gottes <strong>und</strong> das Zeugnis Jesu Christi“ (1, 2), wie es<br />
die „Heiligen, Apostel <strong>und</strong> Propheten“ (18, 20; vgl. konträr 2, 2) taten<br />
(zu denen, wie wir annehmen dürfen, für ihn Paulus gehörte – ebenso wie<br />
Petrus). Wegen dieser (autoritätsstiftenden) Funktion der Briefform darf<br />
nun aber auch diese nicht in Richtung konkreter epistolographischer<br />
Kommunikation überdehnt werden. Offb hat nicht primär einen dialogischen<br />
als vielmehr einen anredenden Charakter. Natürlich spricht sie<br />
damit gleichzeitig in eine von ihr wahrgenommene bestimmte Situation<br />
hinein, die auch – wenigstens hypothetisch – erkennbar ist <strong>und</strong> die bei der<br />
Auslegung bedacht werden muß.<br />
Am deutlichsten tritt diese in den sieben Sendschreiben Kap. 2 f. zutage.<br />
Sie haben eine feste Form, die sich bei allen von ihnen durchhält, die<br />
sich aber sonst in der vergleichbaren Literatur so nicht nachweisen läßt.<br />
Freilich gibt es dort „Himmelsbriefe“, die aber kein Formschema bereitstellen,<br />
nach dem die vorliegende Reihe gleichartiger, aufeinander bezogener<br />
Schreiben der Offb (vgl. bes. die „Weckrufe“ 2, 7 usw., aber auch<br />
die Absenderangaben mit ihrem Bezug auf 1, 12 ff.) gebildet sein könnten.<br />
Ein Vorbild mögen vielleicht feste Redeformen urchristlicher Propheten<br />
gewesen sein, doch wissen wir über diese in Wahrheit nichts, bleiben mithin<br />
in bloßen Vermutungen hängen. Daß die Sendschreiben als ganze in<br />
der Form der Offb von deren Verfasser selbst stammen, ist nicht zweifelhaft;<br />
sie sind literarisch unlöslich mit den übrigen Teilen des Buches verb<strong>und</strong>en.<br />
© 2012, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525513873 — ISBN E-Book: 9783647513874