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Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihre Mägde - Welt der Arbeit

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TEIL II: EIN BLICK AUF DIE GANZE „BILD“<br />

Das Groschenblatt von<br />

einst wurde zur<br />

nationalen Institution<br />

hen?“ Und so kann <strong>„Bild“</strong> in seiner Ausgabe<br />

vom 24. Dezember 2010 auf Seite 1 melden:<br />

Stephanie zu Guttenberg, Gemahlin des amtierenden<br />

Verteidigungsministers, ist „neue Botschafterin<br />

2011“ für die <strong>„Bild“</strong>-Aktion „Ein Herz<br />

für Kin<strong>der</strong>“. Und daneben steht die Personalie:<br />

Der Fernsehmo<strong>der</strong>ator Jörg Pilawa sei „für die<br />

nächsten zwölf Monate ebenfalls Botschafter<br />

<strong>der</strong> BILD-Hilfsorganisation ‚Ein Herz für Kin<strong>der</strong>‘“.<br />

Die Bandbreite macht deutlich, dass sich<br />

kaum noch jemand <strong>„Bild“</strong> verweigert <strong>und</strong><br />

<strong>„Bild“</strong> wie<strong>der</strong>um davon ausgeht, dass alle dem<br />

Blatt nützen wie die Frauenrechtlerin Alice<br />

Schwarzer im Herbst 2010 als <strong>„Bild“</strong>-Berichterstatterin<br />

über den Vergewaltigungsprozess gegen<br />

den Wetter-Fernsehmo<strong>der</strong>ator Jörg Kachelmann.<br />

Für <strong>„Bild“</strong> lassen sich mächtige Leute verpflichten<br />

<strong>–</strong> <strong>und</strong> Mächtige verpflichten <strong>„Bild“</strong>-<br />

Leute. Mitarbeiter von <strong>„Bild“</strong> gelangen seit Jahren<br />

in aller Regelmäßigkeit in führende PRo<strong>der</strong><br />

Pressesprecher-Positionen, ob im Kanzleramt,<br />

bei Großkonzernen o<strong>der</strong> in Gewerkschaftszentralen;<br />

von ihnen erhofft man sich,<br />

was man selbst nicht kann: die hohe Kunst <strong>der</strong><br />

Inszenierung <strong>und</strong> die Brutalität, sich mit Kampagnen<br />

durchzusetzen <strong>und</strong> nicht zu versanden.<br />

Wenn <strong>„Bild“</strong> einlädt o<strong>der</strong> einen <strong>ihre</strong>r Geburtstage<br />

feiert, dann kommen alle: die Prominenten<br />

<strong>und</strong> die Mächtigen, <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eskanzler<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>espräsident. In einer vom Verlag<br />

zu verantwortenden <strong>Marke</strong>nanalyse <strong>–</strong> „Es ist<br />

die erste umfassende ‚Bild‘ -Studie, die <strong>der</strong><br />

Axel Springer Verlag seit 1966 herausgibt“<br />

(Lobe 2002, 10) <strong>–</strong> zitiert <strong>der</strong> Springer-Journalist<br />

Claus Jacobi den Herausgeber des „Spiegel“,<br />

Rudolf Augstein, <strong>der</strong> Anfang <strong>der</strong> 1990er Jahre<br />

gesagt habe: „‚Bild‘ ist geworden, was es früher<br />

nicht war: eine informative Zeitung, die<br />

nicht zu lesen auch ich mir nicht erlauben könnte“<br />

(Lobe 2002, 8). In seinem Text vom Juni 2002<br />

kommt Jacobi zu dem Schluss: „Das Groschenblatt<br />

von einst ist zur nationalen Institution geworden“<br />

(Lobe 2002, 8). <strong>„Bild“</strong> wird nicht mehr<br />

ausgegrenzt. Und <strong>„Bild“</strong> grenzt auch nicht<br />

mehr aus: Über Partei-, Gesellschafts- <strong>und</strong> Kulturgrenzen<br />

hinweg hat sich das Produkt für interessante<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> bedeutende Prominente<br />

geöffnet, <strong>und</strong> sie alle nehmen die Einladung<br />

gerne an. Für sich sehen diese Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

verschiedensten Eliten keinen Reputationsverlust,<br />

son<strong>der</strong>n einen Publizitätsgewinn. So sagt<br />

<strong>der</strong> bekannte Parteienforscher Jürgen Falter in<br />

einem Interview mit <strong>der</strong> „Frankfurter Allgemeinen<br />

Sonntagszeitung“ (5. Dezember 2010,<br />

S. 33) über seine persönliche ‚Medienstrategie‘:<br />

„Es gibt Dinge, die ich nicht mache: Für die<br />

‚Super Illu‘ o<strong>der</strong> die sogenannte ‚Yellow Press‘<br />

etwa habe ich noch nie ein Interview gegeben.<br />

Auch nicht für Blätter, die ganz weit rechts o<strong>der</strong><br />

links stehen. Ich versuche schon, im seriösen<br />

Spektrum o<strong>der</strong> zumindest in dem Bereich zu<br />

bleiben, <strong>der</strong> eine wichtige Multiplikatorenfunktion<br />

hat: ‚Bild‘ zum Beispiel.“<br />

Ein jüngeres Beispiel zeigt, wie <strong>„Bild“</strong>, akzeptiert<br />

<strong>und</strong> gelitten, sich spielerisch in <strong>der</strong><br />

Mitte <strong>der</strong> Gesellschaft bewegt. <strong>„Bild“</strong> präsentierte<br />

im Spätsommer 2010 <strong>–</strong> zeitgleich mit dem<br />

„Spiegel“ <strong>–</strong> Auszüge aus dem Buch des damaligen<br />

<strong>und</strong> inzwischen ehemaligen B<strong>und</strong>esbank-<br />

Mitgliedes Thilo Sarrazin („Deutschland<br />

schafft sich ab“).<br />

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