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Alles Versager? - Deutsches Jugendinstitut e.V.

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• Gibt es ein geschlechtsspezifisches Verweigerungsverhalten?<br />

Hier gehen die Erfahrungen und Meinungen der Experten dahin, daß die Problemlagen,<br />

die zu Schulverweigerung führen, weitgehend geschlechtsunabhängig<br />

sind. Die Interaktionen in der Gruppe (Klasse, Schule) unterscheiden sich<br />

aber insofern, als Mädchen bei Schwierigkeiten eher “zumachen” und Jungen sie<br />

eher offensiv austragen. Jungen verweigern deshalb häufiger aktiv, indem sie den<br />

Unterricht in der Klasse massiv stören oder überhaupt nicht mehr in den Unterricht<br />

kommen; Mädchen verweigern eher passiv, das heißt, sie bleiben im Unterricht,<br />

beteiligen sich aber nicht am Geschehen.<br />

Wenn Mädchen dennoch aktiv verweigern, bleiben sie nach Meinung der<br />

Experten außerhalb der Schule meist alleine, allenfalls treffen sie sich mit einer<br />

Freundin. Das Zurückziehen in eine Gruppe von Gleichaltrigen, die entweder<br />

auch verweigern oder aus anderen sozialen Zusammenhängen (z.B. Nachbarschaft)<br />

kommen, scheint also eher ein Verhalten männlicher Schulverweigerer<br />

zu sein.<br />

Der Anteil der Jungen an den aktiven Schulverweigerern ist größer als der Anteil<br />

der Mädchen. Experten schätzen, daß die Gruppe der aktiven Schulverweigerer,<br />

die über längere Zeiträume der Schule fernbleiben, zu etwa einem Drittel aus<br />

Mädchen und etwa zwei Dritteln aus Jungen besteht. Allerdings sehen sie eine<br />

wachsende Schulverweigerungstendenz – auch der aktiven – vor allem bei den<br />

Mädchen.<br />

Die Erfahrung insbesondere aus den Schulverweigererprojekten ist, daß<br />

Mädchen im Durchschnitt mehr Zuwendung und Zeit von den Sozialpädagogen<br />

und Lehrkräften einfordern als Jungen. Übertragen auf die Schule heißt<br />

dies, daß man ihnen bei Auftreten von Schulverweigerungstendenzen eventuell<br />

anders begegnen muß als Jungen. Diese Einschätzung wird von den Schulpsychologen<br />

geteilt, die einen Ansatz vor allem “auf der Beziehungsebene” sehen.<br />

Allerdings werde die Beziehungsarbeit in den Schulen vor allem durch immer<br />

größere Klassen erschwert.<br />

• Beeinflussen die Wohnverhältnisse das Schulbesuchsverhalten?<br />

Schülerinnen und Schüler, die noch der allgemeinen Schulpflicht unterliegen,<br />

aber auch die meisten Schüler aus Berufsschulen wohnen noch bei ihren Eltern,<br />

einem Elternteil oder anderen Familienangehörigen. Eine selbständige Lebensführung<br />

ist ihnen aufgrund ihres Alters und der materiellen Ressourcen vielfach<br />

noch nicht möglich. Viele Schüler mit Lern- und Leistungsschwierigkeiten<br />

stammen aus sozialen Brennpunkten vor allem in Großstädten, in denen die<br />

Wohnverhältnisse extrem beengt sind. Aber auch Stadtrandneubausiedlungen<br />

bieten nicht unbedingt die Lebens- und Entwicklungsbedingungen, die Kinder<br />

und Jugendliche brauchen. Während solche Siedlungen einerseits das Problem<br />

der Anonymität des einzelnen vergrößern, verhindern sie andererseits offenbar<br />

die Bildung von “Privacy”. Die soziale Kontrolle durch andere Personen ist häu-<br />

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