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Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihre Mägde - Welt der Arbeit

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DER POLITZIRKUS: „BILD“ KÄMPFT FÜR STEUERZAHLER<br />

Es ist ungewöhnlich für <strong>„Bild“</strong>, dass sie<br />

immerhin <strong>–</strong> verteilt über mehrere Tage <strong>–</strong> fünf<br />

Seiten <strong>und</strong> offensichtlich einen hohen Aufwand<br />

an Ressourcen investiert, um erneut bereits<br />

bekannte, aber in Vergessenheit geratene<br />

Sachverhalte in Erinnerung zu rufen. Das fällt <strong>–</strong><br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> von <strong>„Bild“</strong> im<br />

Frühjahr <strong>–</strong> als vergleichsweise eher journalistisch<br />

geprägte Ausnahme auf. <strong>„Bild“</strong> gibt an,<br />

dass zahlreiche Reporter (insgesamt werden<br />

zehn Namen aufgelistet) in verschiedenen Zentren<br />

wie Athen, Berlin, Bonn <strong>und</strong> Brüssel recherchiert<br />

<strong>und</strong> dabei geheime Unterlagen gef<strong>und</strong>en<br />

hätten.<br />

Unter dem Strich deuten wir diese „Herbst-<br />

Aktion“ als Rechtfertigungsserie primär gegenüber<br />

medialen <strong>und</strong> politischen Fachkreisen:<br />

Wir halten Wort; wir bleiben dran; das ist <strong>und</strong><br />

bleibt unser Thema; wir haben es immer gesagt.<br />

Unsere Angriffe gegen Griechenland im<br />

Frühjahr waren berechtigt; die Geschichte bestätigt<br />

unsere Geschichte. Journalistische <strong>Arbeit</strong><br />

im Dienst <strong>der</strong> Reputation <strong>der</strong> <strong>Marke</strong>: <strong>„Bild“</strong><br />

mag im Frühjahr politisch verloren haben, in<br />

<strong>der</strong> Sache hat sie recht behalten, <strong>„Bild“</strong> scheut<br />

keinen Aufwand als Wächter <strong>der</strong> Interessen des<br />

deutschen Steuerzahlers.<br />

3.1.4 Sachaussage <strong>und</strong> Werturteil nur<br />

im Doppelpack<br />

Geschichtenerzähler <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeiter<br />

können, an<strong>der</strong>s als Journalisten, keinen<br />

Unterschied machen zwischen Nachricht <strong>und</strong><br />

Kommentar. Die Tatsache, dass es in <strong>„Bild“</strong> grafisch<br />

ausgewiesene Kolumnen <strong>und</strong> Kommentare<br />

gibt, suggeriert auf den ersten Blick, die an<strong>der</strong>en<br />

Texte seien (zumindest eher) nachrichtlichen,<br />

berichtenden Charakters. Dieser Eindruck<br />

trügt. Fast alle Texte, die in <strong>„Bild“</strong> über<br />

die Griechenland- <strong>und</strong> Eurokrise erscheinen,<br />

sind unabhängig von <strong>ihre</strong>r gestalterischen Präsentation<br />

wertende <strong>und</strong> kommentierende Beiträge.<br />

Die ‚normalen’ Texte <strong>–</strong> also diejenigen,<br />

die nicht grafisch als Kommentare <strong>und</strong> Kolumnen<br />

ausgewiesen sind <strong>–</strong> haben zwar nicht selten<br />

nachrichtlich-informierende Elemente. So<br />

ganz ohne Zahlen, Daten, Fakten lässt sich eine<br />

Geschichte dann doch nicht erzählen. Wenn es<br />

solche Informationen gibt, werden diese jedoch<br />

unmittelbar im Text bewertet <strong>und</strong> kommentiert.<br />

In <strong>der</strong> Ausgabe vom 1. Februar 2010 beispielsweise<br />

erscheint ein vierspaltiger Artikel<br />

über Korruption in Griechenland. Die Headline:<br />

„Korruption! Ohne Schmiergeld läuft in Griechenland<br />

fast gar nichts mehr“. Es wird in Großbuchstaben<br />

die Frage gestellt, ob „neue Milliarden“<br />

überhaupt helfen können, denn „Griechenland<br />

versinkt in <strong>der</strong> Korruption“. <strong>„Bild“</strong><br />

listet dann „die erschreckenden Fakten“ auf.<br />

Das Publikum erhält keine Sachaussage, ohne<br />

dass ihm gesagt wird, wie sie bewertet werden<br />

muss. Zahlen bekommen die Anmutung beängstigen<strong>der</strong><br />

Summen; Daten, etwa <strong>der</strong> Euro-Kurs,<br />

werden als bedrohlich aufgelistet.<br />

Am 25. Februar wird unter <strong>der</strong> folgenden<br />

Überschrift erstmals über Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

in Griechenland berichtet: „Griechen streiten<br />

<strong>und</strong> streiken, statt zu sparen“. Information,<br />

Urteil <strong>und</strong> Verurteilung sind eines. Der Fettvorspann<br />

lautet: „Griechenland <strong>–</strong> ein Staat versinkt<br />

im Chaos. Und wir müssen die Zeche für<br />

Je<strong>der</strong> Bericht ein<br />

Kommentar<br />

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