Doppelspur Schiers – Fuchsenwinkel - RhB
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«Hilft uns denn keiner?»<br />
Von Markus Lipp<br />
Rhätische Bahn InfoRetica, Nr. 4 / 2008<br />
Leitsatz: «Wir bieten unseren Kunden ein unvergessliches<br />
Erlebnis»<br />
Der verspätete Regio-Expresszug sputet durch die<br />
schöne Winterlandschaft vom Engadin kommend dem<br />
Bahnhof Chur entgegen. Die Reisenden machen sich für<br />
das Umsteigen bereit, greifen hastig und ungeduldig<br />
nach ihren Jacken, Mänteln und dem vielen Gepäck.<br />
Der Zug hält an. Das Gedränge beginnt. Die Wagen entleeren<br />
sich in Rekordzeit von den zu den Anschlusszügen<br />
hetzenden Gästen aus aller Welt. Zurück bleibt<br />
eine vom Tempo sichtlich überforderte und hilflos anmutende<br />
ältere, elegant gekleidete Dame mit schönem<br />
Hut und einem grossen Koffer. Die Fragen «Was nun?<br />
Wie weiter? Hilft uns denn keiner?» stehen der Reisenden<br />
geradezu ins Gesicht geschrieben. Nicht weniger<br />
hilflos schaut der treuherzig neben der Frau winselnde<br />
kleine Hund drein.<br />
Spontan gehe ich auf die Dame zu. Auf meine Frage<br />
«Darf ich Ihnen helfen <strong>–</strong> wo fahren Sie hin?» kommt<br />
zögerlich, aber mit grosser Erleichterung die Antwort<br />
«nach Deutschland». Oh, das wird aber knapp! Ich ergreife<br />
den schweren Koffer, helfe der Dame aus dem<br />
Zug und bitte sie, mir möglichst rasch zu folgen. So hetze<br />
ich mit dem Gepäck die Treppe runter, die Unterführung<br />
durch. Bevor es wieder die Stufen hoch geht, Kontrollblick<br />
zurück <strong>–</strong> ja, die Dame folgt mir, der Hund an<br />
vorderster Front ist auch dabei <strong>–</strong> und nun nichts wie<br />
die Treppe rauf zum Zug. Dort angekommen, gelingt mir<br />
im letzten Moment mit dem Ruf «Es kommt noch jemand!»<br />
zum mir persönlich bekannten Zugchef, die<br />
Zugsabfahrt zu verzögern. Der Koffer ist auf der Wagenplattform<br />
verstaut. Kurze Zeit vergeht. Da kommen sie.<br />
Vorauseilend der kleine Hund. Sichtlich die ernste Lage<br />
fühlend, zieht er seine völlig ausser Atem geratene Herrin<br />
im Schlepptau seiner Leine mit seinen kurzen zappeligen<br />
Beinen geradezu die Treppe hoch zum Zug. Wir<br />
helfen dem Gast einzusteigen und es bleibt nur noch<br />
Zeit, der Reisenden alles Gute und eine schöne Heimreise<br />
zu wünschen. Die Wagentüre schliesst sich und<br />
der Zug fährt mit der mir freundlich zuwinkenden Reisenden<br />
und ihrem «Liebling» auf den Armen davon.<br />
Das Resultat<br />
Nicht wenig überrascht und zugegeben auch ein wenig<br />
stolz, fand ich dann einige Tage später eine vom Zugchef<br />
vermittelte Notiz der Reisenden in meiner Dienstpost.<br />
Die Frau bedankte sich für die liebenswerte Hilfe<br />
und Unterstützung. Sie werde ihr angenehmes Erlebnis<br />
während ihrer Zugfahrt in unvergesslicher Erinnerung<br />
behalten.<br />
«Darf ich Ihnen helfen?» Gedränge vor dem Zug.<br />
Markus Lipp, Leiter Kundendienst.<br />
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