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Übersetzungskompendium Mittelhochdeutsch - Leinstein.de

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ÜBERSETZUNGSKOMPENDIUMMITTELHOCHDEUTSCH<br />

SEITE27<br />

Der arme und <strong>de</strong>r reiche König<br />

Es lebten einst zwei Könige,<br />

die großen Hass und großen Neid<br />

gegeneinan<strong>de</strong>r hegten.<br />

Dem reichen war es leid,<br />

dass <strong>de</strong>r arme nichts besaß<br />

außer viel Verstand<br />

und große Rechtschaffenheit.<br />

Er hätte ihn gerne schon vernichtet,<br />

doch dieser war tüchtig und klug,<br />

wodurch er solchen Ruhm erlangt hatte,<br />

dass <strong>de</strong>r reiche ihn nicht vertreiben konnte<br />

und blieb in großem Ansehen, bis <strong>de</strong>r reiche starb.<br />

Als dann <strong>de</strong>ssen Sohn die Krone erhalten hatte,<br />

wollte er gegen <strong>de</strong>n armen König ziehen.<br />

Seine Männer rieten ihm davon ab<br />

und schworen ihm ernsthaft,<br />

dass sein Vater niemals ehrenvoll<br />

aus einer Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit ihm hervorgegangen war.<br />

„Ihr könnt nieman<strong>de</strong>m erklären“, sagten seine Ratgeber,<br />

„weshalb ihr seinetwegen beleidigt seid.<br />

Er hat euch kein Leid getan;<br />

<strong>de</strong>swegen sollt ihr ihn in Ruhe lassen.“<br />

Der König antwortete sehr zornig:<br />

„Durch ihn ist mir solch Ärger<br />

zugestoßen, dass ich mich an ihm<br />

rächen muss, es sei <strong>de</strong>nn er kommt<br />

mir zu huldigen.<br />

Von <strong>de</strong>r Rache lasse ich niemals ab,<br />

bis ich ihm seine Ehre genommen habe.<br />

Ich habe von ihm geträumt,<br />

so schwer und bedrückend,<br />

dass er mir gemäß meiner Ehre öffentlich<br />

Abbitte leisten muss;<br />

o<strong>de</strong>r es wird ihm nicht erspart bleiben,<br />

<strong>de</strong>n Streit <strong>de</strong>n ich bis aller Tage<br />

En<strong>de</strong> führen will.“<br />

Das begann seinen Ratgebern sehr zu missfallen,<br />

dass er so große Ungemach<br />

aus solch einer kleinen Schuld zog.<br />

Er nahm ihren Rat nicht wahr<br />

und schickte einen Boten aus.<br />

Der kam und fand <strong>de</strong>n König.<br />

Ein Fluss trennte die Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n,<br />

so groß, dass große Schiffe auf ihm fahren konnten.<br />

Als <strong>de</strong>r Bote dort vorgetragen hatte,<br />

was man ihm aufgetragen hatte<br />

und man <strong>de</strong>n Brief dazu gelesen hatte<br />

und <strong>de</strong>r Brief <strong>de</strong>s selben Inhaltes war,<br />

da sagte <strong>de</strong>r König zu <strong>de</strong>m Boten:<br />

„Nun sage <strong>de</strong>inem Herren,<br />

Richard <strong>Leinstein</strong>

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