Alles Versager? - Deutsches Jugendinstitut e.V.
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scheint doch einiges dafür zu sprechen, daß es auch so etwas wie ein bildungsabhängiges<br />
Konsumieren von legalen oder illegalen Drogen gibt.<br />
6.5<br />
Die Reaktionen der Eltern, wenn ihre Kinder nicht zur Schule gehen<br />
Inwieweit fühlen Eltern von Schulverweigerern sich “betroffen” oder gar<br />
(mit-)verantwortlich? Ängste und Unsicherheiten kennzeichnen das Verhalten<br />
der Eltern in Bezug auf Schulverweigerungstendenzen ihrer Kinder. Sie<br />
haben (dies gilt sowohl für die neuen, als auch für die alten Bundesländer)<br />
nicht gelernt, mit diesem schulischen Verweigerungsverhalten umzugehen.<br />
Hinzu kommt, daß sie die “Schuld” für das Verhalten der Kinder beim Kind<br />
selbst , aber auch bei sich selbst sehen, da sie die Verantwortung für den geregelten<br />
Schulbesuch ihrer Kinder tragen, und Schulverweigerung zu disziplinarischen<br />
Maßnahmen (zwangsweise Zuführung des Kindes, Bußgeld für die<br />
Eltern) führen kann. Die Experten beobachten immer wieder, daß Eltern<br />
“überreagieren”, wenn sie dahinter kommen, daß ihre Kinder die Schule<br />
schwänzen: “Sie machen entweder die Augen zu und wollen nichts wissen, oder<br />
die Kinder werden drakonisch bestraft”. Beides sei ein Ausdruck von Rat- und<br />
Hilflosigkeit. Eine Auseinandersetzung mit den Gründen für dieses abweichende<br />
Verhalten ihrer Kinder findet in den meisten Fällen aus Angst vor möglichen<br />
Einsichten und Konsequenzen nicht statt.<br />
Häufig scheinen Eltern keine Ahnung davon zu haben, daß ihre Kinder nicht<br />
zur Schule gehen. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, daß es ihnen gleichgültig<br />
ist, wo ihre Kinder sind und was sie machen. Insbesondere dann, wenn<br />
die Eltern berufstätig sind und morgens das Haus verlassen, und die Schulen das<br />
Fernbleiben der Kinder den Eltern nicht sofort melden (z.B. wenn “gültige”<br />
bzw. plausible Entschuldigungen oder gar ärztliche Atteste vorliegen), kommt es<br />
häufig vor, daß Schüler über Wochen oder Monate hinweg der Schule fernbleiben<br />
können, ohne aufzufallen. Dieses Ergebnis ist deprimierend, zeigt es doch,<br />
daß Schülerinnen und Schüler mit ihren Problemen unter Umständen eine<br />
lange Zeit von der Erwachsenwelt nicht wahrgenommen und infolgedessen<br />
alleine gelassen werden.<br />
Aber auch dort, wo aufmerksame Lehrkräfte oder Schulleitungen Schulverweigerung<br />
als solche erkennen, ist die Kontaktaufnahme zu den Eltern oder Erziehungsberechtigten<br />
nicht immer “zum Wohle des Kindes”: Viele Eltern haben in<br />
ihrer eigenen Schulzeit die Erfahrung gemacht, daß die Schule bzw. Lehrkräfte<br />
sich immer nur dann an Eltern gewandt haben, wenn es Schwierigkeiten mit<br />
dem Kind gab. Ähnlich negativ sind in der Regel die Kontakterfahrungen mit<br />
Lehrern für Eltern mit schwierigen Schülern heute. Sie werden überwiegend nur<br />
im Kontext von Negativleistungen und Fehlverhalten angeschrieben oder angerufen.<br />
Dies führt dazu, daß auch die Eltern von Schulverweigerern immer etwas<br />
Negatives von Schule erwarten, denn in den wenigsten Fällen nimmt die Schule<br />
mit den Eltern Kontakt auf, weil es Positives zu berichten gibt. Nicht selten<br />
entwickeln Eltern dann ein (falsch verstandenes) Schutzbedürfnis, das heißt, sie<br />
stellen sich schützend vor ihre Kinder, anstatt gemeinsam mit dem Lehrer oder<br />
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