rbeitszeit - Institut Arbeit und Qualifikation
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Vor 120 Jahren arbeiteten die Beschäftigten in Deutschland r<strong>und</strong> 3000 St<strong>und</strong>en im Jahr.<br />
Seitdem ist die durchschnittliche A<strong>rbeitszeit</strong> um fast 50% zurückgegangen (Abbildung<br />
1). Die Produktivität stieg um das 17-fache <strong>und</strong> die Löhne - wenn wir das Bruttosozialprodukt<br />
pro Einwohner, mangels anderer Daten als Näherungsgröße für die Lohnentwicklung<br />
nehmen - um das 10-fache. Aus der Sicht unserer Urgroßväter arbeiten wir<br />
heute also Teilzeit bei 10-fachem Lohnausgleich. In den anderen entwickelten Industrieländern<br />
verlief die Entwicklung ähnlich.<br />
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Heute wird aber nicht nur kürzer, sondern auch anders gearbeitet. Der hohe Zuwachs<br />
der Produktivität, aus dem der 10-fache Lohnausgleich finanziert wurde, konnte nur<br />
durch völlig neue Formen der <strong>Arbeit</strong>sorganisation <strong>und</strong> der Maschinennutzung erreicht<br />
werden. Durch die wissenschaftliche Organisation der <strong>Arbeit</strong>, wie etwa den Taylorismus,<br />
wurde <strong>Arbeit</strong> intensiviert. Maschinen wurden durch den Abbau von Stillstandzeiten<br />
<strong>und</strong> die Ausweitung von Betriebszeiten länger genutzt. Die Automobilindustrie geht<br />
heute weltweit von effektiven Laufzeiten der Fließbänder in Höhe von etwa 98% der<br />
vorgegebenen Betriebszeiten - also einem fast fehlerfreien Produktionsablauf - aus.<br />
Kürzere A<strong>rbeitszeit</strong>en erwiesen sich nicht als Hindernis für eine lange Nutzung des Kapitalstocks;<br />
erforderlich war nur eine andere Schichtorganisation.<br />
Die Verkürzung der A<strong>rbeitszeit</strong> in den letzten 100 Jahren war also nicht nur Verteilungspolitik,<br />
sondern über ihre Auswirkungen auf <strong>Arbeit</strong>sorganisation <strong>und</strong> Betriebszeiten<br />
auch eine wichtige Quelle der Modernisierung der <strong>Arbeit</strong>sorganisation <strong>und</strong> damit<br />
von Produktivität <strong>und</strong> wirtschaftlichem Wachstum. Die A<strong>rbeitszeit</strong>verkürzungen sind<br />
der Wirtschaft zwar weitgehend von außen durch Gesetzgebung <strong>und</strong> Tarifvereinbarungen<br />
aufgezwungen worden; sie haben die Unternehmen aber zu neuen <strong>und</strong> produktiveren<br />
Formen der <strong>Arbeit</strong>sorganisation veranlasst. Kürzere A<strong>rbeitszeit</strong>en sind somit durch<br />
Lernprozesse bei den Unternehmen in der Vergangenheit vom Fremdkörper zum Bestandteil<br />
effektiver <strong>Arbeit</strong>sorganisation geworden <strong>und</strong> haben den Schrecken verloren,