Gesetzeskraft - Hans-Joachim Lenger
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hervorgebracht hat, Sinn zu verleihen - die geeignet sind,<br />
die Notwendigkeit und besonders die Legitimität dieser<br />
Gewalt hervorzuheben. Es mangelt nicht an Beispielen für<br />
diesen Kreis, {ür diesen anderen hermeneutischen Zirkel:<br />
man findet sie in unsere Nähe oder weit von uns entfernt,<br />
hier, an diesem Ort, oder anderswo, gleichgültig, worum es<br />
sich handeh: um das, was sich in einer großen Hauptstadt<br />
zuträgt (in diesem oder jenem Viertel, im Übergang von<br />
einem Vienel zum anderen, in dieser oder jener Straße, im<br />
Übergang von einer Straße zur anderen), um das, was zwischen<br />
verschiedenen Ländern oder Lagern geschieht, kreisend<br />
um einen §(eltkrieg, in dessen Verlauf Staaten und<br />
Nationen gegründet, zerstört oder wiederaufgebaut werden.<br />
Man muß diesen Beispielen Beachtung schenken, will<br />
man ein internationales Recht von seinen Begrenzungen befreien<br />
und in seinen Grenzen erfassen, ein Recht, das auf<br />
dem westlichen Begriff der staatlichen Souveränität und der<br />
Nicht-Einmischung aufgebaut ist; erst so wird man die unendliche<br />
Perfekdbilität dieses Rechts denken können. Es<br />
gibt Fälle, bei denen man über Generationen hinweg nicht<br />
weiß, ob das Performativum einer gewaltsamen, gewalttätigen<br />
Staatsgründung "felicitousn<br />
war oder nicht. Vir könnten<br />
mehr als ein Beispiel dafüran{ühren. Diese Unlesbarkeit<br />
der Gewah rührt gerade von der Lesbarkeit einer Gewalt<br />
her, die, wenn Sie so wollen, dem angehört, was andere die<br />
symbolische Ordnung des Rechts nennen würden - sie gehört<br />
aber nicht der reinen Physik an. Man könnte versucht<br />
sein, die (ich "Logik"<br />
seze den Begrif{ in Anführungszeichen,<br />
da das "Unlesbare",<br />
um das es geht, auch "unlogisch"<br />
ist, wenn man es an der Ordnung des Logos mißt; das ist<br />
auch der Grund dafür, daß ich zögere, es zu<br />
"symbolischn<br />
nennen und es übereilt dem Lacanschen Diskurs und dessen<br />
Ordnung zuzuweisen) dieser lesbaren Unlesbarkeit wie<br />
einen Handschuh umzustülpen. lm Grunde zeigt sie eine<br />
juridisch-symbolische Gewalt, eine per{ormative Gewalt im<br />
8o<br />
lrrnclcn der deutenden Lektüre selber an. Eine Metonymie<br />
l,,irrntc außerdem das Beispiel oder das Indiz (den Anhaltsprrnkt)<br />
so wenden, daß es sich auf die begriffliche Allgerrr,.<br />
irrhcit des \üüesens bezieht.<br />
Mrn würde dann behaupten, daß in jeder deutenden Lekr<br />
iilc die Möglichkeit eines Generalstreiks Iiegt, ja daß sie ein<br />
l(echt au{ den Generalstreik in sich schließt: ein Recht dar-<br />
,rLrl, clcm bestehenden Recht, das seine größte Macht, seine<br />
rf iilltc Autorität vom Staat bezieht, eben diese streitig zu<br />
rrrlchen. Man hat das Recht, die legitimierende Macht oder<br />
Autorität und all ihre Lesevorschriften zu suspendieren,<br />
rr,rn kann dies im Zuge des treuesten, wirksamsten, tref-<br />
Icnclsten Lesens tun, eines Lesens, das natürlich zum Unlesl,.rlcn<br />
in Bezug tritt, zuweilen - aber nicht immer, um eine<br />
,rrrderc Leseordnung zu (be)gtünden, eioen anderen Staat;<br />
rvir werden noch sehen, daß Benjamin zwei Arten Generalrtrcik<br />
unterscheidet: der eine zielt darauf, eine Staatsordrrunr:<br />
durch eine andere zu ersetzen (politischer Generalstlcili),<br />
der andere hingegen darauf, den Staat zu vernichten<br />
(plolctarischer Generalstreik). Damit sind letztlich die beirlt<br />
rr Versuchungen der Dekonstrukdon bezeichnet.<br />
lc.lc instaurierende Lektüre, die dem etablierten Kanon<br />
rrrrrl tlcn Lesevorschriften gegenüber unlesbar bleibt, unlesl,.rr<br />
gegenüber dem gegenwärtigen stand l6tat) des Lesens<br />
,rrlel der Lesarten, unlesbar gegenüber dem, was der Staat<br />
I<br />
litdt, aztec un grand Ä] für eine gegenwärtige mögliche Lekr<br />
iilc darstellt - jede instaurierende Lektüre zeitigt nämlich<br />
linc,n Generalstreik und folglich eine revolutionäre Situarion.<br />
Vor einen solchen Generalstreik gestellt, kaln man<br />
,l.rtn von Fall zu Fall entweder von Anarchismus, Skeptizisrrrus<br />
oder Nihilismus, von einer Entpolidsierung oder aber<br />
, incl subversiven Überpolitisieruog reden. Heute braucht<br />
rlcr (lcneralstreik nicht spektakulär zu sein und viele Menz-u<br />
demobilisieren oder zu mobilisieren: es reicht aus,<br />
',lren<br />
,rn .rusgesuchten Orten (dort etwa, wo sich das ö{fentliche<br />
8r