24.11.2013 Aufrufe

Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihre Mägde - Welt der Arbeit

Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihre Mägde - Welt der Arbeit

Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihre Mägde - Welt der Arbeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

TEIL III: METHODE UND WISSENSCHAFTLICHER HINTERGRUND<br />

„Werde Schriftsteller.<br />

Für Zahnpasta<br />

<strong>und</strong> Vogelfutter“<br />

Generell hat sich für alle, die veröffentlichen,<br />

in den zurückliegenden Jahrzehnten die<br />

Tendenz verstärkt, die Rezeptionsinteressen<br />

<strong>der</strong> Adressaten ins Auge zu fassen, weil sich<br />

die Konkurrenz um öffentliche Aufmerksamkeit<br />

vor allem aus Gründen <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

<strong>der</strong> Medienproduzenten intensiviert hat. Trotzdem<br />

bleiben die massenmedialen Veröffentlichungen<br />

unterscheidbar, wie sie sich innerhalb<br />

des Kräftedreiecks Absen<strong>der</strong>perspektive,<br />

Sachorientierung <strong>und</strong> Adressatenfixierung positionieren<br />

<strong>und</strong> inwieweit sie auf Reizwerte <strong>und</strong><br />

Attraktionsmethoden setzen. Es ist dabei<br />

schwer zu vermeiden, dass in die folgenden<br />

Unterscheidungen punktuell ein bewerten<strong>der</strong><br />

Unterton einfließt <strong>–</strong> unsere Intention ist es<br />

nicht. An<strong>der</strong>erseits hat es etwas sehr Normales,<br />

dass bezüglich Unterschieden, die in einer<br />

Gesellschaft gemacht werden, nicht nur kognitive,<br />

son<strong>der</strong>n auch normative Gesichtspunkte<br />

eine Rolle spielen. Um es am Beispiel Journalismus<br />

zu verdeutlichen: „Im 18. <strong>und</strong> frühen<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert beschreiben wir Journalismus<br />

als Bestandteil <strong>der</strong> U-Kultur im Gegensatz zur<br />

‚echten‘ Kunst <strong>der</strong> E-Kultur. Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

dagegen wird Journalismus positioniert als Instanz<br />

zur Bereitstellung gesellschaftlich relevanter<br />

Informationen im Gegensatz zur facettenreichen<br />

Präsentation von Unterhaltungsangeboten.<br />

An dieser Verschiebung <strong>der</strong> Dualitäten<br />

wird die je historisch <strong>und</strong> kulturell geb<strong>und</strong>ene<br />

Konstruktion von Gegensatzpaaren unübersehbar“<br />

(Lünenborg 2007, 74).<br />

Im Folgenden seien einige wenige Bemerkungen<br />

zu den wichtigsten Gattungen massenmedialer<br />

Veröffentlichungen gemacht:<br />

Ein beson<strong>der</strong>s aufschlussreicher Fall ist die<br />

Werbung. Sie scheint komplett auf <strong>ihre</strong> Adressaten<br />

fixiert zu sein. Um diese zu erreichen,<br />

nimmt sie sich für <strong>ihre</strong> Darstellungsmethoden<br />

jede Freiheit <strong>–</strong> die Werbebranche nennt es Kreativität.<br />

Das Gewohnte dient als Sprungbrett für<br />

Ungewöhnliches; Grenzgänge, Regelverletzungen<br />

sind an <strong>der</strong> Tagesordnung. Die Werbeleute<br />

setzen auf Reizwerte <strong>–</strong> „sex sells“ <strong>–</strong> <strong>und</strong> mobilisieren<br />

z. B. die Gefühle von Freiheit <strong>und</strong> Abenteuer.<br />

Die Werbung hat diese außergewöhnlichen<br />

Darstellungsfreiheiten bitter nötig, denn<br />

sie ist im Bezug auf ihr Thema völlig gefesselt.<br />

Ob Flugreisen o<strong>der</strong> Herrensocken, an <strong>ihre</strong>m<br />

Thema kommt die Werbung nicht vorbei. „Werde<br />

Schriftsteller. Für Zahnpasta <strong>und</strong> Vogelfutter“,<br />

plakatiert die Agentur Scholz & Friends<br />

selbstironisch in <strong>ihre</strong>r Nachwuchswerbung.<br />

Werbung sucht Adressaten für ein Thema, nicht<br />

ein Thema für Adressaten. Sie „verfolgt“ ihr<br />

Publikum <strong>und</strong> nutzt dabei die einfachste aller<br />

Lernmethoden inflationär, die Wie<strong>der</strong>holung.<br />

Sie drängt <strong>ihre</strong>r „Zielgruppe“ das vorgegebene<br />

Thema auf, indem sie sich in laufende Kommunikationen<br />

hineindrängt, die dann gut bezahlte<br />

„Werbepausen“ machen.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s die Unterhaltung. Sie genießt<br />

wie die Werbung alle darstellerischen Freiheiten<br />

<strong>und</strong> darf, nein, muss sich zusätzlich <strong>ihre</strong><br />

Themen mit Blick auf ihr Publikum auswählen.<br />

Wo die Werbung an ihr Thema gekettet ist, kann<br />

die Unterhaltung ihr Publikum fesseln <strong>–</strong><br />

allerdings nur mit Unverbindlichkeiten. Sie<br />

darf (auch im Wortsinn) Spiel-Räume eröffnen,<br />

die vom großen Spaß über die höchste Spannung<br />

bis zur tiefen Trauer alle Attraktionsme-<br />

92

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!