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I N T E R V I E W<br />
12<br />
Seelsorger für eine junge Kirche<br />
und für alte Uhren<br />
Interview mit P. Hugo Heusinger OSB<br />
Pater Hugo Heusinger arbeitet seit 37<br />
Jahren als Missionar in verschiedenen<br />
Pfarreien im Gebiet der Abtei Ndanda.<br />
Heute ist er Pfarrer in Nyangao, rund 50<br />
km entfernt von Ndanda. Georg Ruhsert<br />
sprach mit ihm über seine Arbeit und<br />
über die Veränderungen, die es in den<br />
letzten Jahrzehnten in Tansania gab.<br />
Als soziale Einrichtung gibt es in Nyangao<br />
aber weiterhin das große Krankenhaus mit<br />
250 Betten. Es gehört der Diözese Lindi<br />
und leistet heute gute Arbeit mit fast ausschließlich<br />
afrikanischen Mitarbeitern. Ca.<br />
300 MitarbeiterInnen sind im Krankenhaus<br />
beschäftigt. Die Patienten kommen aus einem<br />
Umkreis bis zu 200 km.<br />
Es ist eindeutig eine afrikanische Ortskirche<br />
herangewachsen. In der Abtei Ndanda<br />
leben derzeit 40 europäische und 40<br />
afrikanische Mönche. Das ist eine Entwicklung<br />
der letzten Jahrzehnte. Vor 37<br />
Jahren gab es in der Diözese vier afrikanische<br />
Priester, heute ist das umgekehrt.<br />
Bei der Ölweihe am Gründonnerstag, die<br />
in diesem Jahr in Nyangao stattfand, war<br />
ich der einzige Europäer. Mit dem Bischof<br />
waren rund 40 afrikanische Priester aus<br />
der ganzen Diözese Lindi zu Besuch. Da<br />
bin ich mir schon etwas komisch vorgekommen.<br />
Jetzt kann ich nachempfinden,<br />
wie sich vor dreißig Jahren wohl die afrikanischen<br />
Priester unter all den Europäern<br />
gefühlt haben. Vor dreißig Jahren gab<br />
es im Lande keinen afrikanischen Bischof.<br />
Heute sind alle Bischöfe Afrikaner, einer<br />
ist sogar Kardinal.<br />
Neben dieser äußeren Entwicklung gibt es<br />
auch eine geistige Entwicklung. Anfang<br />
Juli hatten wir eine Priesterweihe in der<br />
P. Hugo, erzählen Sie etwas von<br />
Ihrer Arbeit<br />
Ich bin am 8. Dezember 1967 nach Tansania<br />
gekommen und war Weihnachten bereits<br />
auf einem Außenposten. Dann bin ich nach<br />
einem Jahr schon alleine Pfarrer in Namupa,<br />
einer anderen Station geworden. Viele andere<br />
folgten danach. Seit sechs Jahren bin ich<br />
Pfarrer in der kleinen Stadt Nyangao. Das<br />
ist eine unserer ersten Missionsstationen in<br />
Tansania. Nyangao wurde bereits 1896 als<br />
Ordensniederlassung gegründet. 1905 wurde<br />
es zusammen mit der Nachbarstation<br />
Lukulete im Maji-Maji Aufstand niedergebrannt.<br />
Dabei wurde eine Schwester ermordet,<br />
die anderen Missionare flohen nach Lindi.<br />
Daraufhin wurde in Europa beschlossen,<br />
Nyangao nicht mehr zu eröffnen, weil dort<br />
Blut geflossen sei. Stattdessen wurde 1906<br />
Ndanda gegründet.<br />
Erst 1928 wurde Nyangao von Ndanda<br />
aus wieder als Pfarrei gegründet. Heute<br />
hat die Pfarrei etwa 7000 Katholiken und<br />
man kann sagen, dass sie sich gut entwickelt<br />
hat.<br />
In der Pfarrei selbst tritt die Seelsorge heute<br />
immer stärker in den Vordergrund. Die ehemals<br />
existierenden wirtschaftlichen Betriebe<br />
in der Hand der Pfarrei sind heute nicht<br />
mehr notwendig. Die anfallenden handwerklichen<br />
Arbeiten werden inzwischen<br />
von Afrikanern übernommen, die wir zum<br />
Teil früher sogar selbst ausgebildet haben.<br />
Wie wirkt sich AIDS in Ihrer Pfarrei<br />
aus?<br />
AIDS hat sich in den großen Städten ausgebreitet.<br />
Nachdem unsere Straßenverbindung<br />
sehr schlecht war, blieben wir bislang<br />
fast verschont. Wenn die Menschen AIDS<br />
haben, dann kommen sie als Kranke zurück<br />
aus den Städten. Es gibt ja keine Krankenversicherung<br />
und wenn jemand krank wird,<br />
müssen die Verwandten ihn pflegen und<br />
für ihn aufkommen. Das rechne ich den<br />
Leuten bei uns auch sehr hoch an, dass sie<br />
diese Kranken dann auch aufnehmen.<br />
Was hat sich in der tansanischen<br />
Kirche in den letzten Jahrzehnten<br />
verändert?<br />
Georg Ruhsert im Gespräch mit P. Hugo Heusinger OSB.<br />
P. Hugo wurde 1937 in Seubrigshausen bei Würzburg geboren. Pr<br />
in Nyangao und Krankenhausseelorger im Hospital Nyangao/T<br />
Pfarrei – es ist bereits der vierte Neupriester<br />
aus den Reihen der Pfarreimitglieder,<br />
den ich erlebe. 12 Frauen sind in dieser<br />
Zeit in Schwesternorden eingetreten. Rein<br />
zahlenmäßig geht es also aufwärts. Wie<br />
tief das alles sitzt, kann ich nicht beurteilen,<br />
ich kenne aber viele gute Beispiele, die<br />
zeigen, dass das Christentum wirklich in<br />
das Leben der Leute eingedrungen ist.