Alles Versager? - Deutsches Jugendinstitut e.V.
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• Angst zu versagen gegenüber schulischen und elterlichen Leistungserwartungen:<br />
Erwarten wir zuviel von unseren Kindern?<br />
Jedes Verhalten ist zunächst einmal subjektiv problemlösend. Folgt man dieser<br />
These, dann nimmt Schulverweigerung dem Schüler vordergründig den Leistungsdruck.<br />
Schulverweigerung ist also Ausdruck nicht bewältigter Probleme<br />
und schafft gleichzeitig aber neue Schwierigkeiten: Schulischer Mißerfolg,<br />
Notendruck, Erwartungsdruck der Eltern, Streß, Schwierigkeiten mit Lehrkräften,<br />
mit anderen Schülern usw. sind negative Erlebnisse, die zu Schulangst<br />
führen können. Es besteht nach Ansicht der befragten Experten ein enger<br />
Zusammenhang zwischen Angst in und vor der Schule und Schulverweigerung:<br />
Schulangst sei immer auch die Angst, vor anderen (Mitschüler, Lehrkräfte,<br />
Eltern) zu versagen. Typische Vermeidungsstrategien der Schüler seien beispielsweise<br />
körperliche Beschwerden, wie z.B. Bauch-, Kopf- oder Magenschmerzen,<br />
deretwegen man die Schule dann nicht besuchen kann, und die auf der Seite der<br />
Erwachsenen Mitgefühl und Anteilnahme auslösen. Oft bleiben entsprechende<br />
ärztliche Untersuchungen ohne organischen Befund, was darauf hindeutet, daß<br />
die Schmerzen eher psychosomatischer Natur sind, was ihre Behandlung allerdings<br />
nicht einfacher macht. In der Folge führe die Schulangst dann häufig zu<br />
stärkeren Fluchtreaktionen oder massiver Verweigerung, wobei der Konflikt des<br />
Kindes mit der Schule mit jeder gefehlten Schulstunde oder jedem gefehlten<br />
Schultag größer wird. Der schulische Leistungsstand werde durch die Fehlzeiten<br />
mehr und mehr gefährdet. Dies wiederum vermehre die Schulangst und führe<br />
zu weiterem Leistungsversagen und führe... und vice versa. Schulverweigerung:<br />
ein circulus vitiosus!<br />
• Die Bedeutung von Erfolg und Mißerfolg: Macht die Leistungsgesellschaft unsere<br />
Kinder krank?<br />
Die Experten sind sich einig, daß Erfolgs- und Mißerfolgserlebnisse nachhaltig<br />
das Leistungsverhalten, die Lernmotivation und das Selbstvertrauen der Schülerinnen<br />
und Schüler prägen. In einer Gesellschaft, in der Selbstwert- und Sicherheitsgefühle<br />
in hohem Maße abhängig sind vom Leistungserfolg, führen negative<br />
Leistungsergebnisse nahezu zwangsläufig zu Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgefühlen.<br />
Die Experten halten es für sehr wahrscheinlich, daß die<br />
während der Schulzeit gemachten Lernerfahrungen die Entwicklung notwendiger<br />
Bewältigungsstrategien und -chancen für eine krisenhafte Ausbildungs- und<br />
Arbeitsmarktsituation beeinflussen. Wer seine Schulzeit als problemvoll und<br />
konfliktreich erlebt, wird nach ihrer Meinung spätere Krisen weniger gut bewältigen<br />
können als derjenige, der die Schule positiv erfahren hat. Entsprechend<br />
entwickelt sich auch das Selbstwertgefühl: häufige Mißerfolge und Versagenserlebnisse<br />
in der Schule führen zu einer negativen Selbsteinschätzung, die über die<br />
Schulzeit hinaus andauert, und die verhindert, daß die Jugendlichen die Herausforderungen<br />
der modernen Gesellschaft einigermaßen meistern können.<br />
Mangelndes Selbstvertrauen in der Kindheit und in der Jugendzeit bleibt häufig<br />
als negative Persönlichkeitsressource ein Leben lang weiterbestehen und beeinflußt<br />
die Entwicklung der sozialen und beruflichen Biographie.<br />
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