ber Guppys - Hobbyzucht
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Alles ü<strong>ber</strong> <strong>Guppys</strong><br />
von Leon F. Whitney und Paul Hähnel<br />
Das erste, mir bekannte deutschsprachige Guppybuch<br />
Geschichtliches und Verbreitung:<br />
Der wissenschaftliche Name des Guppy lautet: Lebistes reticulatus (Peters). Lebistes bezeichnet die<br />
Gattung, reticulatus die Art. Der deutsche Ichthyologe W. Peters gilt als Entdecker. Wilhelm C. Peters<br />
fand den Fisch in einer Sammlung konservierter Fische, die 1859 von Venezuela nach Berlin<br />
geschickt wurde. Er beschrieb sie als Poecilia reticulata. Er meinte, daß sie wegen ihrer Ähnlichkeit<br />
mit anderen Fischen der Gattung Poecilia dieser zuzurechnen sei. 1861 beschrieb der Spanier Filippi<br />
dieselbe Art, die er in einer Fischsendung aus Barbados fand. Obgleich auch er die Ähnlichkeit mit der<br />
Poecilia-Gattung bemerkte, stellte er fest, daß es sich um einen vollständig neuen Typ handele, und er<br />
nannte ihn Lebistes poecilia.<br />
Von Trinidad, einer Insel, die der Küste Südamerikas vorgelagert ist, kam eine geringfügig<br />
abweichende Guppy-Form, die von Rev. Ro<strong>ber</strong>t John Lechmere Guppy, einem gebürtigen Engländer<br />
französischer Abstammung, im Jahre 1866 dem Britischen Museum ü<strong>ber</strong>sandt wurde. Diese Trinidad-<br />
Guppy hielt man zunächst für eine gänzlich neue Art. Deshalb nannte Al<strong>ber</strong>t C. Günther, der Direktor<br />
des Museums, sie: Girardinus guppyi.<br />
Um Namensverwechslungen zu vermeiden, nannte ihn schließlich die Ichthyologen nach den<br />
Richtlinien der exakten Wissenschaft Lebistes reticulatus (Peters).<br />
Nach Berichten von Fraser- Brunner hielt Captain J.A.M. Vipan, ein Sammler des Britischen<br />
Museums, diese Art als erster im Aquarium und brachte sie auch zur Nachzucht. In der Zeitschrift<br />
„Proceedings of the Zoological Societies“ betont Capt. Vipan den Wert des Fisches als Fresser von<br />
Mückenlarven. 1909 kreuzte Vipan <strong>Guppys</strong> aus Barbados, Trinidad und Venezuela und wies damit<br />
nach, daß die verschiedenen Unterarten untereinander fortpflanzungsfähig sind.<br />
In Deutschland, wo das Züchten tropischer Fische als Liebha<strong>ber</strong>ei mehr blühte als anderswo, wurde<br />
der Fisch sehr schnell volkstümlich. Die Aquarianer ließen das „i“ in dem Wort guppyi aus und nannten<br />
ihn einfach Guppy. Unter diesem Namen ist er heute in weiten Kreisen allgemein bekannt.<br />
Jeder, der schon einmal beobachten konnte, mit welcher Gier <strong>Guppys</strong> Mückenlarven vertilgen, wird<br />
verstehen, warum das britische Kolonialministerium ebenso wie derartige Institutionen anderer<br />
Staaten alles daransetzen, große Mengen dieser kleinen Fische zu verbreiten, nachdem sie deren<br />
Nutzen erkannt hatten. Anfänglich wurde der Guppy der „Millionen – Fisch“ genannt, wohl weil er sich<br />
unter günstigen Bedingungen derart schnell vermehrt.<br />
Sendung nach Sendung brachte sie in unwirtliche Umgebungen, wo sie natürlich prompt eingingen.<br />
A<strong>ber</strong> jetzt haben sich die <strong>Guppys</strong> in vielen Teilen der Welt eingebürgert. Aus mehreren Gebieten der<br />
Tropen erhebt man den Anspruch, daß der Guppy immer schon dort heimisch gewesen sei.<br />
Mexikanische Ichthyologen, die die Art wildlebend vorfanden, widersprechen deshalb dieser Theorie<br />
der Einführung. Es ist zu bedauern, daß beim ersten Auffinden des Fisches keine Studien zum<br />
ursprünglichen Verbreitungsgebiet gemacht wurden. Später hat die Verpflanzung durch den<br />
Menschen dies unmöglich gemacht. In den Tropen ist der Guppy jetzt jedenfalls genau wie Mark<br />
Twains Yankee – allgegenwärtig. Man hat versucht, auch solche moskitoverseuchte Gewässer mit<br />
<strong>Guppys</strong> zu bevölkern, in denen nur im Sommer die Lebensbedingungen für ihn gegeben sind.<br />
Natürlich ohne Erfolg. Als Mückenlarvenvertilger haben sich Gambusen in wärmeren Gegenden als
tüchtiger erwiesen, ebenso wie die Elritze in kälteren Regionen. Daher hat man davon Abstand<br />
genommen, den Guppy in so großer Zahl zu verpflanzen wie früher.<br />
Angehörige vieler Nationen haben sich mit dem unscheinbaren Objekt unseres Interesses recht<br />
ausgiebig beschäftigt, was seine Reize und seine Anziehungskraft bestätigt. Wo auch immer in der<br />
weiten Welt heute von Menschen aller Rassen und Nationen Fische gehalten werden, nimmt der<br />
Guppy einen bedeutenden, wenn nicht den wichtigsten Platz unter den Fischen ein, die aus<br />
Liebha<strong>ber</strong>ei gezüchtet werden.<br />
Reize der <strong>Guppys</strong> für Liebha<strong>ber</strong><br />
Schönheit: Es gibt keinen schöneren männlichen Fisch, als gerade diese Gattung. Bestenfalls zeigen<br />
die Männchen anderer Arten gleichmäßige schöne Färbung, a<strong>ber</strong> dabei eine große Einförmigkeit,<br />
wodurch also ein Männchen wie das andere aussieht. In einem Becken mit <strong>Guppys</strong> dagegen sind alle<br />
Farbschattierungen lebhaft, klar, anmutig und zart vorhanden. Doch muß man Phantasie besitzen. ,<br />
und wenn man sie mit solchen Augen anschaut, ist jeder einzelne zau<strong>ber</strong>haft. Die Schönheit des<br />
<strong>Guppys</strong> verhält sich jedenfalls zu derjenigen anderer Aquarienfische – man könnte sagen – wie der<br />
Kontrast einer modernen zierlichen Armbanduhr zu einem altmodischen Wecker. Das Weibchen wird<br />
von vielen dagegen nicht als sonderlich schön angesehen. Zugegeben, die Wildform ist wenig<br />
anziehend gefärbt. Jedoch haben sich heutzutage die Guppy - Liebha<strong>ber</strong> schon sehr um eine<br />
Vervollkommnung verdient gemacht, so daß es <strong>ber</strong>eits schon Tiere mit leuchtend gefärbten Flossen in<br />
gold, blau und purpurrot gibt. Bei den Goldguppys und Albinos, Varianten der grauen Wildfarbe des<br />
Körpers, sind auch die Weibchen schöne Fische.<br />
Wie bei allen tropischen Fischen bringt auch hier die richtige Beleuchtung erst ihre volle Schönheit zur<br />
Geltung. Scharfe Augen lassen uns selbst die zartesten Farbtöne noch besser erkennen, und selbst<br />
der Farbblinde, der rot und grün als grau schattiert sieht, kann beim Anblick des <strong>Guppys</strong> noch sehr<br />
wohl alle anderen Farben und Schattierungen unterscheiden.<br />
Veredlungsmöglichkeiten<br />
Glücklicherweise gibt es viele Leute, die ein Talent besitzen, das andere leider entbehren, nämlich die<br />
Fähigkeit, die sie anspornt, lebende Wesen in ihrer Arteigenschaft zu vervollkommnen. Wieder andere<br />
sind zutiefst erfüllt von einer großen Liebe zur Natur. Allen, die eine dieser Gaben oder eine<br />
Verbindung beider besitzen, stellt der Guppy ein einzigartiges Versuchsobjekt dar. Wegen der großen<br />
Variationsbreite lassen sich unendlich viele Farbschläge erzielen. Jeder Züchter der Welt könnte allein<br />
für sich eine ganz bestimmte Form heranziehen. Wir werden noch im einzelnen näher behandeln,<br />
wenn wir einige der Variationen betrachten. Kein Fisch schenkt uns jedenfalls so viel Freude und<br />
Befriedigung, wie gerade dieser kleine Bursche.<br />
Belehrung<br />
Was könnte wohl ein besserer Natur – Anschauungsunterricht sein, als Tag für Tag zu beobachten,<br />
wie sich eine ganze Generation innerhalb weniger Monate entwickelt: Liebesspiele, Befruchtung,<br />
Trächtigkeit, Geburt, Fütterung, Krankheit, Feinde, Leben und Tod! Hier offenbart sich und die Natur<br />
all ihrer Schönheit. A<strong>ber</strong> das Studium endet nicht bloß damit, die Fische im Aquarium zu wissen. Bald<br />
muß man eifrig lernen.<br />
Viele Menschen, die niemals wußten, was Studieren bedeutet, lernten, wie sehr das Leben dadurch<br />
<strong>ber</strong>eichert wird. Was sind Daphinen? Könnte ich mir sie nicht sel<strong>ber</strong> ziehen? Wie würde sich das<br />
bewerkstelligen lassen? Wo leben Tubifex – Würmer? Man wälzt Bücher auf der Suche nach<br />
Beantwortung zahlreicher Fragen. So wird man lernbegierig und dieses Studium öffnet einem die Tür<br />
zum Leben. In einer der Jugend leichtverständlichen Form bietet der Guppy sozusagen einen<br />
Anschauungsunterricht des Lebens.<br />
Geringe Unkosten
Jedermann, ob jung oder alt, arm oder reich, ob Fahrstuhlführer oder Elektroingenieur kann sich die<br />
Guppy – Liebha<strong>ber</strong>ei leisten. Ein Litergefäß, eine Goldfischglocke, ein 10 -, 50 – oder 500 – Liter –<br />
Aquarium. Der eine züchtet beispielsweise seine kleinen Exoten in nur neunzehn 45 – Liter – Becken,<br />
ein anderer Meisterzüchter dagegen besitzt annähernd die gleiche Einrichtung. Wieder ein anderer<br />
besitzt vier 90 -–Liter – Becken in einem Raum seines Hauses, während er acht 12- Liter – Becken im<br />
Keller aufgestellt hat. Es gibt Tausende von Züchtern, die sogar mit einem einzigen Aquarium und<br />
mehreren kleinen Vollgläsern als Aufzuchtbecken zufriedengestellt sind.<br />
Auch die weitere Ausstattung braucht keineswegs kostspielig zu sein. Fast jeder findet in seinem<br />
Bekanntenkreise jemanden, der ein altes Aquarium auf dem Dachboden oder im Keller gern wieder in<br />
Benutzung gesehen hätte. Eine Zeitungsanzeige wird uns Angebote von Zubehörteilen aller Art<br />
bringen. Neue und alte Becken können natürlich auch in Zierfischgeschäften käuflich erworben<br />
werden. Alles zusammengenommen dürfte es wohl nur wenige derartige Steckenpferde geben, die<br />
uns nur so minimale Kosten <strong>ber</strong>eiten, vorausgesetzt natürlich, daß man nicht von sich aus viel Geld<br />
anwenden will, und selbst dann wird der größte Ausgabenposten der Ankauf von besonders<br />
wertvollen Zuchtfischen sein.<br />
Die erforderliche Zeit<br />
Der Liebha<strong>ber</strong> kann für sein Hobby täglich Stunden oder auch nur Minuten opfern. Wir haben<br />
beweisen können, daß bei Einhaltung eines gewissen Systems 80 Becken in täglich 15 Minuten an 6<br />
Tagen einer Woche und 4 Stunden am 7. Versorgt werden können. Wenn man dagegen keine<br />
lebende Algenvertilger hält und ängstlich darauf bedacht ist, die Scheiben stets blitzblank zu halten<br />
oder Schnecken mit der Hand entfernt, anstatt diese Arbeit zwei kleinen Cum<strong>ber</strong>land – Schildkröten<br />
zu ü<strong>ber</strong>lassen, wenn man weiterhin jeden Fisch geradezu bewacht, dann kann man allerdings gut und<br />
gerne einen halben Tag vor seinem Aquarium verbringen. Viele, die Freizeit im Ü<strong>ber</strong>fluß haben,<br />
machen es auch so und finden endlose Freude in ihrer Liebha<strong>ber</strong>ei.<br />
Fütterung – eine einfache Angelegenheit!<br />
Mit der Einführung fertiger Futterarten in Form von Trocken- oder Pastenfutter, erfordert die Fütterung<br />
nur noch einen Bruchteil der Zeit, die man früher dafür benötigte, als man ausschließlich Lebendfutter<br />
verwandte. Wem es Vergnügen <strong>ber</strong>eitet, seine Fische beim Fressen zu beobachten, kann sich bei der<br />
Fütterung genügend Zeit lassen. Entscheidend ist jedenfalls, daß die Fütterung nur wenig Zeit<br />
beansprucht. Man kann <strong>Guppys</strong> in 80 Becken in 4 Minuten füttern, das macht 3 Sekunden pro<br />
Becken!<br />
Hausgenossen<br />
Fast jeder einsame Mensch fühlt sich sofort wohler, wenn er irgend etwas Lebendes um sich hat. Das<br />
schafft ein gewisses Gemeinschaftsgefühl. Zugegeben, man beobachtet das Leben dann zwar in<br />
einer anderen Umgebung. Zugegeben sei auch, daß Fische niemals Spielgefährten werden können,<br />
wie z.B. Katzen und Hunde. Doch man kann sie wahrnehmen, sie leben und sie sind schön. Welch<br />
bessere Liebha<strong>ber</strong>ei könnte also schon für ältere Leute, Kranke oder Einsame gefunden werden.<br />
Anknüpfungspunkte für neue Freundschaften<br />
Kürzlich nahmen wir an einem Treffen einer Gesellschaft für tropische Zierfische teil, die 200<br />
Mitglieder hatte. Man stelle sich einmal die großartigen Möglichkeiten zur Anknüpfen neuer<br />
Freundschaften in solch einem Kreis vor. Alles aus dem gleichen Anlaß, nämlich in diesem Falle aus<br />
dem Interesse an den <strong>Guppys</strong>. Sie und ihre Freunde werden vielleicht einen Guppy – Klub gründen,<br />
auf Tümpeltouren gehen, gemeinsam Studien betreiben, Fische untereinander tauschen, kurzum: Ihr<br />
Leben um vieles <strong>ber</strong>eichern.<br />
Großer ideeller Wert<br />
Psychologen und Philosophen reden heutzutage viel ü<strong>ber</strong> Wertschätzung, und zweifellos ist<br />
Freundschaft von größter Bedeutung für viele Menschen. Glaubensgemeinschaften, ja sogar<br />
A<strong>ber</strong>glauben haben ihre gewissen Werte. Und so kann man auch wohl sagen, daß die <strong>Guppys</strong>, oder
auch nur ein Guppy – Pärchen allein, für den Liebha<strong>ber</strong> manchmal eine Bedeutung haben, die in<br />
keinem Verhältnis zu ihrem realen Wert stehen. Solch ein Liebha<strong>ber</strong> könnte sein ganzes Geld für<br />
diese Fische hingeben, auf deren Zucht er all seine Gedanken und Mühen, nicht selten sogar seine<br />
Liebe verwandt hat. Eine Frau zum Beispiel bestand darauf, 2 Dollar zu bezahlen, damit einer von uns<br />
käme, um ihren 10 -–Cent – Guppy zu heilen, obwohl man ihr ein halbes Dutzend wirklich schöner<br />
Exemplare als Ersatz anbot. Der 10 –Cent – Guppy bedeutete für die Frau eben einen Wert, der nicht<br />
mit Geld zu bezahlen war.<br />
Weitere Vorzüge des <strong>Guppys</strong><br />
Lebendgebärend: Viele Fischfreunde sind zunächst einmal schon insofern vom Guppy begeistert,<br />
weil er lebende Junge zur Welt bringt. Dieses ist eine der am meisten geschätzten Eigenschaften<br />
seiner Art.<br />
Schnelle Vermehrung: Ein gut gefüttertes Guppy – Weibchen hat oft ihren ersten Wurf schon im<br />
Alter von 90 Tagen, woraus sich die Dauer einer Generation ergibt. Neue Würfe erfolgen dann<br />
ungefähr alle vier Wochen.<br />
Keine Schäden durch Inzucht: Die meisten Fischarten leiden sehr durch Inzucht und werden kleiner<br />
oder unfruchtbar, manchmal sogar beides. Dem Guppy dagegen macht solches nichts aus. Gerade<br />
diesem Umstand verdanken wir die Entwicklung neuer Zuchtformen. Gleichzeitig erschließt er uns die<br />
Möglichkeit des Vererbung – Studiums.<br />
Polygamie: Ein kräftiges Männchen kann viele Weibchen befruchten. Daher braucht man die Fische<br />
nicht paarweise zur Zucht ansetzen. Hochzucht und Festigung der Stämme wird so noch<br />
nachdrücklicher erzielt.<br />
Unbegrenzte Anpassung an die verschiedensten Lebensbedingungen: Man kann sie in Behältern von<br />
nahezu jeder Größe und Form züchten. Das Wasser, in dem die <strong>Guppys</strong> gedeihen, braucht bezüglich<br />
Säuregehalt, Neutralität und Alkalität nicht konstant zu sein, wie es bei vielen anderen Fischen<br />
erforderlich ist. Zwischen 16 -–38° C halten sie selbst größte Temperaturunterschiede aus, also eine<br />
Skala von fast 20 Grad. Das ist allerdings dann auch die Höchstgrenze.<br />
Die unregelmäßige Fütterung schadet nichts: Während einige Fische von regelmäßiger Fütterung<br />
geradezu abhängig sind, macht es dem Guppy nichts aus, in völlig unregelmäßigen Zeitabständen<br />
gefüttert zu werden. Als Allesfresser vertilgen sie in Hungerzeiten Algen, winzige Wassertiere und<br />
Pflanzen, die für unser Auge nicht sichtbar sind. Manche fressen allerdings auch, wenn sie hungrig<br />
sind, die Jungen irgendeines Weibchens.<br />
Nicht wählerisch im Futter: Die Verschiedenheit der Nahrung, bei der die <strong>Guppys</strong> immer noch<br />
gedeihen, ist recht extrem. Ist die eine Futterart knapp, nimmt man einfach eine andere. Eine Mahlzeit<br />
mag zum Beispiel aus Trockenfutter bestehen, die nächste meinethalben aus Tubifex und dann<br />
vielleicht Daphinen. Sie sind keineswegs verwöhnt, wie unsere Haustiere oder viele andere<br />
Fischarten.<br />
Keine Schreckhaftigkeit: Hin und wieder gibt es wohl ein scheues Weibchen, a<strong>ber</strong> 99% aller <strong>Guppys</strong><br />
sind nicht schreckhaft.<br />
Anfälligkeit für nur wenige Krankheiten: Gegen die meisten der wenigen Krankheiten, die die Art<br />
befallen, haben wir – wenn sie rechtzeitig angewandt werden – geeignete Heilmittel. Jedenfalls gibt es<br />
für sie nur wenige Krankheiten. Krebs, der Fluch einiger anderen Fischarten, tritt bei <strong>Guppys</strong> nur<br />
selten auf.<br />
Nichtstreitsüchtig: Viele Männchen und Weibchen können in harmonischer Eintracht dauernd gehalten<br />
werden. Es kommt nur selten vor, daß einige Weibchen ein zänkisches Wesen zeigen, und das es zu<br />
Beißereien untereinander kommt. Doch dabei wird niemand verletzt, und bald ist der Friede wieder<br />
hergestellt. Manchmal umschwärmen ein Dutzend Männchen ein einzelnes Weibchen, ohne daß sie<br />
aufeinander eifersüchtig sind.
Immer wieder Mutationen: Diese außerordentliche wichtige Tatsache sei nicht zuletzt erwähnt, da sie<br />
wahrscheinlich die grundlegende Ursache für die Beliebtheit des Fisches ist. Wir werden uns in Kapitel<br />
V im einzelnen noch näher damit befassen.<br />
Die Anatomie des Guppy<br />
Das Leben im Wasser hat mannigfache Formen entwickelt. Von den knochenlosen Gallerten aus<br />
weichem Protoplasmen vertreten durch Quallen ü<strong>ber</strong> die niedrigen und höheren Krebsen, zu den<br />
primitiven Fischen mit knorpeliger Wirbelsäule und solchen mit echten Skelettknochen, bis hinauf zu<br />
den hochentwickelten Lebensformen, die gleichermaßen im Wasser schwimmen, als auch mit<br />
flügelartigen Flossen ü<strong>ber</strong> den Wellen segeln können. Der Guppy ist einer der kleineren Vertreter der<br />
ungeheuer mannigfaltigen Arten der großen Fischfamilie. Er lebt im tropischen Warmwasser, kann<br />
a<strong>ber</strong> auch Brackwasser vertragen und gehört – wie wir schon gesehen haben – zur Familie der<br />
Zehnkarpfen.<br />
Seine Färbung verdankt der Guppy mikroskopisch kleinen Farbflecken, die in die Haut eingelagert<br />
sind und Melanophoren genannt werden. Die große Verschiedenheit der uns bekannten Rassen<br />
resultiert aus Anzahl und Anordnung dieser Farbkleckse, die mit Ausnahme bei den am längsten<br />
durch Inzucht fortgepflanzten Exemplaren auftreten.<br />
Die äußere Form des Fisches wird durch das Skelett bedingt. Die Wirbelsäule läuft vom Kopf bis zum<br />
Schwanz.<br />
Sie wird aus einer großen Zahl feiner, durchlöcherter Knochen – Wirbel genannt – gebildet. Der Kopf<br />
mit Gehirnschale oder Schädel stellt den vorderen Abschluß der Wirbelsäule dar. O<strong>ber</strong> – und<br />
Unterkiefer sind aus Knochen gebildet. Die Rippen, mit der Wirbelsäule verbunden, schützen die<br />
meisten Organe, wie das auch bei uns der Fall ist. An verschiedenen Stellen des Körpers sind Flossen<br />
angesetzt. Becken – und Schultergürtel stützen die paarigen Flossen. Zwei Knochenplatten auf jeder<br />
Seite des Kopfes decken die Kiemen ab.<br />
Die Rückenflosse des <strong>Guppys</strong> ist oft die Krönung des ganzen Fisches, zumal sie sich gerade am<br />
höchsten Punkt der Wirbelsäule hochrichtet oder schwungvoll abwärts senkt. Oft genug erstreckt sie<br />
sich auch – besonders bei manchen Rassen und Formen – bis ü<strong>ber</strong> das Ende des Schwanzes. Die<br />
beiden dreieckigen Flossen an den Seiten kurz hinter dem Kopf werden Brustflossen genannt. Der<br />
Körper endet in der Schwanz – oder Caudalflosse. Die Flossen an der Unterseite des Körpers heißen<br />
je nach Anordnung: in der Mitte die Bauchflossen, auch Ventralen genannt, weiter hinten die einzelne<br />
After – oder Analflosse, die eigentlich eine doppelte Reihe von Flossenstrahlen enthält, doch so nahe<br />
aneinandergelegt, daß sie wie eine einzige erscheinen.<br />
Die Flossen werden durch zwei Arten von Strahlen gestützt. Die eine Art ist hart und unverzweigt, die<br />
andere dagegen weich und verzweigt, mit Segmenten. Die Schwimmbewegung wird fast<br />
ausschließlich durch den Schwanz ausgeführt, und zwar durch Bewegung desselben in Form einer<br />
Acht. Alle anderen Flossen unterstützen die Aufwärts – und Abwärtsbewegungen des Fisches und<br />
seine Gleichgewichtslage. Beobachten Sie sel<strong>ber</strong> einmal einen Guppy, und Sie werden feststellen,<br />
daß er sich hauptsächlich durch Körperwendungen in die eine oder andere Richtung dreht.<br />
Verdauungssystem<br />
Guppy haben bezahnte Kiefer und Gaumen. In der Mundhöhle befindet sich eine Zunge; dahinter der<br />
Schlund. Zu beiden Seiten des Schlundes lassen Kiemenschlitze Wasser in die Kiemenhöhle. Vom<br />
Schlund zum umfangreichen Magen führt eine kurze Speiseröhre, Oesophagus genannt. Vom Magen<br />
aus befördern die Eingeweide die verdaute Nahrung auf vielfach gewundenem Wege bis zum After,<br />
dessen Öffnung sich dicht vor der Afterflosse befindet. Zur Verdauung sondert die Le<strong>ber</strong> des Guppy<br />
Galle ab, wohingegen die Milz bei der Reinigung des Blutes hilft. Wie sich aus dem täglichen großen<br />
Nahrungsverbrauch des <strong>Guppys</strong> ergibt, verläuft die Verdauung sehr rasch.<br />
Blutkreislauf
Das Hez ist wesentlich anders gebaut als das der Säugetiere. Es hat zwei Herzkammern an Stelle von<br />
vier, Herzrohr und Ventrikel genannt. Das zirkulierende Blut wird beim Kontrahieren des Herzens aus<br />
dem Ventrikel in die Kiemen gedrückt, wo es Sauerstoff aufnimmt und Kohlensäure abgibt. Das mit<br />
Sauerstoff angereicherte Blut wird in die Rückenarterie – die sich in kleine und kleinste Gefäße<br />
verzweigt – durch den ganzen Körper gepumpt. Das Blut gibt in den feinsten Gefäßen den Sauerstoff<br />
ab und nimmt Kohlensäure und Abfallprodukte wieder auf. Es fließt dann durch die Venen zum Herzen<br />
wieder zurück. Neben den Venen sorgen auch die Lymphgefäße dafür, das Blut aus den feinsten<br />
Gefäßen wieder zum Herzen zu transportieren, um von dort aus wieder in die Kiemen gepumpt zu<br />
werden.<br />
Die Kiemen, die dem Fisch als Organ für den Sauerstoff – Kohlensäure – Austausch dienen, werden<br />
wegen ihrer exponierten Lage leicht von Krankheiten befallen. Jede Kieme besteht aus einem<br />
Knochenbogen, der an seiner Außenfläche zahnartige Gebilde aufweist, Kiemenrechen genannt. Er<br />
besitzt an der Hinterseite oder auf der hinteren O<strong>ber</strong>fläche Kiemenblättchen, die dauernd von Wasser<br />
umschlossen werden, das vom Maul aus durch die Kiemenöffnung gepreßt werden.<br />
Die Schwimmblase<br />
Der Guppy hält sein Gleichgewicht und seine Position im Wasser mit Hilfe einer Luftblase im Inneren<br />
des Körpers. Zahlreiche Blutgefäße durchziehen die Blasenwand und helfen, den gasförmigen Inhalt<br />
aufrechtzuerhalten, indem sie die zugeführte Sauerstoffmenge so regulieren, daß sowohl die<br />
Schwimmblase ein Luftreservoir bildet, als auch ein Organ ist, das den Fisch in die Lage versetzt, sich<br />
dem Wasserdruck anzupassen. Versuche haben gezeigt, daß das Gas in der Schwimmblase einen<br />
höheren Prozentsatz Kohlensäure enthält, als die normale Atmosphäre.<br />
Fortpflanzungssystem<br />
Die eierlegenden Fische werden ovipar genannt. Diejenigen, die ähnlich wie die Säugetiere lebende<br />
Junge zur Welt bringen, nennt man vivipar. Die Arten jedoch, deren Eier im Mutterkörper reifen und<br />
deren Jungen bei der Geburt aus dem Ei schlüpfen, werden als ovovivpar bezeichnet. Die Eierstöcke<br />
werden von winzig kleinen Zellen, den Keimepithelien, durchzogen, die sich teilen und so die<br />
Nachkommenschaft entstehen lassen. Nach erneuter Spaltung und Entwicklung werden sie zu Eiern,<br />
a<strong>ber</strong> erst, nachdem sie im Laufe dieses Prozesses einen Dotter ausgebildet haben. Die Embryonen<br />
daraus werden innerhalb des Mutterkörpers aus der Nahrung im Ei ernährt; nicht dagegen ü<strong>ber</strong> die<br />
Placenta im mütterlichen Uterus. Die Jungen werden durch winzige Venen des Mutterkörpers mit<br />
Sauerstoff versorgt und geben die Kohlensäure wieder ab und zwar durch die enge Verbindung von<br />
winzig kleinen Kapillaren in den Wänden der Follikel, in denen sie sich entwickelten.<br />
Ein kurzer Verbindungsgang leitet die winzigen vollentwickelten Embryonen, wie die Jungen genannt<br />
werden, im Augenblick der Geburt zur Geschlechtsöffnung. Dort scheinen sie sich gleichsam<br />
aufzurollen und werden dann in die <strong>ber</strong>gende Sicherheit der Pflanzen abgestoßen. Oder a<strong>ber</strong> sie<br />
liegen bewegungslos auf dem Sand oder Kies des Bodens. Ihre ersten selbständigen Bewegungen<br />
tragen sie stets abwärts, und dort rasten sie eine ganze Weile, bevor sie sich weiterbewegen. Im<br />
Becken, sondern sie sich in kleinen Gruppen eine ganze Zeitlang von den größeren Fischen ab.
Der männliche Guppy ist – ebenso wie andere lebendgebärende Fische – mit einem Begattungsorgan<br />
(Gonopodium) versehen. Bei der Geburt ist die Afterflosse des Männchens der des Weibchens noch<br />
ähnlich. Mit zunehmendem Wachstum verändert sie sich a<strong>ber</strong> langsam, so daß sie im Ruhestadium<br />
dünner und länger erscheint als die des Weibchens. Der Flossenansatz am Körper differiert bei den<br />
beiden Geschlechtern dann ebenfalls. Die männliche Flosse rückt mit dem Größerwerden immer<br />
weiter nach vorn. Nach Entwicklungsabschluß sind die neun Flossenstrahlen dicht aneinandergerückt.<br />
Am Ende des längsten Strahls, es ist der dritte, befindet sich ein Häutchen mit einem nach hinten<br />
gerichteten Haken. Dieses Häutchen faltet sich ü<strong>ber</strong> dem Gonopodium. Es befindet sich in ihm a<strong>ber</strong><br />
keine Röhre, wie so oft irrigerweise angenommen wird. Das Geschlechtsorgan liegt dicht hinter dem<br />
After.<br />
Vor dem After befinden sich zwei von den Beckenknochen gestützte Bauchflossen, die sich von<br />
denen des Weibchen ebenfalls merklich unterscheiden.<br />
Die Begattung vollzieht sich in der Weise, daß die drei umgebildeten Flossen nach vorn schwingen,<br />
sich möglicherweise den Bruchteil einer Sekunde <strong>ber</strong>ühren, und so eine Röhre bilden, durch welche<br />
dann die männlichen Spermien in das weibliche Geschlechtsorgan eingeführt werden.<br />
Beim Männchen wird das Organ, in dem sich das Keimplasma sammelt und das Sperma bildet,<br />
Samendrüsen genannt. Eine kurze Röhre verbindet die inneren Geschlechtsorgane mit den äußeren.<br />
Die Spermatogenese, wie das Reifen des Spermas vom Keimplasma an genannt wird, unterscheidet<br />
sich erheblich von dem Vorgang bei den Säugetieren. Die Samendrüsen sind mit Gewebe angefüllt,<br />
das sich aus Keimplasmazellen (Primordiale Geschlechtszellen) zusammensetzt. Während der
ganzen Zeit des Teilungsprozesses bringen die Zellen immer mehr ihrer Art hervor. Man nahm an,<br />
daß sie sich einmal verausgaben müßten. Jedoch haben Versuche von Zellverpflanzungen bei<br />
Säugetieren gezeigt, daß das Keimplasma unvergänglich ist. Es scheint sich nur zu verausgaben,<br />
wenn das Tier altert.<br />
Die ersten Zellen, die durch die Urgeschlechtszellen gebildet werden, nennt man Spermatocyten.<br />
Diese wiederum bilden sich zu Zellen um, die mit einem Schwänzchen versehen sind, die der<br />
Fortbewegung dienen. Die letztgenannten Zellen werden kurz Spermien genannt. Sie liegen eng<br />
geordnet in Zellkammern, Spermatocysten genannt. Bei den Säugetieren befindet sich das Sperma in<br />
Samenkanälchen mit der Kopfseite nach außen und dem Schwanz nach innen gerichtet. Es bewegt<br />
sich in großen Mengen durch den Samenleiter, wie das Kanälchen genannt wird. A<strong>ber</strong> beim<br />
männlichen Guppy bleiben sie ballenförmig zusammengeklebt in sogenannten Spermatophoren. Nicht<br />
also Massen von losem Sperma, wie bei Säugetieren, sondern eine Kette von Spermatophoren<br />
verläßt den Samenleiter in einen Raum dicht an der Außenseite.<br />
Wie wir schon beobachtet haben, ist die doppelte Afterflosse des Männchens so modifiziert, daß sie<br />
eine Vorwärtsbewegung machen kann, um so eine Durchgangsröhre für die Spermien zu bilden. Der<br />
Vorgang der Spermaausschüttung geht derart rasch vor sich, daß das menschliche Auge nicht folgen<br />
kann. Der Zau<strong>ber</strong>er, der uns mit seinen blitzschnellen Manipulationen blufft, ist schleichend langsam,<br />
verglichen mit den Bewegungen des männlichen <strong>Guppys</strong>. Die Samenträger werden in die weibliche<br />
Geschlechtsöffnung hineingestoßen, und, sind sie erst einmal dort eingetreten, zum Eileiter befördert.<br />
Der Körper des Weibchens entwickelt die Eier. Die Röhre, welche die männlichen Spermien aufnimmt<br />
und zu den Eierstöcken weiterleitet, bezeichnet man mit Eileiter oder Ovidukt. Dieser Name ist<br />
allerdings nicht ganz zutreffend, denn Ovidukt bedeutet „Weiterleiten des Eies“ – und <strong>Guppys</strong> legen ja<br />
gar keine Eier.<br />
Im Eileiter werden die Spermien von der sie umschließenden Haut befreit. Man nimmt an, daß die von<br />
dem Weibchen ausgeschiedenen Sekrete diese Haut aufweichen und so die Spermien freimachen.<br />
Das Sperma gelangt dann in die Falten des Uterus und wartet hier auf die ankommenden reifen Eier,<br />
um sie zu befruchten.<br />
Die Eibildung ist der Spermienbildung nicht unähnlich. Einige der Urzellen teilen sich, ihr Produkt teilt<br />
sich erneut und bildet dann die Eier. Die Anzahl der Eier ist der entscheidende Faktor für die Anzahl<br />
der schlüpfenden Jungen. Tausende von Spermien sind für ein Ei bestimmt. Die Natur bildet nur sehr<br />
sparsam, ist dagegen mit Spermien ungeheuer verschwenderisch. Bei einer männlichen<br />
Samenentleerung der meisten männlichen Säugetiere werden zehn Millionen oder mehr Spermien<br />
abgestoßen. Im Falle des <strong>Guppys</strong> ist es jedoch unbekannt, wieviel in den Körpers des Weibchens<br />
eindringen. Die Anzahl der Spermien muß jedoch sehr groß sein, weil nach einer einzigen Begattung<br />
annähernd acht Monate lang Wurf nach Wurf hervorgebracht werden kann. Beim Säugetier dagegen<br />
lebt das Sperma nur wenige Tage im Uterus des Weibchens.<br />
Die Befruchtung beim Guppy ist ein äußerst interessanter Vorgang. Die Spermien dringen in die<br />
Eierstöcke ein und warten auf den ersten Schub der reifen Eier. Jeder folgende Schub Eier wird nicht<br />
eher reif zur Vereinigung mit den wartenden Samen, bevor nicht das allerletzte Ei des<br />
vorhergehenden Schubes den Körper des Fisches als lebender Embryo verlassen hat. Nach dem<br />
Abstoßen des ersten Wurfs entwickeln sich die neuen Eier rasch und werden durch das schon<br />
vorhandene Sperma befruchtet. Forschungen haben ergeben, daß die Spermien im weiblichen Körper<br />
ü<strong>ber</strong> acht Monate „ruhen“ können und dennoch befruchtungsfähig bleiben.<br />
Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften des Weibchens ist wohl ihr Vermögen, eine große<br />
Anzahl von Jungen vor und nach der Geburt in sich zu tragen. Wenngleich das Weibchen auch<br />
verhältnismäßig groß erscheint, so ist es doch erstaunlich, wie z.B. 75 Junge mitsamt ihrer<br />
Embryonalhaut auf so kleinen Platz verpackt sein können. Und ebenso interessant ist die Frage, wie<br />
sie diese Menge in ihrem Magen unterbringen kann. Wir beobachteten ein Guppy – Weibchen, das<br />
seine Jungen ebensoschnell wieder auffraß, wie es sie gebar. Wenn ein Weibchen seine Jungen in<br />
einem Schwarm ruhig um sich her schwimmen hat, jedoch dabei gestört wird, so wird man kurz darauf<br />
keine Spur der Nachkommenschaft mehr finden. Vor allem a<strong>ber</strong> liegt der Grund, die Jungen zu<br />
fressen, im Hunger der Mutter.
Eines der wichtigsten Probleme ist die Frage, ob ein Weibchen, das <strong>ber</strong>eits von einem Männchen<br />
befruchtet wurde, auch noch von einem zweiten oder dritten Männchen befruchtet werden kann. Wir<br />
haben versuchsweise ein goldgezeichnetes Weibchen mit einem ebensolchen Männchen gepaart.<br />
Während das Weibchen ihre ersten gold – gezeichneten Jungen zur Welt brachten, wurden einige<br />
junge Männchen von natürlicher Farbe ins Becken gesetzt. Der nächste Wurf enthielt keine<br />
Goldvariation. Die Spermien der naturfarbenen Männchen hatten die Eier befruchtet. Der Versuch<br />
wurde viele Male mit demselben Ergebnis wiederholt. Auch als wir später die Gold – Guppy –<br />
Weibchen durch Albinoweibchen ersetzten, hatten wir dieselbe Resultate.<br />
Will man einen Schluß daraus ziehen, so läßt sich folgendes sagen: Wird ein Weibchen mit einem<br />
bestimmten Männchen gepaart, so kann das Sperma dieses Männchen alle Eier befruchten, a<strong>ber</strong><br />
wenn zur Zeit der Geburt das Weibchen mit einem anderen Männchen zusammengesetzt wird, so<br />
befruchtet höchstwahrscheinlich das frischere Sperma dieses Männchen den nächsten Schub Eier.<br />
Dieses Resultat ist für die Zucht von eminentem Wert.<br />
Die Trächtigkeitsperiode beträgt 22 bis 24 Tage, und zwar bezeichnet man damit die Zeitspanne<br />
zwischen Befruchtung und Geburt. Unter den günstigen Bedingungen erblickt also alle 27 bis 30 Tage<br />
eine neue Brut das Licht der Welt. Die fünf bis sechs Tage Unterschied werden für die Zeit <strong>ber</strong>echnet,<br />
die für die Entwicklung der Eier einer Befruchtungsperiode nötig ist. Nach 30 bis 35 Tagen lassen sich<br />
<strong>ber</strong>eits die Geschlechter unterscheiden. Der Körper der größeren Weibchen bekommt dann den<br />
Trächtigkeitsfleck, den die Männchen nicht aufweisen. Bei den Männchen zeigt sich a<strong>ber</strong> <strong>ber</strong>eits die<br />
Ausbildung des Geschlechtsorganes. Deutliche Farbpunkte oder schwarze Flecken können vom 40.<br />
Tage an festgestellt werden. Bei schnellwachsenden Arten zeigen sich die Schwanzfarben schon<br />
nach 28 Tagen. Es bestehen diesbezüglich große Unterschiede. Einige reifen <strong>ber</strong>eits zwei Wochen<br />
früher aus als andere. Schnellwachsende Männchen fangen <strong>ber</strong>eits nach 28 Tagen an, Farbe zu<br />
entwickeln. In Versuchen ließ sich nachweisen, daß die charakteristische Schwarz – Rot – Gelb-<br />
Pigmentierung von Hormonen abhängig zu sein scheint, die in Drüsen erzeugt werden. Das ist eine<br />
sehr wichtige Wahrnehmung. Die weiblichen Hormone hemmen die Farbentwicklung, wie sie beim<br />
Männchen auftritt. Weibchen, die männliche Hormone injiziert bekommen, entwickeln männliche<br />
Eigenschaften. Unreife Weibchen können das Sperma reifer Männchen so lange bei sich tragen, bis<br />
sie selbst reif sind. Darum ist es notwendig, alle erwachsenen Männchen aus dem Zuchtbecken mit<br />
Jungbrut herauszuhalten, oder a<strong>ber</strong> man muß die Jungen gleich nach der Geburt in ein anderes<br />
Becken setzen.<br />
Das unbefruchtete Guppy – Weibchen hat alle 4 bis 6 Tage eine Periode, während welcher es das<br />
Männchen annimmt. Dies hat man durch Beobachtungen festgestellt und fernerhin bemerkt, daß,<br />
wenn die Temperatur 27 Grad beträgt, jedes Weibchen eine Schrägstellung im Wasser einnimmt. Im<br />
kalten Wasser ändert das Weibchen selten seine Stellung, obgleich die Männchen es weiterhin<br />
verfolgen, dies sogar, wenn äußerlich kein Sexual – Rhythmus erscheint, noch möglicherweise innere<br />
Veränderungen auftreten. Alles erreichbare Beweismaterial ü<strong>ber</strong>zeugt davon, daß <strong>Guppys</strong> in warmen<br />
tropischen Gewässern fruchtbarer sind.<br />
Man nimmt an, daß das Männchen einen Tag nach Unterbringung im Becken eine Substanz<br />
absondert, die veranlaßt, daß das Weibchen die Schrägstellung auch im Wasser unter 27 Grad<br />
einnimmt. Manche Züchter stimmten in der Ansicht ü<strong>ber</strong>ein, daß sie bei begattungsscheuen Weibchen<br />
bessere Resultate erzielen, wenn sie viele Männchen zu diesem Weibchen ins Zuchtbecken bringen.<br />
Es ist vielleicht dieser unbekannten, vom Männchen produzierten Substanz zuzuschreiben, daß dann<br />
mehr Aussicht besteht, solche Weibchen zur Befruchtung geneigter zu machen.<br />
Das Nervensystem<br />
Der Guppy hat alle Sinnesorgane der Säugetiere und vielleicht noch andere, die wir bei diesen gar<br />
nicht finden. Das Gehirn ist das Hauptwahrnehmungs – und Empfindungsorgan. Das Rückenmark<br />
läuft durch den Rückenmarkskanal der Wirbelsäule. <strong>Guppys</strong> riechen mit den Endungen der<br />
Riechnerven. Der Riechnerv verbindet die Nasenhöhle mit dem Gehirn. Der Vorgang des Riechens ist<br />
jedoch nicht mit dem Atemsystem gekoppelt. <strong>Guppys</strong> hören durch zwei geschlossene Höhlungen auf<br />
beiden Seiten des Kopfes. Die Höhlungen enthalten Gehörsteinchen (Otolithen), die die Schallwellen<br />
ü<strong>ber</strong>tragen. Sie fühlen mittels in die Haut eingelagerter Nervenverbindungen und der<br />
Seitenlinienorgane, die wir bei allen Fischen wiederfinden. Sie schmecken ihr Futter. Das<br />
Gleichgewichtsempfinden wird anscheinend durch die Gehörsteinchen ermöglicht.
Durch die Regenerationsfähigkeit der Nerven geben die <strong>Guppys</strong> für Neurologen wertvolles<br />
Versuchsmaterial ab. Unbeschadet läßt sich nämlich das Rückenmark durchschneiden. Es regeneriert<br />
sich innerhalb kürzester Frist wieder – manchmal schon am dritten Tage nach Ausführung der<br />
Operation.<br />
Das Ausscheidungssystem<br />
Die Nieren filtrieren das Blut und entfernen daraus die ü<strong>ber</strong>schüssigen Abfallprodukte, die ü<strong>ber</strong> die<br />
Harnleiter zur Blase gelangen. Niere sowie Blase sind beides kleine Organe. Die Blase entlädt sich<br />
durch die Kloake genau hinter dem After. Das Blut trägt die Abfallgase in die Kiemen, durch die sie in<br />
das Wasser abgeführt werden.<br />
Notwendige technische Hilfsmittel<br />
Was benötigt man nun eigentlich zur Aufzucht von <strong>Guppys</strong>? Zunächst sehr wenig! Ein Einmachglas<br />
von einigen Litern, versehen mit Kies und Pflanzen und dann noch ein Fangnetz sichern <strong>ber</strong>eits den<br />
besten Erfolg. Noch besser und rationeller kann man es natürlich machen, wenn man sorgfältig die<br />
Ausrüstung zusammenstellt. Nachdem ich viele Guppy – Liebha<strong>ber</strong> kennengelernt und ihre<br />
Gebrauchsmaterialien studiert habe, versuchte ich eine Anlage ausschließlich für Guppy – Zucht in<br />
der zweckentsprechendsten Form zu gestalten. Und dies nun ist die Einrichtung, für die ich mich<br />
entschloß. Nach mehren Jahren der Erprobung sehe ich jetzt nur noch wenige<br />
Verbesserungsmöglichkeiten.<br />
Becken<br />
Unsere eigenen Becken enthalten 45 und 68 Liter. Ein anderer hat 8 und 40 – Liter – Becken, der<br />
nächste wiederum 45 und 68 Liter – Becken. Der eine hat ein Auto – Luftkompressor installiert, der<br />
andere wiederum benutzt verschiedene kleine Pumpen. Wir haben Leuchtstoffröhren und Glühlampen<br />
ausprobiert. Der Pflanzenwuchs ist bei der verschiedenartigen Beleuchtung natürlich unterschiedlich.<br />
Jetzt, wo Sie dieses Buch lesen, benutzen wir beide gerade ausschließlich Glühlampen und zwar eine<br />
35 – Watt – Lampe mit Reflektor ü<strong>ber</strong> jedem großen Becken.<br />
Ein Liebha<strong>ber</strong>, der nur einen Stamm züchtet, mag gut und gerne mit 6 oder 8 Becken auskommen.<br />
Ein Anfänger kann <strong>Guppys</strong> sogar in ein paar großen Mayonnaise – Gläsern aufziehen, die er<br />
freundlicher von einem Gastronomen bekommen hat, und vermag so einige Fische erfolgreich zu<br />
halten, voraus natürlich, daß er eine Möglichkeit hat, die Temperatur zu regulieren, und nicht zuviel<br />
Fische in seinen Gläsern hält, da dann künstliche Durchlüftung nötig ist.<br />
Es sind jedoch nur wenige Liebha<strong>ber</strong> mit derartigem Behelf zufrieden. Wenn die Zahl der <strong>Guppys</strong><br />
wächst, so steigt auch der Bedarf an einer besser durchdachten Einrichtung. Die vielen kleinen<br />
Erfindungen aus der Branche des Zierfischhandels verführen einen Zierfischfreund leicht zu<br />
Anschaffungen. Man kann nur schweren Herzens die Kataloge wieder schließen, die all die<br />
interessanten Sortimente und nützlichen Dinge enthalten, wie z. B.: teure Pflanzen, Heilmittel,<br />
Pumpen, Filter, Ablaichkästen. Der nächste Schritt des Fischliebha<strong>ber</strong>s ist zu nächst einmal ein<br />
großes Becken. Er kann aus rostfreiem Stahl oder ein Schwarzblech – Gestell sein. A<strong>ber</strong> es muß eine<br />
automatische Vorrichtung haben, die Temperatur zu kontrollieren. Hierzu gehört ein Heizer mit einem<br />
Thermostaten oder eine Röhre, die beide Prinzipien in sich vereinigt. Dann selbstverständlich noch<br />
eine O<strong>ber</strong>leuchte mit Reflektor, und es ist dafür gesorgt, daß sich die Fische in allerprächtigsten<br />
Farben zeigen.<br />
Wasser<br />
...... ist ein schwieriges Problem! Wer einen kristallklaren, schnellfließenden Bach kennt, dessen<br />
Wasser sich als passend für <strong>Guppys</strong> erwiesen hat, verfügt gewöhnlich ü<strong>ber</strong> das beste Wasser.<br />
Entchlortes Wasser aus den großen Stadt – Reservoiren ist auch gut. Wasser aus artesischen<br />
Brunnen tötet die Fische oft sehr schnell. Quellwasser ist auch nicht immer verläßlich, ebensowenig<br />
Wasser aus Bächen, die Ablagerungen von Mineralien durchfließen. Ein Kenner behauptet, daß das<br />
Wasser, in dem Nitella wächst und gedeiht, das Gegebene sei. Dies dürfte ein ausgezeichneter<br />
Prüfstein sein. Man sollte es ausprobieren. Einige Liebha<strong>ber</strong> unterhalten mit Glas ausgekleidete
Speicherbecken, die sie mit gechlortem Leitungswasser füllen und es darin abstehen lassen, bis sich<br />
das Chlor ausgeschieden hat. Dann erst leitet man es direkt in die Becken, um das vorher mit einem<br />
Saughe<strong>ber</strong> abgelassene Wasser zu ersetzen. Niemals tue man <strong>Guppys</strong> in Wasser, das durch<br />
Tonschlamm verschmutzt ist. Schon 2% können in zwei Stunden zur Erstickung führen, indem<br />
nämlich die Kiemen mit Schlamm verklebt werden. Die <strong>Guppys</strong> erscheinen dann an der O<strong>ber</strong>fläche,<br />
ringen nach Luft und schwimmen auf der Seite, alles Beweise ihres schlimmen Zustandes.<br />
Es ist durchaus möglich, daß sich die <strong>Guppys</strong> in ihrer heimatlichen Umgebung nicht das ganze Jahr<br />
ü<strong>ber</strong> im gleichen Maße vermehren. Ihre Fortpflanzungsgewohnheiten werden höchstwahrscheinlich im<br />
hohen Maße von der Nahrungsmenge und den Wasserverhältnissen beeinflußt. Während der<br />
Trockenperiode gelangt wesentlich weniger Frischwasser in die Ströme und Teiche, in denen sie<br />
leben. Das Wasser wird dann zeitweilig stagnant. In der feuchten Jahreszeit dagegen frischt neu<br />
hinzufließendes Wasser, zum Teil Regenwasser, also praktisch destilliertes Wasser, den Lebensraum<br />
der <strong>Guppys</strong> wieder auf und damit ebenso den kleinen Fisch selbst. Und gleichermaßen wie sich das<br />
Wasser wieder einstellt, so natürlich auch wieder das Futter.<br />
Wie wenige Aquarianer denken a<strong>ber</strong> wohl daran, ihre <strong>Guppys</strong> im Altwasser mit zugefügtem<br />
Frischwasser wieder zu beleben? Wenn es den Guppy nicht so gut geht, empfiehlt es sich dringend,<br />
diese Behandlung anzuwenden, und sehr schnell wird man dann die Wiedererweckung aus einem<br />
Stadium der Apathie beobachten können. Kurz gesagt: Die armen kleinen <strong>Guppys</strong> warten das ganze<br />
Jahr hindurch auf die Regenzeit, a<strong>ber</strong> sie kommt einfach nicht.<br />
Wasserwechsel im Becken<br />
Wenn man Wasser direkt in ein gut bepflanztes Becken gießt, kann es einem passieren, daß man<br />
tiefe Löcher im Kies verursacht, die Pflanzen herausspült und Wirbel sowie Trübungen im Wasser<br />
erzeugt. All dies kann man in verschiedener Weise vermeiden:<br />
1.) Man halte die Hand muldenförmig unter die Wassero<strong>ber</strong>fläche und gieße dort Wasser hinein.<br />
2.) Zwei verschieden große Netze werden ineinandergegeben, untergetaucht und dort hinein wird<br />
das Wasser gegossen.<br />
3.) Gute Dienste leistet auch ein Ausguß einer Kanne angebrachtes Moskitonetz, welches man<br />
zweckmäßigerweise zu einer 15 cm langen Rolle zusammendreht, mit etwas Stoff umwickelt, der<br />
Länge nach zusammennäht und mit einem Ende ü<strong>ber</strong> das Gießrohr der Kanne steckt. Damit sich<br />
keine Störungen im Becken bemerkbar machen, taucht man dann diese verlängerte Stoffröhre<br />
während des Gießens ins Wasser.<br />
Wenn das Wasser eines Beckens einmal sein kristallklares Aussehen verliert, so ist die Beobachtung<br />
der meisten Vorgänge sehr beeinträchtigt, die zu erkennen für uns von eminenter Wichtigkeit sind.<br />
Diese Wassertrübung, die alles verschleiert, kann mancherlei Ursachen haben.
In jedem Becken sammeln sich Abfallprodukte aller Art, wie z. B. unverwertete Nahrung, Exkremente<br />
von Fischen, Pflanzenü<strong>ber</strong>reste, Schmutz im Wasser, Erde aus dem Darm verfütterter Würmer unsw.<br />
Anstatt vorn im Becken, wo man es leicht absaugen könnte, sieht man es durch das Wasser wirbeln.<br />
Schuld daran sind die sich aufwärts bewegenden Luftblasen der Durchlüftung. Für denjenigen, der ein<br />
Filter benutzt, ist es jedoch eine Kleinigkeit, diese Trübungen zu beseitigen. Man soll allerdings dabei<br />
den Durchlüfter nicht bewegen. Ein Filter zusätzlich, und schon ist das Wasser jedenfalls wieder<br />
kristallklar.<br />
Eine andere Art, das Becken sau<strong>ber</strong> zu halten, ist gänzliches Abschalten des Durchlüfters, und<br />
zwar solange, bis der Schmutz sich am Boden abgesetzt hat. Dann ist er abzusaugen und<br />
Frischwasser aufzufüllen.<br />
Bakterielle Trübung ist ein weiterer Übelstand und meistens durch Ü<strong>ber</strong>fütterung der Tiere bedingt.<br />
Wenn Antibiotica, zum Beispiel Penicillin, Auremycin oder Terramycin dem Wasser beigegeben<br />
werden, verschwindet die Trübung – leider jedoch nicht immer! Die Fütterung mit Enchyträen oder<br />
Mikrowürmern und einiges von ihren Futterresten geben gleichfalls bedauerlicherweise Ursache für<br />
das Bakterienwachstum und eine üble Trübung des Wassers. Wenn die Antibiotica da nicht helfen,<br />
muß das Wasser abgezogen und ersetzt werden.<br />
Die Frage des Säure – und Alkaligehalts, ein Wert in pH gemessen, läßt sich leicht kontrollieren.<br />
Gelbes imprägniertes Papier, wenn man es in kleinen Rollen in jedem Zierfischgeschäft haben kann,<br />
zeigt einigermaßen genau den pH – Wert an. <strong>Guppys</strong> halten sich am besten bei einem pH – Wert von<br />
sieben. Das ist der neutrale Wert. Genauer sind flüssige Indikatoren, bei denen der pH – Wert durch<br />
Vergleichsröhren festgestellt wird. Doch ist diese Art wesentlich kostspieliger – und, da die<br />
Flüssigkeiten nicht unbegrenzt haltbar sind, nicht so genau und einfach im Gebrauch wie das<br />
Indikatorpapier.<br />
Ist das Wasser zu sauer, füge man am besten etwas doppeltkohlensaures Natron hinzu, ist das<br />
Wasser alkalisch, so benutze man dagegen saures Natriumbiphosphat oder Phosphorsäure. Die<br />
Menge, die notwendig ist, hängt vom Säure – oder dem Alkaligehalt des Wassers ab, ebenso natürlich<br />
auch von der Größe des Beckens. Für ein 10l – Becken ist eine kleine Prise von jeder Chemikalie<br />
durchaus genug, für ein 50l – Becken muß schon ein viertel Teelöffel sein. Ob die Chemikalien im<br />
Wasser auflöst und mithin gut vermischt sind, kann man durch Kontrolle an dem Vergleichspapier<br />
ablesen.<br />
Algen sind winzige Pflanzen, die im Wasser gedeihen und hier die verschiedenartigsten Wirkungen<br />
erzielen. Ein Mikroskop führt uns in eine neue, fremde Welt, die sich dort erstreckt, wo die meisten<br />
Menschen nur grünliche Farbe im Wasser sehen. Die Biologen sind der Meinung, daß Algen einst die<br />
ersten Pflanzen auf der Erde waren, und alle anderen Vegetationsformen, Bäume eingeschlossen,<br />
aus diesen bescheidenen Anfängen sich entwickelten. Manche Algenkolonien nehmen recht viel Platz<br />
ein, man denke nur zum Beispiel an die zottigen braunen Massen, die man bei Ebbe an den<br />
Küstenfelsen sieht. Es gibt violett gefärbte, rote, blaugrüne und rein grüne Algen. „Froschspeichel“,<br />
wie er in stehenden Gewässer gedeiht, ist z.B. eine Form davon. Die Vielgestalt in der Welt der Algen<br />
ist geradezu verwirrend. Alle Algen enthalten Chlorophyll, jede Zelle hat einen Zellkern. Das<br />
Chlorophyll unterscheidet sie von den Bakterien und Pilzen. Blaugrüne Algen haben jedoch keine<br />
Zellkerne, bilden somit eine Ausnahme und verdienen besonders eingeordnet zu werden.<br />
Beachtenswert ist, daß Algen große Mengen Kohlendioxyd aufspalten und manche Arten im<br />
Fischbecken daher hervorragende Dienste tun. Bei mikroskopischer Betrachtung unterscheiden wir<br />
Algen, die als zusammenhaftende Masse Glas und Kies ü<strong>ber</strong>ziehen. Andere wieder sind<br />
freibeweglich, z.B. Euglena viridis, den Studenten der Botanik so gut bekannt durch ihren<br />
spindelförmigen Körper und den Mangel an fester Zellulose in den Wänden – was ihnen ermöglicht,<br />
sich wie ein Wurm zu krümmen – mit rotem Augenfleck und der Geißel, die sie vorwärtstreibt. Einige<br />
Algen können das Wasser vergiften. Beobachtungen haben erwiesen, daß absterbende und<br />
verwesende Blaualgen Fische in sehr kurzer Zeit töten können. Sogar in Seen sind<br />
nachgewiesenermaßen tonnenweise Fische durch sie vernichtet worden.<br />
Einige Algenformen haben sich in winzigen Kolonien zusammengefunden. Durch das Algenstudium<br />
eröffnet sich dem aufmerksamen Beobachter jedenfalls ein großer Teil der Entwicklungsgeschichte.<br />
Jeder Guppy – Liebha<strong>ber</strong> muß ü<strong>ber</strong> Algen Bescheid wissen, und sei es auch nur zum Zweck ihrer<br />
Kontrolle. Algen können sich nicht bei Dunkelheit vermehren. Viele sterben sogar schon ab, wenn
grelles Licht abgeblendet ist. Doch vernichtet man sie auf diese Weise, entstehen leicht schädliche<br />
Auswirkungen auf die Fische. Besser ist es schon, das Becken aus dem hellsten Licht wegzurücken<br />
und es so aufzustellen, daß das Wasser klar bleibt. In allzuhellem Licht wird jedes Becken grün.<br />
Wasserpest ins Becken gepflanzt, neigt dazu, die Vermehrung einiger Algenformen zu verhindern. An<br />
einigen Arten freischwimmender Algen tun sich auch Daphinen gütlich und vermehren sich sehr<br />
schnell dabei. Bei genügender Durchlüftung und Hinzufügung von mehr Daphinen, als die Fische<br />
fressen können, wird das Becken schnell wieder klar werden, wenn die Algenart die richtige ist. Oft<br />
erscheinen einem die Daphinen bei der Fütterung ganz grün, dies nämlich wegen der Algen in ihrem<br />
Verdauungskanal.<br />
Das Wachstum all dieser Arten kann jedoch durch richtige Dosierung der Lichtmenge eingedämmt<br />
werden. Einige Aquarianer tun Schnecken oder Plecostomus in die Becken, um die Algen von den<br />
Scheiben wegfressen zu lassen. Es ist von Vorteil, Grünalgen an den Seiten und der Rückscheibe zu<br />
belassen und sie nur an der Vorderseite mit einer Rasierklinge abzuschaben.<br />
Eine andere Methode, dem Ü<strong>ber</strong>handnehmen der Algen zu begegnen, ist das Anbringen von<br />
Schutzblenden, die das Licht abhalten. Aquarienlack auf Rückscheibe und Seitenscheiben hält viel<br />
Licht aus einem vor dem Fenster aufgestellten Becken ab. Außerdem bietet sich damit ein schönerer<br />
Hintergrund.<br />
Schwimmpflanzen halten ebenfalls im großen Umfang Licht ab. Man kann dazu Riccia, Salvinia oder<br />
Wasserfarn nehmen, keinesfalls jedoch „Entengrütze“ – ein Ärgernis für jeden Aquarianer!<br />
Filter<br />
Ein Filter hilft das Wasser kristallklar zu erhalten. Es kann fein aus gearbeitet sein und an der<br />
Außenseite angebracht werden, oder in einfacher Form – z.B. in einer Ecke des Beckens – nur mit<br />
Glaswolle und Knochenkohle gefüllt. Viel zu viele Guppy – Liebha<strong>ber</strong> vergessen, diese Filtermasse<br />
genügend oft auszuwaschen und begünstigen so unbewußt eine andauernde Verschlechterung des<br />
Wassers.<br />
Pumpen<br />
Einerseits kann ein Filter nun mal nicht ohne Pumpe arbeiten, andererseits ist die Durchlüftung a<strong>ber</strong><br />
unbedingt notwendig, weil die Beckeninsassen immer zahlreicher werden und bald ohne künstliche<br />
Durchlüftung nicht mehr auskommen. Dabei empfiehlt sich eine Pumpe, die leise läuft. Jedenfalls muß<br />
man beim Einkauf der Zubehörteile sehr vorsichtig im voraus kalkulieren. Wie weit will man seine<br />
Liebha<strong>ber</strong>ei später ausdehnen? Auf die Pumpe sollte man sein Hauptaugenmerk richten, denn von<br />
Ausrüstungsgegenständen aus zweiter Hand hat man nicht allzuviel. Es macht sich jedenfalls bezahlt,<br />
eine gute Pumpe zu kaufen, weil eine starke Pumpe nur wenig mehr als eine schwache kostet.<br />
Wenn man die Ausgaben niedrig halten möchte und einen Filter nicht anschaffen will, kann man sich<br />
eine durchaus zufriedenstellende Durchlüftung aus zwei 20 – Liter – Kannen anfertigen. Die eine wird<br />
auf einem Tisch befestigt, die andere auf den Boden gestellt. Man verbindet sie durch einen ¼ cm<br />
weiten Schlauch, der in beiden Gefäßen in einem Hahn jeweils dicht ü<strong>ber</strong> dem Boden endet. Oben auf<br />
jeder Kanne wird ein Ventil angelötet. Eine Luftleitung läuft vom Ventil des tieferstehenden Gefäßes<br />
zum Durchlüfter des Aquariums. Die Kanne auf dem Tisch ist voll Wasser, die Kanne auf dem Boden<br />
dagegen leer. Wenn dann das Wasser durch die Röhre zu der Kanne auf dem Boden hinunterläuft,<br />
wird die Luft aus ihr herausgepreßt, und zwar durch das Rohr welches zum Durchlüfter führt. Ist das<br />
o<strong>ber</strong>e Gefäß leergelaufen, befestigt man die Luftleitung an dessen Ventil und vertauscht die beiden<br />
Gefäße. Es ist ü<strong>ber</strong>raschend, wie lange dieses einfache Hilfsmittel Luft ins Aquarium pumpt. Als ein<br />
provisorisches Hilfsmittel kann auch der Innenschlauch eines Autoreifens dienen, den man in einer<br />
Garage in der Nähe aufpumpen läßt und danach an dem Luftrohr befestigt.<br />
Kies<br />
.... erweist sich als außerordentlich nützlich, um den Pflanzenwurzeln einen Halt zu geben.<br />
Zweckmäßigerweise wird er gegen den Hintergrund des Beckens zu aufgeschüttet. Gegen die<br />
Vorderscheibe hin läßt man ihn sanft abfallen. Nach kurzer Zeit schon ebnet sich jedoch das Ganze
ein. A<strong>ber</strong> solange noch ein leichtes Gefälle vorhanden ist, sammeln sich die Ü<strong>ber</strong>reste automatisch an<br />
den tiefsten Stellen, wo man sie dann herausfiltern kann. Die meisten Liebha<strong>ber</strong> bevorzugen eine<br />
Kiessorte mit mittlerer Körnung. Es empfiehlt sich, gewaschenen und durchsiebten Kies zu kaufen.<br />
Der Versand erfolgt in reinen Zuckersäcken, und man braucht ihn vor der Benutzung nicht erst zu<br />
waschen. Der Kies sollte stets peinlich sau<strong>ber</strong> gehalten werden und zwar jedes Fleckchen. In ihm<br />
entwickeln sich nämlich mehr Giftstoffe, als in allen anderen Teilen eines Beckens zusammen. Wir<br />
bepflanzen unsere Aquarien gern mit Wasserfarn, weil er eine so vorzügliche Reinlichkeitswache ist.<br />
Seine Wurzeln verwesen, wenn der Kies unsau<strong>ber</strong> ist, und die Pflanze treibt dann an der O<strong>ber</strong>fläche.<br />
Diese Warnung bedeutet, daß nicht alles in Ordnung ist.<br />
Wenigstens einmal in der Woche sollte man den Kies gründlich wenden, jedoch nicht dort, wo<br />
Pflanzenwurzeln aufgerissen werden könnten. Futterreste, die sich zwischen den Steinen festgesetzt<br />
haben, werden dann im Wasser hochgewirbelt. Der Filter wird diese Reste entfernen, und das, was<br />
sich vorn noch im Becken festgesetzt hat, muß dann abgesaugt werden.<br />
Durchlüftung<br />
Sauerstoff wird aus der Luft an der O<strong>ber</strong>fläche vom Wasser absorbiert. Nebenbei bemerkt, enthält das<br />
Wasser immer einen gewissen Prozentsatz, ungeachtet der, Fische, die ihn verbrauchen, oder der<br />
Pflanzen, die ihn erzeugen. Man muß sich dabei vor Augen halten, daß bei Dunkelheit die Pflanzen<br />
weder Kohlendioxyd aufnehmen noch Sauerstoff abgeben. Eher vollzieht es sich umgekehrt. Der<br />
Hauptfaktor, der den Sauerstoffgehalt bedingt, ist die Temperatur des Wassers. Kaltes Wasser enthält<br />
mehr Sauerstoff als warmes. Das große Problem in jedem Becken ist, wie man Kohlendioxyd los wird.<br />
Pflanzen absorbieren eine große Menge davon. A<strong>ber</strong> das Kohlendioxyd kann nicht schnell genug aus<br />
dem Wasser entweichen, wenn das Becken ü<strong>ber</strong>völkert ist. Nach dieser Ü<strong>ber</strong>legung ist die<br />
Durchlüftung nicht dazu da, um Sauerstoff zuzuführen, sondern vielmehr um zu helfen, das Wasser<br />
vom Kohlendioxyd zu befreien. Die große Anzahl der Luftblasen vergrößerte die Berührungszone Luft<br />
– Wasser. Ein kräftiger Strom wird dann sehr schnell den Ü<strong>ber</strong>schuß an Kohlendioxyd entfernen. Es<br />
treten a<strong>ber</strong> auch noch andere Giftstoffe auf, wie z.B. Restprodukte von toten Fischen und Schnecken,<br />
die mit Hilfe der Durchlüftung entfernt werden. A<strong>ber</strong> keine noch so starke Durchlüftung wird<br />
Mineralsalz oder metallische Gifte entfernen. Die einzigen Gifte, die von der Durchlüftung entfernt<br />
werden, sind solche im gasförmigen Zustand.<br />
Ein untrüglicher Beweis für die Beschaffenheit und Qualität des Wassers ist der, ob Mückenlarven<br />
darin leben können. Man kann auch ein Büschel Nitella ins Wasser tun. Wenn es anwächst, ist es<br />
ganz sicher, daß <strong>Guppys</strong> in dem Wasser gedeihen können. Was das Wasser betrifft, so können<br />
unsere kleinen Fische in aller Art unreinem Wasser leben, worin andere Fische eingehen. Ein Versuch<br />
bewies die Tatsache, daß eine Anzahl <strong>Guppys</strong> in einem Freilandteich von unwahrscheinlich faulem<br />
Wasser noch gedeihen. Wenn auch der Kohlendioxydgehalt gering war, reichte doch die Nahrung<br />
aus. Dieses ist natürlich nicht als eine Empfehlung gedacht, daß man seine Becken vernachlässigen<br />
soll, sondern bloß als Lob für die Anpassungsfähigkeit der <strong>Guppys</strong>.<br />
Pflanzen<br />
Pflanzen geben Anlaß zu beträchtlichen Gegensätzen unter den Guppy – Züchtern, z.B. darü<strong>ber</strong>,<br />
welche Pflanzen am besten für die Fische geeignet sind. Es mag hier einmal aufgezählt werden,<br />
welche Pflanzen fünf der erfolgreichsten Züchter zufriedenstellen und welche sie benutzen.<br />
Vorausgeschickt sei jedoch, daß wir in erster Linie an Nützlichkeit denken – und erst in zweiter Linie<br />
an Schönheit. Der erste nimmt Wasserfarn. Jedes Zuchtbecken hat zwei große Pflanzen. Wenn diese<br />
Schößlinge auf den Blättern entwickeln, entfernt er dieselben und pflanzt sie dicht in den Kies eines<br />
50 – Liter – Beckens. Die Weibchen bringen dann ihre Jungen zwischen den Blättern des Wasserfarns<br />
zur Welt und die Brut kann sich von den älteren Fischen fernhalten, die gut gefüttert und entfernt<br />
werden müssen, wenn ein Wurf Jungfische erscheint. Schwimmpflanzen werden dagegen nicht<br />
verwendet.<br />
Der Wasserfarn zeigt unter verschiedenen Lichtverhältnissen vielerlei Blattformen. Die gewöhnliche<br />
Glühlampe bewirkt ein farnähnliches Wachstum. Das Wachstum insgesamt gesehen geht<br />
verhältnismäßig schnell vor sich, a<strong>ber</strong> die Blätter zeigen viele Auszackungen und haben fast das
Aussehen eines Farnkrautes. Leuchtstoffröhren mit kaltem, weißem Licht geben dem Wasserfarn eine<br />
Ähnlichkeit mit der Sellerie – Pflanze. Wenn das Licht dicht auffällt, bildet die Pflanze breite, platte<br />
Blätter.<br />
Der nächste Züchter nimmt nur Zwerg – Sagittarien, die dicht gepflanzt werden. Die neuen Schößlinge<br />
bedecken dann den ganzen Boden des Aquariums, so daß er einem ungeschorenen Rasen ähnelt.<br />
Die Jungfische ver<strong>ber</strong>gen sich darin. Schwimmpflanzen werden ebenfalls nicht gebraucht.<br />
Ein Dritter wiederum verwendet ausschließlich Najas zum Schutz seiner Jungfische. Die von ihm<br />
gehaltenen Weibchen fressen weit weniger als sonst normalerweise ihre Brut, wenn sie in einem<br />
Becken mit Najas ihre Jungen werfen. Für Zuchtpaare dagegen benutzt er viele verschiedene<br />
Pflanzen im Becken, meist jedoch nur des guten Aussehens wegen.<br />
Ein vierter hält zum Schutz der Jungfische lediglich Nitella und in den Becken der Zuchtpaare<br />
Cryptocorynen in verschiedenen Arten, weil sie viel Kohlendioxyd verbrauchen und wenig Licht zu<br />
ihrem Gedeihen benötigen. Der fünfte verwendet Tausendblatt und Najas mit gleich gutem Erfolg.<br />
Man unterscheidet übrigens verschiedene Tausendblatt – Arten oder Myriophyllen. Bei der<br />
kalifornischen Varietät stehen die Blätter dichter zusammen als bei der aus Florida. A<strong>ber</strong> jede gibt der<br />
Brut guten Schutz, vorausgesetzt, daß sich genügend Pflanzen im Becken befinden, die bis zum Kies<br />
herunterreichen. In den Brutbecken hält er auch keine Schwimmpflanzen, sondern nur solche Arten<br />
wie Schrauben – Vallisneria, Wasserfarn, Hygrophila, Cryptocorynen und in großen Becken je eine<br />
Amazonas – Schwertpflanze.<br />
In unbedeckten Freilandbecken, in denen Fische das ganze Jahr ü<strong>ber</strong> gezogen werden, kann man<br />
beobachten, daß sich die <strong>Guppys</strong> zwischen verschiedenen Arten von Nadelsimsen sehr rasch<br />
vermehren. Tatsächlich sind die Becken so voll Pflanzen, daß man gar nicht mehr weiß, wo die Fische<br />
sind. Pflanzen und Fische sind in diesen Züchtereien gleich wichtige Erzeugnisse. Man kann dort a<strong>ber</strong><br />
auch Elodea, Schrauben – Vallisneria und andere Pflanzen sehen, die zum Schutz der Brut dienen.<br />
Fast alle älteren Bücher ü<strong>ber</strong> tropische Fischkulturen erwähnen häufig das biologische Gleichgewicht<br />
in den Becken. Damit ist gemeint, daß die Pflanzen den von den Fischen gebrauchten Sauerstoff<br />
abgeben und Kohlendioxyd absorbieren. Letzteres verwendet wiederum die Pflanze für ihren<br />
Zellenaufbau. Pflanzen wurden daher als Sauerstoffspender angesehen, und es wurde geraten,<br />
diejenigen Pflanzen zu wählen, die viel Sauerstoff abgeben. Im Lichte der neuesten Untersuchungen<br />
hat sich diese Auffassung geändert.<br />
Getrocknetes Material als Schutz<br />
Spanisches Moos, getrocknet und gut gewaschen, bietet gleichfalls vorzüglichen Schutz für die Brut.<br />
Alle Zierfischhändler haben es vorrätig. In dem dichten Gewirr kann die Brut leicht den<br />
ausgewachsenen Fischen entkommen. Jedoch ist die Pflanzensubstanz tot und kann nicht mehr der<br />
Reinhaltung des Wassers dienen, wie es die lebende Pflanze tut.<br />
Pflanzen als Schmuck<br />
Für das Schaubecken im Wohnzimmer ist das Schönheitsprinzip wichtiger als das der Nützlichkeit.<br />
Nicht das die vorerwähnten Pflanzen fehlen sollen, vielmehr hängt es hier davon ab, wie die Pflanzen<br />
geordnet sind. Eine Ranke Myriophyllum, anmutig aus einer Ecke wachsend, gibt dem Ganzen einen<br />
Hauch von Schönheit. A<strong>ber</strong> die meisten Schwimmpflanzen sind ein Nachteil, denn sie halten das Licht<br />
von den wurzelnden Pflanzen ab und mindern den Beleuchtungseffekt, so daß die Schönheit der<br />
Fische nicht mehr voll zur Geltung kommt. Die Liste der schmückenden und nützlichen Pflanzen ist so<br />
groß, daß man schon entweder seinen nächstbesten Händler fragen oder ein Buch zur Hand nehmen<br />
muß, in welchem die Pflanzen beschrieben werden. Zahlreiche Kataloge der Firmen für Aquarium –<br />
Zubehör bringen entsprechende Beschreibung.<br />
Nachdem man sich für bestimmte Pflanzen entschieden und sie gekauft hat, beginnt das Vergnügen<br />
der Bepflanzung, bis alles dem Geschmack entspricht. Unglücklicherweise bleibt es a<strong>ber</strong> nicht dabei.<br />
Pflanzen wachsen nämlich und einige müssen immer beschnitten und neu gepflanzt werden. Dies ist<br />
ein Grund, nur langsamer wachsende Pflanzen zu nehmen, z.B. Vallisnerien und Cryptocorynen.
Wenn man dagegen Hygrophila oder Schwimmpflanzen ins Becken bringt, so ist dauerndes Stutzen<br />
erforderlich. A<strong>ber</strong> wir müssen zugestehen, daß ihr schnelles Wachstum erkennen läßt, welchen guten<br />
Einfluß sie auf die Gesunderhaltung des Wassers ausüben.<br />
Temperatur<br />
Man weiß von den <strong>Guppys</strong>, daß sie die sehr tiefe Temperatur von 10° und die sehr hohe von 36°<br />
aushalten können, dabei jedoch nicht sehr lange leben. Die ideale Zuchttemperatur ist 24 – 30°. Bei<br />
21° können sie zwar leben, a<strong>ber</strong> sicherlich wird in Zimmer – und Freilandbecken, die diese<br />
Temperatur halten, nur wenig Bruttätigkeit und mangelndes Wachstum zu bemerken sein. Temperatur<br />
unter 21° sind nachteilig, ebenso die ü<strong>ber</strong> 32°. Gegen plötzliche Temperaturschwankungen sind sie<br />
längst nicht so empfindlich wie andere Fischarten. Man denke dabei einmal nur an den Wildguppy in<br />
seinem natürlichen Lebensraum. Er schwimmt im warmen Wasser des Baches, in dem er lebt und<br />
gelangt an eine Stelle, wo eine kühle Quelle einmündet. Im Nu vollzieht sich ein Temperatursturz von<br />
10°C, doch unser Guppy lebt dennoch. Das darf also auch Anwendung auf die Praxis der<br />
Zierfischzucht finden, wenn man sie von einem Becken in ein anderes mit 5 oder 6°<br />
Temperaturunterschied bringt, selbst auch dann, wenn es wärmer ist als das erste. Es sind z.B.<br />
<strong>Guppys</strong> im Winter unbeschadet nach Hause gebracht worden, obgleich es draußen so kalt war, daß<br />
die Behälterisolierung das Wasser nicht mehr genügend warmhalten konnte. Die Tiere waren im<br />
kalten Wasser wie erstarrt. Als sie darauf in Wasser von 24° getan wurden, lebten sie zusehends<br />
schnell wieder auf und zwar ohne nachteiligen Folgen.<br />
Natürliches Futter<br />
Futter für <strong>Guppys</strong><br />
Wir denken an Lebendfutter, wenn wir von natürlichem Futter für <strong>Guppys</strong> sprechen. A<strong>ber</strong> was wir als<br />
Lebendfutter liefern können, ist nicht dem natürlichen Futter gleich, welches der Fisch in seinem<br />
natürlichen Lebensraum vorfindet. Glücklicherweise ist der Guppy in der Wahl seiner Nahrung nicht<br />
anspruchsvoll, und das meiste Lebendfutter ist ihm bekömmlich. Daher kann man ihm das<br />
verschiedenste Futter geben, und er wird dabei dennoch gut gedeihen. Bezüglich seiner Ernährung<br />
braucht man auch nicht zu untersuchen, welche Gewohnheiten der Fisch in seiner ursprünglichen<br />
Umgebung hat. Folgendes Lebendfutter ist zu empfehlen und leicht zu beschaffen:<br />
Infusorien<br />
Selbst Wasser, welches uns kristallklar erscheint, enthält – wenn man es unter einem Mikroskop<br />
betrachtet – viele winzige, kleine Lebewesen. Tümpelwasser im Sommer wimmelt nur so von<br />
Mikroorganismen. Wir entdecken darin eine große Mannigfaltigkeit der Formen. Obwohl wir ein<br />
Mikroskop benötigen, um es zu erkennen, sieht sie der Guppy dagegen anscheinend und frißt und<br />
gedeiht gut davon.<br />
Aus diesem Grunde sind winzige Tiere oder Pflanzen, resp. Lebewesen, in denen beide<br />
Eigenschaften vereinigt sind , das ideale Jungfischfutter. Im Sommer, bei nicht zu großer Trockenheit,<br />
ist das grünliche Tümpelwasser immer voll von Infusorien, im Winter kann man sie sich leicht züchten.<br />
Sie vermehren sich auf faulendem Gemüse aller Art. Auf etwas getrocknetem Alfalfa – Heu mit einem<br />
hohen Proteingehalt, verdorbenen Salatblätter, in viel Sonne oder künstlicher Beleuchtung, entwickelt<br />
sich eine Kultur rapide.<br />
Wenn Teile dieses grünen Wassers in das Becken gegossen werden, verteilt sich die trübe Flüssigkeit<br />
im klaren Beckenwasser. Die Jungfische fallen sofort darü<strong>ber</strong> her. Augenscheinlich ist das, was wir<br />
nicht im einzelnen sehen können, für die Jungfische sichtbar, oder sie finden es „mit der Nase“.<br />
Einige Liebha<strong>ber</strong> machen sich feine Netze und gehen damit auf Staubfutterfang. Da sich bei dem<br />
Keschern die Infusorien wie Schaum an der O<strong>ber</strong>fläche des Zeuges sammeln, schüttele man das Netz<br />
häufig, damit das Wasser abläuft, ehe man weitertümpelt. Wer es selbst einmal versuchen will,<br />
versäume jedoch nicht, häufig die Innenseite des Netzes nach außen zu kehren und es im Wasser der<br />
Transportkanne hin und her zu schwenken.
Größere Guppy – Züchtereien unterhalten aufeinanderfolgende Kulturen. Sie benutzen dabei eine<br />
Infusoriensorte, um die nächste Kultur damit zu impfen. Man zieht sie zweckmäßigerweise im Sommer<br />
in Balgen im Hinterhof, dagegen im Winter in flachen Gefäßen auf den Fensterbänken nach Süden,<br />
die einen Großteil des Tages dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Wahrscheinlich dürfte dies wohl die<br />
beste Jungfischnahrung sein. Wenn eine Infusorienkultur zu lange steht, fängt sie unangenehm zu<br />
riechen, jedoch bevor dieser Zustand erreicht ist, kann man viel Nutzen daraus ziehen.<br />
Mikrowürmchen<br />
Für unsere Guppy – Nachzucht ist das Essig – Älchen oder eine verwandte Art davon das<br />
nächstgrößere Lebendfutter. Es ist gerade groß genug um sichtbar zu sein. Diese winzigen Würmer<br />
wurden von Schweden aus in der Zierfischliebha<strong>ber</strong>ei eingeführt. Die weiblichen Tiere sind 3 mm lang.<br />
Die männlichen sind etwas kürzer. Die Weibchen bringen etwa 15 lebende Junge auf einmal auf die<br />
Welt, die innerhalb weniger Tage wieder fortpflanzungsfähig werden. Sie gedeihen auf vielen<br />
Nährböden. Eine kleine Portion von ihnen auf eine Mischung von Brot und Hefe gebracht, die fast<br />
flüssig gehalten wird, wimmelt bald von diesen winzigen Würmchen. Es ist empfehlenswert, sie in<br />
geschlossenen Marmeladegläsern mit glatter Innenseite zu halten, weil sie gern an der Seitenwand<br />
des Glases hochkriechen, wenn ihre Zahl in der Mitte zu groß wird. Hier kann man sie dann mit einer<br />
Messerklinge abschaben, die man zur Fütterung ins Aquarium taucht. Die Jungfische müssen sich<br />
allerdings erst an dieses Futter gewöhnen. Wenn sie a<strong>ber</strong> einmal auf den Geschmack gekommen<br />
sind, nehmen sie auch Mikrowürmer gern und wachsen gut dabei.<br />
Daphnien<br />
Es wird manche Guppy- Freunde vielleicht ü<strong>ber</strong>raschen, wenn sie jetzt lesen, daß sich die Experten<br />
nicht der Ansicht anschließen, daß die Daphnien das beste Guppy – Futter seien. Denn es gibt sehr<br />
viele, die ü<strong>ber</strong>haupt nichts anderes verfüttern. Lebende Daphnien kann man in Aquariengeschäften<br />
kaufen. A<strong>ber</strong> abgesehen davon, daß sie ziemlich teuer sind, haben sie nur eine beschränkte<br />
Lebensdauer und müssen deshalb schnellstens verfüttert werden. Die Daphnien haben in ihren<br />
Behältern den gesamten Sauerstoff sehr bald verbraucht. Sie müssen deshalb möglichst kühl<br />
gehalten werden, damit ihre Aktivität gering bleibt, wenn man sie längere Zeit ohne Nahrung lebend<br />
erhalten will. Manche Geschäfte verkaufen gefrorene Daphnien. Verfüttert man sie an die Tiere,<br />
scheinen sie ebensogut zu sein, wie lebende. Ententeiche mit Süßwasser sind meistens die besten<br />
Fangplätze für Daphnien. Anscheinend haben die Entenexkremente einen besonders guten Einfluß<br />
auf die Vermehrung der Daphnien. Daphnien sind merkwürdige winzige Gliederfüßler. Sie differieren<br />
in den Farben zwischen rot und grün entsprechend der Art ihrer jeweiligen Nahrung. Es gibt ca. 50<br />
verschiedene Daphnien – Arten . Eine, Daphnia magna, ist viele Male größer als der kleinste Vertreter<br />
dieser Gattung. Die bekannteste Art ist die Daphnia pulex. Sehen wir sie uns einmal unter dem<br />
Binocular -–Mikroskop an. Eine wirkliche seltsame Gestalt zeigt sich uns dann. Wo wir die Grenze<br />
zwischen Kopf und Rumpf vermuten, ist keine Spur von Einkerbung vorhanden, an Stelle des<br />
Schwanzes ein langer Stachel. Es könnte tatsächlich so scheinen, daß dieser Dorn schwere<br />
Verletzungen im Fischkörper hervorrufen kann. Bei Daphnia longispina ist dieser Stachel fast ebenso<br />
lang, wie der gesamte Körper.<br />
Daphnien können im Ü<strong>ber</strong>fluß von uns gezüchtet werden. In kühleren nördlichen Gegenden macht<br />
man das während des Winters am besten in der Wohnung, dagegen im Frühjahr und Herbst in<br />
Freilandbecken. In südlichen Gebieten hält man das ganze Jahr ü<strong>ber</strong> am besten im Freien und zwar in
großen Freilandbecken. In den milderen Wintermonaten ist das auch in nördlichen Gegenden möglich.<br />
A<strong>ber</strong> an vielen Plätzen, Sümpfen, Tümpeln, Weihern, Abflüssen von Schuttplätzen oder<br />
Geflügelfarmen kommen sie in solchem Ü<strong>ber</strong>fluß vor, daß es gar nicht nötig ist, sie zu züchten oder zu<br />
kaufen.<br />
Für den Daphnienfang braucht man nur ein einfaches Netz. Es wird am besten aus Müllergaze oder<br />
Nylonstoff in Form eines Kissenbezuges hergestellt. Mittels eines Ringes wird es an einem langen<br />
Stock befestigt. Hat man Daphnien ausfindig gemacht, zieht man das Netz langsam in 8 - förmigen<br />
Bewegungen durch das Wasser. Manchmal kann man so schon mit wenigen Kescherzügen bis zu<br />
einem halben Liter Daphnien fischen, viel öfter sind es jedoch nur einige Tee – oder Eßlöffel voll. Die<br />
Transportkanne muß so kühl wie möglich gehalten werden. Andernfalls werden die meisten kleinen<br />
Kreaturen tot sein, bevor wir im Hause angelangt sind. Jedermann kann mit etwas Glück soviel Futter<br />
mitbringen, daß er gut und reichlich seine Fische damit zu füttern vermag und den Rest einfrieren<br />
lassen kann.<br />
So bleiben sie viele Monate frisch.<br />
Jene mit vielen Becken sollten sich einen Satz Daphniensiebe anschaffen, die jeweils immer<br />
feinmaschiger werden. Die Daphnien werden dann oben hineingeschüttet und gut durchgewaschen.<br />
Die kleineren rinnen dabei durch die Siebmaschen und werden vom zweiten abgefangen, während die<br />
allerkleinsten erst im allerfeinsten Sieb hängen bleiben. Die drei verschiedenen Daphnien – Größen<br />
können dann an die jeweils entsprechenden <strong>Guppys</strong> verfüttert werden.<br />
Eine Warnung allerdings: Niemals gebe man eine gr0ße Portion Daphnien in ein Becken mit Jungbrut.<br />
Denn die Wasserflöhe entziehen dem Wasser nicht nur sehr viel Sauerstoff, sondern räumen auch<br />
gewaltig unter den Infusorien auf, auf die die Jungfische angewiesen sind, was den Hungertod der<br />
<strong>Guppys</strong> zur Folge hat.<br />
Mückenlarven<br />
Während des ganzen Frühlings, Sommers und Herbstes legen die Mücken ihre Eier auf die<br />
O<strong>ber</strong>fläche jeder Wasseransammlung ab, der sie ansichtig werden und zwar unter besonderer<br />
Bevorzugung von Wasser, das <strong>ber</strong>eits in Verwesung ü<strong>ber</strong>gegangene, organische Stoffe enthält. Die<br />
Eier bilden winzige treibende Flöße, aus denen die noch zarten Larven entschlüpfen, die sich jedoch<br />
in wenigen Tagen schon zu recht ansehnlichen dunkelbraunen Larven entwickeln – ein Leckerbissen<br />
allererster Ordnung für jeden erwachsenen Guppy.<br />
Für kleinere Jungfische fischt man am besten die auf jedem stehenden Wasser treibenden<br />
Mückeneierflößchen heraus. Tut man sie dann auf die Wassero<strong>ber</strong>fläche des Jungfischbeckens,<br />
entwickeln sich die darin enthaltenen winzigen Larven und werden, sobald sie schlüpfen, auf den<br />
Aquariengrund schwimmen wollen, und dort von den Fischen verspeist.<br />
Die ü<strong>ber</strong>lebenden „Kribbler“ kommen a<strong>ber</strong> bald wieder zur Wassero<strong>ber</strong>fläche, wo sie sich aufhalten<br />
und durch ein herausgestrecktes Rohr atmen. Auf das leiseste Geräusch und jede andere Störung<br />
reagieren sie mit hastigzuckender Flucht in tiefere Wasserschichten. Beim Mückenlarvenfang soll man<br />
deshalb das Fangnetz nach dem Untertauchen sofort wieder hochreißen, damit die Larven keine Zeit<br />
mehr finden, unerreichbar tief wegzutauchen. Mückenlarven lassen sich dicht gedrängt in jedem<br />
Transportgefäß befördern, weil sie ja nicht auf den im Wasser enthaltenen Sauerstoff angewiesen<br />
sind. A<strong>ber</strong> anderseits unterläßt man es besser, mehr Larven zu sammeln, als von den <strong>Guppys</strong><br />
innerhalb eines oder höchstens zweier Tage vertilgt werden. Denn verfüttert man sie nicht sofort,<br />
entwickeln sich die Larven zu Mücken und wir haben das Zimmer voll fliegender Insekten.<br />
Bachröhrenwürmer<br />
Diese in allen Aquarienhandlungen vorrätigen Würmer, sind weitverbreitete Bewohner des Süß – und<br />
Brackwassers. Sie leben im Inneren von Röhren im Schlamm und kommen im stehenden ebenso wie<br />
im fließenden Wasser vor, manchmal in solchen Mengen, daß sie wie rote Polster den Bodengrund<br />
bedecken, wobei sie mit ihrem Hinterende dauernd im Wasser wedeln. Für den Guppyliebha<strong>ber</strong> ist<br />
gewöhnlich nur die Art Tubifex tubifex von Bedeutung, ein Wurm von etwa 3,5 cm Länge, dessen
Körper sich ungefähr in 60 Segmente teilt. Es gibt jedoch 113 Tubificiden – Arten, von denen sich<br />
mehrere als Guppy – Futter eignen. Tubifex tubifex kann man manchmal in großen Mengen im flachen<br />
Wasser unter einem Siel finden.<br />
Eine ganze Anzahl sogenannter Tubifex gehören in Wirklichkeit gar nicht zur Gattung Tubifex,<br />
sondern zur Gattung Limnodrilus, von der uns etwa 28 Arten bekannt sind. Nur im ganz geringen<br />
Maße ziehen <strong>Guppys</strong> die eine oder andere vor. Beide sind Vertreter der Familie der Tubificiden. Aus<br />
diesem Grunde wurde uns auch vorgeschlagen, sie unter der Bezeichnung Tubificiden und nicht als<br />
Tubifex zu behandeln.<br />
Wo auch immer man sie entdeckt, ist die einfachste Sammelmethode die, daß man sie mitsamt der<br />
o<strong>ber</strong>sten 5 – cm – Schlammschicht in einen wasserdichten Behälter schaufelt. Nachdem man sie so<br />
aus ihren Röhren herausgespült hat, bilden sie zusammenhängende Kolonien auf dem Gefäßboden.<br />
Der Schlamm wird ausgewaschen und die Würmer an einem kühlen Ort oder langsam fließendem<br />
Wasser aufbewahrt. Eine andere Möglichkeit, Tubifex vom Schlamm zu säu<strong>ber</strong>n ist die, daß man die<br />
Mischung in Musselin – Gaze tut, und so hält, daß der unterste teil etwas klares Wasser in einem<br />
darunter gestellter Eimer <strong>ber</strong>ührt. Die Würmer winden sich nämlich durch den Stoff, und fast der<br />
ganze Schlamm bleibt im Kescher zurück.<br />
In flachen Gefäßen halten sich die Würmer im Kühlschrank mehrere Wochen. Werden die<br />
Tubifexwürmer jedoch zu warm aufbewahrt oder sterben einige Kolonie ab, dann geht auch der übrige<br />
Teil schnell zugrunde, wobei sich ein unangenehmer Geruch entwickelt. Um kleinere Mengen Tubifex<br />
solange wie möglich aufzubewahren, gibt man sie in flache Behälter mit einer 2,5 cm hohen<br />
Sandschicht als Bodengrund. Anstatt sich zu Klumpen zusammenzuballen, verteilen sich die Würmer<br />
und kriechen einzeln an verschiedenen Stellen in den Grund. Wird das Wasser in Bewegung gehalten<br />
oder öfters gewechselt und das Gefäß an einem verhältnismäßig kühlen Ort aufgestellt, können sie<br />
viele Male als Guppymahlzeiten dienen.<br />
Der Transport von Tubifexwürmer umfaßt hauptsächlich das Problem, wie man ihren Erstickungstod<br />
verhindert. Werden sie nämlich zu dicht zusammengequetscht, erhalten sie weder genügend<br />
Sauerstoff, noch können sie sich ihrer Abfallstoffe entledigen und sterben dann natürlich. Die besten<br />
erfolge, Tubifex lebend nach Hause zu transportieren, hatte ich damit, daß ich anstatt Wasser einige<br />
Eiswürfel auf den Klumpen Würmer in der Kanne schichtete und sie dann in flachen Schalen<br />
aufbewahrte. Die lebenden Würmer ziehen sich dann von den abgestorbenen zurück und halten sich<br />
in dichten Klumpen zusammen, so daß man das Wasser leicht täglich erneuern kann. Unter günstigen<br />
Bedingungen können Tubifexwürmer wochenlang ohne Futter existieren.<br />
Rote Mückenlarven<br />
Diese Larven eines mückenähnliches Insektes sind durchweg blutrot gefärbt und klammern sich<br />
aneinander. Sie leben in schlammigen, verschmutzten Gewässern, obwohl man sie manchmal auch in<br />
Daphnien – Keschern aus verhältnismäßig klarem Wasser fischen kann. Im kalten Wasser halten sich<br />
die roten Mückenlarven lange am Leben. Erwärmt man jedoch das Wasser, dann haben sich schon<br />
sehr bald die „Würmer“ in geflügelte Insekten verwandelt.<br />
Regenwürmer<br />
Die <strong>Guppys</strong> fressen auch zerschnittene Regenwürmer, doch nur wenige Leute haben Lust, sie zu<br />
zerstückeln. Man kann sich jedoch eines in England patentierten sehr sinnreiches Zerteilers bedienen.<br />
Er besteht aus zwei rechteckigen flachen Platten aus rostfreiem Stahl, deren Flächen mit kreisrunden<br />
Einkerbungen bedeckt sind. Den Wurm legt man dazwischen und reibt die Fläche solange<br />
aneinander, bis der Wurm eine formlose Masse ist, deren verhältnismäßig kleine Teilchen von den<br />
Fischen gefressen werden können.<br />
Jeder wird schon einmal die aufgeworfenen Erdhäufchen der Regenwürmer auf Rasenflächen<br />
gesehen haben. Die Würmer fressen nämlich eine ansehnliche Menge organischer Stoffe gemischt<br />
mit Erde, doch wird nur ein geringer Teil verdaut und vom Körper aufgenommen. Darum<br />
verschmutzen zerhackte Regenwürmer, falls man sie nicht ein oder zwei Tage aufbewahrt, vielfach<br />
das Wasser, nämlich solange, bis sie alles Unverdaute von sich gegeben haben. Oder sie müssen in<br />
einem feinmaschigen Netz nach dem Zerreiben gut abgespült werden.
Um ohne Umgraben schnell zu einer Tasse voll Regenwürmer zu kommen, löst man in etwas Wasser<br />
genügend Kalium – Permanganat – Kristalle bis eine kirschrote Färbung erzielt wird. Diese Lösung<br />
schütet man auf einen Grasflecken und schon in wenigen Minuten kommen die Würmer aus der Erde.<br />
Regenwürmer bewahrt man am besten in Becken im Keller auf, wo sie dann monatelang leben<br />
können. Eine Art, und zwar der Mistregenwurm, wird von den Liebha<strong>ber</strong>n gezüchtet, wobei dann<br />
später jedoch nur die kleineren Würmer verfüttert werden, die größeren dagegen nicht. Man soll<br />
jedoch nicht vergessen, die so aufbewahrten Würmer zu füttern, und zwar eignen sich gemahlene<br />
Hundekuchen, ja sogar altbackenes Brot am besten hierfür.<br />
Konserviertes Futter<br />
Unter diesem Begriff verstehen wir jegliches Trocken -, konserviertes oder tiefgekühltes Futter, also<br />
nicht Futter, das noch lebt.<br />
Weiße Mückenlarven (Chaoborus, Corethra)<br />
Beim Fang von Daphnien in Wasserlöchern waldiger Gegenden ist es nicht ungewöhnlich, daß man –<br />
besonders an schattigen Stellen – Hunderte langgestreckter, fast durchsichtige Wesen gleichfalls mit<br />
heraufbringt. Sie sind 1,5 cm lang, an beiden Enden zugespitzt und tragen jeweils in der Nähe der<br />
Enden dunklere Flecken. Sie liegen parallel mit der Wassero<strong>ber</strong>fläche. Es sind die Larven der<br />
Büschelmücke. Die sichtbaren Teile sind die Augen und kleine bohnenförmige, luftgefüllte<br />
Gleichgewichtsorgane, die paarweise am Ende des gegliederten Körpers angeordnet sind. Eine<br />
Mücke legt etwa 100 Eier auf die Wassero<strong>ber</strong>fläche, woraus dann später die kleinen glashellen Larven<br />
schlüpfen. Bevor sie ausgewachsen sind, machen sie ein Puppenstadium durch und verwandeln sich<br />
dabei in kommaförmigen Organismen mit dickem Kopf und zwei Atemröhren, die sie ü<strong>ber</strong> die<br />
Wassero<strong>ber</strong>fläche in die Luft strecken. An beiden Formen tun sich die <strong>Guppys</strong> liebend gern gütlich.<br />
Sie können auch häufig im Winter unter der Eisdecke gefangen werden, und sind in Aquarien –<br />
Fachgeschäften stets erhältlich. Sie können im Wasser dicht gedrängt a<strong>ber</strong> nicht zu warm aufbewahrt<br />
werden.<br />
Andere Arten von Lebendfutter<br />
Es gibt noch Dutzende andere Lebewesen, von denen die <strong>Guppys</strong> gedeihen. Zweifellos wird die eine<br />
oder andere Art durch Veröffentlichungen noch mehr bekannt und dann auch gesammelt und ü<strong>ber</strong><br />
den Fachhandel verkauft werden. Oder die Guppyzüchter werden sie selbst aufziehen. Zum Beispiel<br />
die gerade noch sichtbaren Cyclops – kleine einäugige Crustaceen – finden besonderen Anklang. Sie<br />
sind ungeheuer fruchtbar. Ein einziger Cyclops könnte 4,5 Milliarden Nachkommen in einem Jahr<br />
hinterlassen, wenn sie nicht vernichtet werden. Vielleicht werden auch Sie noch einige Geheimnisse<br />
der Aufzucht dieser oder jener Art heraustüfteln und anderen Aquarianern Ihr Wissen vermitteln, unter<br />
dem Motto: „Der Himmel die Grenze“.<br />
Die Vererbung<br />
Um zu wirklich lohnenswerten Ergebnissen in der Guppyzucht zu gelangen, muß man sich schon die<br />
wissenschaftlichen Ansichten zu eigen machen. Der Wissenschaftler ist ein Zweifler, nur daran<br />
interessiert, die Wahrheit kennenzulernen, insofern diese Wahrheit ermittelt werden kann. Ihm wird<br />
von Anfang an eine kritische Beurteilung aller Dinge eingeschärft. Niemals ist er geneigt, irgendeine<br />
Behauptung oder Vermutung, stammt sie nun von ihm selbst oder von anderen, einfach zu beweisen;<br />
er ist nur daran interessiert, sie zu prüfen. Oft unterlaufen ihm Fehler und spätere Forschungen<br />
erkennen seinen Irrtum. Dies ist ihm nur willkommen; denn sein einziges Ziel bleibt, der<br />
Gesamtsumme menschlichen Wissens einen neuen Teil hinzuzufügen.<br />
Der geschulte Wissenschaftler ist in seiner Denkungsart genau das Gegenteil eines<br />
Rechtsanwaltes. Nehmen wir an, ein Rechtsanwalt versucht in der Gerichtsverhandlung die eine Seite<br />
des Falles glaubhaft darzulegen, der andere bezweckt das gleiche auf der Gegenseite. So verlegen<br />
sie sich fest darauf, etwas zu beweisen. Der Wissenschaftler dagegen prüft eine Annahme. Er<br />
versucht nicht ihre Richtigkeit oder Falschheit zu beweisen, sondern er sammelt alle Tatsachen der<br />
einen wie der anderen Seite einer Frage, er verzeichnet die positiven in einer Spalte und die
negativen in der andern, und wenn er fertig ist, so stellt er fest: „Alle Tatsachen, die ich gefunden<br />
habe, sprechen für den und den Umstand.“ Er kümmert sich nicht darum, wer der Urhe<strong>ber</strong> einer<br />
Meinung ist – selbst wenn es George Washinton gewesen wäre, der so dachte – er will nur wissen, ob<br />
sie wahr ist. Ihm ist es gleich, ob hundert Millionen Menschen in vergangenen Tagen und hundert<br />
Millionen unserer Zeit glauben, daß erworbene Charaktereigenschaften erblich sind. Er fragt: „Wo ist<br />
der Beweis dafür?“ Nicht eher, als Wissenschaftler zu zweifeln und zu fragen begannen, wurde die<br />
flache Erde rund oder fielen ein leichtes und ein schweres Gewicht mit derselben Geschwindigkeit.<br />
Durch Jahrhunderte glaubte man, ein Pferd hätte 36 Zähne, und niemand wagte daran zu zweifeln,<br />
bis eines Tages ein Mensch mit den Ansichten eines Wissenschaftlers kam, dem Pferd das Maul<br />
öffnete und 42 Zähne zählte.<br />
So machen auch Sie sich die wissenschaftliche Ansicht zu eigen. Bemühen Sie sich nicht, alles zu<br />
glauben, was einige Autoritäten behaupten, ehe sie nicht persönlich von den Tatsachen ü<strong>ber</strong>zeugt<br />
wurden und den Beweis erhalten haben, daß jene die Wahrheit sagten. Noch dürfen Sie darauf<br />
vertrauen, was irgend jemand an Stelle von Tatsachen angeführt hat. Das sind alles Ansichten –<br />
manchmal nicht mehr als das Ergebnis einer Sinnestäuschung. Tatsachen und Gestalten leben. Also<br />
laßt uns Tatsachen und Gestalten aneinanderreihen! Laßt uns sie niederschreiben und neue<br />
Vorgänge aufdecken. Und auch Ihnen werden sich damit die Tore zu einer neuen Welt öffnen und Sie<br />
werden den Weg in ein glücklicheres und erfülltes Leben finden.<br />
Die Zucht<br />
Eine Methode, <strong>Guppys</strong> zu verbessern, besteht darin, das beste Männchen mit den besten Weibchen<br />
zu paaren; diesen Weg schlägt so ungefähr jeder Züchter ein. A<strong>ber</strong> wenn wir verstehen wollen, was<br />
wir da eigentlich tun, müssen wir zuerst einige der Gesetzmäßigkeiten kennenlernen, wie sie der<br />
Forscher der Vererbungswissenschaft, der Genetiker sieht. Die meisten Vererbungswissenschaftler<br />
schöpfen mehr Freude aus ihrer Arbeit als Gelehrte irgendeines anderen Forschungsgebietes.<br />
Gewöhnlich ist es ziemlich schwer für Jungen und Mädchen – und für Erwachsene – die sich nicht<br />
näher mit Biologie befaßt haben, die Grundlagen der Vererbung zu begreifen, die von Gregor Mendel<br />
entdeckt wurden und heute unter dem Ausdruck Mendelsche Vererbungslehre bekannt sind.<br />
Vielleicht, weil die wissenschaftlichen Ausdrücke, mit denen er seine Feststellungen erklärte, nicht in<br />
die Sprache unseres Alltags ü<strong>ber</strong>tragen worden sind, was a<strong>ber</strong> durchaus möglich ist, so daß die<br />
Theorie des Mendelismus für jeden verständlich ist.<br />
Seit jeher sind viele Alt – Wei<strong>ber</strong> – Märchen und wirres Zeug ü<strong>ber</strong> die Vererbung verbreitet worden,<br />
und die meisten älteren Menschen müssen umlernen, wollen sie die neuesten Erkenntnisse der<br />
Wissenschaft richtig verstehen. Hier haben wir einige davon aufgezählt:<br />
Vererbung erworbener Merkmale<br />
Hat ein Fisch die Angewohnheit, seine Farben so zu verändern, daß sie sich seinem jeweiligen<br />
Untergrund anpassen, und tritt diese Anpassungsfähigkeit in Generation auf Generation auf, so gibt<br />
es Menschen, die behaupten, diese Fähigkeit zur Annahme einer erworbenen Färbung würde vererbt.<br />
Sie wird es nicht. Es handelt sich hierbei um eine erworbene Eigenschaft, und erworbene<br />
Eigenschaften prägen sich nicht auf dem Keimplasma ein.<br />
Gezeichnet bei Geburt<br />
Wurde ein trächtiges Guppyweibchen verjagt oder durch irgendeinen Umstand so stark in Angst und<br />
Schrecken versetzt, daß es sich die ganze Zeit versteckt hielt, so waren unsere Vorfahren der Ansicht,<br />
das Keimplasma oder die Embryonen dieses Tieres seien gezeichnet, und die Jungen des Weibchens<br />
würden von Natur aus einen Schreckkomplex besitzen. Dem ist nicht so. Das Erschrecken des<br />
Mutterfisches ü<strong>ber</strong>trägt sich nicht in Gestalt eines Males auf die Nachkommenschaft. Jede<br />
Untersuchung, die das Studium dieses Problems zum Ziel hatte, ergab negative Ergebnisse.<br />
Dauerbefruchtung
Wird das Weibchen einer lebendgebährenden Fischgattung, das einmal von einem züchterisch<br />
wertlosen Männchen begattet wurde, wovon es drei oder vier Würfe zur Welt brachte, später mit<br />
einem prächtigen Hochzuchtmännchen gepaart, so übt das erste Männchen keinen Einfluß mehr auf<br />
die durch das zweite erhaltene Nachkommenschaft aus. Früher dachte man, das Gegenteil sei der<br />
Fall.<br />
Die Bluttheorie<br />
Wir sprechen von reinrassigen, reinblütigen Fischen, wenn wir hochgezüchtete oder reinerbige<br />
Prachtformen meinen. Das Wort Blut wird fälschlicherweise anstelle des Wortes Vererbung gebraucht.<br />
Dabei ist dies ein gro<strong>ber</strong> Fehler und bringt jene, die es anwenden, ebenso wie jene, die es hören, auf<br />
den Gedanken, Vererbung sei ein Fall von Verdünnung eines vorhandenen Erbgutes durch<br />
Vermischung zweier Faktoren. Infolgedessen ist es für sie nicht leicht, sich mit der Tatsache vertraut<br />
zu machen, daß Vererbung ein Fall von Abwesenheit oder Anwesenheit ist und nicht ein Fall von<br />
Vermischung und sich daraus ergebender Abschwächung. Paart man einen simplen grauen Guppy<br />
mit einem rotäugigen weißen (Albino), so bekommt man keine hellgraue Nachzucht, sondern die<br />
Jungen gleichen den grauen Eltern. Kreuzt man Gold – mit Grauguppy, so ergibt das keine Mischung;<br />
die Nachzucht ist schlicht graugefärbt. Es gibt allerdings einige Sonderfälle, in denen eine Kreuzung<br />
bei einzelnen Merkmalen Zwischenstufen o<strong>ber</strong> Mischungen ergibt, a<strong>ber</strong> beim Guppy sind solche Fälle<br />
bis jetzt noch nicht entdeckt worden. So ist es besser, wir gebrauchen nicht das Wort Blut, wenn wir<br />
damit Vererbung meinen und halten uns an Ausdrücke wie reinerbig, weitervererben und Erblichkeit.<br />
Wie vererben dann a<strong>ber</strong> <strong>Guppys</strong> ihre Eigenschaften? Gibt es dafür eine Formel? Oder ist Vererbung<br />
ein Spiel des Zufalls ohne Sinn und Verstand? Doch auch hierfür gibt uns die Natur ein Muster, das<br />
sich nicht von dem aller anderen Lebewesen unterscheidet.<br />
Das Keimplasma<br />
Im Körper eines jeden Guppy befindet sich an einer besonders geschützten Stelle eine kleine<br />
Zellgruppe, um derentwillen der ganze übrige Fisch existiert, das Keimplasma. In dieser Hinsicht<br />
besteht kein Unterschied zwischen dem Guppy und anderen Lebewesen, einschließlich uns selbst.<br />
Das Keimplasma wird nicht vom Fisch erzeugt, sondern es erzeugt den Fisch. Das Tier, ob<br />
männlichen oder weiblichen Geschlechts, ist nur sein Hüter. Jede Generation hat ihren Ursprung in<br />
dieser wertvollsten aller Materien auf der ganzen Welt. Alle sonstigen Eigenschaften eines natürlichen<br />
Wildguppy sind nichts als ein Schachzug der Natur, die dafür sorgt, daß das Keimplasma nie aufhört<br />
zu sein und sich immer besser und besser seiner Umwelt anpaßt. Für uns dagegen bedeutet<br />
Verbesserung meistens noch größere Schönheit, noch längere Flossen; oft also ein Erscheinungsbild,<br />
das den Fisch in Wirklichkeit seiner natürlichen Umgebung mehr und mehr entfremdet. Unsere Fische<br />
sind unser Spielzeug und unser Zeitvertreib, und seit wir anfingen, unnatürliche Formen aus ihnen zu<br />
züchten, haben wir die Pflicht, diese prächtigen Wesen zu schützen, denn sie verlangen weiter<br />
größere Sorgfalt als der gewöhnliche Guppy.<br />
Mutationen<br />
A<strong>ber</strong> wie kommt es, daß Fische sich ständig mehr ihrer Umwelt anpassen? Die Ursache liegt in der<br />
Fähigkeit des Keimplasmas, plötzliche Veränderungen durchzumachen, die sich rein weitervererben.<br />
Solche Änderungen sind die Mutationen. Und eine der fesselndsten Eigenheiten des Guppy ist die<br />
Tatsache, daß diese Mutationen so häufig eintreten. Stellen Sie sich einmal alle Gattungen im Tierund<br />
Pflanzenreich vor, die Sie kennen. Welche ü<strong>ber</strong>rascht uns mit solch ungeheurer Vielfalt? Und jetzt<br />
denken Sie daran, daß diese Vielfalt das Ergebnis ebenso vieler Mutationen 'ist. Tauben und<br />
"Wellensittiche lassen sich in dieser Beziehung mit <strong>Guppys</strong> vergleichen, doch dabei ü<strong>ber</strong>treffen<br />
unsere <strong>Guppys</strong> jene bei weitem.<br />
Wenn Mutationen in der Vergangenheit in solcher Häufigkeit aufgetreten sind, warum sollten sie es<br />
nicht auch in Zukunft tun? Darum rennt man bei der Guppyzucht nicht dauernd mit dem Kopf gegen<br />
eine Felswand, wie es wohl der Fall bei anderen Fischen ist, die niemals zu mutieren scheinen. Hat<br />
man erst einen festen Stamm begründet, so kann man ständig auf Verbesserung hoffen, indem man<br />
auf neue Veränderungen wartet, die rein weitervererbt werden.
Beobachten Sie einen großen Schwärm Wildguppys und vergleichen Sie den besten mit einem<br />
hochgezüchteten Prachtguppy. Wundern Sie sich nicht auch ü<strong>ber</strong> die unglaublich scheinenden<br />
Veränderungen? Jetzt wissen wir, wodurch sie möglich gemacht werden. Angenommen, man<br />
entschließt sich dazu, einen Stamm mit schwarzem Schwertschwanz zu züchten. Nach einigen<br />
Generationen sorgfältiger Zuchtwahl hat man das Gefühl, alles getan zu haben, was zur Schaffung<br />
dieser Form beigetragen werden kann. Plötzlich schlägt es wie ein Blitz ein! Da ist auf einmal ein<br />
Männchen mit einer Schwanzflosse, doppelt so lang als bei allen bisher gezüchteten Exemplaren.<br />
Natürlich wird dieses Männchen sorgfältig gehütet und zum Vater des nächsten Wurfes gemacht. Und<br />
Jetzt erweist sich das Erscheinungsbild des neuen langen Schwanzes als erblich. So verbessert man<br />
Schritt für Schritt seinen <strong>Guppys</strong>tamm.<br />
Natürlich entdeckt man immer wieder Mutationen unter dem Zuchtmaterial anderer Züchter und<br />
erwirbt sie, um sie mit den eigenen zu verbinden, im gleichen Maße, wie man selbst seine <strong>Guppys</strong> mit<br />
anderen Liebha<strong>ber</strong>n teilt, die gerade auf der Suche nach diesem Typ sind.<br />
Wir haben uns schon an früherer Stelle mit dem Aufbau des Spermiums und des Eis und der<br />
Ü<strong>ber</strong>tragung von Samen in den weiblichen Fortpflanzungstrakt beschäftigt. Jetzt wollen wir uns<br />
klarmachen, was mit den männlichen und weiblichen Zellen im Laufe ihres Aufbaus geschieht. Wenn<br />
Sie das folgende begreifen, so wird es Ihnen später ein leichtes sein, mehr ü<strong>ber</strong> die Grundlagen der<br />
Vererbung zu verstehen.<br />
Das Keimplasma setzt sich aus Zellen zusammen, die Sitz aller Vererbungsmerkmale eines Fisches<br />
sind. Betrachtet man diese Zellen genauer, während sie einen Prozeß durchmachen, aus dem<br />
schließlich Samen und Ei hervorgehen, so wird man im Innern des Zellkerns eine spinnwebartige<br />
Substanz finden, die an Netzwerk erinnert. Es handelt sich hierbei um Chromatin, das aus vielen<br />
winzigen Chemikalienbündeln besteht. Nun verfolgt man, wie sich dieses Chromatin in paarweise<br />
zueinanderliegende Schnüre oder kugelförmige Gruppen ordnet und man wird, wenn die<br />
Leistungsfähigkeit des Mikroskops dafür ausreicht, auch sehen können, daß diese Schnüre und<br />
Gruppierungen von einer großen Anzahl kleiner Kugeln gebildet werden, die von irgend etwas an<br />
ihrem Platz oder in ihrer Lage verankert werden, das wir nicht genauer unterscheiden können. Die<br />
kleinen Kugeln heißen Gene und die Linien und Gruppen die sie bilden sind Chromosomen<br />
(Farbkörper). Sie erhielten ihren Namen deshalb, weil sie die Fähigkeit besitzen, Farbstoffe<br />
anzunehmen und sich ziemlich klar umrissen abzuzeichnen, wenn die Zellen bestimmten<br />
Farbverfahren unterworfen werden. Jede Gattung lebender Organismen besitzt eine eigene, für sie<br />
charakteristische Anzahl. Bei Fruchtfliegen sind es vier Paare, bei Menschen 24 und bei <strong>Guppys</strong> 23<br />
Paare.<br />
Im Laufe des Reifungsprozesses von Eiern und Sperma beginnt ein wunderbar sinnreicher Plan<br />
wirksam zu werden, dessen Ziel es ist, die Anzahl der Chromosomen in dem Maße zu verringern, daß<br />
Jede neue Generation die gleiche Zahl Farbkörper aufweist wie die vorangegangene; und nicht etwa<br />
die doppelte. Dies wird von jeder einzelnen Samenzelle erreicht, indem sie von der normalen Anzahl<br />
Chromosomen nur die Hälfte, nämlich eines aus jedem Paar besitzt. Wenn sich Jetzt also der Same<br />
mit dem Ei vereinigt, wird das befruchtete Ei jeweils für ein Chromosom des einen Eiters ein<br />
Chromosom des anderen enthalten, um die Paarung zu vollziehen; zusammengerechnet ergibt das 23<br />
Paare. Das Ei behält seinen doppelten Chromosomensatz bis zu einem Zeitpunkt unmittelbar vor der<br />
Befruchtung bei, und stößt dann die Hälfte in Gestalt eines kleinen Körpers ab.<br />
Ist das nicht alles wahrhaftig ein Wunder, wie das gesamte Erbgut eines Fisches in so einer<br />
winzigen Zelle eingeschlossen ist — und wie alle architektonischen Entwürfe für seine Entwicklung<br />
darin vorgezeichnet und bestimmt sind?<br />
Wer sorgfältig mit uns beobachtet hat, kann sich jetzt vergegenwärtigen, daß die Gene in Paaren<br />
vorkommen. Alle Gene wirken zusammen, um die Merkmale zu schaffen, die wir im fertigen Guppy<br />
sehen. Die Verschiedenheit in auch nur einem dieser Paare kann zu großen Abweichungen im<br />
Erscheinungsbild des Fisches führen. Genetiker, wie sich die Vererbungsforscher nennen, versuchen<br />
beständig, alle Gattungen in ihre genetischen Bestandteile zu zergliedern; das heißt, in jene<br />
Merkmale, die wir nur am lebenden Tier erkennen. Sie legen genaue Lagezeichnungen der<br />
Chromosomen an und können sofort sagen, wo die Gene, die für Jedes einzelne Merkmal zuständig<br />
sind, liegen. Allein bei der unscheinbaren Obstfliege Drosophila haben Genetiker Dutzende von<br />
charakteristischen Merkmalen festgelegt und aufgezeichnet.
Ein Teil der Vererbungsforscher erkannte, daß bei Blumen und Gemüsen, Ja sogar bei Hunden, bei<br />
denen sich zwei verschiedene Charakterzüge (einer von jedem Eiter) in den Nachkommen verbanden,<br />
diese eines der Merkmale des einen Elternteiles aufwiesen und niemals eine Mischung aus<br />
Eigenschaften beider Eltern. Galton beobachtete, als er einen schwarzbraunen Bassethund mit einem<br />
schwarzbraunweiß-gefärbten paarte, daß die Jungen alle schwarzbraun waren. Mendel bemerkte bei<br />
seinen Kreuzungsversuchen mit hochwüchsigen und niedrigen Gartenerbsen, daß er keine<br />
intermediären Nachkommen erhielt, sondern hochwüchsige. So wurde der Begriff dominant ins Leben<br />
gerufen. Eines der Merkmale dominierte ü<strong>ber</strong> das andere, das im Erscheinungsbild zurückgedrängt<br />
wurde — es war rezessiv. Doch vorhanden war es trotzdem; verankert im Keimplasma.<br />
mosomen nur die Hälfte, nämlich eines aus jedem Paar besitzt. Wenn sich Jetzt also der Same mit<br />
dem Ei vereinigt, wird das befruchtete Ei jeweils für ein Chromosom des einen Eiters ein Chromosom<br />
des anderen enthalten, um die Paarung zu vollziehen; zusammengerechnet ergibt das 23 Paare. Das<br />
Ei behält seinen doppelten Chromosomensatz bis zu einem Zeitpunkt unmittelbar vor der Befruchtung<br />
bei, und stößt dann die Hälfte in Gestalt eines kleinen Körpers ab.<br />
Ist das nicht alles wahrhaftig ein Wunder, wie das gesamte Erbgut eines Fisches in so einer<br />
winzigen Zelle eingeschlossen ist — und wie alle architektonischen Entwürfe für seine Entwicklung<br />
darin vorgezeichnet und bestimmt sind?<br />
Wer sorgfältig mit uns beobachtet hat, kann sich jetzt vergegenwärtigen, daß die Gene in Paaren<br />
vorkommen. Alle Gene wirken zusammen, um die Merkmale zu schaffen, die wir im fertigen Guppy<br />
sehen. Die Verschiedenheit in auch nur einem dieser Paare kann zu großen Abweichungen im<br />
Erscheinungsbild des Fisches führen. Genetiker, wie sich die Vererbungsforscher nennen, versuchen<br />
beständig, alle Gattungen in ihre genetischen Bestandteile zu zergliedern; das heißt, in jene<br />
Merkmale, die wir nur am lebenden Tier erkennen. Sie legen genaue Lagezeichnungen der<br />
Chromosomen an und können sofort sagen, wo die Gene, die für Jedes einzelne Merkmal zuständig<br />
sind, liegen. Allein bei der unscheinbaren Obstfliege Drosophila haben Genetiker Dutzende von<br />
charakteristischen Merkmalen festgelegt und aufgezeichnet.<br />
Ein Teil der Vererbungsforscher erkannte, daß bei Blumen und Gemüsen, Ja sogar bei Hunden, bei<br />
denen sich zwei verschiedene Charakterzüge (einer von jedem Eiter) in den Nachkommen verbanden,<br />
diese eines der Merkmale des einen Elternteiles aufwiesen und niemals eine Mischung aus<br />
Eigenschaften beider Eltern. Galton beobachtete, als er einen schwarzbraunen Bassethund mit einem<br />
schwarzbraunweiß-gefärbten paarte, daß die Jungen alle schwarzbraun waren. Mendel bemerkte bei<br />
seinen Kreuzungsversuchen mit hochwüchsigen und niedrigen Gartenerbsen, daß er keine<br />
intermediären Nachkommen erhielt, sondern hochwüchsige. So wurde der Begriff dominant ins Leben<br />
gerufen. Eines der Merkmale dominierte ü<strong>ber</strong> das andere, das im Erscheinungsbild zurückgedrängt<br />
wurde — es war rezessiv. Doch vorhanden war es trotzdem; verankert im Keimplasma.<br />
mosomen nur die Hälfte, nämlich eines aus jedem Paar besitzt. Wenn sich Jetzt also der Same mit<br />
dem Ei vereinigt, wird das befruchtete Ei jeweils für ein Chromosom des einen Eiters ein Chromosom<br />
des anderen enthalten, um die Paarung zu vollziehen; zusammengerechnet ergibt das 23 Paare. Das<br />
Ei behält seinen doppelten Chromosomensatz bis zu einem Zeitpunkt unmittelbar vor der Befruchtung<br />
bei, und stößt dann die Hälfte in Gestalt eines kleinen Körpers ab.<br />
Ist das nicht alles wahrhaftig ein Wunder, wie das gesamte Erbgut eines Fisches in so einer<br />
winzigen Zelle eingeschlossen ist — und wie alle architektonischen Entwürfe für seine Entwicklung<br />
darin vorgezeichnet und bestimmt sind?<br />
Wer sorgfältig mit uns beobachtet hat, kann sich jetzt vergegenwärtigen, daß die Gene in Paaren<br />
vorkommen. Alle Gene wirken zusammen, um die Merkmale zu schaffen, die wir im fertigen Guppy<br />
sehen. Die Verschiedenheit in auch nur einem dieser Paare kann zu großen Abweichungen im<br />
Erscheinungsbild des Fisches führen. Genetiker, wie sich die Vererbungsforscher nennen, versuchen<br />
beständig, alle Gattungen in ihre genetischen Bestandteile zu zergliedern; das heißt, in jene<br />
Merkmale, die wir nur am lebenden Tier erkennen. Sie legen genaue Lagezeichnungen der<br />
Chromosomen an und können sofort sagen, wo die Gene, die für Jedes einzelne Merkmal zuständig<br />
sind, liegen. Allein bei der unscheinbaren Obstfliege Drosophila haben Genetiker Dutzende von<br />
charakteristischen Merkmalen festgelegt und aufgezeichnet.
Ein Teil der Vererbungsforscher erkannte, daß bei Blumen und Gemüsen, Ja sogar bei Hunden, bei<br />
denen sich zwei verschiedene Charakterzüge (einer von jedem Eiter) in den Nachkommen verbanden,<br />
diese eines der Merkmale des einen Elternteiles aufwiesen und niemals eine Mischung aus<br />
Eigenschaften beider Eltern. Galton beobachtete, als er einen schwarzbraunen Bassethund mit einem<br />
schwarzbraunweiß-gefärbten paarte, daß die Jungen alle schwarzbraun waren. Mendel bemerkte bei<br />
seinen Kreuzungsversuchen mit hochwüchsigen und niedrigen Gartenerbsen, daß er keine<br />
intermediären Nachkommen erhielt, sondern hochwüchsige. So wurde der Begriff dominant ins Leben<br />
gerufen. Eines der Merkmale dominierte ü<strong>ber</strong> das andere, das im Erscheinungsbild zurückgedrängt<br />
wurde — es war rezessiv. Doch vorhanden war es trotzdem; verankert im Keimplasma.<br />
Unsere Vorfahren redeten oft von Charakterzügen, die „eine Generation ü<strong>ber</strong>sprangen". Und es gibt<br />
wirklich einige, die das tun. Wie, denken Sie nun, war das möglich nach dem, was Sie bisher gelesen<br />
haben? Diese Tatsache <strong>ber</strong>eitete jedem Vererbungsforscher in den Anfängen dieser Wissenschaft<br />
allerhand Kopfzerbrechen. Galton hielt wieder einmal die Augen bei seinen Hundezuchtversuchen<br />
offen und entdeckte, daß von der Nachkommenschaft zweier schwarzbrauner Bassethunde, die beide<br />
von dreifarbigen Eltern abstammten, einige der Jungen drei Farben auf ihrem Fell vereinigten — also<br />
einfach eine Generation ü<strong>ber</strong>sprungen hatten. Wenn Galton bei der Sache auch noch gezählt hätte,<br />
würden wir heute sicherlich ü<strong>ber</strong> Galtonismus anstatt ü<strong>ber</strong> Mendelismus sprechen. Letzterer zahlte<br />
nämlich seine Erbsen. Als er zwei Hybriden, die beide aus je einem hochwachsenden und einem<br />
niedrigbleibenden Elternteil hervorgegangen waren, miteinander kreuzte, fand Mendel heraus, daß die<br />
Erbsenranken, die von solchen Eltern abstammten, sich 'im Verhältnis von einem Teil niedrigen zu<br />
drei Teilen hohen Pflanzen entwickelten; dabei tauchten keine intermediären Formen auf.<br />
Die niedrigen Erbsen (rezessives Merkmal) vererbten rein weiter und brachten niemals hochrankende<br />
hervor. Ebenso war ein Teil der Hochrankenden reinerbig und bekam nur Nachkommen gleichen<br />
Wachstums; dagegen erwiesen sich einige dieser Hochrankenden als Hybriden und produzierten<br />
einen Teil niedrige neben drei Teilen hochkletternden Nachkommen. Hier angelangt können wir<br />
Mendel verlassen, um uns anzusehen, was sich ereignet, wenn wir Mendels Erfahrungen mit Erbsen<br />
auf unsere <strong>Guppys</strong> ü<strong>ber</strong>tragen. Bevor wir irgendwelche Voraussagen machen können, müssen wir<br />
wissen, welche Merkmale dominant und welche rezessiv vererbt werden. Lange währende<br />
Zuchtfolgen zum Studium der Charaktereigenschaften beantworteten diese Frage teilweise; dabei ist<br />
Inzucht unbedingt notwendig, um reine Stämme zu bekommen. A<strong>ber</strong> wir wissen ja, auf welche Art und<br />
Weise die Vererbung einiger Merkmale vor sich geht.<br />
Paaren wir die reine Wildform eines grauen Guppy mit einem Albino, wird die gesamte erste<br />
Tochtergeneration (l. Filialgeneration) grau — und wegen dieses einen ungleichen Merkmalpaares<br />
sind es Hybriden.<br />
Anschließend versuchen wir es mit zwei Hybriden — was erhalten wir jetzt? 25°/o Albinos, 50°/o<br />
Hybriden, 25°/o Grauguppys. Nun wollen wir einmal sehen, wie sich dieses Mendelsche Verhältnis auf<br />
der Basis der Gene entwickelt. Das Gen, welches das Merkmal grau produziert, wird als schwarzer<br />
Punkt dargestellt, und das, welches die Eigenschaft weiß hervorbringt, als weißer Punkt. Ein Albino<br />
erhält zwei weiße Punkte, ein Grauguppy zwei schwarze. Nun halten Sie sich vor Augen, wie sich im<br />
Laufe des Reifungsprozesses von Sperma und Eiern die Chromosomen teilen, und wie eine Hälfte in<br />
jede einzelne zweier aus einer Reifeteilung hervorgehender Samenzellen eintritt. Solange Sie sich an<br />
diesen Grundsatz erinnern, ist es ganz einfach, nicht nur zu sehen, was geschieht, sondern auch das<br />
Ergebnis vorauszusehen und dabei alle Chancen in der Hand zu haben, daß sich diese Prophezeiung<br />
erfüllt.<br />
Ehe wir in unserer Debatte fortfahren, wollen wir bildlich dargestellt sehen, was in Theorie und Praxis<br />
erscheint, wenn sich alle erdenklichen Kombinationen dieser Gene vereinigen, um<br />
Nachkommenschaft zu erzeugen:<br />
Koppelung der Merkmale<br />
In Zuchtstämmen der <strong>Guppys</strong>, die lange Zeit hindurch gezüchtet wurden, ordnen sich die Gene an<br />
gewissen genau begrenzten Stellen in den Chromosomen. Wenn diese <strong>Guppys</strong> Nachzucht<br />
hervorbringen, zeigen sich gewisse Merkmale stets gekoppelt mit anderen. Ein gutes Beispiel hierfür<br />
ist die Goldfarbe verbunden mit einer kurzen Schwanzflosse. Soweit ich mich erinnern kann, war ein<br />
Goldguppy mit langer schleppender Schwanzflosse vor 1954 unbekannt. Eine andere Koppelung ist
die Verbindung eines Letalfaktors (Tötungsfaktor) mit der Farbe gelb, bei der die Jungen — wie es bei<br />
Mäusen und anderen gelben Tieren der Fall ist — schon als Embryonen absterben. Bei Auszählen<br />
sind die gelben Jungbruten wesentlich geringer als diejenigen der nahe verwandten Grau-<strong>Guppys</strong>,<br />
und zwar rund 25°/o geringer.<br />
Der Grund für diese Koppelungen Ist der, daß die Gene für jene Erbmerkmale im selben Chromosom<br />
nahe beieinander liegen.<br />
Crossing over (Ü<strong>ber</strong>kreuzung)<br />
Mit diesem Fachausdruck bezeichnet man einen Vorgang, bei dem Gene in von der Regel<br />
abweichenden Kombinationen auf einem Chromosom vereinigt werden. Hierbei gibt es verschiedene<br />
Möglichkeiten einer neuen Zusammenstellung. Während dieses Prozesses kommt es manchmal —<br />
wenn auch selten — vor, daß die Verbindungsstellen der gekreuzten Chromosomen brechen, und so<br />
trägt dann jedes Chromosom ganz verschiedene von beiden Elternteilen stammende Gene. Ein<br />
glücklicher Zufall bescherte mir einen derartigen Fall, aus dem ein Goldguppy mit einem mächtigen<br />
schleppenden Schleierschwanz hervorging. Durch Inzucht wurde dieses Merkmal gefestigt und ist nun<br />
unverrückbarer Bestandteil eines meiner Stämme, der rein weitervererbt wird.<br />
Geschlechtsgebundene Vererbung<br />
Die Guppyhochzucht wird uns sehr erschwert, weil wir nicht wissen, welches der wünschenswertesten<br />
Merkmale im Besitze des Weibchens ist. Frühere Ichthyologen neigen zu der Ansicht, daß all Jene<br />
erstrebenswerten Charakterzüge in dem Y-Chromosom verankert seien, und daß nicht der geringste<br />
Unterschied bestände, welches Weibchen man verwendet. Denn die männlichen Nachkommen<br />
würden immer dem Männchen nachschlagen. Was meinten sie a<strong>ber</strong> eigentlich mit diesem Y-<br />
Chromosom?<br />
Die Geschlechts-Chromosomen<br />
Ein Chromosomenpaar ist ungleich, das heißt, die Größe der beiden Chromosomen steht in keinem<br />
Verhältnis zueinander. Alle jene Prachtmerkmale der Färbung, Länge des Schwanzes, Rückenflosse<br />
und Form des Schwanzes sind dem Männchen zugehörig. So war es ganz natürlich, wenn man<br />
annahm, daß die für diese Eigenschaften Verantwortlichen Gene im Chromosom lägen, das keinen<br />
entsprechenden Partner besaß, von dem es beherrscht werden konnte. Doch die Genetiker früherer<br />
Zeiten maßen dem viel zu große Bedeutung bei. Es stimmt, daß dieses ungleiche Chromosomenpaar<br />
für die Bildung des Geschlechts verantwortlich ist. Nehmen wir einmal an, das Chromosom, welches<br />
wir mit X bezeichnen, sei ein kleines und sein Partner, das wir Y nennen wollen, ein großes. Enthält<br />
ein Ei zwei der X-Chromosomen, so wird das Junge weiblichen Geschlechts, handelt es sich dagegen<br />
um ein X- und ein Y-Chromosom, so ergibt die Verbindung XY ein Männchen. Das ist auch der Grund,<br />
warum annähernd die gleiche Zahl Männchen und Weibchen geboren werden. Die Hälfte der<br />
männlichen Spermien enthalten nämlich X- und die andere Hälfte Y-Chromosomen. Jeder weibliche<br />
Keim enthält X. Die Möglichkeiten daraus ergeben also 50% XY und 50°/o XX — die Hälfte männliche,<br />
die Hälfte weibliche Nachkommen.<br />
Bei einigen Arten besteht ein wesentlicher Größenunterschied zwischen den X- und den Y-<br />
Chromosomen; nicht so bei Lebistes. Betrachtet man das Aussehen der Guppy-Chromosomen unter<br />
dem Mikroskop, dann entdeckt man, daß beide Partner jedes einzelnen Chromosomenpaares gleich<br />
sind.<br />
Ein Forscher wagte sich an den Versuch, die Chromosomen in Karten einzuzeichnen. Er stellte die<br />
Behauptung auf, daß von den 18 Genen, welche Färbung und Zeichnung beeinflussen, einige sowohl<br />
auf die Form der Schwanzflosse als auch auf die Körperfarben einwirken. Mehrere Auswirkungen der<br />
Gene treten nur bei männlichen Vertretern in Erscheinung, obwohl dieselben Gene von Weibchen<br />
getragen werden. Mit der in ein Schwert ausgezogenen Schwanzflosse haben wir ein solches<br />
Merkmal vor uns. Niemals findet man ein Weibchen mit Schwertschwanz, und doch ist diese<br />
Eigenschaft vorhanden, wenn auch unentwickelt, was wahrscheinlich eine Folge unterdrückender
hormonaler Einflüsse ist. Ohne Erkenntnis dieser Tatsache kann man die Mendelsche Gesetzlichkeit<br />
in ihrer Ü<strong>ber</strong>tragung auf <strong>Guppys</strong> nicht verstehen.<br />
Mindestens 9 Gene haben ihren Platz im Y-Chromosom; doch gehen einige während des Vorgangs<br />
der Zellteilung auf das X-Chromosom ü<strong>ber</strong>. Das bedeutet, daß einige der X- und Y-Gene<br />
untereinander vertauscht werden, ein Prozeß, der als Ü<strong>ber</strong>kreuzung bekannt ist.<br />
Die Anwendung von Röntgenbestrahlung wirkt sich auf die normale Vererbung beim Guppy insofern<br />
aus, als sie Gene und Chromosome beeinflußt. Kürzlich gemachte Studien ü<strong>ber</strong><br />
Strahlungseinwirkungen bei Verwendung von Elementen aus Atomkernreaktoren er gaben schon den<br />
Tod der Fische, bevor irgendwelche Auswirkungen der Strahlen beobachtet wurden. Weitere Studien<br />
auf diesem Gebiet werden vielleicht noch ü<strong>ber</strong>raschende Ergebnisse liefern.<br />
Geschlechtsbegrenzte Merkmale<br />
Wir müssen streng unterscheiden zwischen geschlechtsgebundenen und geschlechtsbegrenzten<br />
Erbmerkmalen. Wie schon gesagt, legten die Vererbungsforscher soviel Nachdruck auf die in den<br />
Genen der Y-Chromosomen eingeschlossenen Merkmale, daß Jetzt fast Jedermann glaubt, zur<br />
Erlangung von Superguppys gehöre nichts weiter als der Besitz eines Supermännchens, und das<br />
Weibchen spiele nur eine ganz geringe Rolle bei der Ü<strong>ber</strong>tragung des besonders gehegten und<br />
gepflegten äußeren Erscheinungsbildes. Das entspricht nur teilweise der Wahrheit. Denn nur die<br />
Eigenschaften, die von den im Y-Chromosom gelegenen Genen erzeugt werden, sind<br />
geschlechtsgebunden.<br />
Das prächtig bunte Federkleid eines jungen Hähnchens sieht ganz anders aus, als das einfache<br />
Gefieder der Henne. Ist es geschlechtsgebunden vererbt? Nein. Denn wenn die Jungen beider<br />
Geschlechter kastriert werden, so sehen sich die erwachsenen Vögel sehr ähnlich. Der Hahn sieht<br />
genau so aus wie die Henne, und das kastrierte weibliche Küken hat sehr viel Gemeinsames mit dem<br />
Hahn. Diese teilweise männlichen und teilweise weiblichen Merkmale werden durch<br />
Drüsenabsonderungen — Hormone — bestimmt und sind geschlechtsbegrenzt. Was für<br />
geschlechtsbegrenzten Erbmerkmalen begegnen wir beim Guppy?<br />
Hier sind einige Forschungen angestellt worden, die uns viel weiterhelfen. Weibliche <strong>Guppys</strong>, die<br />
durch Hormonbehandlungen zu Männchen gemacht wurden, sind nicht imstande, Eigenschaften zu<br />
zeigen, die ihre weiblichen Gene nicht entwickeln können. Alles was sie zeigen sind Merkmale, die<br />
ihre weiblichen Hormone unterdrückt haben. Man entdeckt an ihnen auch eine Anzahl männlicher<br />
Charakterzüge, doch bei all diesen besteht die Gewißheit, daß sie nicht im Y-Chromosom<br />
vorkommen. Ebenso sind die herrlichen Farben, die man in letzter Zeit auf den Schwänzen weiblicher<br />
<strong>Guppys</strong> entwickelte, keine Funktionen des Y-Chromosoms. Tatsächlich ist die schmucklose<br />
Erscheinung des Weibchens teilweise Hormonen zuzuschreiben, die einen Teil von des Fisches<br />
Schönheit beschränken, unsichtbar zu bleiben. Männliche Hormone an hal<strong>ber</strong>wachsene Weibchen<br />
verfüttert, hemmen deren weiteres Wachstum.<br />
Der Stillstand im Wachstum der Männchen, sowie sie geschlechtsreif werden, ist ein<br />
geschlechtsbegrenztes Merkmal. Behandelt man sie mit weiblichen Hormonen, wachsen sie weiter<br />
und werden wesentlich größer. Geschlechtshormone<br />
Wer den Wunsch hat, Versuche mit Sexualhormonen zu machen, tut gut daran, sich die in unserer<br />
Bibliographie angeführte Literatur, die sich mit derartigen Experimenten befaßt, noch einmal gut<br />
durchzuschauen.<br />
Die bis jetzt bekanntgewordenen Ergebnisse sind kurzgefaßt folgende:<br />
Verfütterung des weiblichen Hormons östrogen an Jungbrut und ältere <strong>Guppys</strong> beider Geschlechter<br />
verhinderte das Wachstum und setzte es bei den weiblichen Versuchstieren herab. Bei Männchen<br />
nahm die Größe z. Zt. der Geschlechtsreife zu. Das Wachstum älterer Männchen steigerte sich,<br />
Jedoch ging die männliche Färbung verloren.
Fütterung des männlichen Hormons Testosteron setzte das Wachstum aller Jungtiere herab. Das<br />
Wachstum hal<strong>ber</strong>wachsener Weibchen nahm zu.<br />
Im Laufe einer anderen Versuchsreihe wurde Pregnenalon in Tablettenform gefüttert. Es erfüllte die<br />
Erwartungen, die an ein Androgen, das ist Ei-Hormon zur Kontrolle der männlichen<br />
Geschlechtsmerkmale, gestellt werden, weit besser als Testosteronpropionat. Wurde es<br />
geschlechtsunreifen <strong>Guppys</strong> von Geburt an verabreicht, verhinderte es jegliche Ausbildung der<br />
weiblichen sekundären Geschlechtseigenschaften und bewirkte die frühzeitige Entwicklung der<br />
männlichen sekundären Geschlechtsmerkmale. Dazu veranlaßte es die vorzeitige Ausbildung der<br />
Keimelemente und zerstörte, wurde es ü<strong>ber</strong> längere Zeitabschnitte gegeben, die Samendrüsen.<br />
Testosteron wirkte sich ähnlich, jedoch nicht mit derselben Deutlichkeit aus. Hier verhinderte es die<br />
Entwicklung der männlichen roten Farbtöne bei Männchen, eine Eigenschaft, die man auch bei<br />
weiblichen Hormonen gefunden hat.<br />
Thyroxin, ein Produkt der Schilddrüse, bewirkte in einem Versuch stärkeres Größenwachstum der<br />
<strong>Guppys</strong>, die Jedoch eine längere Wachstumsperiode benötigten, ehe sie geschlechtsreif wurden. Bei<br />
Guppymännchen wurden die einer Thyroxinbehandlung unterworfenen Individuen etwa V? größer,<br />
doch benötigten sie zu ihrem Wachstum fast die doppelte Zeit. Während eines zweiten Versuches<br />
fügte man dem Aquarienwasser synthetisches Thyroxin hinzu und verfütterte pulverisiertes<br />
Schilddrüsenhormon, konnte a<strong>ber</strong> keinerlei Veränderungen beobachten.<br />
Ererbte Charaktereigenschaften bei <strong>Guppys</strong><br />
Mit Einführung der Sexualhormone wurden viele der früheren Schlüsse der Genetiker entkräftet. Wie<br />
schon festgestellt wurde, würden viele Eigenschaften der Weibchen als männliche Merkmale in<br />
Erscheinung treten, gäbe es da nicht weibliche Hormone, die sie unterdrücken. Ein anschauliches<br />
Beispiel hierfür bildet der Schwertschwanz. Ein Forscher erzählt uns, dieses Merkmal sei „unbedingt<br />
Y-gebunden", also geschlechtsgebunden und im Y-Chromosom gelegen. Nun wissen wir a<strong>ber</strong>, daß<br />
dies nicht durchaus notwendig ist. Liest man Jenes frühe Werk ü<strong>ber</strong> die Vererbung, kommt man zu<br />
dem Schluß, daß beim Guppy nur ein Chromosomenpaar von Wichtigkeit sei — nämlich die<br />
Chromosomen X und Y —, dagegen gibt es doch noch 22 andere Paare, mit denen man rechnen<br />
muß. Dieses Werk erwähnt auch nur gelbe, rote, schwarze und gelegentlich blaue Farbzonen auf dem<br />
Fischkörper, als wenn es ü<strong>ber</strong>haupt keine andere Färbung beim Guppy gäbe. Dabei wissen wir, daß<br />
sogar auf Männchen der Goldform häufig schimmernde grüne Flecke auftauchen, und daß Exemplare<br />
mit blauer Schwanzflosse der bevorzugte Typ aller Guppyliebha<strong>ber</strong> sind. Einige der allerschönsten<br />
unserer <strong>Guppys</strong> sind von dieser Art. Ungeheuer viel muß darü<strong>ber</strong> noch in Erfahrung gebracht werden.<br />
Vielleicht sind sogar Sie es, der einmal Wesentliches zu unserem Wissen ü<strong>ber</strong> die Vererbung dieses<br />
Fisches beiträgt.<br />
Wissenschaftliche Studien der Zukunft werden die bisherige Auffassung der dominanten und<br />
rezessiven Merkmale ändern; doch die folgende Zusammenstellung ist die beste, die wir bis jetzt<br />
machen können:<br />
Dominant<br />
Wildgrau<br />
Wildgrau<br />
Gold<br />
Wildgrau<br />
Fehlen des Schwertschwanzes<br />
Rundschwanz<br />
Rundschwanz<br />
Rezessiv<br />
Gold<br />
Blond<br />
Blond<br />
Albino<br />
Schwertschwanz<br />
Viereckig begrenzte Schwanzflosse<br />
Superbartige Schwanzflosse
Normalfärbung<br />
Schwarze Flecken in den Flossen der<br />
Weibchen<br />
Ein Genetiker, der wohl mehr Farbmerkmale und deren Vererbung beschrieben hat als irgend ein<br />
anderer Forscher, ist der dänische Vererbungswissenschaftler W i n g e. Er gab jedem Farbtyp einen<br />
Namen und <strong>ber</strong>echnete an Hand von Zuchtergebnissen dieser Fische, in welchem Chromosom die<br />
bestimmenden Gene lagen. W i n g e beschrieb die Farbwirkungen, die von jedem Gen erzeugt<br />
wurden, und benannte sie. Manche hielt er für im X-, manche für im Y-Chromosom gelegen. Er<br />
<strong>ber</strong>ichtete auch von einigen hermaphroditen Fischen, die zwar aussahen, als seien sie Zwitter und<br />
etwas Farbe besaßen, in ihrem Benehmen jedoch Weibchen waren und Junge zur Welt brachten.<br />
A<strong>ber</strong> W i n g e verwendete keine Geschlechtshormone, um zu bestimmen, welche Merkmale<br />
geschlechtsbegrenzt seien, und versäumte damit die Anwendung der allerwichtigsten Erfindung, die<br />
man benutzt, um zwischen geschlechtsgebundenen und geschlechtsbegrenzten Merkmalen zu<br />
unterscheiden. Im ganzen beschrieb W i n g e die Merkmale von 18 Farbzusammenstellungen.<br />
Ergebnisse aus Kreuzungen verschiedenfarbiger <strong>Guppys</strong> fallen manchmal ü<strong>ber</strong>raschend aus. Wird<br />
die Goldform mit einem Albino gepaart, ergibt das weder goldene noch Albino-Jungfische, sondern<br />
simple wildgraue, entsprechend der Tatsache, daß jeder Nachkomme nur ein Gold-Gen und ein<br />
Albino-Gen besitzt, daß es a<strong>ber</strong> eines Paares von ihnen bedarf, soll die Nachzucht aus Gold- bzw.<br />
Alblno-<strong>Guppys</strong> bestehen.<br />
Zweifellos sind da auch noch jene Gene, die man modifizierende Gene nennt. Sie üben ihren Einnuß<br />
auf die Stärke der Farben im Erscheinungsbild, die Ausdehnung der Farbzonen, Größe und Form der<br />
Flossen und nicht zuletzt auf die Größe des ganzen <strong>Guppys</strong> aus. Ihre Zahl, ebenso ihre Dominanz<br />
oder Rezessivität sind noch nicht bestimmt worden.<br />
Inzucht<br />
Fast jeder Artikel, der sich mit <strong>Guppys</strong> befaßt, <strong>ber</strong>ichtet uns, alle Männchen glichen einander so<br />
"wenig, daß keine zwei Fische gefunden würden, die man nicht auseinanderhalten könne. Diese<br />
Autoren haben sicherlich niemals ingezüchtete <strong>Guppys</strong> gesehen.<br />
Solche <strong>Guppys</strong> sind die einzige sichere Form, an der man Vererbungsstudien betreiben kann;<br />
praktisch sind alle anderen unzuverlässig, denn nur allzu leicht werden bei ihrer Verwendung<br />
ungerechtfertigte Schlüsse gezogen. Außerdem sind <strong>Guppys</strong> in dieser Beziehung ungewöhnlich hart;<br />
sie ertragen Inzucht bemerkenswert gut. Selbstverständlich müssen bei ihnen dieselben<br />
Vorsichtsmaßregeln wie bei Inzucht irgend einer anderen Gattung beachtet werden. Aus Jeder<br />
Generation werden die größten und kräftigsten Tiere ausgewählt, um die Eltern der nächstfolgenden<br />
zu werden. Inzucht ist nichts anderes als Konzentration der Eigenschaften. Bestehen eine Menge<br />
geringe Eigenschaften, so werden sie sich in einem Fisch zusammenziehen und wahrscheinlich einen<br />
wertlosen Fisch erzeugen. Durch dasselbe Geschehen werden auch wertvolle Charakterzüge in<br />
einem Fisch vereinigt. Jede Generation ist etwas weniger fruchtbar als die vorangegangene. Bei<br />
meinen ingezüchteten <strong>Guppys</strong> wurde jede Generation etwas kleiner und etwas weniger kräftig, bis<br />
sich nach der fünften eine Verbesserung bemerkbar machte. Unsere zehnte Inzuchtgeneration besitzt<br />
zwar bessere Guppyeigenschaften als die fünfte, jedoch nicht in derselben Schönheit wie diejenige,<br />
mit der wir begannen.<br />
Kreuzung gefestigter Stämme<br />
Zuerst die Frage: Was ist ein <strong>Guppys</strong>tamm? Es ist ganz einfach eine Gruppe von Fischen mit einer<br />
ähnlichen Auswahl von Genen oder Chromosomen in ziemlich feststehender Anordnung.<br />
Was ereignet sich nun, kreuzt man ü<strong>ber</strong>ragende <strong>Guppys</strong> zweier begründeter Stämme? Häufig zeigt<br />
sich Entartung. Wir kreuzten die besten miteinander, die zu finden waren und haben niemals einen<br />
Fall erlebt, daß die Nachzucht so gut wie die unverwandten Eltern waren. Und warum? Die<br />
Anordnungen der Gene sind nicht die gleichen und die neuen Chromosome. können nicht das<br />
erwünschte Erscheinungsbild hervorbringen.
Inzucht als Grundlage für die Zucht von Hybriden<br />
Der ertragreichste Mais, die fettesten Schweine, die besten Hühner und neuerdings auch <strong>Guppys</strong> sind<br />
das Ergebnis einer Kreuzung zweier nicht verwandter Inzuchtstämme, die ü<strong>ber</strong> sieben oder mehr<br />
Generationen ingezüchtet wurden. Die auffallendsten, größten und sensationellsten <strong>Guppys</strong> der<br />
Zukunft werden ohne Zweifel von dieser Sorte sein. Leider sind solche Tiere von geringem<br />
züchterischen Wert, denn ihre Nachkommen fallen gegenü<strong>ber</strong> den Eltern entschieden ab. Die<br />
Methode <strong>ber</strong>uht auf dem luxurlerenden Wachstum von Bastarden — der Heterosis. Das System hat<br />
den Vorteil, daß es den unlauteren Wettbewerb unter Züchtern verhindert.<br />
Heterosis bringt Riesenexemplare hervor, a<strong>ber</strong> wie ich in meinen frühen Experimenten erka'nnte, nicht<br />
gepaart mit Schönheit. Aus zwei 6 bzw. 8 Generationen hindurch ingezüchteten Stämmen paarte ich 2<br />
Fische und erhielt eine Nachkommenschaft, die sich zu den größten <strong>Guppys</strong> entwickelte, die Jemals<br />
gezüchtet worden waren. Ein Weibchen maß 8,5 cm in der Länge. Dagegen waren die Männchen<br />
gelblich-graue, farblose Wesen, die große Schwanzflossen nachschleppten, da sie ja sel<strong>ber</strong> auch<br />
groß waren. Doch im Verhältnis zur Körpergröße waren die Schwänze nicht sonderlich imposant.<br />
Daraus wurde uns klar, daß es bei unseren <strong>Guppys</strong>, die um gewisser charakteristischer Merkmale<br />
willen gezüchtet wurden, notwendig ist, mit verwandten Stämmen zu beginnen, deren Kreuzungen<br />
untereinander außerordentlich gute Ergebnisse zeitigten, und diese Fische, jeweils Bruder mit<br />
Schwester, viele aufeinanderfolgende Generationen lang inzuzüchten und dann erst die Vertreter<br />
eines jeden Stammes<br />
miteinander zu kreuzen. Diese Methode ergibt zugleich große und schöne <strong>Guppys</strong>.<br />
Und mehr noch — für jene, die mit Interesse genetische Studien betreiben, bringt sie reine Stämme<br />
äußerst ähnlicher Individuen hervor.<br />
Linienzucht<br />
Als Linienzucht bezeichnet man die Paarung nahe verwandter Tiere. Diese Verwandtschaft in der<br />
Linienzucht <strong>ber</strong>ücksichtigt gewöhnlich entferntere Verwandte als Vettern ersten Grades. Linienzucht<br />
ist sicher und enthalt keine der Gefahren, die Inzucht in sich birgt. Sie wird in erster Linie zur Erhaltung<br />
wertvoller Merkmale angewandt.<br />
Kontrolle des Zuchtmaterials<br />
Die folgenden, auf praktischer Erfahrung <strong>ber</strong>uhenden Vorschläge, die man vielleicht auch Kunstgriffe<br />
nennen könnte, werden jedem Neuling nützlich sein.<br />
Die Vervollkommnung von <strong>Guppys</strong> muß vor allem die Tatsache in Erwägung ziehen, daß eine<br />
einmalige Begattung des Weibchens für eine ganze Anzahl Würfe ausreichend ist. Die männlichen<br />
Spermien werden im weiblichen Körper gespeichert und warten auf die Erzeugung des nächsten<br />
Schubs Eier, um deren Befruchtung zu vollziehen. Erfolgt unmittelbar nach der Geburt eines Wurfes<br />
eine erneute Begattung, so sind die frischeren Spermien imstande, die neue Befruchtung zu<br />
ü<strong>ber</strong>nehmen. Einer von uns z. B. paarte ein Albinoweibchen mit einem Albinomännchen. Ersteres<br />
brachte einen Wurf von 21 Jungen zur Welt. Dann setzte ich ein Grauguppymännchen hinzu — der<br />
folgende Wurf enthielt nur Grauguppys. Verwendeten wir Gold-guppyweibchen, zeigte sich das<br />
gleiche Ergebnis. Ein graugefärbtes Männchen wurde sechs Goldweibchen in einem Becken<br />
zugesellt, die unmittelbar vorher von Männchen der Goldvarietät begattet worden waren. In diesem<br />
Falle bekam jedes Weibchen zuerst einen Wurf goldener Junge und darnach nur noch Junge grauer<br />
Färbung.<br />
Darum ist es für uns notwendig, mit unbedingter Sicherheit zu wissen, daß unsere Guppyweibchen<br />
von dem Männchen begattet werden, das wir als Stammvater der neuen Nachkommenschaft sehen<br />
möchten. Wie führt man das a<strong>ber</strong> praktisch durch? Durch frühzeitige Trennung der Geschlechter.
Trennung der Geschlechter<br />
Einmal muß man beginnen, seine Guppyzucht nach Männchen und Weibchen zu trennen. Das ist<br />
denkbar einfach, wenn die Tiere hal<strong>ber</strong>wachsen sind, doch es wird in der Tat schwierig, wenn es sich<br />
um <strong>Guppys</strong> handelt, die noch zu jung sind, um sel<strong>ber</strong> Junge zu erzeugen. A<strong>ber</strong> bekanntlich ist kein<br />
Ding unmöglich.<br />
Machen Sie's mit Hilfe eines hellen Lichtes. Diese Babies unterscheiden sich nämlich im Alter von<br />
einem Tag, im Lichte einer ü<strong>ber</strong> die Wassero<strong>ber</strong>fläche gehaltenen 100-Watt-Lampe, an einem<br />
schwarzen Fleck, den man an den Weibchen entdeckt, und der den Männchen fehlt. Wegen der<br />
Zartheit dieser kleinen Wesen ist es a<strong>ber</strong> immer noch ein schwieriges Unterfangen, sie zu diesem<br />
Zeitpunkt zu trennen. Besser wartet man, bis die Entwicklung von Geschlechtsmerkmalen es einem<br />
ermöglicht, das Gonopodium der Männchen von der großen Afterflosse der Weibchen zu<br />
unterscheiden.<br />
Der kleine Behälter mit Fischen wird in Augenhöhe gehalten und ein Weibchen nach dem ändern<br />
herausgefangen und in ein besonderes Becken gesetzt. Es ist gar nicht einmal nötig, alle weiblichen<br />
<strong>Guppys</strong> zu entfernen, es genügt die Zahl, die zur Weiterzucht gebraucht wird. Entfernt man ein<br />
Dutzend, so kann man bei einer einzigen Entwicklung von Jungbrut mit einer Gesamtsumme von ü<strong>ber</strong><br />
200 Jungtieren in der ersten Serie von Würfen rechnen. Sind die Muttertiere verhältnismäßig groß,<br />
könnten sie bis zu 600 Jungfische hervorbringen, angenommen, daß die meisten der Kleinen<br />
rechtzeitig vor kannibalischen Gelüsten in Sicherheit gebracht werden.<br />
Einen weiteren Anhaltspunkt zum Erkennen junger Weibchen finden wir in jenen schwarzen,<br />
dreieckigen Flecken, die sich sehr früh in der Schwanzwurzel abzeichnen. In einigen der<br />
allerschönsten Stämme zeigen die Männchen niemals derartige Flecken.<br />
Ein Vergrößerungsglas leistet bei genügend starker Beleuchtung beste Dienste, doch lernen<br />
Menschen mit normaler Sehkraft nach einiger Übung schnell, die Geschlechter mit unfehlbarer<br />
Genauigkeit zu unterscheiden. Werden die abgesonderten Weibchen ständiger Beobachtung<br />
unterzogen, kommt man früh genug einem vielleicht beim Trennen unterlaufenen Fehler auf die Spur,<br />
wenn man plötzlich bei einem die Ausbildung männlicher Eigenschaften entdeckt, und kann den<br />
Eindringling rechtzeitig entfernen, bevor er alt genug ist, seine Gefährtinnen zu begatten. Ein nicht<br />
entdeckter Fehler kann eine große Zahl höchst kostbareWeibchen ruinieren. Es ist nicht<br />
ausgeschlossen, daß sich ein Männchen mit völlig farbloser, kleiner Schwanzflosse und nur geringen<br />
Mengen schwach sichtbarer Farbflecke auf dem Körper entwickelt. Und wer nur nach den Farben<br />
anstatt auf das Gonopodium schaut, kann dieses einzelne Männchen ü<strong>ber</strong>sehen — bis es eines<br />
Tages zu spät ist.<br />
Paarung<br />
Einige Züchter halten alle Männchen in einem Becken zusammen, ohne ihnen Weibchen<br />
zuzugesellen. Sie behaupten dazu, die Männchen wüchsen so schneller und würden größer. Andere<br />
finden, es bedeute keinen Unterschied, wenn man einige Weibchen bei den Männchen belasse.<br />
Gewöhnlich werden diese Weibchen zusammen mit den Besten der Männchen als Zuchtpaar zu<br />
Liebha<strong>ber</strong>preisen verkauft. Doch ist es viel wahrscheinlicher, daß sie von Männchen, die der<br />
natürlichen Wildform am nächsten kamen, begattet wurden, als daß sie Samen der prächtigsten<br />
Hochzuchtformen in sich tragen.<br />
Beobachten Sie die Männchen, wie sie in Ihrem Becken heranwachsen, und bestimmen Sie erst dann,<br />
welche Sie zu Stammvätern kommender Guppygenerationen machen wollen. Falls nötig, werden sie<br />
von den übrigen getrennt und nach ihrer Weiterentwicklung erneut die Allerbesten ausgewählt, um mit<br />
den Weibchen gepaart zu werden.<br />
Zur Vorsicht sei gesagt: Warten Sie nicht, bis die Männchen voll entwickelt und in ihrer höchsten Blüte<br />
sind, um sie mit den Weibchen zu vergesellschaften. Es ist möglich und in der Tat wahrscheinlich,<br />
daß unsere Guppymännchen zu solch unnatürlichen Fischen heranwachsen, daß ihre langwehenden<br />
Schwanzflossen und lässig herabhängenden Rückenflossen sie daran hindern, Weibchen zu<br />
begatten. Nicht selten erwarb ein Liebha<strong>ber</strong> das prächtigste Tier aus eines anderen Bestand, nur um<br />
Enttäuschungen damit zu erleben, da er keinen einzigen Nachkommen erhielt.
Das ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern kommt häufig vor und wurde durch Versuche bewiesen.<br />
Zum Beispiel waren drei Männchen — alles Brüder — des Earlstammes, deren Jeder eine<br />
Schwanzflosse, länger als der übrige Körper besaß, im Alter von einem Jahr vollkommen unfähig, ein<br />
Weibchen zu befruchten, obwohl sie mit neun Monaten noch keinerlei Schwierigkeiten hatten.<br />
Mehrere Männchen des Superbastammes waren im Alter von 1,4 Monaten ohne den geringsten<br />
züchterischen Wert. Hähnelguppys bewährten sich länger. Ein Albinomännchen mit einer<br />
ungewöhnlich langen Schwanzflosse war zur Zucht ungeeignet, bis die hintere Hälfte seines<br />
Schwanzes abfiel und er wieder Vater wurde. Anscheinend liegt die Ursache nicht so sehr im Alter wie<br />
im ziehenden und hemmenden Effekt der schönen, doch für den Fisch uneinträglichen<br />
Schwanzflosse. Zwei 16 Monate alte Prachtmännchen mit gebänderter Schwanzflosse wurden in ein<br />
Aquarium mit acht unbefruchteten Weibchen zusammengesetzt und nicht eines davon wurde trächtig.<br />
Wie ü<strong>ber</strong>windet man nun diese Schwierigkeit? Man verwende die besten Jungen Männchen. In jedem<br />
Becken gibt es einige, die ü<strong>ber</strong> alle anderen herausragen. Der Unterschied wird noch ausgeprägter,<br />
wenn der Schwärm älter wird. Denn diejenigen, welche frühzeitig die beste Entwicklung zeigen,<br />
werden auch die zau<strong>ber</strong>haftesten <strong>Guppys</strong> sein, wenn alle ausgewachsen sind. Wohl treten geringe<br />
Änderungen in der Färbung auf, doch jene mit den herrlichsten Farbschattierungen in der Jugend,<br />
werden auch nach der Geschlechtsreife die Farbenprächtigsten bleiben. Also werden Sie in den<br />
meisten Fällen rechtzeitig Ihre Wahl treffen können und diese Männchen werden wunderbare Zuchten<br />
liefern, bis schließlich ihre Pracht zum Hindernis wird.<br />
Die Wahl des Zuchtmaterials<br />
Wie schon gesagt, sind alte, vollentwickelte Männchen nicht immer fruchtbar oder imstande, den<br />
Begattungsakt wirksam zu vollziehen. Und doch sind es die alten, wunderschönen und exotisch<br />
aussehenden Männchen, nach denen jeder Neuling natürlicherweise greifen würde, wäre er vor die<br />
Wahl gestellt. Sie sind dürftige Einsätze, will man damit die Grundlage einer Zucht scharfen. Bei<br />
geschlechtsreifen Weibchen sind die Aussichten gleich unwahrscheinlich, bevor man nicht weiß, von<br />
welchen Männchen sie befruchtet wurden. In ein Aquariengeschäft zu gehen und einige große<br />
Weibchen zu kaufen, ist vielleicht das Gegebene für Jene, die die Grundbegriffe am lebenden Objekt<br />
kennenlernen wollen. A<strong>ber</strong> um mit der Guppyliebha<strong>ber</strong>ei ernsthaft zu beginnen, mit dem Bestreben,<br />
seltene Fische eines bestimmten Standards zu züchten, ist dieses Unterfangen sinnlos.<br />
Dann sollte man lie<strong>ber</strong> die Anlage eines <strong>ber</strong>ühmten Züchters besuchen, und ein noch nicht<br />
geschlechtsreifes Weibchen aus seinem besten Stamm unter der Bedingung erwerben, daß er oder<br />
ein anderer Züchter einwilligt, das Tier mit dem Männchen unserer Wahl zu paaren, das ist jedenfalls<br />
erfolgreicher als ein rundes Hundert obskurer Weibchen zu kaufen und dazu ein prächtiges<br />
Männchen. Hält man sich an erstere Regel, wird man in vier Monaten Besitzer eines Aquariums voll<br />
erstklassiger <strong>Guppys</strong> sein; macht man sich die letztere zu eigen, werden es vielleicht einige<br />
mittelmäßige bis gute Fische sein.<br />
Andererseits macht es sich wiederum bezahlt, grast man die Aquarien der Fischgeschäfte ab auf der<br />
Suche nach Mutationen, besonders unter weiblichen Tieren. Der Earlstamm entstand aus einer<br />
weiblichen Mutation, deren Schwanzflosse im o<strong>ber</strong>en Teil weit nach rückwärts ausgezogen und deren<br />
Körper schlank und langgestreckt war. Mangels Fruchtbarkeit gebar sie nie mehr als 20 Junge in<br />
einem Wurf. Durch Paarung mit einem ihrer Söhne wurde jedoch ein Stamm begründet und in einer<br />
Inzuchtperiode gefestigt. Nach den Angaben des Entdeckers des Superbastammes geschah dabei<br />
das gleiche, und es wurde dieselbe Methode zur Begründung und Festigung des Stammes<br />
angewandt. Gelegentlich gibt es Händler, die <strong>Guppys</strong> zum Zwecke der Erlangung gesünderer<br />
Bestände importieren, weil sie annehmen, unsere zu Haustieren gewordenen Fische seien<br />
degeneriert. A<strong>ber</strong> wie falsch ist diese Meinung! Alles, was wir ü<strong>ber</strong> die Wichtigkeit äußerster Sorgfalt<br />
in der Zuchtauslese geschrieben haben, sollte eigentlich jeden davon ü<strong>ber</strong>zeugen, daß Fische, die<br />
sich einfach sinnlos durcheinander vermehren, immer in Mittelmäßigkeit zurücksinken werden. Unsere<br />
<strong>Guppys</strong> sind der Wildform so weit voraus, daß man sie für verschiedene Arten halten könnte.<br />
Ertragreiche Guppyzucht
Der ernsthafte Guppyzüchter handelt niemals aufs Geratewohl. Was er anstrebt, ist eine große Anzahl<br />
Junge, die möglichst in einer gegebenen Zeit das Licht der Welt erblicken sollen. Er will, daß sie<br />
zusammen aufwachsen, um die besten Männchen daraus zu wählen und eine schöne<br />
ü<strong>ber</strong>einstimmende Zusammenstellung aus den übrigen Tieren in den Handel zu bringen.<br />
Zierfischhändler sind von einer bunt zusammengewürfelten Menge wenig begeistert und ziehen,<br />
sagen wir einmal, 50 einheitliche Männchen plus 50 Weibchen vor, die sie paarweise verkaufen<br />
können. Sind die Fische ungewöhnlich schön, so werden sie vielleicht mit 10 Dollar pro Paar<br />
angesetzt. Nachdem die Hälfte verkauft ist, beginnt sich nochmals eine Verbesserung infolge weiteren<br />
Wachstums der übrigen Fische zu zeigen, von denen möglicherweise 30 Paar einen sehr hohen Preis<br />
erzielen. Dann wird der Preis gesenkt, um auch die weniger wertvollen Exemplare anzubringen, und<br />
die restlichen <strong>Guppys</strong> werden schließlich in ein Becken mit billigerem Bestand gesetzt.<br />
Es ist ganz einfach, sich auf einen derartigen Zuchtertrag einzurichten. Wird das Männchen mit kräftig<br />
gewachsenen, unbefruchteten Weibchen vergesellschaftet und diese Gruppe drei Wochen lang so<br />
belassen, werden zu diesem Zeitpunkt die meisten von ihnen Anzeichen von Trächtigkeit aufweisen.<br />
Jedes einzelne, ob es nun trächtig scheint oder nicht, kann in einen 5-Liter-Behälter ü<strong>ber</strong>führt werden,<br />
wo es innerhalb von 2 Wochen eine Jungbrut entwickelt hat. So ist uns ein reicher Ertrag sicher. Der<br />
größte Vorteil für diese Zuchten ergibt sich in bezug auf Fütterung, denn ausgedehnte Futterkulturen<br />
für Jungfische können schon vorher angelegt und später, wenn die kleinen <strong>Guppys</strong> ü<strong>ber</strong> diese feine<br />
Nahrung hinausgewachsen sind, vernichtet werden.<br />
Schutz der Jungfische<br />
Solange ein ausgewachsener Guppy nicht derart mit Futter vollgestopft ist, daß er kein Lot mehr in<br />
sich hineinbringt, wird er Junge <strong>Guppys</strong> fressen. Und einige scheinen die kleinen Dinger jeglichem<br />
anderen Futter vorzuziehen. Sollen <strong>Guppys</strong> auf lohnender Basis aufgezogen werden, muß man einige<br />
Schutzmaßnahmen treffen, um ihr Gefressenwerden zu verhindern. Fallen, sogenannte Zuchtkästen,<br />
aus denen die Jungen zwar entkommen können, doch worin die Weibchen gefangen bleiben, sind<br />
gewiß von Nutzen, a<strong>ber</strong> es sind wenig wirksamere Hilfsmittel von Menschenhand erfunden worden,<br />
als sie uns die Natur in Gestalt von Pflanzen in die Hand gegeben hat. Da gibt es Pflanzen wie Nitella,<br />
die zwar die Mutterfische zurückhalten, jedoch nicht die Neugeborenen. Auch Myriophyllum eignet<br />
sich, wenn es den ganzen Behälter durchwuchert, bestens. Ein Züchter verwendet nur Najas. Einen<br />
ausgezeichneten Ersatz finden wir im getrockneten, sterilisierten und gewaschenen spanischen Moos,<br />
das unter zahlreichen Bezeichnungen im Fachhandel angeboten wird — z. B. als getrocknetes<br />
Zuchtgras. Wird es so in einen Behälter eingebracht, daß nur ein kleiner Spielraum für das Weibchen<br />
freibleibt, kommen fast alle Jungguppys mit dem Leben davon; selbstverständlich unter der<br />
Voraussetzung, daß die Alte, nachdem sie den Geburtsakt vollendet hat, so schnell wie möglich<br />
herausgefangen wird.<br />
VII. Krankheiten und ihre Bekämpfung<br />
Es gibt mehr Krankheiten, deren Ü<strong>ber</strong>träger und Opfer unser Guppy ist, als gemeinhin angenommen<br />
wird. Ein gut besetztes Becken erscheint vielleicht ein ganzes Jahr oder länger in bester Ordnung,<br />
indem der Bestand zahlenmäßig erhalten bleibt und täuscht so seinen Besitzer ü<strong>ber</strong> die Tatsache<br />
hinweg, daß eine Krankheit einige der Tiere hinwegraffte. Schnecken werden wohl die Kadaver<br />
beseitigt haben. Doch daneben gibt es auch unverkennbar deutliche Krankheiten und, darin besteht<br />
kein Zweifel, Todesfälle, die von Leiden herrühren, worü<strong>ber</strong> wir wenig oder ü<strong>ber</strong>haupt nichts wissen.<br />
Mit der Einführung von Sulfonamiden und Antibiotika dämmerte ein neues Zeitalter herauf, in dem wir<br />
die Gewalt ü<strong>ber</strong> Fischkrankheiten im allgemeinen und einige <strong>Guppys</strong>euchen im besonderen bekamen.<br />
Eine Anzahl Entdeckungen auf medizinischem Gebiet helfen uns, die Lebensdauer eines Guppy viele<br />
Monate ü<strong>ber</strong> das frühere Durchschnittsalter von Leblstes hinaus zu verlängern.<br />
Ist der Versuch, einen kranken Guppy zu kurieren, eigentlich der Mühe wert? Im Falle eines<br />
einzigen durchschnittlichen Fisches wahrscheinlich nicht. Handelt es sich a<strong>ber</strong> um ein besonders<br />
wertvolles Exemplar, dann lohnt es sich bestimmt. Ist da a<strong>ber</strong> ein ganzes Aquarium voll <strong>Guppys</strong>, die<br />
alle von derselben Krankheit befallen sind oder deren sicheres Schicksal es ist, angesteckt zu werden,<br />
macht es sich mehr als bezahlt.
Woran erkennt man nun, daß ein Guppy krank ist? An vielerlei Anzeichen, wovon die anschließend<br />
aufgezählten nur einige der auffallenderen sind:<br />
1. Freßunlust;<br />
.2 Unfähigkeit zu fressen, trotz augenscheinlichen Hungers;<br />
3. Verminderung der Körpergröße, besonders des Umfangs;<br />
4. Kraftloses Herabhängen der Rückenflosse und Klemmen der<br />
Schwanzflosse;<br />
5.Interesselosigkeit der Männchen an Weibchen;<br />
6. Schaukeln mit angelegten Flossen;<br />
7. Hängen nahe der Wassero<strong>ber</strong>fläche;<br />
8. Auf dem Boden liegen;<br />
9. Irres Herumschwimmen oder Durch's-Wasser-Schießen;<br />
10. Aufbiegen des Schwanzes in Richtung des Kopfes;<br />
11. Kerzengerades Auf- und Abschwimmen;<br />
12. Schwimmen auf einer Seite;<br />
13. Auftreten weißer Pünktchen auf dem Körper;<br />
14. Auftreten ausgedehnter weißlicher Flecke auf Flossen und Schwanz;<br />
15. Auftreten von Pilzrasen auf dem Körper;<br />
16.Gerötete Kiemen;<br />
17. Schwammartige Auswüchse im Maul;<br />
18.Sperren des Maules;<br />
19. Gebären unentwickelter Jungtiere;<br />
20. Einbuße der Farben bei Männchen;<br />
21.Ü<strong>ber</strong>mäßiges Nachdunkeln pigmentierter Zonen;<br />
22. Plötzliches Sterben einer Anzahl von Fischen;<br />
23. Entwicklung von Beulen auf dem Körper;<br />
24. Aufgetriebener Körper;<br />
25.Hervorquellende Augen;<br />
26. Entwicklung mißgestalteter Körper;
27. Bildung farbloser Flecke auf dem Körper von Weibchen.<br />
Kurz gesagt, kann jegliches eigenartige Benehmen und Jede ungewöhnliche Erscheinung eine<br />
Andeutung irgendeiner Störung sein. Dieses sonderbare Verhalten kann kurz nach dem Hinzusetzen<br />
eines neuen Fisches, einer Portion Frischwasser, fremder Pflanzen oder nach Verfütterung von<br />
Tubifex oder Daphnien auftreten. Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß es mit den Schnecken im<br />
Zusammenhang steht, die kürzlich ins Becken gebracht wurden oder sogar mit einer Schildkröte, die<br />
Schnecken fressen sollte oder einem Saugwels, der als Vertilger ü<strong>ber</strong>schüssigen Futters oder zu<br />
vieler Algen eingesetzt wurde. Dann wieder scheint eine Krankheit oder parasitäre Seuche ganz von<br />
selbst zu entstehen. Und doch kann so etwas gar nicht der Fall sein. Vielleicht handelt es sich um ein<br />
sich langsam entwickelndes Leiden oder ebensolche Parasiten, die ihren Ursprung in einer Infektion<br />
hatten, die schon so lange zurückliegt, daß wir vergaßen, wie sie begann. Die Hauptsache ist, daß<br />
man weiß, wie eine Krankheit zu heilen ist und wie ihr Ü<strong>ber</strong>greifen auf andere Fische und Aquarien<br />
verhindert wird.<br />
Vergiftunge<br />
Die häufigste Todesursache bei <strong>Guppys</strong> sind Vergiftungen. In Kapitel III sahen wir zwar, daß die<br />
Fische in stark verschmutztem Wasser leben können, a<strong>ber</strong> allem ist einmal eine Grenze gesetzt. Oft<br />
ist es unmöglich zu erkennen, welcher Art das Gift ist. Wasser, das für <strong>Guppys</strong> tödliche Mineralien<br />
enthält, vergiftet sie; ebenso wie Wasser, das lange durch Bleiröhren geflossen ist, sie genau so<br />
heimtückisch zu töten vermag, wie es schon Menschen getötet hat. Gleicherweise bewirken<br />
Kupferröhren öfters den Tod. Kupfer in einer Konzentration von 0,2 Teilen auf l Million Teile Wasser<br />
tötet manche Fische innerhalb 24 Stunden. Man hat erkannt, daß diese geringen Kupfermengen, auch<br />
wenn sie noch so unbedeutend erscheinen, Infusorien und anderes winzige Futter, bei dem Jungbrut<br />
gedeiht, zum Absterben bringen. Ist Wasser zu sauer, zu alkalisch oder zu salzhaltig, kann es den Tod<br />
herbeiführen. Frisches Leitungswasser, das aus Großstadtspeichern stammt, kann entsprechend<br />
seinem hohen Chlorgehalt tödlich wirken. Manche Arten von Quellwasser, vielfach aus unterirdischen<br />
Adern entspringend, sind untauglich für <strong>Guppys</strong>, sollen sie darin länger leben. Ungeeignetes Wasser<br />
war ganz bestimmt die Ursache zahlreicherer Todesfälle bei <strong>Guppys</strong> in meinem Bekanntenkreis als<br />
irgend ein anderer Grund. Unpassender Aquarienzement hat schon viele Fische umgebracht.<br />
Futtervergiftungen. Hierin begegnet uns eine andere häufige Todesursache der <strong>Guppys</strong>. Ein Zuviel an<br />
Futter verursacht Gärung und Zersetzung; wo nur unzulänglich durchlüftet wird, töten Toxine, die sich<br />
infolge der Entwicklung von Bakterien im Futter bilden, die Fische.<br />
Kohlendioxydvergiftung. Wahrscheinlich ist Ü<strong>ber</strong>besetzung verantwortlich für dieses Verhängnis. Ein<br />
Zuviel an Kohlendioxyd, das ans Wasser abgegeben wird, ungenügende Bepflanzung und<br />
Beleuchtung, um es In pflanzliches Wachstum zu verwandeln,<br />
keine Durchlüftung, um den Austausch von Kohlendioxyd im Wasser zu fördern — all diese Dinge<br />
tragen zum Sterben der <strong>Guppys</strong> bei. In diesem Zustand hängen die Fische gewöhnlich nahe der<br />
Wassero<strong>ber</strong>fläche, ehe sie eingehen. Obwohl es wahr ist, daß <strong>Guppys</strong> das Äußerste an<br />
Lebensbedingungen ertragen und doch dabei weiterleben, haben Forschungen erwiesen, daß sie sich<br />
nicht vermehren, wenn der Kohlendioxydgehalt des Wassers hoch ist. Da haben wir schon den Grund,<br />
warum die Zuchtfreude in stark besetzten Becken nachläßt oder ganz aufhört. Legt man Wert auf<br />
Nachkommenschaft seiner <strong>Guppys</strong>, muß alles darangesetzt werden, Kohlendioxyd auf einem<br />
Minimum zu halten. Insbesondere muß der Bodengrund völlig rein sein, damit keine Zersetzung von<br />
Bakterien eintritt; es sollte großzügig durchlüftet und niemals zuviel gefüttert werden; viele Pflanzen<br />
müßten in den Behältern sein und so wenig Zuchttiere, daß man gerade damit auskommt.<br />
Absterbende Pflanzen. Unter gewissen Bedingungen töten sich zersetzende, abgestorbene Pflanzen<br />
<strong>Guppys</strong>. Das Wasser nimmt häufig einen besonders scharfen Geruch an, der sich im ganzen Zimmer,<br />
in dem das Aquarium steht, verbreitet. Selbst der geringste ungewöhnliche Geruch des Wassers sollte<br />
den Liebha<strong>ber</strong> mißtrauisch machen und nach der Ursache dafür suchen lassen. Algen, die ja Pflanzen<br />
sind, töten <strong>Guppys</strong>, falls eine genügend große Menge gleichzeitig abstirbt.<br />
Insektenspritzmittel. Im Hause angewandte Spritzmittel zur Vernichtung von Fliegen haben schon<br />
unzähligen Fischen den Tod gebracht. Eines dieser Insektenpulver, Rotonon, tötet <strong>Guppys</strong> <strong>ber</strong>eits in<br />
einer Verdünnung von l Teil in 13 000 000 Teilen Wasser. A<strong>ber</strong> andere sind ebenso todbringend.
Darum ist es verhängnisvoll, ein derartiges Mittel gegen Fliegen oder Moskitos im gleichen Raum zu<br />
versprühen, in dem Guppybecken stehen. Im Freien treten alljährlich Verluste unter Teichfischen auf,<br />
deren Tod durch mit Ungezieferpuder eingeriebene Hunde, die in diesen Teichen schwammen, oder<br />
durch den Giftstaub bzw. die Spritzmittel, die auf Büsche oder Blumen in der Nachbarschaft gestäubt<br />
und vom Wind auf die O<strong>ber</strong>fläche des Wassers getrieben wurden, verursacht wird.<br />
Seifen und desinfizierende Lösungen, die zum Auswaschen der Becken benützt und nicht richtig<br />
abgespült wurden, töten die Fische. Das Reinigen der Scheiben mit ungenügend ausgewaschenen<br />
Kupferschwämmen, die vorher in Verbindung mit Seife oder Scheuerpulver gebraucht wurden, ist ein<br />
gefährliches Unterfangen. Sogar die eigenen Hände sind verdächtig. Fische wurden schon von ihren<br />
Eigentümern vergiftet, die in ein Aquarium langten, ohne ihre Hände gewaschen zu haben, nachdem<br />
sie eben mit Ungeziefervertilgern in Berührung gekommen waren oder ihre Hunde oder Katzen mit<br />
Entflöhungspulvern oder einem Trockenbad behandelt hatten.<br />
Heilmittel und ihre Dosierung<br />
Hier machen wir Sie mit den Heilmitteln bekannt, die wir als für <strong>Guppys</strong> geeignet fanden; mit<br />
Dosierung und Art ihrer Anwendung.<br />
Salzbäder. Ein Eßlöffel voll Kochsalz wird in 4—5 l Wasser aufgelöst und der kranke Fisch<br />
hineingesetzt. Am folgenden Tage wird erneut ein Eßlöffel Salz hinzugefügt und am nächsten Tag<br />
noch einmal die gleiche Menge. Am dritten Tage wird die Hälfte des Wassers abgezogen und durch<br />
frisches ersetzt. Am vierten Tage wird dieser Wasserwechsel wiederholt, und der Fisch am fünften<br />
Tag in sein Aquarium zurückgebracht.<br />
Salz- und Glau<strong>ber</strong>salzbäder. Zwei Eßlöffel voll gewöhnliches Kochsalz werden zusammen mit<br />
derselben Menge Glau<strong>ber</strong>salz in 4,5 l Wasser gelöst. Darin verbleibt der Fisch 4—6 Stunden lang. Zu<br />
diesem Zeitpunkt gießt man 4,5 l Frischwasser hinzu und beläßt den Fisch in dieser schwächeren<br />
Lösung für weitere 12 Stunden, ehe er in sein Becken zurückgesetzt werden kann.<br />
Kupferschwamm. Ein nicht mit Chemikalien behandelter Kupferschwamm wird einfach ins Aquarium<br />
eingehängt. Bekommen die Fische zuviel Kupfer ab, so fangen sie an, trotz ausreichender<br />
Durchlüftung an der O<strong>ber</strong>fläche zu hängen. Dies ist das Warnsignal zum Entfernen des Schwammes,<br />
worauf ein Teil des Wassers erneuert wird.<br />
Metaphentinktur. (l :1000). Zwei Tropfen werden auf 4,5 l Wasser gegeben.<br />
Mercurochrom (Cao Hs Os Br2 Na2 Hg). Hiervon genügt ein Tropfen auf 4,5 l Wasser.<br />
Reinigen der Scheiben mit ungenügend ausgewaschenen Kupferschwämmen, die vorher in<br />
Verbindung mit Seife oder Scheuerpulver gebraucht wurden, ist ein gefährliches Unterfangen. Sogar<br />
die eigenen Hände sind verdächtig. Fische wurden schon von ihren Eigentümern vergiftet, die in ein<br />
Aquarium langten, ohne ihre Hände gewaschen zu haben, nachdem sie eben mit Ungeziefervertilgern<br />
in Berührung gekommen waren oder ihre Hunde oder Katzen mit Entflöhungspulvern oder einem<br />
Trockenbad behandelt hatten.<br />
F o r m a l i n. Man nimmt acht Tropfen pro Liter Wasser.<br />
Wasserstoffsuperoxyd wird nach Art einer Kompresse angewandt. Der Fisch wird vorsichtig in einem<br />
feuchten Netz gehalten und das Superoxyd mittels einer Pipette auf die befallene Stelle des Körpers<br />
getropft öder aus einem Stückchen mit der Flüssigkeit durchtränkter Baumwolle oder Wolle auf die<br />
Wunde gedrückt, wobei man darauf achten muß, daß das Heilmittel nur mit der erkrankten Zone, nicht<br />
mit dem übrigen Körper in Berührung kommt. Man läßt das Superoxyd zehn Sekunden auf die kranke<br />
Stelle einwirken. Vorsicht! Halten Sie es den Kiemen fern!<br />
Verwendet man es als Lösung, um die <strong>Guppys</strong> darin einzutauchen, wird es zur Hälfte mit Wasser<br />
vermischt. Alle <strong>Guppys</strong> eines befallenen oder infizierten Behälters werden in ein kleines Netz<br />
zusammengebracht, worin sie zwei Sekunden lang in die Lösung getaucht und sofort in ihr Becken<br />
zurückgesetzt werden. Nur sehr schwächliche Tiere gehen dabei ein. Trotzdem ist diese Anwendung
eine Pferdekur und nur auf eigene Verantwortung durchzuführen. Man versucht sie zuerst an einigen<br />
wenigen Fischen, um sich ü<strong>ber</strong> Wirksamkeit und Sicherheit zu vergewissern. Bei anderen Arten von<br />
Zierfischen ist diese Behandlung nicht empfehlenswert.<br />
Temperaturerhöhung. Hierunter verstehen wir das Hochtreiben der Temperatur eines Beckens auf<br />
27°—30° C. Diese hohen Wärmegrade werden auch noch mehrere Tage, nachdem die Fische geheilt<br />
erscheinen, beibehalten.<br />
Trypaflavin. Man geht von einer Grundlösung aus, bestehend aus 0,06 g auf 240 g Wasser, und<br />
nimmt einen Eßlöffel dieser Lösung auf 22 l Wasser. Wasserwechsel ist nicht nötig, solange die<br />
Fische nicht an der O<strong>ber</strong>fläche nach Luft schnappen.<br />
Tetracyclin. Man verwendet die lösliche Form, die in 50 Milligramm-Tabletten angeboten wird. Für je 9<br />
l Wasser wird eine Tablette gelöst, hinzugegeben und darin belassen.<br />
Kaliumpermanganat. Ü<strong>ber</strong>mangansaures Kali hat die Eigenart, nach und nach aus dem Wasser zu<br />
verschwinden. Die Anwendung ist 0,05 g auf je 4,5 l Beckenwasser, so daß eine rosenrote Lösung<br />
entsteht. Beginnen die Fische nach Luft zu schnappen, wird ein Teil des Wassers gewechselt.<br />
Fungus entsteht auf verschiedene Art aus Bakterien, und die Organismen, die diese große Gruppe<br />
von Lebewesen ausmachen, besitzen die seltsamsten Angewohnheiten. Manche verkapseln sich zu<br />
Dauerformen, die Sporen genannt werden und auf geeignete Umweltsbedingungen warten, ehe sie<br />
ihre charakteristische Form entwickeln. Andere, wie z. B. Hefe, treiben Knospen, die abbrechen und<br />
zu selbständigen Wesen werden. Das sogenannte Myzel einiger Fungusarten ist sehr interessant, weil<br />
es jene Wucherungen bewirkt, die wir Schimmel nennen — Dickichte, aus so feinen Fäden gewoben,<br />
daß sie wie Atlas aussehen, sich jedoch ohne Anstrengung flachdrücken lassen. Manche bedecken in<br />
ihrem Wachstum eine ganze Fläche und gleichen Schleim. Einige Pilze sind beweglich, das bedeutet,<br />
daß sie peitschenartige Anhängsel besitzen, mit deren Hilfe sie sich vorwärtstreiben.<br />
Saprolegnia. Erscheinen auf dem Körper eines Fisches weiße, schleimige, flachgedrückte Polster,<br />
die einen Teil der Haut ersetzt zu haben scheinen, so handelt es sich wahrscheinlich um Saprolegnia.<br />
Behandlung: Der befallene Fisch wird isoliert, der Kescher desinfiziert.<br />
Jetzt haben Sie die Wahl zwischen (l) Metaphentinktur, (2) Salzbädern, (3) Temperaturerhöhung, (4)<br />
Wasserstoffsuperoxyd als Kompresse, (5) Trypaflavin.<br />
M a u l f ä u l e (Maulfungus) ist eine unter <strong>Guppys</strong> sehr verbreitete Krankheit, der jährlich Millionen<br />
von ihnen zum Opfer fallen. Ausgehend von einer kleinen weißlichen Stelle, die den Fisch daran<br />
hindert, sein Maul zu schließen, durchwächst eine schwammartige Wucherung die ganze Mundhöhle<br />
und das Tier geht zugrunde. Besieht man sich diese watteartige Masse einmal genauer unter einem<br />
Mikroskop, so entdeckt man, daß sie aus einer Unzahl in Bewegung befindlicher Organismen besteht,<br />
deren Wachstum nicht nur das Maul verschließt, sondern auch das feine Zellgewebe zerfrißt. Der<br />
lebensnot wendige ständige Wasserstrom durch den Mund in die Kiemen kann nicht mehr<br />
hindurchfließen und dies tötet den Fisch noch eher als die Erschöpfung infolge Hungers. Befallene<br />
Fische hängen selbst in gutdurchlüfteten Behältern nahe der Wassero<strong>ber</strong>fläche. Behandlung: (l)<br />
Aureomycin, (2) Mercurochrom, (3) Metaphen.<br />
Kronenfungus. Bemerkt man winzige Myzelfäden, die aus einem kleinen Punkt herauswachsen, nach<br />
oben ausstrahlen, und ein Bild ähnlich einer Krone oder winzigen Wiedergabe der Sonnenstrahlen<br />
ergeben, so ist die Erklärung wahrscheinlich Kronenfungus. Die Strahlen können eine Länge von 3<br />
mm erreichen, ehe sie abgestreift werden.<br />
Behandlung: (l) Mercurochrom, (2) Berühren des Fleckes mit Wasserstoffsuperoxyd.<br />
Flossen- und Schwanzfungus (Flossenfäule). Manchmal treten graue oder weißliche Flächen auf<br />
Flossen oder Schwanz auf. Befallene Stellen sowie das dazwischenliegende Gewebe werden<br />
zerfressen.
Behandlung: (l) Temperaturerhöhung, (2) direkte Anwendung von Wasserstoffsuperoxyd auf den<br />
erkrankten Flächen, (3) Mercurochrom, (4). Metaphen.<br />
Erkrankungen der Kiemen. Möglicherweise werden Entzündungen der Kiemen durch vielerlei<br />
Organismen hervorgerufen. Die Kiemen erscheinen röter als gewöhnlich und die Kiemendeckel<br />
stehen ab, so daß die Kiemenblättchen sichtbar werden. Die Krankheit schreitet nur langsam fort. Bei<br />
älteren Fischen macht sich Abmagerung bemerkbar; der Fisch frißt vielleicht, doch nicht genug und<br />
schwimmt Irgendwie ängstlich herum. Jungbrut geht schnell daran zugrunde. Einige Fachleute halten<br />
den Erreger für ein Virus, andere glauben an eine durch Bakterien erzeugte Krankheit, dagegen war<br />
die Art, die meine <strong>Guppys</strong> befiel, ü<strong>ber</strong>einstimmend Fungus.<br />
Behandlung: Da befallene Fische sich selbst dann, wenn sie die Krankheit ü<strong>ber</strong>stehen, selten wieder<br />
richtig erholen, werden erkrankte Fische abgetötet, sobald sie Anzeichen von Entzündungen<br />
aufweisen. Behandlungsweisen, die versucht wurden, jedoch bei Kiemenentzündungen meiner Fische<br />
stets ohne Erfolg blieben, sind die Anwendung von Aureomycin, Penicillin, Terramycin und<br />
Wasserstoffsuperoxyd.<br />
Trotzdem haben einige Liebha<strong>ber</strong> von sagenhaften Ergebnissen nach Behandlung mit Antibiotika<br />
<strong>ber</strong>ichtet und damit den Beweis geliefert, daß es verschiedene Erreger dieser Krankheit gibt, von<br />
denen einige durch Antibiotika zerstört werden, andere wieder nicht, (l) Metaphern, (2) Mercurochrom,<br />
(3) Kaliumpermanganat, (4) geben Sie den Fischen etwas mehr Raum, (5) versuchen Sie es mit<br />
gechlortem Leitungswasser, worin die Fische eine Stunde lang verbleiben, (6) für größere Jungfische<br />
und erwachsene <strong>Guppys</strong>: Salzbäder.<br />
Bakterielle Krankheiten<br />
Tu<strong>ber</strong>kulose. Diese Krankheit tötet mehr Fische als man sich meist vergegenwärtigt, denn die<br />
Auswirkungen gehen gewöhnlich langsam vor sich und Fische magern nicht wie Vögel und Säugetiere<br />
dabei ab; sie bleiben bis zu ihrem Tode wohlgenährt. Der Keim, Mycobacterium piscium genannt,<br />
wurde bei <strong>Guppys</strong> schon in vielen Körperteilen entdeckt, sogar in den Augen. Sie werden wohl kaum<br />
wissen, ob Ihre <strong>Guppys</strong> dieses Leiden haben, auch wenn Sie sie eingehen sehen. Nur ein<br />
Bakteriologe kann Ihnen Gewißheit darü<strong>ber</strong> verschaffen. Trotzdem wir viele <strong>Guppys</strong> auf<br />
verhältnismäßig engem Raum zusammenhalten, scheint sich Fischtu<strong>ber</strong>kulose nicht auf alle<br />
Beckeninsassen auszubreiten — Fälle, daß es doch einmal vorkommt, bleiben ziemlich selten.<br />
Bauchwassersucht. Scheinen sich die Schuppen eines Guppy allesamt zu sträuben und bekommt der<br />
Fischkörper dadurch ein aufgerauhtes Aussehen, während das ganze Tier aufgedunsen ist, kann eine<br />
Infektion in der Leibeshöhle die Schuld tragen, wodurch seine Eingeweide derart anschwellen, daß es<br />
sich nicht ohne große Anstrengung unter Wasser halten kann. Manche stehen dabei auf dem<br />
Schwanz.<br />
Behandlung: (l) Glau<strong>ber</strong>salz, (2) gewöhnliches Salz.<br />
Erkrankung der Schwimmblase. Leiden Fische unter Störungen der Schwimmblase, so findet man<br />
einige, die sich auf den Boden zu hocken scheinen, dabei heftige Anstrengungen machen, wieder<br />
hochzukommen, nur um erneut zurückzufallen. Andere schwimmen an der 'Wassero<strong>ber</strong>fläche und<br />
bringen es nicht mehr fertig, in tiefere Wasserschichten zu tauchen. Spezialisten der Fischkrankheiten<br />
weisen darauf hin, daß entzündete innere Organe die Größe der Schwimmblase verringern. Eine<br />
Entzündung der Blasenwand übt ebenfalls einen verheerenden Einfluß aus.<br />
Behandlung: Ein Teelöffel Glau<strong>ber</strong>salz wird in einem halben Liter Wasser aufgelöst und der Fisch<br />
darin untergetaucht, bis er in seinen Bemühungen, zu entkommen, erlahmt und erschöpft liegen<br />
bleibt. Darauf ü<strong>ber</strong>führt man ihn in ein flaches Gefäß, dessen Wasserstand nicht höher sein darf als<br />
dreimal die Höhe des Fisches. In diesem Bad, worin auch ein Antibiotikum aufgelöst wurde, verbleibt<br />
der Guppy bis er sich erholt hat.<br />
Glotzaugen. Bakterien, die in Teile des Fischkörpers eindringen, sind manchmal die Ursache von<br />
Gasen, deren Zusammenballungen Beulen erzeugen. Die Gase können sich hinter den Augen stauen
und dieselben hervortreiben. Die genaue Ursache dieser Glotzaugen ist noch nicht hundertprozentig<br />
bekannt, doch dafür einige erfolgreiche Heilungsmethoden:<br />
Behandlung: (l) Aureomycin, (2) ein altes erfolgreiches Verfahren enthält den einfachen Grundsatz,<br />
den Fisch in ein Becken mit sehr altem, verbrauchtem Wasser zu bringen, dessen hohem Gehalt an<br />
Stickstoff man eine Linderung des Leidens zuschreibt.<br />
Schrumpfung. In Ermangelung einer besseren Bezeichnung nehmen Fischliebha<strong>ber</strong> gern ihre Zuflucht<br />
zu dem Ausdruck „Schrumpfung", wenn es sich um eine Verminderung des Bauchumfangs eines<br />
Fisches handelt. Der amerikanische Farmer spricht bei seinem Viehbestand von „tucking up", was in<br />
des Wortes ursprünglichem Sinn ein Anziehen der Beine an den Körper bedeutet. Der Fisch scheint<br />
an Substanz zu verlieren — während der gesamte Mittelkörper kleiner wird. Die Bauchlinie verläuft<br />
jetzt fast gerade. Oft begegnet uns diese Erscheinung in jedem Weibchen eines Beckens. Wird nichts<br />
dagegen unternommen, ist es um die befallenen <strong>Guppys</strong> schnell geschehen. Es mögen wohl viele<br />
Gründe, einschließlich Tu<strong>ber</strong>kulose, für diesen Zustand verantwortlich sein. Nach meiner Erfahrung<br />
Jedoch sind die meisten Fälle eine Folge von zu saurem Aquarienwasser.<br />
Behandlung: Der pH-Wert wird auf neutral oder leicht alkalisch gebracht. Der Bodengrund, falls sich<br />
Fäulnisherde gebildet haben, gereinigt, um die weitere Erzeugung von Kohlendioxyd zu unterbinden.<br />
Mangelkrankheiten<br />
Außer Mangel an Vitamin D ist sehr wenig ü<strong>ber</strong> Vitaminmangelerkrankungen bei Fischen bekannt<br />
geworden. Die ganze Art ihres natürlichen Futters gibt die Gewähr dafür, daß sie alle bekannten<br />
Vitamine erhalten. A<strong>ber</strong> unter künstlich erzeugten Bedingungen könnte begreiflicherweise ein Mangel<br />
auftreten. Mineralmangel kommt ohne Zweifel häufig vor, eine Tatsache, die wir begreifen können,<br />
wenn wir die unzulängliche Fütterung kennen, die <strong>Guppys</strong> oft geboten wird.<br />
Rachitis entsteht infolge Mangel an Kalzium, Phosphor oder Vitamin D, ganz gleich, ob es sich dabei<br />
um eines, zwei oder alle drei handelt. Eine verbogene "Wirbelsäule und sich daraus ergebende<br />
Krümmung des ganzen Fischkörpers sind gewöhnlich die Auswirkungen dieses Leidens. Dabei lebt<br />
der unglückliche Krummbuckel weiter und ist sogar noch imstande, sich fortzupflanzen. Er ist alles<br />
andere als ein schöner Anblick unter den übrigen Aquarieninsassen.<br />
Richtige Beleuchtung läßt gewöhnlich keinen Vitamin-D-Mangel auftreten. Die ultravioletten<br />
Lichtstrahlen wirken auf das Ergosterin in der Haut des Fisches ein, daß es in das Strahlungsprodukt<br />
Vitamin D ü<strong>ber</strong>geht. Manchmal erscheinen diese Verkrümmungen der Wirbelsäule bei allen<br />
Bewohnern eines Aquariums; gewöhnlich erkranken dagegen nur einige wenige Fische. Es gibt keine<br />
Behandlung dieses Leidens. Wir können nur sein Auftreten verhindern, was in erster Linie eine Sache<br />
der richtigen Fütterung nach einem gehaltvollen, vollkommenen Speisezettel ist.<br />
Parasitäre Erkrankungen<br />
Als wir uns mit mehreren der. erfahrensten Guppyzüchter ü<strong>ber</strong> Erkrankungen bei <strong>Guppys</strong> unterhielten,<br />
bezeichneten sie das „Schaukeln" der Fische und den „Ichthyo" als ihre schwierigsten Feinde, beides<br />
Erkrankungen, die bei Lebistes meistens durch Parasiten hervorgerufen werden. Einer hatte viel<br />
Verdruß mit der samtartigen Hauttrübung, und ein anderer, der seinen Pfleglingen hauptsächlich<br />
Lebendfutter gibt, das er von Tümpelfahrten nach Hause bringt, behauptet, die Hydra brächte ihm<br />
Unannehmlichkeiten ohne Ende. Man findet keine Ü<strong>ber</strong>einstimmung ihrer Erfahrungen.<br />
Ichthyophthirius („Ichthyo"). Der Erreger, ein. mikroskopisch kleines, parasitisch lebendes Protozoon,<br />
heißt Ichthyophthirius multifilHs. Es klammert sich an einem Guppy fest und gelangt zwischen die<br />
Hautschichten oder unter die Haut. Dort erzeugt es ein weißes Pünktchen — manchmal wird man eine
Menge dieser weißen Körnchen auf der Haut eines Fisches finden. Nach einigen Tagen — die<br />
Entwicklungsdauer hängt von der Temperatur ab — kommt jedes Pünktchen nach außen auf die<br />
O<strong>ber</strong>haut, fällt ab und auf den Kies des Bodens. Hier wächst es zu einer Zyste heran, in deren Innern<br />
sich Hunderte, vielleicht auch Tausende winziger Parasiten entwickeln, die schließlich freigelassen<br />
werden und zur neuen Infektion im Aquarium herumschwärmen. In diesem Stadium bleiben sie ohne<br />
Nahrung nicht länger als 10 Tage am Leben, nur in kühlem Wasser dauern sie auch weiterhin aus.<br />
Aus diesem Grund tritt der „Ichthyo" fast nie unter <strong>Guppys</strong> auf, die bei einer Temperatur von 27°<br />
gehalten werden.<br />
Behandlung: Erhöhung der Temperatur auf 27°—30° C. Dazu kann jede der folgenden<br />
Heilmethoden angewandt werden: (l) Metaphen, (2) Mercurochrom, (3) Methylenblau. Letzteres<br />
vernichtet zwar die Organismen, doch färbt es alles, was im Becken ist, blau. In meinem eigenen<br />
Guppybestand tauchte die Krankheit nie mehr auf, seit ich Temperaturen zwischen 24° und 27° C<br />
einführte. Keine der besprochenen Behandlungsweisen wurde je notwendig.<br />
Ichthyophonus. Die Ichthyophonuskrankeit wird durch winzige Organismen, Ichthyophonus hoferi,<br />
neuerdings Ichthyospo-ridium hoferi, verursacht, die vor allem den Eierstock angreifen, a<strong>ber</strong> auch in<br />
anderen Teilen des Fisches angetroffen wurden. Der Fisch wirkt abgezehrt mit eingeschrumpftem<br />
Bauch, verliert seinen Appetit und schwimmt mit unsicher schwankenden (nicht schaukelnden)<br />
Bewegungen.<br />
Nach dem Tode des Tieres findet man vor allem im Eierstock zahlreiche gelblichweiße Knötchen bis<br />
zur Größe eines Stecknadelkopfes, die fälschlicherweise oft für Tu<strong>ber</strong>keln, wie man sie bei<br />
Tu<strong>ber</strong>kulose entdeckt, gehalten werden. Indem kleinere Knötchen auf den größeren wachsen, füllen<br />
sie bald den gesamten Eierstock. Im Laufe der Zeit wachsen sie durch die Haut und können, wenn der<br />
Fisch lange genug am Leben bleibt, leicht festgestellt werden. Befallene Fische lebten noch viele<br />
Monate lang, infizieren a<strong>ber</strong> die anderen Insassen des Aquariums.<br />
Soweit uns bekannt ist, gibt es hierfür kein Heilmittel. Die beste Methode zur Verhütung besteht im<br />
sofortigen Entfernen des befallenen Tieres bei den allerersten Krankheitsanzeichen.<br />
Gyrodactylus. Wenn <strong>Guppys</strong> anfangen zu „schaukeln", und man bei sorgfältigem Hinsehen eine<br />
matte, weißliche Schicht auf ihren Schuppen entdeckt, so stehen die Chancen 100:1, daß sich winzige<br />
Egel an ihre Schuppen geklammert und in ihren Kiemen festgesetzt haben. Gyrodactylus hat uns wohl<br />
mehr zu schaffen gemacht als alle anderen Parasiten zusammen, und bevor man geeignete Mittel zu<br />
seiner Bekämpfung fand, machte die Guppyhaltung viel weniger Spaß als sie es heute tut. Ein von<br />
Gyrodactylus befallener Fisch schaukelt sein Leben lang. Und die Vorstellung dessen, was da jetzt<br />
geschieht, macht einen schaudern — das heißt, wenn man davon eine Vorstellung hat.<br />
Die Fortpflanzung dieses Parasiten erfolgt mit ungeahnter Geschwindigkeit, und das ist die Folge<br />
eines merkwürdigen Umstandes. Ein Junges Einzelwesen wird nämlich noch während es sich im<br />
Mutterleib befindet, geschlechtsreif, und in seinem Innern liegt wieder ein fortpflanzungsfähiges<br />
Individuum, und so geht es fort und fort. Auf diese Weise kann man vier Generationen, immer eine in<br />
der anderen finden. Kein Wunder also, daß sie sich so schnell vervielfachen.<br />
Der Reiz, den sie hervorrufen, rührt von ihren Widerhaken her. Jedes besitzt ein Paar großer Haken<br />
(„groß" im Verhältnis zu ihrem mikroskopisch kleinen Körper), mit denen sie sich verankern, und um<br />
deren Basis 16 Nebenhaken. Der Körper steht senkrecht auf seiner Grundlage und vollführt von dort<br />
aus seine Bewegungen. Er kann sich nach Art einer Ziehharmonika in der Länge ausdehnen und<br />
zusammenziehen. Die Anwesenheit einer großen Anzahl dieser Teufel ist es, die einen Guppy<br />
schließlich tötet.<br />
Behandlung: (l) Für eine langsamere, jedoch wirksame Heilung verwendet man Formalin, (2) zur<br />
sofortigen Heilung dagegen dreiprozentiges Wasserstoffsuperoxyd (das ist die gewöhnlich in<br />
Drogerien erhältliche Verdünnung) noch einmal mit der gleichen Menge Wasser versetzt.<br />
Samtartige Hauttrübung. Einige wenige dieser Parasiten auf einem Fisch werden gern für<br />
Ichthyophthirius gehalten. Erst wenn der Befall sehr stark ist und die Unzahl dicht zusammensitzender<br />
Organismen eine samtartige Erscheinung hervorrufen, wird der gefährliche Zustand offenbar. Der<br />
Erreger der samtartigen Hauttrübung ist ein kleiner gelblicher Dinoflagellat, Oodinium limneticum mit
Namen. Er ist mit peitschenartigen Geißeln ausgerüstet, deren eine der Fortbewegung dient, während<br />
die andere eine Einschnürung der Körpermitte bewirkt.<br />
Kleiner Jungbrut wird Oodinium besonders gefährlich. Die Parasiten besitzen wurzelartige Tentakel,<br />
die durch die Haut des Fisches dringen und sich von seinen Körpersäften ernähren.<br />
Ansteckend ist Oodinium nur im freischwimmenden Stadium. Sobald es sich auf einem Opfer<br />
festgesetzt hat, beginnt es die Form einer Birne anzunehmen. Dabei verschwindet die Einschnürung<br />
in seiner Mitte, und es wächst bis etwa zur achtfachen Größe der freischwimmenden Form heran.<br />
Nachdem es einige Tage seine Nahrung aus dem Fisch gezogen hat, fällt es ab und spaltet sich, wie<br />
es auch alle seine Nachkommen tun werden, in fast zweihundert Schwärmer der freischwimmenden,<br />
ansteckenden Form.<br />
Behandlung: (l) Trypaflavin, (2) Methylenblau in der Verdünnung von 0,0006 g auf 4,5 l Wasser<br />
vernichtet die Hauttrübung, wenn man dabei die Temperatur auf 25°—30° C hält. (3) Mercurochrom,<br />
(4) Salzwasser. Der Fisch darf nicht aus der Lösung herausgenommen werden, ehe nicht alle<br />
erwachsenen Oodinien abgefallen sind. Diese Form ist nämlich die widerstandsfähigere und schwerer<br />
umzubringen als die leicht zu vernichtenden freischwimmenden Ü<strong>ber</strong>träger der Krankheit. (5)<br />
Wahrscheinlich die einfachste Kur: 12 Kupferpfennige auf 5 l Wasser.<br />
Egel. Bringt man Wasser aus Teichen in seine Aquarien, so ist es nicht ausgeschlossen, daß einige<br />
Egel mit hineingelangen. Sie können Vertreter vieler Arten sein. Manche sind harmlose Pflanzenegel.<br />
Andere leben im Kiesgrund, woraus sie hervorkommen, und, besonders wenn sie gestört wurden, flink<br />
im Wasser umherschwimmen. A<strong>ber</strong> sie vergreifen sich nicht an <strong>Guppys</strong>. In ganz seltenen Fällen wird<br />
wohl einmal ein Junger Egel gefunden, der sich an den Flanken eines <strong>Guppys</strong> festgesetzt hat. Es<br />
wurde darü<strong>ber</strong> <strong>ber</strong>ichtet, a<strong>ber</strong> wir persönlich haben nie einen solchen Fall zu Gesicht bekommen.<br />
Behandlung: Um alle Arten von Egeln aus einem Becken auszumerzen, reinigt man es vollkommen<br />
und nimmt neues Wasser, neuen Kies und neue Pflanzen. Da Egel Männchen und Weibchen in ein<br />
und demselben Individuum vereinen, brauchen sie keinen Partner, wollen sie ein Aquarium bevölkern,<br />
obwohl nur ein einzelner übrigblieb. Beim Ausgießen des verseuchten Wassers achte man darauf,<br />
daß kein Egel unbemerkt unter den o<strong>ber</strong>en Rand des Winkeleisenrahmens geschlüpft ist. Er wurde<br />
später prompt wieder ins Becken zurückfallen. Jeder an einem Guppy haftende, saugende Egel muß<br />
mit einer Pinzette abgelöst werden.<br />
Karpfenläuse sind Copepoden (Ruderfußkrebse) mit flachgedrückten Körpern, die parasitisch auf<br />
Fischen leben. Zur Ordnung der Copepoden gehören acht Unterordnungen, deren eine die Familie<br />
der Spaltfüßler mit der Gattung Argulus umfaßt, die mit 22 Arten ü<strong>ber</strong> Amerika verbreitet ist (in<br />
Mitteleuropa 3 Arten). Die weibliche Karpfenlaus legt zwischen 30 und 200 Eier und die Jungen<br />
machen acht Verwandlungsstadien durch, ein Prozeß, der sich etwa ü<strong>ber</strong> acht Wochen hinzieht, ehe<br />
sie erwachsen sind. Einige von ihnen sind im Salzwasser, andere im Süßwasser zu Hause. In<br />
amerikanischen Süßwässern ist Argulus versicolor (in Europa A, follaceus) vorherrschend. Er besitzt 2<br />
Saugnäpfe und ist ungefähr 1,5 mm lang. In Freilandteichen kann er den gesamten Fischbestand<br />
vernichten.<br />
Behandlung: (l) Salzbäder, (2) Kaliumpermanganat in einer Dosis von 0,06 g pro 181 einmal in der<br />
Woche gegeben. Die Dauer dieser Kur beträgt drei Wochen. (3) Absuchen der Läuse mit einer<br />
Pinzette und Desinfizieren der Stelle. Neues Mittel „Gix", l Tropfen auf 2—3 Kubikmeter Wasser,<br />
besonders für Freilandteiche.<br />
A n o m a l e W u c h e r u n g e n<br />
Eine ziemlich große Zahl an Tumoren tritt auf oder im Körper von <strong>Guppys</strong> in Erscheinung. Die einen<br />
sind gutartig; die anderen jedoch bösartiger Natur. Wissenschaftler sind sehr an solchen<br />
Wucherungen<br />
interessiert, dagegen ist es aus praktischen Gesichtspunkten am besten, befallene Fische abzutöten.<br />
Feinde
Hydra. Dieses kleine Geschöpf, das bei einer Länge von 8 bis 24 mm allgegenwärtig zu sein scheint,<br />
zeigt wieder einmal klar und deutlich, wie uns die Guppyliebha<strong>ber</strong>ei auf verwandte Nebenpfade führt.<br />
Die Hydra wird oft mit Tümpelwasser- in unsere Aquarien eingeschleppt und ist zum Guppyfeind<br />
„Nummer Eins" geworden. Sie als Tier zu bezeichnen, scheint vielleicht ü<strong>ber</strong> das Ziel<br />
hinausgeschossen, wenn wir von ihrem Erscheinungsbild ausgehen. Man könnte ein ganzes Kapitel<br />
ü<strong>ber</strong> sie schreiben — hier nur kurz das Wichtigste. Das Tier befestigt sich mittels einer klebrigen<br />
Flüssigkeit an den Scheiben oder auf irgendeiner Unterlage im Wasser. Es kann nicht schwimmen,<br />
kommt a<strong>ber</strong> trotzdem im Wasser vorwärts, indem es schleifenförmige Bewegungen vollführt. Der<br />
freipendelnde Teil seines Körpers endet in. einem kegelförmigen Vorbau, dem Hypostom, das die<br />
Mundöffnung trägt und an dessen Basis ein Kranz langer Tentakel, 5 bis 10 an der Zahl, entspringt.<br />
Mit Hilfe dieser Tentakel zieht die Hydra den Jungfisch an ihr Maul, nachdem er durch eine höchst<br />
interessante, sinnreiche Vorrichtung in Gestalt der Menatocysten gerangen wurde. Mehrere dieser<br />
Nesselzellen enthalten Reihen langer Dornen. Letztere durchbohren die Beute und lahmen sie, indem<br />
sie Gift einspritzen. Andere Zellen besitzen fadenförmige Schläuche in ihrem Innern, die<br />
hervorgeschnellt werden, sich um jeden Widerhalt eines Jungfisches schlingen und ihn nie mehr<br />
loslassen, wobei ihnen noch eine klebrige Absonderung Beistand leistet. In einer Daphnienkultur wirkt<br />
sich der Süßwasserpolyp verheerend aus.<br />
Im Ruhestand zieht sich die Hydra zu einem weichschleimigen Ball zusammen. Auch nach dem<br />
Fressen nimmt sie eine unregelmäßige kugelförmige Gestalt an. Da sich die Polypen durch Knospung<br />
ebenso wie durch befruchtete Eier fortpflanzen, vermehren sie sich sehr schnell. Sie sind schwer aus<br />
einem Aquarium auszumerzen, denn ihre Eier ü<strong>ber</strong>stehen selbst Auswaschen und Austrocknen des<br />
Behälters, da sie von einer harten Außensdiale umhüllt werden, der weder Auswaschen noch<br />
Trockenheit etwas anhaben können. Der Inhalt dieser Schalen erwacht schnell zum Leben, sowie<br />
günstige Bedingungen vorhanden sind.<br />
Starker Befall von Hydra vernichtet oder verzögert das Wachstum vieler Jungfische, denn der<br />
Guppyfeind „Nummer Eins" tötet sie und verzehrt nebenbei ihre Nahrung, so daß der Rest verhungert.<br />
Man erblickt die Hydren schnell, -wie sie aus ihrer Unterlage sprossen und sich im "Wasser wiegen.<br />
Behandlung: (l) Die Hydra erträgt weder Chlor noch hohe Wärmegrade. Steht gechlortes<br />
Leitungswasser zur Verfügung, fängt man alle Fische heraus, saugt das Wasser ab und füllt mit<br />
frischem Wasser auf. Nach zwei oder drei Tagen können die <strong>Guppys</strong> wieder eingesetzt werden. (2)<br />
Die Fische werden herausgefangen, die Wassertemperatur auf 40° C erhöht und 24 Stunden so<br />
belassen. Nachdem sie wieder auf den Normalstand gesunken ist, werden die Fische in ihr Aquarium<br />
zurückgesetzt. (3) Die Anwendung von Ammoniumnitrat oder Ammoniumsulfat im Verhältnis von 0,3 g<br />
auf 4,5 l Wasser vernichtet die Hydra. Die Kristalle werden zuerst in etwas Wasser gelöst, und diese<br />
Lösung in das größere Becken gegossen. In drei bis fünf Tagen sind alle Polypen abgestorben. Die<br />
<strong>Guppys</strong> verbleiben im Aquarium, denn für sie ist die Kur gänzlich unschädlich.<br />
Feinde aus der Klasse der Insekten<br />
Fast alle übrigen Feinde unserer <strong>Guppys</strong> werden unabsichtlich mit Tubifex oder Daphnien<br />
eingeschleppt und gehören ins Reich der Insekten. Die meisten kommen nur in Freilandanlagen vor,<br />
sie dringen in Teiche oder große Betonbecken ein, in denen die Fische gehalten werden; und es gibt<br />
eigentlich keine anderen Bekämpfungsmittel als Moskitonetze, die ü<strong>ber</strong> die Becken gespannt werden<br />
und wirklich gute Dienste leisten, indem sie das Eindringen von Insekten verhindern. Hier haben wir<br />
die hauptsächlichsten Feinde unter den Insekten aufgestellt:<br />
Libellenlarven Larven des Taumelkäfers Larven der Wasserjungfer Larven des<br />
Kolbenwasserkäfers Ruderwanzen ' andere untergetaucht lebende, Wasserskorpione<br />
räu<strong>ber</strong>ische Larven von Schwimmkäfern Rückenschwimmer große Schwimmwanzen<br />
Wenn Sie sich unter diesem Namen nichts Genaueres vorstellen können, so informieren Sie sich<br />
darü<strong>ber</strong> in einem guten Insektenbuch.
Abb. 23: Feinde des Guppy. Von links nach rechts, oben: Gelbrand Unterseite, Larve, O<strong>ber</strong>seite.<br />
Mitte: Kolbenvasserkäfer, Larve, Schwimmwanze, Rückenschwimmer von oben und unten. Unten:<br />
Karpfenlaus, Libellenlarve, Wasserskorpion schwimmend und im Fluge, Egel.