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Regie des Lebens; und es war direkt Meiningerei. Gab es schon kein Bedürfnis,
das sie nicht befriedigt hätte, so gab es doch nicht genug Bedürfnisse,
und sie war unerschöpflich darin, immer neue zu wecken. Unvergessen wird
ihr bleiben, wie sie einen Major an einem Kreuzworträtsel sterben ließ, um
das Interesse für dieses selbst zu beleben. Es war ein Fall, der tatsächlich die
gewünschte Sensation hervorrief, und sogar einer ihrer Angehörigen konnte
nicht umhin, wenngleich in Beziehung zu einem ganz anderen Fall und an anderer
Stelle, zu bemerken:
Es scheint verwunderlich, daß man so aberglaubenslos kaltblütig
sein kann, um auch Tod und Selbstmord verschmitzt zu überblinzeln.
Aber die Tüchtigkeit kennt keine Grabesschauder.
Freilich tadelte dieser auch, daß Zeitungen »Ihre Nase sogar unter die Tuchenten
ihrer Mitmenschen stecken«, und erzählte von einem Manne, der vor
einigen Jahren nach Wien kam und sich »statt auf Weizen, Schafwolle, Asbest,
Feuerzeuge, Homespun« auf' das Geistesleben warf und Verleger wurde.
Klagen, Anzeigen, Beschuldigungen hingen über seinem Haupt.
Das Geschäft war bankrott.
Schließlich unternahm er sogar einen Selbstmord.
Aber der Schuß ging fehl, er traf ihn am Oberarm.
Aber es war ein anderer, wiewohl Bekessy einen Selbstmord schon zu einer
Zeit fingiert hat, wo es noch keine Kreuzworträtsel gab. Aus Kränkung darüber,
daß man ihn damals bloß eines Plagiats beschuldigte, verletzte er sich
die Haut, wo sie am ehrlichsten war. Die Duplizität der Fälle ist also verblüffend.
Doch wer da Anspielungen vermutet hätte, wäre fehlgegangen wie nur
einer, der das Bewußtsein als die Grundlage des publizistischen Wirkens annimmt
und nicht ahnt, daß eben diese unheimliche Sicherheit der Stundenexistenz
im Unbewußten beruht, daß ihr System in der Zufälligkeit verankert
ist. Gerade darum aber konnte sie Führerin des neuen Lebens sein so
lange, bis der Zufall dem zufällig noch lebenden Geist der Verdorfung und
Verkropfung die Möglichkeit an die Hand gab, mit dem § 98 b neidisch in eine
freiere Welt einzudringen. Zurück bleibt die Wüste und man wird schon sehen,
was das Leben ohne Bekessy bedeutet. Es wird genug Dreckblätter geben,
aber es wird nicht mehr das sein. Nestroys Prophezeiung, freilich mit
dem Weltuntergang verknüpft:
Jetzt kommt g'wiß bald a Zeitschrift heraus, ich parier',
Da krieg'n d' Pränumeranten umsonst Kost und Quartier
war einmal wahr geworden, und man hat es sich nicht zu schätzen gewußt.
Wohl fragte man gelegentlich: »Wie können Sie das alles um diesen Preis leisten?«,
aber meistens gingen nur die Administrationsbeamten auf die Ausflüge
mit, und eben die wußten, wie es möglich war.
Wer hätte nicht mit Ergriffenheit gelesen, wie Bekessy noch bis zum
letzten Augenblick, wirklich um Gottes Lohn, seinen undankbaren Wienern
Überraschung auf Überraschung bot, indem er den liebenswürdigen Einfall,
sie nach der Lektüre der 'Bühne' ein paar Stunden in Vöslau baden zu lassen,
durch ein Strandfest in Klosterneuburg übertraf, welches alle Schaustellungen
der spätrömischen Cäsaren, ja Reinhardts in den Schatten stellen sollte.
Unter hunderterlei Betörungen der Sinne, die da verheißen waren, wie jener
Mademoiselle Odys, die im Winter von einem herkulisch gebauten Neger auf
das Podium getragen wird, neben einem Spanferkelrennen und einer Pyjamatanzkonkurrenz,
neben den Produktionen des Ehepaars Foltermayer und des
Gesangsvereins »Keuchhusten«, die sich während des ganzen Tages betätigen
sollten, zwischen Strandkabarett und Freilichtbar, zwischen Illumination und
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