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Ein Vermächtnis wird zum Appell<br />

Ernst-August Bremicker


© 2013 by www.bibelkommentare.<strong>de</strong><br />

Diese Datei ist im Internet veröffentlicht unter: http://www.bibelkommentare.<strong>de</strong>/get/cmt.490.pdf<br />

Letzte Aktualisierung <strong>de</strong>r Datei: 30.05.2013<br />

Kontakt: info@bibelkommentare.<strong>de</strong>


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung 5<br />

Ein beson<strong>de</strong>rer Brief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

Ein persönlicher Brief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Verantwortung und Hilfsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Eine Ansprache für je<strong>de</strong>n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

Glie<strong>de</strong>rung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

Ermunterung zum Dienst 11<br />

Das Apostelamt <strong>de</strong>s Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Die Berufung zum Apostelamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Die Grundlage <strong>de</strong>s Apostelamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Der Charakter <strong>de</strong>s Apostelamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Ein beson<strong>de</strong>res Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit und Frie<strong>de</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Von Gott, <strong>de</strong>m Vater, und Christus Jesus, unserem Herrn . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Gebet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Tränen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Freu<strong>de</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Das reine Gewissen <strong>de</strong>s Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Ungeheuchelter Glaube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

Die Familie <strong>de</strong>s Timotheus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

Die Gna<strong>de</strong>ngabe <strong>de</strong>s Timotheus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

Die Gna<strong>de</strong>ngabe anfachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

Der Geist <strong>de</strong>r Kraft, <strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>r Besonnenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

Schäme dich nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

Lei<strong>de</strong> Trübsal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Ein Einschub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Errettet und berufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

Nicht aus Werken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Die Erscheinung unseres Heilan<strong>de</strong>s Jesus Christus und ihre Folgen . . . . . . . . . 29<br />

Ans Licht gebracht durch das Evangelium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Ein beson<strong>de</strong>rer Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Die Glaubenszuversicht <strong>de</strong>s Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

Die Glaubensüberzeugung <strong>de</strong>s Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 3


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

An jenem Tag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

Das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

In Glauben und Liebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

Ein schönes und anvertrautes Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

Durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist bewahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

Alle, die in Asien sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

Das Haus <strong>de</strong>s Onesiphorus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

Barmherzigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

Das große Haus 39<br />

Erstes Bild: Der Soldat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

Zweites Bild: Der Sportler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

Drittes Bild: Der Ackerbauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

Letzte Tage und schwere Zeiten 85<br />

Ein geistliches Vermächtnis 111<br />

Bibelstellenverzeichnis 134<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 4


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Einleitung<br />

Einleitung<br />

Ein beson<strong>de</strong>rer Brief<br />

Der zweite Brief <strong>de</strong>s Paulus an sein geistliches Kind Timotheus nimmt unter <strong>de</strong>n Briefen<br />

<strong>de</strong>s Apostels Paulus einen beson<strong>de</strong>ren Platz ein. Zwei Merkmale unterschei<strong>de</strong>n ihn von<br />

seinen übrigen Briefen:<br />

1. Es ist <strong>de</strong>r letzte Brief, <strong>de</strong>n Paulus – vom Heiligen Geist inspiriert – überhaupt geschrieben<br />

hat. Man nimmt an, dass er ca. im Jahr 66, kurz vor <strong>de</strong>r Hinrichtung Paulus in Rom, verfasst<br />

wur<strong>de</strong>. Insofern haben wir mit diesem Brief ein beson<strong>de</strong>res Vermächtnis vor uns. Letzte<br />

Worte großer Männer Gottes waren häufig be<strong>de</strong>utsame Worte. Wir <strong>de</strong>nken etwa an die<br />

letzten Worte Jakobs, Moses, Josuas o<strong>de</strong>r Davids, von <strong>de</strong>nen das Alte Testament berichtet.<br />

Wir <strong>de</strong>nken beson<strong>de</strong>rs an die letzten Worte unseres Herrn in Johannes 13-17, die Er vor<br />

seinem Tod an seine Jünger richtete.<br />

Hier nun wird das Vermächtnis <strong>de</strong>s Paulus zu einem Appell an sein geistliches Kind<br />

Timotheus. Es ist ein beson<strong>de</strong>res Dokument im Blick auf die Empfindungen von Paulus<br />

am En<strong>de</strong> seines Lebens. Er befand sich in schwierigen Umstän<strong>de</strong>n und litt im Gefängnis in<br />

Rom. Er war seinen Lei<strong>de</strong>n gegenüber sicher nicht gleichgültig. Dennoch lag ihm etwas<br />

an<strong>de</strong>res mehr am Herzen: Er wollte Timotheus ermuntern. Er wollte Timotheus warnen.<br />

Timotheus sollte im Dienst für seinen Herrn nicht nachlassen, trotz – o<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> wegen –<br />

<strong>de</strong>r schwierigen Umstän<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>nen er sich befand.<br />

Dieser Brief wird damit zu einer Herausfor<strong>de</strong>rung für je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r ihn liest, <strong>de</strong>m Herrn<br />

folgt und Ihm dienen möchte. Die Zeit, in <strong>de</strong>r wir leben, ist eine schwierige Zeit. Die<br />

Warnungen dieses Briefes haben bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren. Das gilt ebenso<br />

für die Ermunterungen, die Paulus anspricht. Der Herr möchte je<strong>de</strong>n von uns im Dienst für<br />

Ihn benutzen. Dazu will uns dieser Brief motivieren.<br />

2. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit <strong>de</strong>r einzige Brief, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Apostel Paulus aus seiner<br />

zweiten Gefangenschaft in Rom geschrieben hat. Wir wissen, dass Paulus zweimal in Rom<br />

inhaftiert wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r ersten Gefangenschaft ging es ihm relativ erträglich. Er hatte –<br />

zumin<strong>de</strong>st eingeschränkt – die Möglichkeit, für seinen Herrn zu arbeiten. Er befand sich<br />

zeitweise in einem eigenen Haus und stand unter Arrest. Dort konnte er Besuch empfangen.<br />

Aus dieser ersten Gefangenschaft sind uns eine Reihe von schriftlichen Dokumenten<br />

erhalten geblieben. Dazu zählen die Briefe an die Epheser, Kolosser und Philipper. Nach<br />

<strong>de</strong>r ersten Gefangenschaft kam Paulus wahrscheinlich frei und konnte seine Reisetätigkeit<br />

erneut aufnehmen.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 5


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Einleitung<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt galt das Christentum bei <strong>de</strong>n römischen Behör<strong>de</strong>n im Wesentlichen<br />

als eine Absplitterung vom Ju<strong>de</strong>ntum. Man maß ihm keine allzu große Be<strong>de</strong>utung bei. Weil<br />

sich die Vorwürfe <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n gegen Paulus als nicht haltbar erwiesen, kam er frei. Später<br />

wur<strong>de</strong>n dann – beson<strong>de</strong>rs unter Kaiser Nero – die Christen allgemein verfolgt. Paulus<br />

wur<strong>de</strong> erneut inhaftiert und befand sich nun wie<strong>de</strong>r in Haft. Diesmal war seine Haft mit<br />

<strong>de</strong>n unangenehmsten Begleitumstän<strong>de</strong>n verbun<strong>de</strong>n: Er saß in einer dunklen To<strong>de</strong>szelle<br />

irgendwo in <strong>de</strong>n Katakomben von Rom. Er hatte <strong>de</strong>n sicheren Tod vor Augen. Als römischer<br />

Staatsbürger musste er zwar nicht damit rechnen, <strong>de</strong>n Löwen zum Fraß vorgeworfen o<strong>de</strong>r<br />

gekreuzigt zu wer<strong>de</strong>n. Die Aussicht, enthauptet zu wer<strong>de</strong>n, war allerdings ebenfalls alles<br />

an<strong>de</strong>re als angenehm.<br />

Vor diesem dunklen Hintergrund müssen wir diesen Brief lesen und verstehen. Es kam<br />

jedoch noch ein Weiteres hinzu: Nicht nur die äußeren Umstän<strong>de</strong> waren von großem<br />

Elend und von Not gekennzeichnet. Paulus erwähnt in Kapitel 1,15 <strong>de</strong>n Umstand, dass die<br />

Gläubigen in Kleinasien sich von ihm abgewandt hatten. Sie distanzierten sich von diesem<br />

Gefangenen in Rom. Die genauen Grün<strong>de</strong> dafür können wir nur erahnen. Paulus empfand<br />

das tief. Es tat ihm sehr weh. Gera<strong>de</strong> da, wo er im großen Segen gearbeitet hatte, wollte man<br />

ihn nicht mehr haben. Es schien so, als wenn die Frucht seiner Arbeit verloren gegangen<br />

wäre.<br />

Paulus war diesen Umstän<strong>de</strong>n gegenüber keineswegs gleichgültig. Der Brief, <strong>de</strong>n er an<br />

Timotheus schreibt, zeugt <strong>de</strong>utlich davon. Seine Zeilen lassen uns einen Blick in die<br />

Empfindungen <strong>de</strong>s Herzens dieses großen Gottesmannes am En<strong>de</strong> seines Lebens tun. Trotz<br />

seiner widrigen Umstän<strong>de</strong> verfällt Paulus nicht in Resignation o<strong>de</strong>r Depression. Er lehnt<br />

sich nicht gegen sein Schicksal auf. Nein, er vertraut seinem Herrn. Er weiß alles das, was er<br />

erarbeitet hat, in <strong>de</strong>r mächtigen Hand seines Herrn (Kapitel 1,12). Dort wird nichts verloren<br />

gehen. Er spricht davon, dass er <strong>de</strong>n guten Kampf gekämpft, <strong>de</strong>n Lauf vollen<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>n<br />

Glauben bewahrt hatte. Er spricht von <strong>de</strong>r Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit, die für ihn bereitlag<br />

(Kapitel 4,7.8).<br />

Dennoch ist Paulus in diesem Brief weniger mit sich als vielmehr mit seinem Freund und<br />

Bru<strong>de</strong>r Timotheus beschäftigt. Er will ihn erstens vor <strong>de</strong>r Entwicklung warnen, die das<br />

christliche Zeugnis auf dieser Er<strong>de</strong> nehmen wür<strong>de</strong>. Zweitens will er ihm Mut machen, seine<br />

Aufgabe zum Dienst ernst zu nehmen (Kapitel 1,6) und darin konsequent zu sein. Drittens<br />

erinnert er ihn immer wie<strong>de</strong>r an die Hilfsquellen, die ihm zur Verfügung stan<strong>de</strong>n. Der<br />

Herr bleibt unverän<strong>de</strong>rlich <strong>de</strong>rselbe. Ihn sollte Timotheus nicht aus <strong>de</strong>n Augen verlieren.<br />

Daneben wird das Wort Gottes – die unverän<strong>de</strong>rliche Wahrheit – immer wie<strong>de</strong>r erwähnt.<br />

Ein persönlicher Brief<br />

Der Brief an Timotheus ist kein Brief an eine örtliche Versammlung. Er ist an eine<br />

Einzelperson gerichtet. Der Ältere – Paulus – schreibt an <strong>de</strong>n Jüngeren – Timotheus.<br />

Die bei<strong>de</strong>n waren nicht nur freundschaftlich miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn beson<strong>de</strong>rs<br />

im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn. Man zählt diesen Brief zu <strong>de</strong>n so genannten Pastoral- o<strong>de</strong>r<br />

Hirtenbriefen (von Pastor = Hirte abgeleitet). Das sind die Briefe, die Paulus an seine engen<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 6


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Einleitung<br />

Mitarbeiter Timotheus und Titus geschrieben hat. Dieser Umstand gibt diesen drei Briefen<br />

einen eigenen Charakter. Timotheus und Titus waren persönliche Mitarbeiter von Paulus,<br />

die eine spezielle Aufgabe zu erfüllen hatten. Es gibt einzelne Aussagen in diesen Briefen,<br />

die wir nur unter diesem Aspekt richtig verstehen können.<br />

Die drei Pastoralbriefe – so unterschiedlich sie in sich sind – haben ein gemeinsames<br />

übergeordnetes Thema: Es geht um das Verhalten im Haus Gottes. Gemeint ist damit nicht<br />

so sehr die innere Ordnung in <strong>de</strong>r örtlichen Versammlung und in <strong>de</strong>n Zusammenkünften.<br />

Diese Belehrungen fin<strong>de</strong>n wir beispielsweise im ersten Korintherbrief. Das Thema hier ist<br />

breiter gefasst. Es geht nicht vor<strong>de</strong>rgründig darum, dass wir das Haus Gottes bil<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

dass wir daran bauen (was an und für sich natürlich wahr ist). Es geht vielmehr darum,<br />

dass <strong>de</strong>r Christ sich im Haus Gottes befin<strong>de</strong>t und sich <strong>de</strong>shalb entsprechend zu verhalten<br />

hat (1. Tim 3,15). Unser Verhalten, d. h. unsere gesamte Lebensführung, soll erstens zum<br />

Wohlgefallen <strong>de</strong>ssen sein, <strong>de</strong>m das Haus gehört. Das ist Gott. Gott möchte in unserem<br />

Verhalten gesehen und geehrt wer<strong>de</strong>n. Zweitens soll unser Verhalten ein Zeugnis für die<br />

uns umgeben<strong>de</strong> Welt sein. Das Haus Gottes – die Versammlung als seine Wohnstätte – ist<br />

bis heute Pfeiler und Grundfeste <strong>de</strong>r Wahrheit.<br />

In seinem ersten Brief spricht Paulus von diesem Haus Gottes. Es gab Einzelne, die bezüglich<br />

ihres Glaubens Schiffbruch erlitten hatten (Kapitel 1,19). Ein großer Teil <strong>de</strong>r Gläubigen<br />

ging allerdings <strong>de</strong>n Weg mit <strong>de</strong>m Herrn. Dennoch warnt Paulus schon davor, dass falsche<br />

Lehrer kommen wür<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n Gläubigen zu scha<strong>de</strong>n. Dass es später so kam, zeigt<br />

<strong>de</strong>r zweite Brief dann sehr <strong>de</strong>utlich. Hier haben Verfall und Nie<strong>de</strong>rgang bereits <strong>de</strong>utlich<br />

eingesetzt. Paulus spricht nicht mehr von <strong>de</strong>m Haus Gottes. Er spricht von einem großen<br />

Haus (Kapitel 2,20). Die Masse <strong>de</strong>rer, die sich zu Christus bekennen, ist in Wirklichkeit von<br />

Ihm abgewichen. Es sind nur Einzelne, die <strong>de</strong>m Herrn noch in Treue folgen und Ihm dienen<br />

wollen.<br />

Der Hintergrund <strong>de</strong>s zweiten Briefes an Timotheus ist insofern eher trauriger Natur. Das,<br />

was unter <strong>de</strong>m Segen <strong>de</strong>s Herrn durch die Arbeit von Paulus gewachsen war, befand sich<br />

bereits im Verfall. Wir <strong>de</strong>nken daran, wie Paulus in Ephesus eine offene Tür gefun<strong>de</strong>n hatte.<br />

Sein Brief an die Epheser zeugt davon, dass sich die Gläubigen dort in einem guten Zustand<br />

befun<strong>de</strong>n hatten. Umso bemerkenswerter ist es, dass Paulus seine Briefe an Timotheus<br />

gera<strong>de</strong> an diesen Ort schicken musste, wo er drei Jahre lang im großen Segen gearbeitet hatte.<br />

Die Gläubigen in Asien hatten sich von Paulus abgewandt. Die Herzen waren nicht mehr<br />

brennend für <strong>de</strong>n Herrn (vgl. Off 2,4). Zusätzlich ließ man es zu, dass falsche Lehren und<br />

Praktiken eingeführt wur<strong>de</strong>n. Paulus hatte diese Untreue <strong>de</strong>utlich vor Augen. Gleichzeitig<br />

war es für ihn ein Trost, dass <strong>de</strong>r Herr treu bleiben wür<strong>de</strong> (Kapitel 2,13).<br />

Verantwortung und Hilfsquellen<br />

Obwohl Paulus <strong>de</strong>n Märtyrertod vor Augen hatte, war er trotz<strong>de</strong>m in seinen Gedanken bei<br />

Timotheus. Er wollte ihn auf diese Entwicklung vorbereiten. Sie sollte Timotheus nicht<br />

überraschen. Sie sollte nicht dazu führen, dass er im Dienst nachlassen wür<strong>de</strong>. Er machte<br />

ihm Mut, seinen Dienst in Treue und Hingabe zu tun. Gleichzeitig wies er ihn auf die<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 7


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Einleitung<br />

Hilfsquellen hin, die er in seinem Herrn hatte. Das alles spricht uns genauso an. Wir leben<br />

in <strong>de</strong>r Zeit, die Paulus „letzte Tage“ und „schwere Zeiten“ nennt (Kapitel 3,1). Dieser Brief<br />

spricht also direkt in unsere Zeit hinein.<br />

• Die Verantwortung <strong>de</strong>s Dieners wird durch die persönliche Ansprache <strong>de</strong>s Briefes<br />

unterstrichen. Dreimal lesen wir das Wort „du aber“ (3,10; 3,14; 4,5). In Tagen von<br />

Nie<strong>de</strong>rgang und Rückschritt kommt es mehr <strong>de</strong>nn je auf <strong>de</strong>n Einzelnen an. Ein<br />

Schlüsselvers <strong>de</strong>s Briefes ist die Aussage in Kapitel 2,15: „Befleißige dich, dich selbst<br />

Gott als bewährt darzustellen, als einen Arbeiter, <strong>de</strong>r sich nicht zu schämen hat,<br />

<strong>de</strong>r das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit recht teilt.“ Wenn die große Masse von <strong>de</strong>r Wahrheit<br />

abweicht, soll <strong>de</strong>r Einzelne doch treu zu seinem Herrn stehen. Trotz aller persönlichen<br />

Verantwortung bleibt <strong>de</strong>nnoch wahr, dass <strong>de</strong>r Herr uns immer Geschwister zur Seite<br />

stellt, die <strong>de</strong>n Herrn anrufen aus reinem Herzen (Kapitel 2,22).<br />

• Neben <strong>de</strong>r persönlichen Verantwortung zeigt uns dieser Brief beson<strong>de</strong>rs unsere<br />

Hilfsquellen, die wir in unserem Herrn fin<strong>de</strong>n. Siebenmal lesen wir davon, dass<br />

wir etwas „in Christus Jesus“ haben. Die Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s verherrlichten Herrn (Christus),<br />

<strong>de</strong>r einst in Niedrigkeit auf dieser Er<strong>de</strong> lebte (Jesus), ist immer da. Von ihr können wir<br />

je<strong>de</strong>n Tag Gebrauch machen:<br />

1. Kapitel 1,1: Die Quelle und <strong>de</strong>r Sitz <strong>de</strong>s ewigen Lebens sind in Christus Jesus. Das<br />

ewige Leben steht hier als Ziel vor uns, das ganz sicher ist.<br />

2. Kapitel 1,9: Jesus Christus ist <strong>de</strong>r Mittler <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes zum Heil. Diese Gna<strong>de</strong><br />

Gottes ist in <strong>de</strong>r Zeit in <strong>de</strong>r Person seines Sohnes erschienen. Sie ist uns bereits in <strong>de</strong>r<br />

Ewigkeit vor <strong>de</strong>r Zeit gegeben.<br />

3. Kapitel 1,13: Das Fundament <strong>de</strong>s Glaubens und <strong>de</strong>r Liebe ist ebenfalls in Christus Jesus<br />

zu fin<strong>de</strong>n. Nur so sind wir in <strong>de</strong>r Lage, das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte wirklich festzuhalten.<br />

4. Kapitel 2.1: Zum Dienst brauchen wir Kraft. Diese Kraft fin<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, die<br />

in Christus Jesus ist.<br />

5. Kapitel 2,10: Paulus litt, aber er wusste warum. Er wünschte, dass die Auserwählten<br />

ebenso wie er das Heil erlangen wür<strong>de</strong>n, das in Christus Jesus ist. Wenn es einen<br />

Garanten – einen Bürgen – dafür gibt, dann Christus Jesus.<br />

6. Kapitel 3,12: Ein Leben echter Gottseligkeit und wahrer Frömmigkeit – also ein<br />

Leben zur Ehre <strong>de</strong>s Herrn – ist nur in Christus Jesus möglich. Es fin<strong>de</strong>t in Ihm seine<br />

Grundlage.<br />

7. Kapitel 3,15: Erneut geht es um das ewig sichere Heil. Paulus weist auf <strong>de</strong>n Weg hin,<br />

dieses Heil zu erlangen. Es ist <strong>de</strong>r Glaube, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rum in Christus Jesus ist.<br />

Schließlich en<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Brief mit <strong>de</strong>m Hinweis darauf, dass <strong>de</strong>r Herr Jesus Christus mit<br />

unserem Geist sein wird.<br />

Eine Ansprache für je<strong>de</strong>n<br />

Der zweite Brief an Timotheus enthält nicht nur eine direkte Ansprache für Timotheus, an<br />

<strong>de</strong>n dieser Brief damals geschrieben wur<strong>de</strong>. Er hat eine aktuelle Botschaft für die Zeit, in<br />

<strong>de</strong>r wir heute leben. Es ist eine Zeit, in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utliche Verfallserscheinungen innerhalb <strong>de</strong>s<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 8


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Einleitung<br />

christlichen Bekenntnisses sichtbar wer<strong>de</strong>n. Die letzten Tage sind gefahrvolle Zeiten. Was<br />

vollkommen aus <strong>de</strong>r Hand Gottes hervorgegangen ist, wur<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>r Verantwortung von<br />

uns Menschen zerstört. Diese bedrohlichen Zeiten erleben wir heute hautnah.<br />

Es ist immer noch wahr, dass die Versammlung die Wohnstätte Gottes im Geist ist. Nach<br />

<strong>de</strong>m Ratschluss Gottes besteht die Versammlung aus lebendigen Steinen. Christus baut diese<br />

Versammlung, und die Pforten <strong>de</strong>s Ha<strong>de</strong>s wer<strong>de</strong>n sie nicht überwältigen. Diese Sichtweise<br />

Gottes fin<strong>de</strong>n wir im Neuen Testament mehrfach vorgestellt. Es ist gut, wenn wir diese<br />

Sichtweise unbedingt für uns im Auge behalten. Allerdings ist es ebenso wahr, dass Gott<br />

uns gleichzeitig wie<strong>de</strong>rholt die Seite unserer Verantwortung vor Augen führt. Wir waren<br />

nicht wachsam genug. Wir haben es an Hingabe und Eifer für unseren Herrn fehlen lassen.<br />

Deshalb ist – unter <strong>de</strong>m Blickwinkel <strong>de</strong>r Verantwortung von uns Menschen – vieles in dieses<br />

Haus hineingekommen, was nicht hineingehört. Wir haben – um im Bild von 1. Korinther 3<br />

zu sprechen – nicht nur mit Gold, Silber und kostbaren Steinen gebaut, son<strong>de</strong>rn genauso<br />

mit Holz, Heu und Stroh. Das Haus Gottes ist zu einem großen Haus gewor<strong>de</strong>n. In ihm<br />

gibt es wie<strong>de</strong>rgeborene Menschen, aber lei<strong>de</strong>r ebenso Menschen, die zwar ein Bekenntnis<br />

haben, jedoch kein Leben aus Gott. Das ist <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>r Christenheit, wie wir ihn heute<br />

vorfin<strong>de</strong>n.<br />

Der Herr Jesus hatte das schon vorausgesagt, als Er seinen Jüngern die Gleichnisse vom<br />

Reich Gottes gab. Durch mangeln<strong>de</strong> Wachsamkeit kam <strong>de</strong>r Feind und säte Unkraut unter<br />

<strong>de</strong>n Weizen (Mt 13,25). Auf die Frage seiner Jünger sagte <strong>de</strong>r Herr ihnen, dass sie das<br />

Unkraut nicht ausreißen sollten. Das Reich Gottes ist heute – unter <strong>de</strong>m Blickwinkel<br />

<strong>de</strong>r menschlichen Verantwortung gesehen – eine gemischte Sache. Es ist nichts an<strong>de</strong>res<br />

als das Christentum. Die Menschen, die sich in diesem (Be-)Reich aufhalten, haben ein<br />

Bekenntnis: Sie nennen sich Christen. Lei<strong>de</strong>r ist dieses Bekenntnis bei vielen nicht echt.<br />

Es sind Menschen, die eine Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit haben, <strong>de</strong>ren Kraft jedoch verleugnen<br />

(Kapitel 3,5).<br />

In dieser Situation stellt sich für je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r seinem Herrn in Treue folgen möchte, die Frage,<br />

wie er sich persönlich verhalten soll. Was ist <strong>de</strong>r Wille und <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>s Herrn für uns?<br />

Bei <strong>de</strong>r Beantwortung dieser Frage hilft uns dieser Brief und wir lernen, wie wir uns als<br />

Menschen Gottes in dieser schweren Zeit richtig verhalten können. Dazu gehört, dass wir<br />

die Wahrheit kennen, sie schätzen und sie festhalten. Festhalten schließt Praktizieren ein.<br />

Wir müssen die Wahrheit hochhalten und gleichzeitig das Evangelium weiter verbreiten.<br />

Wir erkennen beim Lesen <strong>de</strong>s ganzen Briefes, wie <strong>de</strong>m Apostel Paulus gera<strong>de</strong> diese bei<strong>de</strong>n<br />

Seiten beson<strong>de</strong>rs am Herzen lagen. Wie<strong>de</strong>rholt wird Timotheus dazu aufgefor<strong>de</strong>rt.<br />

Glie<strong>de</strong>rung<br />

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten <strong>de</strong>n Text zu glie<strong>de</strong>rn. Der Kapiteleinteilung folgend,<br />

wollen wir die vier Kapitel nun Vers für Vers unter <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Überschriften ein wenig<br />

näher besehen:<br />

• Kapitel 1: Ermunterung zum Dienst<br />

• Kapitel 2: Das große Haus<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 9


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Einleitung<br />

• Kapitel 3: Letzte Tage und schwere Zeiten<br />

• Kapitel 4: Ein geistliches Vermächtnis.<br />

Hinweis<br />

Beim Schreiben dieses Buches habe ich auf gute Literatur von bibeltreuen Auslegern<br />

zurückgegriffen, die <strong>de</strong>r Herr zum Segen benutzt hat. Erklärungen von Ausdrücken in<br />

<strong>de</strong>r griechischen Sprache basieren im Wesentlichen auf <strong>de</strong>r Erläuterung von V.E. Vine<br />

(Expository Dictionary of New Testament Words), Chr. Briem (NT sprachliche Erklärungen,<br />

Wörterbuch und Grammatik) sowie <strong>de</strong>r Strong’s Exhaustive Concordance of the Bible, ohne<br />

diese jeweils im Einzelnen zu kennzeichnen.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 10


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Ermunterung zum Dienst<br />

Das erste Kapitel bil<strong>de</strong>t eine Einführung in <strong>de</strong>n ganzen Brief. Nach <strong>de</strong>n Grußworten kommt<br />

Paulus unmittelbar auf eines <strong>de</strong>r zentralen Anliegen <strong>de</strong>s Briefes zu sprechen: Er erinnert<br />

Timotheus daran, dass er die von Gott gegebene Gna<strong>de</strong>ngabe anfachen soll. Damit appelliert<br />

er an ihn, seine Aufgabe zum Dienst nicht zu vernachlässigen, son<strong>de</strong>rn im Gegenteil seine<br />

Bemühungen in <strong>de</strong>r Arbeit für <strong>de</strong>n Herrn zu intensivieren. Dabei erinnert er Timotheus<br />

an sein eigenes Beispiel. Paulus hatte im Dienst nicht resigniert, und Timotheus sollte es<br />

genauso wenig tun.<br />

Neben <strong>de</strong>m Appell zum Dienst spricht Paulus von <strong>de</strong>r Wichtigkeit, die von Gott gegebene<br />

Wahrheit nicht aufzugeben, son<strong>de</strong>rn daran festzuhalten. Das Glaubensgut, das Timotheus<br />

bewahren sollte, war ein schönes und anvertrautes Gut. Gera<strong>de</strong> weil es Menschen gab, die<br />

in Gefahr stan<strong>de</strong>n, dieses Glaubensgut aufzugeben, sollte Timotheus seinerseits unter allen<br />

Umstän<strong>de</strong>n daran festhalten.<br />

Das Kapitel lässt sich nicht ganz einfach strukturieren. Folgen<strong>de</strong> Einteilung ist jedoch<br />

möglich:<br />

1. Verse 1–5: Grußworte an Timotheus<br />

Die Grußworte sind sehr persönlich gehalten. Paulus erinnert sich dankbar an Timotheus.<br />

Er spricht von seinen eigenen Eltern sowie von <strong>de</strong>r Mutter und Großmutter <strong>de</strong>s Timotheus.<br />

Es wird klar, wie eng diese bei<strong>de</strong>n Diener <strong>de</strong>s Herrn miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n waren.<br />

2. Verse 6–14: Ein Appell an Timotheus<br />

Paulus for<strong>de</strong>rt Timotheus auf, seine Gna<strong>de</strong>ngabe nicht zu vernachlässigen und sich <strong>de</strong>s<br />

Zeugnisses nicht zu schämen. Er soll an <strong>de</strong>r Wahrheit festhalten und das Glaubensgut nicht<br />

aufgeben. Paulus untermauert seine Appelle mit <strong>de</strong>r Erinnerung an die große Errettung, die<br />

Gott uns geschenkt hat. Gleichzeitig stellt er sein eigenes Beispiel vor. Paulus hatte einen<br />

beson<strong>de</strong>ren Auftrag von Gott bekommen. Er war ein Herold, ein Apostel und ein Lehrer. In<br />

diesem Dienst hatte er bis zum En<strong>de</strong> nicht aufgegeben.<br />

3. Verse 15–18: Leid und Freu<strong>de</strong> für Paulus<br />

Paulus hatte im Dienst manche Enttäuschung erlebt. Alle, die in Asien waren, hatten ihn<br />

verlassen. Das schmerzte ihn. Deshalb gab Gott ihm eine beson<strong>de</strong>re Ermunterung durch<br />

das Verhalten von Onesiphorus.<br />

Die Einzelheiten sind lehrreich und nützlich für uns. Wir lernen sowohl von <strong>de</strong>n Appellen<br />

an Timotheus als auch von <strong>de</strong>m Beispiel <strong>de</strong>s Paulus.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

„Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, nach Verheißung <strong>de</strong>s Lebens, das in<br />

Christus Jesus ist“ (Vers 1).<br />

Das Apostelamt <strong>de</strong>s Paulus<br />

Der Verfasser <strong>de</strong>s Briefes ist uns gut bekannt. Dennoch stellt er sich hier in einer beson<strong>de</strong>ren<br />

Weise vor, die wir an an<strong>de</strong>ren Stellen so nicht fin<strong>de</strong>n. Paulus macht <strong>de</strong>utlich, wer ihn<br />

zum Apostel berufen hatte, was ihm die Autorität zu seinem Apostelamt gab und welch<br />

einen Charakter sein beson<strong>de</strong>rer Dienst hatte. Er tat das nicht etwa, weil Timotheus daran<br />

irgen<strong>de</strong>inen Zweifel hegte. Die Grün<strong>de</strong> sind vielmehr darin zu sehen, dass er erstens seinem<br />

jüngeren Mitbru<strong>de</strong>r Mut machen wollte, nicht zu verzagen und aufzugeben. Zweitens wird<br />

allen, die diesen ernsten Brief heute lesen, klar dokumentiert, dass er eine verbindliche<br />

Botschaft hat. Es ist eine Botschaft, <strong>de</strong>r wir nicht ohne Folgen ausweichen können.<br />

Die Berufung zum Apostelamt<br />

Der beson<strong>de</strong>re Auftrag und Dienst von Paulus wur<strong>de</strong> dadurch gekennzeichnet, dass er<br />

<strong>de</strong>r einzige Apostel war, <strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n verherrlichten Herrn vom Himmel her berufen<br />

wur<strong>de</strong>. Die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Begegnung fand vor <strong>de</strong>n Toren von Damaskus statt. Dort bekam<br />

er seinen Auftrag. Damit unterschied sich <strong>de</strong>r Dienst von Paulus von <strong>de</strong>m aller an<strong>de</strong>ren<br />

Apostel. Die übrigen Apostel waren von einem auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> leben<strong>de</strong>n Herrn berufen<br />

wor<strong>de</strong>n und hatten Ihn hier gesehen und erlebt. Paulus hingegen hatte <strong>de</strong>n verherrlichten<br />

Herrn im Himmel gesehen. Deshalb war ihm beson<strong>de</strong>rs das „Evangelium <strong>de</strong>r Herrlichkeit“<br />

(1. Tim 1,11) anvertraut wor<strong>de</strong>n. Der Inhalt dieses Evangelium war bis zu diesem Zeitpunkt<br />

ein Geheimnis. Die Tatsache, dass er so berufen wur<strong>de</strong>, ist <strong>de</strong>r Grund, warum es hier heißt:<br />

„Apostel Christi Jesu“.<br />

Petrus nennt sich in <strong>de</strong>n einleiten<strong>de</strong>n Worten seiner bei<strong>de</strong>n Briefe jeweils „Apostel Jesu<br />

Christi“. Der Unterschied in <strong>de</strong>r Reihenfolge <strong>de</strong>r Namen bei Petrus und Paulus scheint nicht<br />

ganz ohne Be<strong>de</strong>utung zu sein. Paulus wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n erhöhten und verherrlichten Sohn<br />

<strong>de</strong>s Menschen berufen. Er hatte einst in Niedrigkeit auf dieser Er<strong>de</strong> gelebt und war jetzt<br />

von Gott zum „Herrn und Christus“ gemacht wor<strong>de</strong>n. Petrus hingegen weist uns in seinem<br />

Dienst beson<strong>de</strong>rs auf <strong>de</strong>n hin, <strong>de</strong>ssen Weg durch Lei<strong>de</strong>n (Jesus) zur Herrlichkeit (Christus)<br />

ging. Deshalb die an<strong>de</strong>re Reihenfolge 1 . Paulus wusste nicht nur, wem er geglaubt hatte,<br />

son<strong>de</strong>rn er wusste ebenso, wer ihn berufen hatte. Es war „Christus Jesus“, <strong>de</strong>r verherrlichte<br />

Herr im Himmel, <strong>de</strong>r ihm auf <strong>de</strong>m Weg nach Damaskus begegnet war.<br />

Die Grundlage <strong>de</strong>s Apostelamtes<br />

Paulus war sich darüber hinaus bewusst, auf welches Fundament sich sein Apostelamt<br />

und sein Dienst abstützten. Er wusste, was ihm die notwendige Autorität gab. Die ersten<br />

Verse <strong>de</strong>s Galaterbriefes machen das sehr <strong>de</strong>utlich. Dort musste Paulus seine Autorität<br />

1 Die Reihenfolge „Jesus Christus“ und „Christus Jesus“ ist in einigen alten Handschriften umgekehrt, wobei<br />

die Elberfel<strong>de</strong>r Übersetzung (Edition CSV) vermutlich die Version <strong>de</strong>r meisten Lesarten wie<strong>de</strong>rspiegelt.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

beson<strong>de</strong>rs betonen, weil die Galater in großer Gefahr stan<strong>de</strong>n und er sie ernstlich<br />

zurechtweisen musste. Der Wille Gottes steht hier im Gegensatz zu <strong>de</strong>m Willen <strong>de</strong>r<br />

Menschen. Paulus hatte sein Apostelamt nicht von einem Menschen bekommen, son<strong>de</strong>rn<br />

von Gott selbst. „Durch Gottes Willen“ be<strong>de</strong>utet „aufgrund von Gottes Willen“. Das<br />

gab Paulus einerseits die notwendige Autorität und an<strong>de</strong>rerseits <strong>de</strong>n Mut, seinen Dienst<br />

auszuüben. Später erinnert er Timotheus daran, dass seine Gna<strong>de</strong>ngabe ebenfalls eine von<br />

Gott gegebene Gabe war. Allerdings bestand <strong>de</strong>r Unterschied zu Paulus darin, dass es im<br />

Fall von Timotheus spezielle Weissagungen über seine Gabe gab (1. Tim 1,18; 4,14). Seine<br />

Gna<strong>de</strong>ngabe – obwohl sie natürlich ebenso ihren Ursprung in Gott hatte – wur<strong>de</strong> durch<br />

Paulus vermittelt, und die Ältesten machten sich durch Auflegen <strong>de</strong>r Hän<strong>de</strong> damit eins. Das<br />

war bei Paulus an<strong>de</strong>rs. Bei ihm war kein an<strong>de</strong>rer Mensch irgendwie daran beteiligt.<br />

Der Charakter <strong>de</strong>s Apostelamtes<br />

Paulus formuliert <strong>de</strong>n Charakter seines Apostelamtes hier so: „ . . . nach Verheißung <strong>de</strong>s<br />

Lebens, das in Christus Jesus ist“. Es han<strong>de</strong>lt sich dabei nicht um eine irdische, son<strong>de</strong>rn um<br />

eine ewige Verheißung. Sie steht mit <strong>de</strong>m Himmel in Verbindung. Es ist eine Verheißung<br />

<strong>de</strong>s Vaters an <strong>de</strong>n Sohn. Gemeint ist das ewige Leben, das „Gott, <strong>de</strong>r nicht lügen kann,<br />

verheißen hat vor ewigen Zeiten“ (Tit 1,2). Dieses ewige Leben ist in niemand an<strong>de</strong>rem<br />

als in Christus Jesus. Damit erfolgt eine Ausrichtung auf das Ziel hin. In Titus 1,2 spricht<br />

Paulus von <strong>de</strong>r „Hoffnung <strong>de</strong>s ewigen Lebens“. Das be<strong>de</strong>utet nicht, dass es im Blick auf das<br />

ewige Leben irgen<strong>de</strong>ine Unsicherheit geben könnte. Ganz im Gegenteil: Die Tatsache, dass<br />

es „in Christus Jesus“ ist, macht die Verheißung völlig sicher. „Und dies ist das Zeugnis:<br />

dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn“ (1. Joh 5,11).<br />

Das ewige Leben ist bei Paulus – im Unterschied zu <strong>de</strong>n Schriften von Johannes – in <strong>de</strong>n<br />

meisten Fällen etwas, das noch vor uns liegt. Wir besitzen es grundsätzlich heute schon,<br />

wer<strong>de</strong>n es in seiner ganzen Fülle allerdings erst dann genießen können, wenn wir in <strong>de</strong>r<br />

Heimat dieses ewigen Lebens – das ist das Vaterhaus – sind. Das Wörtchen „nach“ meint<br />

„im Hinblick auf“ und <strong>de</strong>utet eben dieses Ziel an. Paulus hatte <strong>de</strong>n sicheren Tod vor Augen.<br />

Timotheus befand sich in schwierigen Umstän<strong>de</strong>n. Der Verfall hatte eingesetzt. Da war die<br />

Erinnerung an das Ziel ein echter Trost. Timotheus sollte daran <strong>de</strong>nken, dass <strong>de</strong>r Dienst<br />

von Paulus auf dieses Leben hin orientiert war.<br />

F. B. Hole schreibt dazu: „In <strong>de</strong>r Natur ist das Leben eine ungeheure Kraft, aber das Leben<br />

Christi Jesu ist unbesiegbar. Das natürliche Leben in all seinen Formen, das Leben Adams – also<br />

das menschliche Leben – eingeschlossen, unterliegt letztendlich im Wettkampf und wird vom<br />

Tod besiegt. Das Leben in Christus ist außerhalb <strong>de</strong>r Reichweite <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>nn als Gestorbener<br />

und Auferstan<strong>de</strong>ner wur<strong>de</strong> Er zur Quelle <strong>de</strong>s Lebens für an<strong>de</strong>re. Dieses Leben war vor <strong>de</strong>r<br />

Entstehung <strong>de</strong>r Welt verheißen (Tit 1,2) und ist durch das Evangelium ans Licht gebracht<br />

wor<strong>de</strong>n (V. 10). Seine Frucht wird in zukünftigen Zeiten zu sehen sein. Deshalb wird hier<br />

von <strong>de</strong>m Leben als von einer Verheißung gesprochen.“ 2<br />

2 F.B.Hole: ‚Grundzüge <strong>de</strong>s Neuen Testaments‘(Bd. 4: Galaterbrief – Philemonbrief), CSV-Verlag, Hückeswagen.<br />

siehe auch http://www.bibelkommentare.<strong>de</strong>/in<strong>de</strong>x.php?page=comment&comment_id=245&series_id=4&part_id=175<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

„Timotheus, meinem geliebten Kind: Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit, Frie<strong>de</strong> von Gott, <strong>de</strong>m Vater,<br />

und Christus Jesus, unserem Herrn!“ (Vers 2)<br />

Ein beson<strong>de</strong>res Verhältnis<br />

Das Verhältnis von Paulus und Timotheus war durch ein beson<strong>de</strong>res Band <strong>de</strong>r Liebe<br />

gekennzeichnet. Er nennt ihn sein „geliebtes“ Kind. Er wusste nicht nur, dass Timotheus<br />

von Gott geliebt war, son<strong>de</strong>rn er selbst hatte Timotheus von Herzen lieb. Ganz sicher hat er<br />

mit großer Freu<strong>de</strong> an ihn gedacht.<br />

Paulus war <strong>de</strong>r Ältere, Timotheus <strong>de</strong>r Jüngere. Gemeinsam hatten sie <strong>de</strong>m Herrn gedient<br />

und kaum jemand hatte so viel von <strong>de</strong>m Apostel Paulus gelernt wie gera<strong>de</strong> Timotheus.<br />

Der Ausdruck „Kind“ lässt uns einerseits an Abstammung und an<strong>de</strong>rerseits an Beziehung<br />

<strong>de</strong>nken. In diesem Sinn spricht Paulus zum Beispiel von seinem Kind Onesimus, <strong>de</strong>n er in<br />

<strong>de</strong>n Fesseln, d. h. im Gefängnis, gezeugt hatte (Phlm 1,10). Die neue Geburt ist natürlich<br />

immer ein Werk Gottes, Paulus war dabei sozusagen „Geburtshelfer“ gewor<strong>de</strong>n.<br />

Bei Timotheus sind uns die Umstän<strong>de</strong>, wie er zum Glauben kam, nicht bekannt. Man kann<br />

allerdings nicht zwingend annehmen, dass Paulus das Werkzeug zu seiner Bekehrung war.<br />

Timotheus wird zum ersten Mal in Apostelgeschichte 16,1 erwähnt, als Paulus nach Derbe<br />

und Lystra kam. Aus <strong>de</strong>m Bericht lässt sich eher schließen, dass Timotheus zu diesem<br />

Zeitpunkt bereits ein Gläubiger war.<br />

Dennoch war Paulus in einem an<strong>de</strong>ren Sinn <strong>de</strong>r geistliche Vater von Timotheus. Er hatte<br />

dazu beigetragen, dass dieser geistlich gewachsen war und gute Fortschritte gemacht hatte.<br />

Paulus nennt ihn an an<strong>de</strong>rer Stelle sein „geliebtes und treues Kind im Herrn“ (1. Kor 4,17).<br />

In Philipper 2,22 spricht er von seiner Bewährung, „dass er, wie ein Kind <strong>de</strong>m Vater, mit mir<br />

gedient hat an <strong>de</strong>m Evangelium“. Für Paulus war das keine leere Re<strong>de</strong>nsart. Der Ausdruck<br />

zeugt von seiner inneren Zuneigung zu diesem jüngeren Bru<strong>de</strong>r. Auf diese Weise konnten<br />

<strong>de</strong>r Zuspruch <strong>de</strong>s Paulus und seine Warnungen auf fruchtbaren Bo<strong>de</strong>n fallen. Davon können<br />

wir in unseren geschwisterlichen Beziehungen – beson<strong>de</strong>rs zwischen Älteren und Jüngeren –<br />

lernen.<br />

Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit und Frie<strong>de</strong><br />

Nun folgen die Grüße, die in <strong>de</strong>r damaligen Zeit nicht am En<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn zu Beginn eines<br />

Briefes formuliert wur<strong>de</strong>n. Wir sind häufig geneigt, diese Grüße zügig zu überlesen. Ihr<br />

Studium ist allerdings <strong>de</strong>r Mühe wert. Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Unterschie<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>n einzelnen<br />

Briefen fin<strong>de</strong>n wir interessante Hinweise verborgen.<br />

Hier nennt Paulus – wie an an<strong>de</strong>ren Stellen – Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit und Frie<strong>de</strong>. Die<br />

drei Begriffe gehören eng zusammen. Der Sün<strong>de</strong>r hat sie nötig, um vor Gott bestehen zu<br />

können. Jemand hat es einmal in etwa so formuliert: Gna<strong>de</strong> ist für Wertlose. Barmherzigkeit<br />

ist für Hilflose. Frie<strong>de</strong> ist für Ruhelose. Solche waren wir von Natur aus alle. Deshalb die<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Notwendigkeit von Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit und Frie<strong>de</strong>n. In<strong>de</strong>s schreibt Paulus hier an<br />

Timotheus und damit an jemand, <strong>de</strong>r längst errettet war; es geht hier also um Gläubige.<br />

Timotheus lebte täglich aus <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, er brauchte Barmherzigkeit und sollte <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n<br />

im Herzen tragen. Kein Christ kann ohne Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit und Frie<strong>de</strong>n glücklich<br />

leben. Auf Gläubige angewandt ist mit Recht gesagt wor<strong>de</strong>n: Gna<strong>de</strong> brauchen wir für <strong>de</strong>n<br />

Dienst. Barmherzigkeit brauchen wir für unser Versagen. Frie<strong>de</strong>n brauchen wir für unsere<br />

Umstän<strong>de</strong>.<br />

• Gna<strong>de</strong> ist unverdiente Zuwendung Gottes an uns. Sie steht zu Recht immer am Anfang.<br />

Gna<strong>de</strong> entspringt <strong>de</strong>m Herzen Gottes. Er ist <strong>de</strong>r „Gott aller Gna<strong>de</strong>“ (1. Pet 5,10). Das<br />

gilt für unsere Vergangenheit, für die Gegenwart und für die Zukunft. Hier geht es<br />

um Gna<strong>de</strong>, die wir an je<strong>de</strong>m Tag unseres Lebens nötig haben. Gna<strong>de</strong> ist nicht eine<br />

Anfangserfahrung junger Christen. Sie ist vielmehr ein beständiger Strom, <strong>de</strong>n wir<br />

im ganzen Leben nicht ausschöpfen können. Römer 5,2 sagt uns, dass wir in <strong>de</strong>r<br />

Gna<strong>de</strong> Gottes stehen. Petrus schreibt von <strong>de</strong>r wahren Gna<strong>de</strong> Gottes, in <strong>de</strong>r wir stehen<br />

(1. Pet 5,12). Sie begleitet uns täglich. Sie gibt uns Fundament und Festigkeit für unser<br />

Glaubensleben. Wir brauchen – gera<strong>de</strong> in Zeiten von Rückgang und Nie<strong>de</strong>rgang –<br />

ein <strong>de</strong>utlicheres Empfin<strong>de</strong>n dafür, mit welchen Gedanken Gott an uns <strong>de</strong>nkt – mit<br />

Gedanken <strong>de</strong>r Güte und <strong>de</strong>r Liebe. Gott sieht in Gna<strong>de</strong> auf uns. „Gna<strong>de</strong>“ kann man auch<br />

mit „Gunst“ o<strong>de</strong>r „Wohlgefallen“ übersetzen. Das zeigt, mit welchen Empfindungen<br />

Gott in <strong>de</strong>m Herrn Jesus auf uns blickt. Die Bibel en<strong>de</strong>t nicht ohne Grund mit <strong>de</strong>n<br />

Worten: „Die Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen“ (Off 22,21). Wir<br />

alle haben dieses tiefe Empfin<strong>de</strong>n nötig, dass die Gna<strong>de</strong> Gottes uns je<strong>de</strong>n Tag trägt.<br />

• Barmherzigkeit ist das Mitempfin<strong>de</strong>n Gottes in elen<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n. Gna<strong>de</strong> und<br />

Barmherzigkeit liegen in ihrer Be<strong>de</strong>utung nahe beieinan<strong>de</strong>r. Bei<strong>de</strong>s ist nur in Gott zu<br />

fin<strong>de</strong>n. Bei<strong>de</strong>s ist völlig unverdient. Barmherzigkeit hat – wie Gna<strong>de</strong> – mit unserer<br />

Vergangenheit, mit <strong>de</strong>r Gegenwart und mit <strong>de</strong>r Zukunft zu tun. Dennoch besteht ein<br />

Unterschied. Barmherzigkeit setzt – im Unterschied zu <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> – unbedingt einen<br />

bemitlei<strong>de</strong>nswerten und elen<strong>de</strong>n Zustand voraus. Barmherzigkeit kann nur geübt<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn jemand da ist, <strong>de</strong>r sich in Not befin<strong>de</strong>t. Was die Barmherzigkeit tut, wird<br />

vortrefflich in Lukas 10 in <strong>de</strong>m Gleichnis vom barmherzigen Samariter vorgestellt. Gott<br />

ist <strong>de</strong>r Gott aller Gna<strong>de</strong> – und zwar unabhängig davon, ob die Gna<strong>de</strong> einen Gegenstand<br />

fin<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r nicht. Barmherzigkeit hingegen sucht notwendigerweise einen Gegenstand,<br />

an <strong>de</strong>m sie sich erweisen kann. Deshalb wird Gott nicht <strong>de</strong>r „Gott aller Barmherzigkeit“<br />

genannt. Allerdings lesen wir, dass Er „reich ist an Barmherzigkeit wegen seiner<br />

vielen Liebe“ (Eph 2,4). Dieser Gedanke macht uns glücklich. Der Reichtum seiner<br />

Barmherzigkeit hat uns gerettet. Der Reichtum seiner Barmherzigkeit steht uns jetzt<br />

an je<strong>de</strong>m Tag unseres Lebens zur Verfügung. Unsere Lebensumstän<strong>de</strong> mögen sehr<br />

unterschiedlich sein. Dennoch lebt je<strong>de</strong>r von uns täglich von <strong>de</strong>r Barmherzigkeit<br />

Gottes. Wir <strong>de</strong>nken an die Zeitverhältnisse, in <strong>de</strong>nen wir leben. Wir <strong>de</strong>nken an unser<br />

persönliches und gemeinschaftliches Fehlverhalten im Blick auf das Haus Gottes. Wir<br />

<strong>de</strong>nken an <strong>de</strong>n Verfall um uns herum und in unserer eigenen Mitte. Wo wären wir<br />

ohne die Barmherzigkeit? Der Schreiber <strong>de</strong>s Hebräerbriefs gibt folgen<strong>de</strong> Ermunterung:<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

„Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu <strong>de</strong>m Thron <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, damit wir<br />

Barmherzigkeit empfangen und Gna<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n zur rechtzeitigen Hilfe“ (Heb 4,16).<br />

• Frie<strong>de</strong>n hat mit <strong>de</strong>r Ruhe in Gott und mit <strong>de</strong>r Ruhe in <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n zu tun. Der<br />

Gläubige hat grundsätzlich Frie<strong>de</strong>n mit Gott (Röm 5,1). Was unsere Stellung betrifft,<br />

gibt es nichts, was zwischen uns und einem heiligen Gott steht. Doch Gott will uns<br />

mehr schenken. Philipper 4, 7 spricht von <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n Gottes, <strong>de</strong>r allen Verstand<br />

übersteigt. Dieser Frie<strong>de</strong> Gottes kann durch nichts erschüttert und gestört wer<strong>de</strong>n.<br />

Kolosser 3,15 erwähnt <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Christus, <strong>de</strong>r in unseren Herzen regieren und<br />

entschei<strong>de</strong>n soll. Als <strong>de</strong>r Herr Jesus auf dieser Er<strong>de</strong> war, sagte Er <strong>de</strong>n Jüngern: „Frie<strong>de</strong>n<br />

lasse ich euch, meinen Frie<strong>de</strong>n gebe ich euch“ (Joh 14,27). Dieser Frie<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Er uns gibt,<br />

ist <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Christus. Damit sind wir – selbst in schwierigen Umstän<strong>de</strong>n – völlig<br />

ruhig. Paulus genoss diesen Frie<strong>de</strong>n selbst im Kerker in Rom. Er wünschte seinem<br />

Kind Timotheus – und damit uns – diesen Frie<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n Gottes zu leben,<br />

ist <strong>de</strong>r beste Schutzwall gegen alle Angriffe <strong>de</strong>s Teufels. Frie<strong>de</strong>n ist im Übrigen das<br />

Ergebnis von Gna<strong>de</strong> und Barmherzigkeit. Deshalb wird Frie<strong>de</strong> immer nach Gna<strong>de</strong> bzw.<br />

nach Barmherzigkeit genannt – nie vorher. Nur wer im tiefen Bewusstsein <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong><br />

und <strong>de</strong>r Barmherzigkeit lebt, kann <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n Gottes wirklich genießen. Wer <strong>de</strong>n<br />

„Gott aller Gna<strong>de</strong>“ nicht kennt, weiß wenig o<strong>de</strong>r nichts von „<strong>de</strong>m Gott <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns“.<br />

Von Gott, <strong>de</strong>m Vater, und Christus Jesus, unserem Herrn<br />

Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit und Frie<strong>de</strong> spru<strong>de</strong>ln aus einer Quelle hervor. Diese Quelle ist Gott,<br />

<strong>de</strong>r Vater. „Vater“ hat im Neuen Testament min<strong>de</strong>stens eine dreifache Be<strong>de</strong>utung: An einigen<br />

Stellen spricht es von Unterscheidung, an an<strong>de</strong>ren Stellen von Beziehung und wie<strong>de</strong>r an<br />

an<strong>de</strong>ren Stellen von Ursprung. Im Sinn von Unterscheidung fin<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Begriff zum<br />

Beispiel in Matthäus 28,19. Dort wer<strong>de</strong>n die Jünger aufgefor<strong>de</strong>rt, im Namen <strong>de</strong>s Vaters,<br />

<strong>de</strong>s Sohnes und <strong>de</strong>s Heiligen Geistes zu taufen. Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Beziehung fin<strong>de</strong>n wir<br />

zum Beispiel an <strong>de</strong>n Stellen, wo uns gezeigt wird, dass <strong>de</strong>r große Gott in <strong>de</strong>m Herrn Jesus<br />

jetzt unser Vater ist, <strong>de</strong>r uns liebt. Beson<strong>de</strong>rs Johannes stellt uns in seinen Schriften diese<br />

Seite vor. Der Gedanke an Ursprung kommt zum Beispiel in Epheser 1,17 vor. Dort ist die<br />

Re<strong>de</strong> von <strong>de</strong>m „Vater <strong>de</strong>r Herrlichkeit“. Damit ist gemeint, dass Gott <strong>de</strong>r Ursprung <strong>de</strong>r<br />

Herrlichkeit ist.<br />

Der Gedanke an Beziehung steht in unserem Vers sicherlich im Vor<strong>de</strong>rgrund. Paulus<br />

erinnert Timotheus daran, dass Gott in <strong>de</strong>m Herrn Jesus jetzt unser Vater gewor<strong>de</strong>n ist. Das<br />

ist eine unermessliche Segnung. Die Tatsache, dass hier eigentlich „Gott Vater“ steht, lässt<br />

dabei parallel <strong>de</strong>n Gedanken an Ursprung zu. Gna<strong>de</strong>, Barmherzigkeit und Frie<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n<br />

eben ihre Quelle in Ihm.<br />

„ . . . und Christus Jesus, unserem Herrn“. Es gibt keine Abstufung zwischen Gott, <strong>de</strong>m Vater,<br />

und Christus Jesus, unserem Herrn. Er ist Gott. Bei<strong>de</strong> Personen stehen hier nebeneinan<strong>de</strong>r.<br />

Dennoch wer<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong> unterschie<strong>de</strong>n. Vielleicht können wir sagen, dass <strong>de</strong>r Gedanke<br />

an Christus Jesus, unseren Herrn, uns an <strong>de</strong>n einzigen Weg (o<strong>de</strong>r das „Mittel“) erinnert,<br />

auf <strong>de</strong>m diese Dinge zu bekommen sind. Hätte <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r jetzt zur Rechten Gottes<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 16


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

verherrlicht ist, nicht einst als Mensch in Niedrigkeit auf dieser Er<strong>de</strong> gelebt – wir hätten<br />

nichts von <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Barmherzigkeit und <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n Gottes erfahren.<br />

Paulus war ein Gefangener Roms. Die politischen Autoritäten konnten anscheinend<br />

willkürlich mit ihm verfahren. Sie hatten die Verfügungsgewalt. Dennoch hatte Paulus ein<br />

tiefes Empfin<strong>de</strong>n dafür, dass Christus Jesus <strong>de</strong>r Herr – und damit die höchste Instanz – ist.<br />

Deshalb sah er sich als seinen Gefangenen. Das sollte Timotheus nicht vergessen. Auch wir<br />

brauchen immer das tiefe Empfin<strong>de</strong>n, dass unserem Herrn im Himmel alle Gewalt gegeben<br />

ist. Er ist nicht nur unser Heiland, son<strong>de</strong>rn Er ist <strong>de</strong>r Herr unseres Lebens. Was immer<br />

geschehen mag, Er hat zu allem das letzte Wort zu sagen. Ihm läuft gar nichts aus <strong>de</strong>r Hand.<br />

„Ich danke Gott, <strong>de</strong>m ich von meinen Voreltern her mit reinem Gewissen diene, wie<br />

unablässig ich <strong>de</strong>iner ge<strong>de</strong>nke in meinen Gebeten Nacht und Tag, voll Verlangen, dich<br />

zu sehen, in<strong>de</strong>m ich mich an <strong>de</strong>ine Tränen erinnere, damit ich mit Freu<strong>de</strong> erfüllt sein<br />

möge“ (Verse 3.4).<br />

Gebet<br />

Nach <strong>de</strong>n einleiten<strong>de</strong>n Worten beginnt Paulus nun mit einem Dankgebet. Paulus hatte ein<br />

sehr reichhaltiges Gebetsleben. Es bestand nicht nur aus Bitten, son<strong>de</strong>rn daneben vor allem<br />

aus Danksagung. Dabei geht <strong>de</strong>r Dank häufig <strong>de</strong>r Bitte voraus. Wenn Paulus seinem Gott<br />

dankte, war das keine „Pflichtübung“ o<strong>de</strong>r reine Gewohnheit, son<strong>de</strong>rn ein tief im Herzen<br />

empfun<strong>de</strong>ner Dank. Timotheus wird das gewusst haben. Wir können davon lernen.<br />

Das hier gebrauchte Wort für Dank unterschei<strong>de</strong>t sich von <strong>de</strong>m, was wir zu Beginn an<strong>de</strong>rer<br />

Briefe fin<strong>de</strong>n. Es ist ein zusammengesetztes Wort, das man an<strong>de</strong>rs mit „Gna<strong>de</strong> haben“<br />

übersetzen könnte. In 1. Timotheus 1,12 wird <strong>de</strong>r gleiche Ausdruck benutzt. Paulus empfand<br />

es offenbar als eine beson<strong>de</strong>re Gna<strong>de</strong>, an Timotheus im Gebet zu <strong>de</strong>nken. Das ist ein Beweis<br />

<strong>de</strong>s beson<strong>de</strong>ren Verhältnisses dieser bei<strong>de</strong>n Diener Gottes, das uns als Vorbild dient.<br />

Paulus betete unablässig und unaufhörlich. Das will nicht sagen, dass er nichts an<strong>de</strong>res tat<br />

als zu beten. Es meint vielmehr, dass er es regelmäßig, d. h. immer wie<strong>de</strong>r, tat. Es war ihm<br />

eine – im positiven Sinn <strong>de</strong>s Wortes – gute Gewohnheit, <strong>de</strong>r er immer wie<strong>de</strong>r nachging.<br />

Darin ist Paulus uns bis heute ein Vorbild.<br />

Paulus betete Nacht und Tag. Es ist sicher nicht von ungefähr, dass die Nacht vor <strong>de</strong>m Tag<br />

erwähnt wird. Das <strong>de</strong>utet die Intensität an, mit <strong>de</strong>r Paulus betete. Natürlich hatte er im<br />

Gefängnis mehr Zeit dazu als im aktiven Dienst. Dennoch tat Paulus auch im aktiven Dienst<br />

und in Freiheit gewisse Dinge „Nacht und Tag“:<br />

• In Apostelgeschichte 20,31 lesen wir, dass er die Gläubigen Nacht und Tag mit Tränen<br />

ermahnt hatte.<br />

• Die Thessalonicher erinnerte er zweimal daran, dass er Nacht und Tag gearbeitet<br />

hatte, um niemand auf <strong>de</strong>r Tasche zu liegen (1. Thes 2,9; 2. Thes 3,8).<br />

• In 1. Thessalonicher 3,10 fin<strong>de</strong>n wir ihn – wie hier – ebenfalls im Gebet. Dort flehte er<br />

Nacht und Tag, um an<strong>de</strong>ren geistlich helfen zu können.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Tränen<br />

Paulus erwähnt nun die Tränen <strong>de</strong>s Timotheus. Er hatte sie gut in Erinnerung. Wir fragen<br />

uns, wann Timotheus wohl geweint haben mag. Es wird uns nicht gesagt. Wir können uns<br />

gut vorstellen, dass es vielleicht bei <strong>de</strong>m Abschied von Paulus war. Seine Tränen waren kein<br />

Zeichen von Schwachheit. Sie zeigten vielmehr, dass Timotheus als gereifter Mann tiefe<br />

Empfindungen und geistliche Übungen hatte. Niemand von uns muss sich seiner Tränen<br />

schämen – auch nicht im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn. Der Herr Jesus selbst hat geweint, als Er<br />

auf dieser Er<strong>de</strong> war. Das zeigt, wie vollkommen Er Mensch war. Paulus weinte ebenfalls.<br />

Als er Abschied von <strong>de</strong>n Ältesten von Ephesus nahm, erwähnt er diesen Umstand gleich<br />

zweimal (Apg 20,19 und 31). Wir sollten Tränen nicht als ein Zeichen von Schwäche o<strong>de</strong>r<br />

gar Feigheit werten. Wer keine inneren Empfindungen hat, ist als Diener kaum brauchbar.<br />

Freu<strong>de</strong><br />

Wir haben schon gesehen, dass Paulus sich in äußeren Umstän<strong>de</strong>n befand, die wenig Anlass<br />

zur Freu<strong>de</strong> gaben. Wir fragen uns, wie er als ein Todgeweihter überhaupt von Freu<strong>de</strong><br />

sprechen kann. Er <strong>de</strong>nkt hier nicht an die Freu<strong>de</strong>, einmal bei seinem Herrn zu sein – eine<br />

Freu<strong>de</strong>, die er ohne Zweifel gehabt hat (vgl. Kap 4,6–8). Er <strong>de</strong>nkt nicht direkt an die „Freu<strong>de</strong><br />

im Herrn“ (Phil 4,1), die ebenfalls sein Teil war. Den Grund für die Freu<strong>de</strong> gibt er an: Es<br />

war die Freu<strong>de</strong>, Timotheus noch einmal wie<strong>de</strong>rzusehen. Er war voll Verlangen, ihn zu<br />

sehen. Das Wort „Verlangen“ wird an an<strong>de</strong>ren Stellen mit „Sehnen“ o<strong>de</strong>r „begierig sein“<br />

wie<strong>de</strong>rgegeben. Das zeigt, wie groß <strong>de</strong>r Wunsch von Paulus war, sein Kind im Glauben<br />

noch einmal zu sehen. Wir erkennen, dass Paulus keineswegs abgestumpft war, son<strong>de</strong>rn<br />

seine Einsamkeit tief empfand. Es wür<strong>de</strong> für ihn eine Freu<strong>de</strong> sein, Timotheus noch einmal<br />

bei sich zu haben, bevor er zu seinem Herrn gehen wür<strong>de</strong>.<br />

Als Paulus auf <strong>de</strong>r ersten Reise nach Rom war – ebenfalls als Gefangener –, kamen ihm<br />

Brü<strong>de</strong>r entgegen. Als Paulus sie sah, „dankte er Gott und fasste Mut“ (Apg 28,15). Wir<br />

lernen, welch eine positive Wirkung von <strong>de</strong>r Gegenwart eines Bru<strong>de</strong>rs o<strong>de</strong>r einer Schwester<br />

ausgehen kann, wenn sich jemand in misslichen Umstän<strong>de</strong>n befin<strong>de</strong>t.<br />

Das reine Gewissen <strong>de</strong>s Paulus<br />

Der Zwischensatz in Vers 3 ist nicht ganz einfach zu verstehen. Paulus spricht hier<br />

offensichtlich von <strong>de</strong>r Zeit vor seiner Bekehrung und sagt, dass er Gott von seinen Voreltern<br />

her mit reinem Gewissen gedient hatte. In seiner Verteidigungsre<strong>de</strong> in Jerusalem vor <strong>de</strong>m<br />

Volk hatte Paulus gesagt: „Ich bin ein jüdischer Mann, geboren in Tarsus in Zilizien; aber<br />

auferzogen in dieser Stadt, zu <strong>de</strong>n Füßen Gamaliels, unterwiesen nach <strong>de</strong>r Strenge <strong>de</strong>s<br />

väterlichen Gesetzes, war ich, wie ihr alle heute seid, ein Eiferer für Gott“ (Apg 22,3).<br />

Das wirft ein wenig Licht auf diese Aussage in unserem Vers. Wir könnten es vielleicht<br />

so erklären, dass Paulus hier seine eigene Beurteilung <strong>de</strong>r Sache abgibt – so wie er es<br />

empfun<strong>de</strong>n hatte. Gott sah das, was Paulus tat, natürlich nicht für richtig an. Paulus selbst<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 18


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

verurteilt es an an<strong>de</strong>rer Stelle <strong>de</strong>utlich. Aber was er tat, tat er – aus seiner damaligen<br />

Sicht – mit einem reinen Gewissen. Er war sich keiner Schuld bewusst – was ihn aber nicht<br />

unschuldig machte. Er glaubte aufgrund seiner Ausbildung und Zurüstung tatsächlich, Gott<br />

einen Dienst zu erweisen, in<strong>de</strong>m er die Gläubigen verfolgte.<br />

Gott hat je<strong>de</strong>m Menschen ein Gewissen gegeben. Dafür sollten wir Ihm dankbar sein. Wir<br />

lernen allerdings, dass unser Gewissen allein kein geeigneter Maßstab ist. Es gleicht eine<br />

Waage, die geeicht sein muss, damit man etwas mit ihr anfangen kann. So müssen wir<br />

unser Gewissen am Wort Gottes ausrichten. Das Gewissen kann we<strong>de</strong>r die ein<strong>de</strong>utigen<br />

Aussagen <strong>de</strong>r Bibel noch die Leitung durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist ersetzen. Wir tun gut daran,<br />

<strong>de</strong>m Beispiel von Paulus zu folgen, <strong>de</strong>r sich, nach<strong>de</strong>m er gläubig gewor<strong>de</strong>n war, bemühte,<br />

„ein Gewissen ohne Anstoß zu haben vor Gott und <strong>de</strong>n Menschen“ (Apg 24,16). Das Neue<br />

Testament spricht vom „guten“ und „bösen“ Gewissen, vom „reinen“ und vom „schwachen“<br />

Gewissen. Das Gewissen ist in <strong>de</strong>r Tat das innere Überwachungs- und Steuerungsinstrument<br />

im Menschen, das die Fähigkeit <strong>de</strong>r Unterscheidung hat (Heb 10,2; Röm 2,15; 9,1; 2. Kor 1,12).<br />

Ohne das Wort Gottes und ohne <strong>de</strong>n Heiligen Geist kann es uns trotz<strong>de</strong>m in die Irre führen.<br />

Wir fragen uns, warum Paulus diesen Tatbestand gera<strong>de</strong> an dieser Stelle erwähnt. Eine<br />

mögliche Erklärung ist, dass er Timotheus daran erinnern will, dass dieser ihm etwas voraus<br />

hatte. Timotheus war an<strong>de</strong>rs erzogen wor<strong>de</strong>n als Paulus. Seine eigene Erziehung – selbst<br />

wenn sie von seinen Eltern gut gemeint war – hatte ihn auf einen falschen Weg geführt.<br />

Timotheus hingegen hatte eine Mutter und eine Großmutter, die ihm echten Glauben<br />

vorgelebt hatten. Davon spricht Paulus in Vers 5. Dieser ungeheuchelte Glaube war mehr<br />

wert als das reine Gewissen, das die Eltern von Paulus ihrem Sohn mitgegeben hatten.<br />

„In<strong>de</strong>m ich <strong>de</strong>n ungeheuchelten Glauben in dir in Erinnerung habe, <strong>de</strong>r zuerst in <strong>de</strong>iner<br />

Großmutter Lois und <strong>de</strong>iner Mutter Eunike wohnte, ich bin aber überzeugt, auch in dir“<br />

(Vers 5).<br />

Ungeheuchelter Glaube<br />

Paulus erinnerte sich nicht nur an seine eigenen Voreltern. Er hatte ebenso eine Erinnerung –<br />

und zwar eine gute – an die Mutter und die Großmutter von Timotheus. In drei<br />

Generationen fand er ungeheuchelten Glauben. Dabei ist klar, dass es hier nicht um <strong>de</strong>n<br />

jüdischen, son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>n christlichen Glauben geht. Timotheus Mutter war zwar Jüdin<br />

(Apg 16,1), aber sie war gläubig gewor<strong>de</strong>n. Sie glaubte also an <strong>de</strong>n Herrn Jesus. Dieser<br />

ungeheuchelte Glaube war nicht einfach da, son<strong>de</strong>rn Paulus war überzeugt, dass er in<br />

diesen drei Personen wohnte, d. h. er hatte dort einen festen Platz, ein „Zuhause“.<br />

Der Glaube verbin<strong>de</strong>t uns mit Gott. Er ist nicht nur die Hand, die das Heil ergreift, das<br />

Gott uns in Christus anbietet. Er ist gleichzeitig die Hand, die uns als Gläubige in ständiger<br />

Verbindung mit <strong>de</strong>m Himmel hält. Nur durch <strong>de</strong>n Glauben sind wir in <strong>de</strong>r Lage, <strong>de</strong>n Segen<br />

zu genießen, <strong>de</strong>n Gott uns gibt, um als himmlische Menschen auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> zu leben. Deshalb<br />

soll dieser Glaube wachsen (2. Thes 1,3). Es ist nicht damit getan, einmal geglaubt zu haben.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 19


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Durch <strong>de</strong>n Glauben bleiben wir in dieser ständigen Beziehung nach oben. Dieser Glaube<br />

war bei Timotheus, bei seiner Mutter und bei seiner Großmutter vorhan<strong>de</strong>n.<br />

Dann wird <strong>de</strong>r Charakter ihres Glaubens vorgestellt. Er war ungeheuchelt. Das Gegenteil<br />

ist ein geheuchelter Glaube. Das Wort für „heucheln“ wur<strong>de</strong> zum Beispiel für griechische<br />

Schauspieler gebraucht, die auf <strong>de</strong>r Bühne etwas vorspielten, was nicht <strong>de</strong>n Tatsachen<br />

und <strong>de</strong>m eigenen Charakter <strong>de</strong>r Person entsprach. Solche Schauspieler gaben vor, jemand<br />

an<strong>de</strong>res zu sein, als sie in Wirklichkeit waren. Das ist eine Falschheit, die bei Timotheus<br />

und seinen weiblichen Vorfahren nicht gefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.<br />

An uns geht ebenfalls die Auffor<strong>de</strong>rung, einen „echten“ und „ungeheuchelten“ Glauben zu<br />

haben. Wir sollen in unserem Denken, Re<strong>de</strong>n und Han<strong>de</strong>ln echt, aufrichtig und transparent<br />

sein. Je<strong>de</strong> geistliche Schauspielerei gehört sich für einen Christen nicht. Wir sollen keine<br />

Maske tragen.<br />

Paulus hatte im ersten Brief an Timotheus von Personen geschrieben, die vom Glauben<br />

abgefallen waren. Er hatte Menschen erwähnt, die in Bezug auf <strong>de</strong>n Glauben Schiffbruch<br />

erlitten hatten. Später spricht er von Menschen, die <strong>de</strong>n Glauben an<strong>de</strong>rer zerstörten. Wie<br />

muss es ihn da gefreut haben, hier echten und ursprünglichen Glauben zu fin<strong>de</strong>n.<br />

Das Neue Testament spricht in 1. Timotheus 1,5 noch einmal vom ungeheuchelten Glauben.<br />

Darüber hinaus lesen wir von <strong>de</strong>r ungeheuchelten Liebe (Röm 12,9; 2. Kor 6,6), von <strong>de</strong>r<br />

ungeheuchelten Bru<strong>de</strong>rliebe (1. Pet 1,22) und von <strong>de</strong>r ungeheuchelten Weisheit (Jak 3,17).<br />

Die Familie <strong>de</strong>s Timotheus<br />

Glaube ist etwas ganz Persönliches. Glaube kann nicht vererbt wer<strong>de</strong>n. Dennoch ist es<br />

<strong>de</strong>r erklärte Wille Gottes, dass <strong>de</strong>r Glaube nicht bei einem Einzelnen bleibt, son<strong>de</strong>rn<br />

in <strong>de</strong>r Familie entwickelt wird. Das nimmt nichts von <strong>de</strong>r persönlichen Verantwortung<br />

weg. Der Gedanke Gottes ist immer „du und <strong>de</strong>in Haus“. In <strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>s Timotheus –<br />

zumin<strong>de</strong>st bei <strong>de</strong>n Frauen – hatte sich ein gutes geistliches Klima entwickelt. Die Mutter<br />

von Timotheus hatte das Beispiel ihrer eigenen Mutter vor sich, und Timotheus hatte gleich<br />

zwei Vorbil<strong>de</strong>r, von <strong>de</strong>nen er lernen konnte. Der Vater wird bezeichnen<strong>de</strong>rweise nicht<br />

erwähnt. In Apostelgeschichte 16,1 wird lediglich gesagt, dass Timotheus <strong>de</strong>r Sohn einer<br />

jüdischen gläubigen Frau war und dass er einen griechischen Vater hatte. Wir können<br />

daraus eventuell die Schlussfolgerung ziehen, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht errettet<br />

war.<br />

Es ist in <strong>de</strong>r Übertragung auf uns eine Herausfor<strong>de</strong>rung, ein gesun<strong>de</strong>s geistliches Klima in<br />

unseren Familien zu entwickeln. Kin<strong>de</strong>r beobachten ihre Eltern. Sie merken sehr schnell, ob<br />

<strong>de</strong>r Glaube echt o<strong>de</strong>r geheuchelt ist. Es ist wichtig, dass wir von unserem Glauben re<strong>de</strong>n.<br />

Es ist noch wichtiger, unseren Glauben zu leben. Bei<strong>de</strong>s hat seinen Platz. Das „Vorleben“<br />

haben wir hier. Später, in Kapitel 3,5, spricht Paulus von <strong>de</strong>m, was in <strong>de</strong>r Familie <strong>de</strong>s<br />

Timotheus „gere<strong>de</strong>t“ wur<strong>de</strong>. Timotheus kannte von Kind auf die Heiligen Schriften. Wie<br />

war das möglich? In<strong>de</strong>m sie zu Hause gelesen wur<strong>de</strong>n und Timotheus sie hören konnte.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

„Aus diesem Grund erinnere ich dich daran, die Gna<strong>de</strong>ngabe Gottes anzufachen, die in<br />

dir ist durch das Auflegen meiner Hän<strong>de</strong>“ (Vers 6).<br />

Die Gna<strong>de</strong>ngabe <strong>de</strong>s Timotheus<br />

Paulus kommt jetzt mit einem ersten Appell zu Timotheus. Er hatte diesen Appell durch<br />

das, was er einleitend gesagt hatte, gut vorbereitet. Deshalb sagt er: „Aus diesem Grund. . . “.<br />

Auch trägt er sein Anliegen in einer sehr mil<strong>de</strong>n Form vor. Es ist eine Erinnerung, die<br />

zwar <strong>de</strong>n Charakter einer Ermahnung trägt, dabei jedoch gleichzeitig eine Ermunterung für<br />

Timotheus war.<br />

Timotheus hatte eine beson<strong>de</strong>re Gna<strong>de</strong>ngabe von Gott empfangen. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich<br />

nicht – wie manchmal gesagt wird – um <strong>de</strong>n Heiligen Geist, son<strong>de</strong>rn es war ein ganz<br />

bestimmter Auftrag zum Dienst. Timotheus war wohl in erster Linie Evangelist (Kap 4,5).<br />

Gleichzeitig hatte er einen Dienst als Hirte und Lehrer im Volk Gottes. Diese Gna<strong>de</strong>ngabe<br />

sollte er anfachen.<br />

Von <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>ngabe <strong>de</strong>s Timotheus wer<strong>de</strong>n zwei Dinge gesagt: erstens, dass sie von Gott<br />

kommt; zweitens, dass sie durch das Auflegen <strong>de</strong>r Hän<strong>de</strong> von Paulus vermittelt wur<strong>de</strong>. Die<br />

erste Aussage gilt für je<strong>de</strong> Gna<strong>de</strong>ngabe. Die zweite Aussage bil<strong>de</strong>t eine Ausnahme. Wir<br />

fin<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Briefen an Timotheus mehrmals einen Hinweis auf seine Gna<strong>de</strong>ngabe.<br />

Nur wenn wir diese Hinweise zusammen betrachten, ergibt sich ein vollständiges und damit<br />

richtiges Bild:<br />

1. Der Ursprung <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>ngabe <strong>de</strong>s Timotheus ist ohne je<strong>de</strong> Frage Gott. Sie wird<br />

in unserem Vers zweifelsfrei „Gna<strong>de</strong>ngabe Gottes“ genannt, was auf <strong>de</strong>n Ursprung<br />

hinweist.<br />

2. 1. Timotheus 1, 18 und 4, 14 machen <strong>de</strong>utlich, dass es spezielle Weissagungen über<br />

seine Gna<strong>de</strong>ngabe gegeben hat. Wem diese Weissagungen gegeben waren und wer<br />

sie ausgesprochen hat, wird nicht gesagt. Timotheus wird es sicher im Nachhinein<br />

gewusst haben.<br />

3. Vermittelt wur<strong>de</strong> die Gna<strong>de</strong>ngabe offensichtlich durch Paulus. Er hatte Timotheus<br />

die Hän<strong>de</strong> aufgelegt, d. h. er hatte sich mit ihm eins gemacht. Paulus war also das<br />

Instrument, durch das die Gna<strong>de</strong>ngabe in Timotheus tatsächlich wirksam wur<strong>de</strong>. Ihr<br />

Ursprung jedoch bleibt selbstverständlich Gott.<br />

4. Die Ältesten seiner Heimatversammlung hatten sich mit ihm einsgemacht. Wir lesen<br />

in 1. Timotheus 4,14: „mit Auflegen <strong>de</strong>r Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ältestenschaft“. Das war ein<br />

Ausdruck <strong>de</strong>r Gemeinschaft. Sie erkannten die Gna<strong>de</strong>ngabe Gottes in Timotheus an<br />

und freuten sich darüber.<br />

Exkurs: Gna<strong>de</strong>ngaben heute<br />

Das Thema <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>ngaben ist ein aktuelles Thema, das viele Christen beschäftigt. Deshalb<br />

dazu einige Gedanken:<br />

Das griechische Wort für „Gna<strong>de</strong>ngabe“ ist von <strong>de</strong>m Wort für „Gna<strong>de</strong>“ abgeleitet und<br />

be<strong>de</strong>utet so viel wie eine „wohlwollend gespen<strong>de</strong>te Gabe“, ein „Gna<strong>de</strong>ngeschenk“. An<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 21


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

<strong>de</strong>n meisten Stellen im Neuen Testament wird damit eine von Gott geschenkte Aufgabe<br />

zum Dienst bezeichnet. Die Bedürfnisse <strong>de</strong>r einzelnen Glie<strong>de</strong>r am Leib Christi sind ganz<br />

unterschiedlich. Deshalb hat Gott verschie<strong>de</strong>ne Gna<strong>de</strong>ngaben gegeben. Eine Gna<strong>de</strong>ngabe<br />

sollten wir nicht mit einer natürlichen Befähigung verwechseln. Natürliche Fähigkeiten<br />

sind durchaus eine Gabe Gottes, jedoch keine Gna<strong>de</strong>ngabe im eigentlichen Sinn. Auch<br />

ungläubige Menschen haben selbstverständlich von ihrem Schöpfer natürliche Fähigkeiten<br />

bekommen.<br />

Eine Hilfestellung dazu gibt uns Matthäus 25,14.15. Dort spricht <strong>de</strong>r Herr Jesus von <strong>de</strong>n<br />

Talenten, die Er seinen Dienern anvertraut hatte. Diese unterschiedlichen Talente könnte<br />

man ebenfalls eine Aufgabe zum Dienst nennen und mit einer Gna<strong>de</strong>ngabe vergleichen.<br />

Diese Talente wer<strong>de</strong>n je nach eigener Fähigkeit gegeben. Die eigene Fähigkeit können wir<br />

mit <strong>de</strong>n natürlichen Befähigungen vergleichen, die Gott als Schöpfer uns gegeben hat (zum<br />

Beispiel die Fähigkeit, mit Kin<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r alten Leuten umzugehen, Sprach- und Re<strong>de</strong>fähigkeit<br />

usw.). Die natürliche Fähigkeit eines Christen ist sozusagen das Gefäß, in das Gott eine<br />

Gna<strong>de</strong>ngabe hineinlegt. Wer zum Beispiel nicht re<strong>de</strong>n kann, <strong>de</strong>m wird Gott kaum die Gabe<br />

<strong>de</strong>s Lehrens geben. Wer nicht mit Menschen umgehen kann, wird kaum die Gabe eines<br />

Hirten bekommen.<br />

In <strong>de</strong>r Christenheit hat man heute kaum mehr eine biblisch fundierte Kenntnis über die<br />

Gna<strong>de</strong>ngaben. Der Grund dafür liegt u.a. darin, dass in vielen Kirchen und Gemein<strong>de</strong>n<br />

offizielle Amtsträger eingestellt wor<strong>de</strong>n sind, die die unterschiedlichen Dienste übernehmen<br />

sollen. Selbst da, wo man die Freiheit <strong>de</strong>s Geistes im Dienst kennt, hat man oft eine<br />

eingeschränkte Sichtweise <strong>de</strong>r von Gott gegebenen Gna<strong>de</strong>ngaben. Es wäre falsch, hierbei<br />

nur an Hirten, Lehrer und Evangelisten zu <strong>de</strong>nken. Es ist wohl wahr, dass diese drei<br />

Gna<strong>de</strong>ngaben in Epheser 4 genannt wer<strong>de</strong>n. Man muss allerdings erstens be<strong>de</strong>nken, dass<br />

in Epheser 4 für „Gabe“ ein an<strong>de</strong>res Wort als für „Gna<strong>de</strong>ngabe“ benutzt wird. Zweitens<br />

ist es wichtig zu beachten, dass es in Epheser 4 die Personen selbst sind, die <strong>de</strong>r erhöhte<br />

Herr <strong>de</strong>r Versammlung als „Gabe“ gegeben hat. Das Ziel wird dabei wie folgt angegeben:<br />

„zur Vollendung <strong>de</strong>r Heiligen, für das Werk <strong>de</strong>s Dienstes, für die Auferbauung <strong>de</strong>s Leibes<br />

<strong>de</strong>s Christus“, und zwar „bis wir alle hingelangen zu <strong>de</strong>r Einheit <strong>de</strong>s Glaubens und <strong>de</strong>r<br />

Erkenntnis <strong>de</strong>s Sohnes Gottes, zu <strong>de</strong>m erwachsenen Mann“ (Eph 4,12.13).<br />

Wenn wir ein richtiges Bild über die Verschie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>ngaben haben wollen,<br />

müssen wir Römer 12 und 1. Korinther 12 lesen. Dort sehen wir die Vielfalt <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>ngaben<br />

in unterschiedlichen Bereichen. An bei<strong>de</strong>n Stellen wird die Versammlung als ein Leib<br />

gesehen, <strong>de</strong>r aus vielen Glie<strong>de</strong>rn besteht. Wie an unserem menschlichen Körper je<strong>de</strong>s Glied<br />

seinen eigenen Platz und seine beson<strong>de</strong>re Funktion hat, so ist es in <strong>de</strong>m (geistlichen) Leib<br />

Christi nicht an<strong>de</strong>rs. Bei<strong>de</strong> Texte nennen eine Vielzahl von verschie<strong>de</strong>nen Gna<strong>de</strong>ngaben,<br />

wobei die Aufstellung immer nur beispielhaft und nicht vollständig ist. In Römer 12<br />

wer<strong>de</strong>n zum Beispiel sieben Gna<strong>de</strong>ngaben ausdrücklich genannt: Weissagung, Dienst,<br />

Lehre, Ermahnung, Geben, Vorstehen, Ausüben von Barmherzigkeit.<br />

Bis heute gibt es von Gott gegebene Gna<strong>de</strong>naufgaben. Sie sind notwendig, damit das<br />

christliche Zeugnis weiter ausgebreitet wird und aufrechterhalten bleiben kann. Wenn wir<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

die verschie<strong>de</strong>nen Abschnitte, in <strong>de</strong>nen von Gna<strong>de</strong>ngaben die Re<strong>de</strong> ist, (beson<strong>de</strong>rs Römer 12<br />

und 1. Korinther 12), im Zusammenhang besehen, dann könnten wir die Belehrung über<br />

dieses Thema kurz wie folgt zusammenfassen:<br />

1. Der Ursprung einer Gna<strong>de</strong>ngabe ist immer Gott. Deshalb ist es keine menschliche<br />

Gna<strong>de</strong>ngabe, son<strong>de</strong>rn eine Gna<strong>de</strong>ngabe Gottes (2. Tim 1,6).<br />

2. Der Geber ist <strong>de</strong>r verherrlichte Herr im Himmel. Er sorgt vom Himmel aus dafür, dass<br />

für je<strong>de</strong> Aufgabe die notwendige Gna<strong>de</strong>ngabe vorhan<strong>de</strong>n ist (Epheser 4,8).<br />

3. Die Kraft zur Ausübung ist <strong>de</strong>r Heilige Geist. Ohne seine Kraft ist es nicht möglich,<br />

eine Gna<strong>de</strong>ngabe richtig auszuüben (Röm 15,19).<br />

4. Die Gna<strong>de</strong>ngaben wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>s Heiligen Geistes ausgeübt. Der Heilige<br />

Geist gibt nicht nur die Kraft, eine Gna<strong>de</strong>ngabe zu praktizieren, son<strong>de</strong>rn Er leitet uns<br />

in <strong>de</strong>r tatsächlichen Ausübung (1. Korinther 12,11).<br />

5. Es sind verschie<strong>de</strong>ne Gna<strong>de</strong>ngaben, die <strong>de</strong>r Herr gibt. Niemand könnte von sich<br />

behaupten, alle Gna<strong>de</strong>ngaben in sich zu vereinen. Die Folge ist, dass wir einan<strong>de</strong>r<br />

nötig haben (1. Korinther 12,4.21).<br />

6. Es gibt niemand im Volk Gottes, <strong>de</strong>r nicht eine Gna<strong>de</strong>ngabe empfangen hätte. Daraus<br />

folgt, dass je<strong>de</strong>r an seinem Platz gebraucht wird (1. Petrus 4,10).<br />

7. Der Besitz einer Gna<strong>de</strong>ngabe ist einerseits ein großer Segen. Er zieht an<strong>de</strong>rerseits die<br />

Verantwortung nach sich, sie richtig und angemessen zum Nutzen an<strong>de</strong>rer und zur<br />

Ehre <strong>de</strong>s Herrn auszuüben (1. Petrus 4,10).<br />

Die Gna<strong>de</strong>ngabe anfachen<br />

Timotheus wird nun aufgefor<strong>de</strong>rt, die Gna<strong>de</strong>ngabe anzufachen, die in ihm war. Das Wort<br />

„anfachen“ wird im Neuen Testament nur an dieser Stelle verwen<strong>de</strong>t. Das Bild ist gut<br />

verständlich: Es geht um ein Feuer, das man wie<strong>de</strong>r anfacht, wenn es auszugehen droht.<br />

Die Glut soll wie<strong>de</strong>r entflammt wer<strong>de</strong>n bzw. das Feuer soll brennend erhalten wer<strong>de</strong>n.<br />

Die benutzte Zeitform weist darauf hin, dass es nicht um eine einmalige, son<strong>de</strong>rn um<br />

eine beständige Handlung geht. Deshalb verstehen wir diesen Hinweis von Paulus mehr<br />

vorbeugend als korrigierend. Gaben wer<strong>de</strong>n durch ständige Benutzung aktiviert bzw.<br />

aktiv gehalten. Bei Nichtgebrauch gehen sie zwar nicht verloren, verlieren allerdings ihre<br />

Wirkung.<br />

In 1. Timotheus 4,14 hatte Paulus bereits einen ähnlichen Hinweis gegeben. Dort wird<br />

Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt, die Gna<strong>de</strong>ngabe nicht zu vernachlässigen. Eine Gna<strong>de</strong>ngabe wird<br />

dann vernachlässigt, wenn sie nicht aktiv eingesetzt wird. Hier drückt Paulus sich positiv<br />

aus: Er sollte die Gna<strong>de</strong>ngabe anfachen. In <strong>de</strong>r konkreten Situation, in <strong>de</strong>r er sich befand,<br />

hatte Timotheus diesen Hinweis nötig. Zum einen war Timotheus wahrscheinlich durch eine<br />

natürliche Zurückhaltung und Demut geprägt. Diese an und für sich positiven Eigenschaften<br />

konnten ihn daran hin<strong>de</strong>rn, seine Gna<strong>de</strong>ngabe mit Mut und Elan auszuüben. Dazu kamen<br />

die nicht einfachen äußeren Umstän<strong>de</strong>. Unter <strong>de</strong>n Gläubigen war sicher bekannt, dass er<br />

treu zu Paulus stand. Insofern wird man ihn als Freund von Paulus unter Umstän<strong>de</strong>n eher<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 23


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

kritisch betrachtet haben. In seiner Arbeit als Evangelist konnte er leicht mutlos wer<strong>de</strong>n, da<br />

es durchaus gefährlich war, sich öffentlich auf die Seite <strong>de</strong>r Christen zu stellen.<br />

„Denn Gott hat uns nicht einen Geist <strong>de</strong>r Furchtsamkeit gegeben, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Kraft und<br />

<strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>r Besonnenheit“ (Vers 7).<br />

Der Geist <strong>de</strong>r Kraft, <strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>r Besonnenheit<br />

Paulus spricht jetzt nicht länger nur von Timotheus, son<strong>de</strong>rn er schließt sich mit ein.<br />

„Gott hat uns nicht einen Geist <strong>de</strong>r Furchtsamkeit gegeben.“ Das gilt für je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r eine<br />

Gna<strong>de</strong>ngabe bekommen hat. Wenn Gott eine Gna<strong>de</strong>ngabe gibt, dann gibt Er ohne Zweifel<br />

gleichzeitig die Befähigung, sie auszuüben.<br />

Es stellt sich die Frage, ob mit „Geist“ <strong>de</strong>r Heilige Geist o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>s Menschen gemeint<br />

ist. Das für „Geist“ benutzte griechische Wort wird sowohl für <strong>de</strong>n Heiligen Geist als auch<br />

für <strong>de</strong>n menschlichen Geist gebraucht. Hier steht es ohne Artikel, was ein Hinweis darauf<br />

sein mag, dass es sich nicht um <strong>de</strong>n Heiligen Geist, son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>n menschlichen Geist<br />

han<strong>de</strong>lt, genauer gesagt um die Geisteshaltung <strong>de</strong>s Christen, die natürlich wie<strong>de</strong>rum nur<br />

durch die Wirksamkeit <strong>de</strong>s Heiligen Geistes hervorgerufen wird. Insofern ist eine Trennung<br />

nicht ganz einfach.<br />

Furchtsamkeit meint Feigheit. Es ist das Gegenteil von Entschlossenheit und Beherztheit.<br />

Timotheus benötigte geistliche Entschie<strong>de</strong>nheit, um in einer schweren Zeit das Evangelium<br />

zu predigen und für die Wahrheit einzustehen. Gleiches gilt für uns heute. Doch die<br />

Hilfsquellen sind da. Gott hat uns einen Geist <strong>de</strong>r Kraft, <strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>r Besonnenheit<br />

gegeben. Das sind keine natürlichen Qualitäten <strong>de</strong>s Menschen, son<strong>de</strong>rn eine innere Haltung,<br />

die Er durch seinen Geist in uns schafft.<br />

• Kraft: Wir sahen, dass Gott nicht nur die Gna<strong>de</strong>ngabe gibt, son<strong>de</strong>rn gleichzeitig die<br />

nötige Kraft, um sie auszuüben. Wir brauchen sowohl moralische als auch vor allem<br />

geistliche Kraft. Diese können wir nur in <strong>de</strong>r Akzeptanz unserer eigenen Schwachheit<br />

bekommen. Paulus hatte das selbst erfahren. Ihm wur<strong>de</strong> gesagt, dass die Kraft <strong>de</strong>s<br />

Herrn in Schwachheit vollbracht wird. Nach<strong>de</strong>m Paulus das gelernt hatte, sagte er<br />

selbst: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2. Kor 12,10). Die Kraft, die wir<br />

haben, ist nicht unsere eigene Kraft. Es ist die Kraft <strong>de</strong>s Heiligen Geistes (vgl. Apg 1,8).<br />

• Liebe: Die Liebe muss das Motiv zur Ausübung je<strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>ngabe sein. Es ist zuerst<br />

die Liebe zu Gott, <strong>de</strong>m Geber <strong>de</strong>r Gabe. Es ist dann zweitens die Liebe zu unseren<br />

Mitgeschwistern, und darüber hinaus die Liebe zu allen Menschen. Es soll die Liebe <strong>de</strong>s<br />

Christus sein, die uns drängt. Kraft allein kann egoistisch und emotionslos ausgeübt<br />

wer<strong>de</strong>n. Deshalb gehört Liebe unbedingt dazu.<br />

• Besonnenheit: Besonnenheit meint „Selbstbeherrschung“, „Nüchternheit“, „gesun<strong>de</strong>r<br />

Sinn“. Zur Kraft und Liebe kommt diese dritte Eigenschaft hinzu. Kraft und Liebe<br />

allein können <strong>de</strong>n Diener schwärmerisch und unnüchtern machen. Die Besonnenheit<br />

benutzt <strong>de</strong>n Verstand, <strong>de</strong>n Gott uns gegeben hat. Kein Christ wird dazu aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />

<strong>de</strong>n Verstand ausschalten. Wir sollen uns zwar nicht auf unseren Verstand stützen,<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

ihn jedoch sehr wohl einsetzen. Wir sollen am Verstand Erwachsene (Vollkommene)<br />

wer<strong>de</strong>n (1. Kor 14,20). Es ist bemerkenswert, wie häufig im Buch <strong>de</strong>r Sprüche über<br />

<strong>de</strong>n Verstand gesprochen wird. Es ist wie<strong>de</strong>rum die Gna<strong>de</strong>, die uns zur Besonnenheit<br />

unterweist (Tit 2,12).<br />

Man kann von diesem Vers aus eine gewisse Parallele zu 1. Korinther 12 – 14 ziehen. In<br />

diesen drei Kapiteln wird das Thema <strong>de</strong>r geistlichen Gna<strong>de</strong>ngaben ausführlich behan<strong>de</strong>lt.<br />

In Kapitel 12 geht es um <strong>de</strong>n Geist <strong>de</strong>r Kraft, d. h. um die Kraft, in <strong>de</strong>r die Gaben ausgeübt<br />

wer<strong>de</strong>n. Kapitel 13 spricht von <strong>de</strong>r Liebe, <strong>de</strong>m wahren Motiv. Kapitel 14 zeigt uns <strong>de</strong>n Geist<br />

<strong>de</strong>r Besonnenheit, <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Ausübung <strong>de</strong>r Gaben nicht fehlen darf.<br />

„So schäme dich nun nicht <strong>de</strong>s Zeugnisses unseres Herrn noch meiner, seines Gefangenen,<br />

son<strong>de</strong>rn lei<strong>de</strong> Trübsal mit <strong>de</strong>m Evangelium, nach <strong>de</strong>r Kraft Gottes (Vers 8).<br />

Schäme dich nicht<br />

Timotheus stand aufgrund seines Umfel<strong>de</strong>s in einer gewissen Gefahr, sich zu schämen.<br />

Die benutzte Zeitform macht klar, dass es sich um eine vorbeugen<strong>de</strong> Warnung han<strong>de</strong>lt.<br />

Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Timotheus sich bereits geschämt hatte. Er stand<br />

möglicherweise in einer bestimmten Gefahr, <strong>de</strong>r Paulus vorbeugen wollte. Deshalb hatte<br />

er in Vers 7 von <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>r Kraft, <strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>r Besonnenheit gesprochen. Die<br />

angesprochene Gefahr gilt für uns ebenso. In Segenszeiten fällt es nicht so schwer, stark<br />

zu sein und sich zu <strong>de</strong>m Herrn zu bekennen. Wenn <strong>de</strong>r Wind uns allerdings entgegenbläst<br />

und wir zum Beispiel in ungläubiger Umgebung auf uns allein gestellt sind, mag es schnell<br />

an<strong>de</strong>rs aussehen.<br />

Als mögliche Ursache für die Scham <strong>de</strong>s Timotheus nennt Paulus zwei Grün<strong>de</strong>: erstens das<br />

Zeugnis <strong>de</strong>s Herrn und zweitens sich selbst, <strong>de</strong>n Gefangenen <strong>de</strong>s Herrn.<br />

Das „Zeugnis <strong>de</strong>s Herrn“ kann man auf zweierlei Weise verstehen: Zum einen kann es sich<br />

um das Zeugnis han<strong>de</strong>ln, das <strong>de</strong>r Herr uns gegeben hat. Dann ist die christliche Lehre, das<br />

Glaubensgut, gemeint, das wir predigen und weitergeben. Da es hier mit <strong>de</strong>m Evangelium<br />

verbun<strong>de</strong>n wird, geht es wohl konkret um die uns anvertraute Botschaft <strong>de</strong>s Heils in<br />

Christus. Zum an<strong>de</strong>ren kann man an das Zeugnis <strong>de</strong>nken, das wir von unserem Herrn und<br />

über Ihn ablegen. Bei<strong>de</strong> Seiten sind eigentlich nicht zu trennen. Sowohl das Evangelium <strong>de</strong>r<br />

Gna<strong>de</strong> als auch die christliche Glaubenswahrheit sind untrennbar mit <strong>de</strong>r Person unseres<br />

Herrn verbun<strong>de</strong>n.<br />

Paulus war ein Gefangener Roms. Dennoch bezeichnet er sich hier – wie an an<strong>de</strong>ren<br />

Stellen – nicht so. Er nennt sich ein Gefangener <strong>de</strong>s Herrn. Sich zu diesem Gefangenen zu<br />

bekennen, konnte für Timotheus unangenehme Folgen haben. Einmal hatten alle Gläubigen,<br />

die in Asien waren, sich von Paulus abgewandt, dann aber auch war er ja gera<strong>de</strong> aufgrund<br />

seines Glaubens ein Gefangener in Rom.<br />

Paulus selbst war ein Vorbild für Timotheus. In Römer 1,16 schreibt er, dass er sich <strong>de</strong>s<br />

Evangeliums nicht schämte. In Vers 12 unseres Kapitels wie<strong>de</strong>rholt er diese Aussage.<br />

Onesiphorus war ebenfalls ein positives Beispiel (Kap 1,16), und in Kapitel 2,15 wird<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 25


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Timotheus gesagt, dass er sich befleißigen sollte, sich als ein Arbeiter Gott bewährt<br />

darzustellen, <strong>de</strong>r sich nicht zu schämen brauchte.<br />

Lei<strong>de</strong> Trübsal<br />

Timotheus wird dann aufgefor<strong>de</strong>rt, mit <strong>de</strong>m Evangelium Trübsal zu lei<strong>de</strong>n. Der Kontrast<br />

ist auffällig. Sich nicht zu schämen wird <strong>de</strong>m „Trübsal lei<strong>de</strong>n“ gegenübergestellt. Dreimal<br />

spricht Paulus in diesem Brief davon. In Kapitel 2,3 wird Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt, als ein<br />

guter Streiter Christi Jesu an <strong>de</strong>n Trübsalen teilzunehmen. In Kapitel 4,5 wird gesagt: „Lei<strong>de</strong><br />

Trübsal, tu das Werk eines Evangelisten, vollführe <strong>de</strong>inen Dienst.“<br />

Wir alle nehmen gern an <strong>de</strong>m Segen <strong>de</strong>s Evangeliums teil – und das sollen wir auch. Unser<br />

Herr erwartet dabei gleichzeitig, dass wir bereit sind, mit <strong>de</strong>m Evangelium zu lei<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>m<br />

Evangelium zu kämpfen, kann in <strong>de</strong>r Tat Trübsal und Unannehmlichkeiten mit sich bringen.<br />

Es geht im Evangelium ohnehin nicht primär um <strong>de</strong>n äußerlichen Erfolg. Wir können nicht<br />

erwarten, dass die Menschen begeistert sind und uns zustimmen. Wir sind dankbar, wenn<br />

Gott uns Frucht unserer Arbeit sehen lässt; das ist jedoch nicht <strong>de</strong>r Hauptgedanke. Von<br />

außen betrachtet war das Leben von Paulus durchaus nicht von bleiben<strong>de</strong>m Erfolg gekrönt.<br />

Er war im Gefängnis, und diejenigen, die er zum Herrn geführt hatte, wandten sich von ihm<br />

ab. Das Haus Gottes war zu einem großen Haus gewor<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m sich echte und unechte<br />

Bekenner aufhielten. War das ein Beweis für erfolgreiche Arbeit? Oberflächlich betrachtet<br />

nicht.<br />

Wir sehen nicht primär nach <strong>de</strong>n Ergebnissen. Wir wollen das festhalten, was <strong>de</strong>r Herr uns<br />

gegeben hat und die Predigt nicht aufgeben. Die Ergebnisse sehen wir nicht auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>,<br />

son<strong>de</strong>rn im Himmel. Da sehen wir, dass je<strong>de</strong>s Werk Gottes erfolgreich war. Hier auf <strong>de</strong>r<br />

Er<strong>de</strong> kann es sogar sein, dass wir Trübsal lei<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Es ist augenscheinlich, dass wir dazu ebenfalls Kraft nötig haben. Diese Kraft steht<br />

uns tatsächlich zur Verfügung. Wir lei<strong>de</strong>n Trübsal mit <strong>de</strong>m Evangelium (o<strong>de</strong>r für das<br />

Evangelium). Wir tun es „nach <strong>de</strong>r Kraft Gottes“.<br />

„Der uns errettet hat und berufen mit heiligem Ruf, nicht nach unseren Werken, son<strong>de</strong>rn<br />

nach seinem eigenen Vorsatz und <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten<br />

gegeben . . . ist“ (Vers 9).<br />

Ein Einschub<br />

Bevor Paulus in Vers 12 weiter über das Thema Scham und Trübsal spricht, gibt er in <strong>de</strong>n<br />

Versen 9–11 einen knappen Überblick über herrliche Tatsachen, die mit diesem Evangelium<br />

in Verbindung stehen. Man hat fast <strong>de</strong>n Eindruck, dass er Timotheus daran erinnern will,<br />

dass äußere Trübsal nur eine mögliche Begleiterscheinung dieses Evangeliums ist. Für <strong>de</strong>n<br />

Christen selbst eröffnet sich im Evangelium eine gewaltige Fülle an inneren Schönheiten<br />

und Segnungen, die Paulus hier nur mit knappen Worten an<strong>de</strong>utet.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Wenn wir einen Beweis für die Kraft Gottes suchen, dann fin<strong>de</strong>n wir ihn im Evangelium.<br />

Nirgends wird die Kraft Gottes so <strong>de</strong>utlich sichtbar wie hier. Das Evangelium ist „Gottes<br />

Kraft zum Heil je<strong>de</strong>m Glauben<strong>de</strong>n“ (Röm 1,16).<br />

Es ist Gott, <strong>de</strong>r uns sowohl berufen als auch errettet hat. Bei<strong>de</strong>s fin<strong>de</strong>n wir im Evangelium<br />

offenbart und vorgestellt. Das große Thema <strong>de</strong>s Evangeliums ist ja gera<strong>de</strong> das Heil (die<br />

Errettung) Gottes. Gott ist ein Heiland-Gott, <strong>de</strong>r alle retten will. Damit beginnt Paulus hier.<br />

Er zieht dann einen Bogen, <strong>de</strong>r über die Ewigkeit vor <strong>de</strong>r Zeit („vor ewigen Zeiten“) in die<br />

Gegenwart („jetzt aber offenbart wor<strong>de</strong>n ist“) hinein reicht und schließlich sogar in die<br />

Zukunft geht („an jenem Tag“ in Vers 12).<br />

Errettet und berufen<br />

Gott hat uns erstens errettet und zweitens berufen. Errettung und Berufung sind zwei<br />

Segnungen, die wir wohl unterschei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>s nicht voneinan<strong>de</strong>r trennen können.<br />

• Errettung ist mehr als die Vergebung <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>n – so groß und gewaltig das an<br />

sich schon ist. Als das Volk Israel unter <strong>de</strong>m Blut <strong>de</strong>s Passahlamms stand, waren<br />

sie von <strong>de</strong>m Gericht befreit, das die Ägypter traf. Damit waren sie allerdings noch<br />

nicht aus <strong>de</strong>m Machtbereich <strong>de</strong>s Pharaos gerettet. Das war erst <strong>de</strong>r Fall, als sie am<br />

an<strong>de</strong>ren Ufer <strong>de</strong>s Roten Meeres stan<strong>de</strong>n und das Lied <strong>de</strong>r Erlösung anstimmten. Die<br />

Befreiung von Strafe und Gericht ist eine Seite <strong>de</strong>s Evangeliums. Die Rettung aus<br />

<strong>de</strong>m Machtbereich Satans und die Befreiung von <strong>de</strong>m Zwang, sündigen zu müssen, ist<br />

eine an<strong>de</strong>re Seite. Bei<strong>de</strong>s besitzen wir durch das Werk <strong>de</strong>s Herrn Jesus am Kreuz. Das<br />

macht <strong>de</strong>r Römerbrief in seinem lehrmäßigen Teil (Kapitel 1–8) sehr klar.<br />

Wenn von Errettung die Re<strong>de</strong> ist, wird uns häufig gezeigt, wovon wir errettet sind und<br />

woher wir kamen. Wir sind gerettet aus <strong>de</strong>r Gewalt <strong>de</strong>r Finsternis (Kol 1,13). Wir wer<strong>de</strong>n<br />

gerettet von <strong>de</strong>m kommen<strong>de</strong>n Zorn (1. Thes 1,10). Wir sind gerettet aus <strong>de</strong>r Hand unserer<br />

Fein<strong>de</strong> (Lk 1,74). Wir sind gerettet von <strong>de</strong>m bösen und verkehrten Geschlecht (Apg 2,40).<br />

Diesen Blick zurück tun wir mit großer Dankbarkeit, weil wir wissen, in welch einer Gefahr<br />

wir alle stan<strong>de</strong>n.<br />

• Gott hat uns nicht nur gerettet. Er hat uns ebenfalls berufen – und zwar mit heiligem<br />

Ruf. Lässt uns die Errettung eher nach hinten sehen, so richtet sich <strong>de</strong>r Blick im<br />

Gedanken an unsere Berufung eher nach vorn. Wenn von Berufung die Re<strong>de</strong> ist, wird<br />

uns an manchen Stellen gezeigt, wozu wir berufen sind. Wir sind berufen zu seinem<br />

wun<strong>de</strong>rbaren Licht (1. Pet 2,9). Wir sind berufen, Segen zu erben (1. Pet 3,9). Wir<br />

sind zur Freiheit berufen (Gal 5,3). Wir sind zur Herrlichkeit berufen (1. Pet 5,10;<br />

2. Thes 2,14). Wir sind zum ewigen Leben berufen (1. Tim 6,12). Wenn es um das<br />

Ausmaß unserer Berufung geht, dann lernen wir in Epheser 1, dass wir zur Kindschaft<br />

und zur Sohnschaft berufen sind. Das alles ist dazu angetan, <strong>de</strong>n Diener Gottes in<br />

schwerer Zeit zu ermuntern. Es gibt in<strong>de</strong>ssen ebenfalls eine Berufung für diese Zeit.<br />

In Apostelgeschichte 13,2 lesen wir ausdrücklich, dass Barnabas und Paulus von <strong>de</strong>m<br />

Heiligen Geist zu einem beson<strong>de</strong>ren Werk berufen waren. Es ist durchaus möglich,<br />

dass Paulus diesen Gedanken vor Augen hat und die Berufung mit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>ngabe <strong>de</strong>s<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 27


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Timotheus und <strong>de</strong>m Zeugnis unseres Herrn verbin<strong>de</strong>t, wovon er vorher gesprochen<br />

hat.<br />

Dabei wird noch etwas <strong>de</strong>utlich: Paulus erinnert daran, dass wir mit (o<strong>de</strong>r zu) heiligem Ruf<br />

berufen wor<strong>de</strong>n sind. Der Ursprung unserer Berufung ist himmlisch (Heb 3,1). Das Ziel <strong>de</strong>r<br />

Berufung Gottes ist „nach oben“ (Phil 3,14). Der Charakter – und das steht hier vor uns –<br />

ist „heilig“ (vgl. 1. Pet 1,15; 1. Thes 4,7). Wir sind zur Heiligkeit berufen. Heilig be<strong>de</strong>utet<br />

nicht nur, dass wir von <strong>de</strong>r Welt getrennt sind, son<strong>de</strong>rn es be<strong>de</strong>utet, dass Gott uns für sich<br />

haben will. Gott hat von Anfang an Licht und Finsternis geschie<strong>de</strong>n (1. Mo 1,3). Daran wird<br />

Timotheus hier erinnert, weil sich viele seiner Zeitgenossen dieser heiligen Berufung nicht<br />

würdig erwiesen.<br />

Nicht aus Werken<br />

Errettung und Berufung sind nicht aus uns. Wir konnten und können dazu nichts beitragen.<br />

Der Römer-, Galater- und Epheserbrief machen das ganz <strong>de</strong>utlich (vgl. z. B. Röm 3,20;<br />

Gal 2,16; Eph 2,9). Errettung und Berufung sind niemals die Belohnung für eigenes Tun. Sie<br />

haben ihre Quelle ganz allein in Gott. Der ungläubige Mensch kann gar kein gutes Werk<br />

tun. Seine Werke sind tote Werke. Gott kann sie nicht anerkennen.<br />

Dennoch hat Gott in seiner Gna<strong>de</strong> gehan<strong>de</strong>lt. Paulus zeigt nun die Absicht Gottes, das Motiv<br />

Gottes und <strong>de</strong>n Weg Gottes, <strong>de</strong>n Er gegangen ist.<br />

1. Die Absicht Gottes: Wir sind errettet und berufen nach seinem eigenen Vorsatz,<br />

d. h. sein Han<strong>de</strong>ln wur<strong>de</strong> bestimmt von <strong>de</strong>m Plan, <strong>de</strong>n Er in <strong>de</strong>r Ewigkeit vor <strong>de</strong>r<br />

Zeit gefasst hat. Es war <strong>de</strong>r ewige Plan (Vorsatz, Absicht) Gottes, es so zu machen.<br />

Längst vor <strong>de</strong>m Sün<strong>de</strong>nfall hatte Gott es in seinem Herzen, Menschen zu sich zu<br />

bringen. In Bezug auf sein irdisches Volk Israel hatte Gott einen zeitlichen Ratschluss<br />

gefasst. In Bezug auf sein himmlisches Volk lesen wir von einem ewigen Ratschluss<br />

(Eph 3,10.11). Der Vorsatz selbst geht weiter als Errettung und Berufung. Wir wer<strong>de</strong>n –<br />

<strong>de</strong>m Bild seines Sohnes gleichförmig – als Kin<strong>de</strong>r und Söhne Gottes im Vaterhaus<br />

sein (Röm 8,29). Um diesen Ratschluss Wirklichkeit wer<strong>de</strong>n zu lassen, musste Gott<br />

uns erretten und berufen. Der Ausdruck „nach seinem eigenen Vorsatz“ zeigt die<br />

Souveränität Gottes. Niemand konnte Ihn daran hin<strong>de</strong>rn, diesen Ratschluss zu fassen<br />

und ihn dann auszuführen.<br />

2. Das Motiv Gottes: Er hat in Gna<strong>de</strong> mit uns gehan<strong>de</strong>lt. In uns gab es nichts, was Gott<br />

hätte veranlassen können, uns zu retten und zu berufen. Es waren seine Gna<strong>de</strong> und<br />

seine Barmherzigkeit – Ausfluss seiner Liebe. Diese Gna<strong>de</strong> ist uns in Christus Jesus<br />

vor ewigen Zeiten gegeben. Das will sagen, in <strong>de</strong>m ewigen Ratschluss Gottes war diese<br />

Gna<strong>de</strong> bereits in <strong>de</strong>r Ewigkeit vor <strong>de</strong>r Zeit vorhan<strong>de</strong>n. Tatsächlich offenbart wur<strong>de</strong><br />

sie in <strong>de</strong>r Zeit in <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s Herrn Jesus. In Ihm ist die Gna<strong>de</strong> Gottes erschienen.<br />

Wir sehen hier, dass Gna<strong>de</strong> viel weiter geht, als nur eine Antwort auf das Problem <strong>de</strong>r<br />

Sün<strong>de</strong> zu geben. Schon vor <strong>de</strong>m Sün<strong>de</strong>nfall gab es Gna<strong>de</strong> – sie war nötig, wenn <strong>de</strong>r<br />

Ratschluss Gottes erfüllt wer<strong>de</strong>n sollte.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 28


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

3. Der Weg Gottes: Es gibt nur einen Weg zum Heil. Dieser Weg ist <strong>de</strong>r Herr Jesus. Das<br />

Heil ist uns „in (o<strong>de</strong>r durch) Christus Jesus“ gegeben. Bereits in <strong>de</strong>r Ewigkeit vor <strong>de</strong>r<br />

Zeit stand fest, dass die Gna<strong>de</strong> uns nur auf diesem Weg erreichen konnte. Dazu war<br />

es nötig, dass Er Mensch wur<strong>de</strong> und das Werk am Kreuz vollbrachte. Deshalb ist Er<br />

auch das Lamm Gottes, das zuvor erkannt ist vor Grundlegung <strong>de</strong>r Welt (1. Pet 1,20),<br />

aber offenbar gewor<strong>de</strong>n am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeiten. Das führt dann direkt zu Vers 10.<br />

„ . . . jetzt aber offenbart wor<strong>de</strong>n ist durch die Erscheinung unseres Heilan<strong>de</strong>s Jesus<br />

Christus, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht<br />

gebracht hat durch das Evangelium“ (Vers 10).<br />

Die Erscheinung unseres Heilan<strong>de</strong>s Jesus Christus und ihre Folgen<br />

„Erscheinung“ nimmt immer Bezug auf etwas, das erkennbar wird, sei es eine Sache o<strong>de</strong>r<br />

eine Person. In Verbindung mit <strong>de</strong>m Herrn Jesus geht es darum, dass Er sichtbar „offenbar“<br />

wird. Mit Ausnahme unserer Stelle nimmt „Erscheinung“ an allen an<strong>de</strong>ren Stellen im Neuen<br />

Testament Bezug auf seine Erscheinung in Macht und Herrlichkeit vor <strong>de</strong>r Aufrichtung <strong>de</strong>s<br />

tausendjährigen Frie<strong>de</strong>nsreiches (1. Tim 6,14; 2. Tim 4,1; 2. Tim 4,8; Tit 2,13; 2. Thes 2,8).<br />

Nur hier ist es an<strong>de</strong>rs. Paulus erinnert daran, dass die Gna<strong>de</strong> Gottes in Christus erschienen<br />

ist. In Ihm ist die Gna<strong>de</strong> Gottes erschienen, „heilbringend für alle Menschen“ (Tit 2,11).<br />

„Jetzt aber. . . “ meint in <strong>de</strong>r Haushaltung <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, die ihren Anfang nahm, als <strong>de</strong>r Herr<br />

Jesus als Heiland auf dieser Er<strong>de</strong> sichtbar für alle Menschen erschien. Er tritt hier in seinem<br />

Charakter als <strong>de</strong>r „Heiland Jesus Christus“ vor uns. Heiland be<strong>de</strong>utet Retter. Jesus ist <strong>de</strong>r<br />

Name seiner Menschheit. „Du sollst seinen Namen Jesus nennen“ (Mt 1,21). Als Christus ist<br />

Er nach vollbrachtem Werk jetzt zur Rechten Gottes hoch erhoben und Gott hat Ihn zum<br />

„Herrn und zum Christus gemacht“ (Apg 2,36).<br />

Tod und Verwesung sind Folgen <strong>de</strong>s Sün<strong>de</strong>nfalls. Sie sind <strong>de</strong>r Beweis, dass die Sün<strong>de</strong> zu<br />

allen Menschen durchgedrungen ist. Gott hatte das Gericht angekündigt, bevor <strong>de</strong>r Mensch<br />

in Sün<strong>de</strong> fiel. Seit <strong>de</strong>m Sün<strong>de</strong>nfall gibt es auf dieser Er<strong>de</strong> Tod und Verwesung. Das Gesetz<br />

konnte daran nichts än<strong>de</strong>rn, allerdings ließ es die Sün<strong>de</strong> umso <strong>de</strong>utlicher hervortreten. Doch<br />

dann kam <strong>de</strong>r Heiland Jesus Christus auf diese Er<strong>de</strong>. In Ihm war Leben. Er ging freiwillig<br />

in <strong>de</strong>n Tod. Die Tatsache, dass <strong>de</strong>r Tod <strong>de</strong>r Lohn <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong> ist, galt nicht für Ihn. Er starb<br />

nicht als Folge eigener Sün<strong>de</strong>. Er tat es für uns. Dadurch hat Er <strong>de</strong>n Tod besiegt. Der Tod<br />

herrscht nicht mehr über uns. Er ist unser „Diener“, nicht mehr unser „Herr“. Der Herr<br />

Jesus hat durch <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>n zunichte gemacht, <strong>de</strong>r die Macht <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s hat, das ist <strong>de</strong>n<br />

Teufel (Heb 2,14).<br />

„Zunichte machen“ be<strong>de</strong>utet so viel wie außer Kraft und Wirksamkeit setzen. Der Tod ist<br />

noch nicht abgeschafft. Es gibt ihn immer noch. Für uns ist er jedoch wirkungslos gemacht.<br />

Der Tod wird <strong>de</strong>r „König <strong>de</strong>r Schrecken“ genannt (Hiob 18,14). Für Gotteskin<strong>de</strong>r hat er<br />

seinen Schrecken (seinen Stachel) verloren. Erst im ewigen Zustand wird es <strong>de</strong>n Tod gar<br />

nicht mehr geben (Off 21,4). Gleiches gilt für die Verweslichkeit. Triumphierend schreibt<br />

Paulus an die Korinther: „Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 29


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt wer<strong>de</strong>n, das<br />

geschrieben steht: „Verschlungen ist <strong>de</strong>r Tod in Sieg“ (1. Kor 15,54).<br />

Ans Licht gebracht durch das Evangelium<br />

Von alle<strong>de</strong>m hätten wir nichts gewusst, wenn das Evangelium nicht zu uns gekommen wäre.<br />

Evangelium be<strong>de</strong>utet „gute Botschaft“. Es ist die gute Botschaft Gottes an uns Menschen.<br />

„Ans Licht gebracht“ geht weiter, als nur einfach etwas zu sehen o<strong>de</strong>r zu zeigen. Es meint,<br />

dass durch das Evangelium diese Dinge in ihrem wahren Charakter dargestellt und offenbart<br />

wor<strong>de</strong>n sind. Diese „gute Botschaft“ umfasst viel mehr als „nur“ Vergebung von Sün<strong>de</strong>n –<br />

so unendlich groß und gewaltig das in sich bereits ist. Im Alten Testament war das in dieser<br />

Form nicht bekannt. Israel wusste etwas von einem Erlöser. Die gläubigen Ju<strong>de</strong>n warteten<br />

darauf, dass Er kommen und sie von ihren Fein<strong>de</strong>n retten wür<strong>de</strong>. Das allerdings, was jetzt<br />

im Evangelium offenbar gemacht ist, war ihnen völlig unbekannt.<br />

„Zu <strong>de</strong>m ich bestellt wor<strong>de</strong>n bin als Herold und Apostel und Lehrer <strong>de</strong>r Nationen“<br />

(Vers 11).<br />

Ein beson<strong>de</strong>rer Auftrag<br />

Paulus spricht jetzt von seinem beson<strong>de</strong>ren Auftrag. Ihm war das Evangelium <strong>de</strong>r<br />

Herrlichkeit <strong>de</strong>s seligen Gottes anvertraut (1. Tim 1,11). Hier spricht er davon, dass er<br />

dazu bestellt, d. h. bestimmt o<strong>de</strong>r gesetzt wor<strong>de</strong>n war. Paulus hatte sich nicht selbst dazu<br />

gemacht. Er war nicht von an<strong>de</strong>ren dazu „ordiniert“ wor<strong>de</strong>n. Der Gedanke einer Ordination<br />

durch Menschen liegt <strong>de</strong>m Wort Gottes völlig fern. Nein, Paulus war von Gott dazu bestimmt<br />

wor<strong>de</strong>n. Er sollte dieses Evangelium verkün<strong>de</strong>n und verbreiten – und er hat es getan. Er tat<br />

es als Herold, als Apostel und als Lehrer <strong>de</strong>r Nationen.<br />

• Ein Herold ist ein Prediger o<strong>de</strong>r Verkündiger einer Botschaft (vgl. 1. Tim 2,7; 2. Pet 2,5).<br />

Ein kaiserlicher Herold im Römischen Reich war ein Ausrufer öffentlicher Botschaften.<br />

Die Vollmacht <strong>de</strong>s Herolds liegt nicht so sehr in seiner Person, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Botschaft,<br />

die er bringt. Ein guter Herold wür<strong>de</strong> die Botschaft seines Herrn nie verän<strong>de</strong>rt haben.<br />

So verkündigte Paulus die Botschaft genau so, wie sie ihm von seinem Auftraggeber<br />

gegeben wor<strong>de</strong>n war. Er tat nichts hinzu. Er nahm nichts weg. Er verän<strong>de</strong>rte nichts.<br />

• Als Apostel (Gesandter) Christi Jesu durch Gottes Willen brachte er die Botschaft mit<br />

göttlicher Autorität. Sie war ihm offenbart wor<strong>de</strong>n, und er gab sie mit allem Nachdruck<br />

weiter.<br />

• Als Lehrer <strong>de</strong>r Nationen verkündigte Paulus das Evangelium nicht nur mit Autorität,<br />

son<strong>de</strong>rn er erklärte es. Seine Botschaft galt nicht nur <strong>de</strong>n Menschen aus <strong>de</strong>m Volk<br />

Israel, son<strong>de</strong>rn sie richtete sich an alle Menschen. Paulus war <strong>de</strong>r Apostel und Lehrer<br />

<strong>de</strong>r Nationen (vgl. Röm 11,13; Gal 2,7). Bei seiner Berufung war ihm das klar gesagt<br />

wor<strong>de</strong>n (vgl. Apg 9,15). Diesen Auftrag hat er bis zum En<strong>de</strong> seines Lebens nicht<br />

vergessen.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

„Aus diesem Grund lei<strong>de</strong> ich dies auch; aber ich schäme mich nicht, <strong>de</strong>nn ich weiß, wem<br />

ich geglaubt habe, und bin überzeugt, dass er mächtig ist, das ihm von mir anvertraute<br />

Gut auf jenen Tag zu bewahren“ (Vers 12).<br />

Die Glaubenszuversicht <strong>de</strong>s Paulus<br />

Paulus nimmt an dieser Stelle <strong>de</strong>n Fa<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r auf, <strong>de</strong>n er in <strong>de</strong>n Versen 9–11 kurz<br />

verlassen hatte. Er stellt sich jetzt selbst als Beispiel vor seinen jüngeren Freund und Bru<strong>de</strong>r.<br />

Paulus war ein Gefangener in Rom. Dennoch litt er nicht als ein Krimineller. Er litt nicht<br />

wegen eigenen Fehlverhaltens. Er litt vielmehr wegen <strong>de</strong>r Verkündigung <strong>de</strong>s Evangeliums,<br />

wie es schon bei seiner ersten Haft in Rom gewesen war. Davon schreibt er mehrfach. In<br />

Epheser 3,1 bringt er seine Haft in Verbindung mit <strong>de</strong>r Verkündigung <strong>de</strong>s Geheimnisses<br />

von Christus und seiner Versammlung. In Epheser 6,19.20 schreibt er, dass er wegen <strong>de</strong>s<br />

Geheimnisses <strong>de</strong>s Evangeliums ein Gesandter in Fesseln war. Von Anfang an war ihm klar<br />

gesagt wor<strong>de</strong>n, dass er für <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Herrn lei<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong> (Apg 9,16). Diese Lei<strong>de</strong>n<br />

waren schon während seines Lebens sein Teil, aber jetzt war er im Gefängnis und hatte<br />

<strong>de</strong>n Tod vor Augen. Hinzu kam, dass ihn alle in Asien verlassen hatten. Darunter litt<br />

Paulus ebenfalls sehr. Es gab zu<strong>de</strong>m Wi<strong>de</strong>rstand gegen die Wahrheit (Kapitel 2,25) und<br />

Verfolgung durch böse Menschen (Kapitel 3,11–13; 4,14). Dennoch wur<strong>de</strong> Paulus nicht<br />

mutlos. Er schämte sich nicht. Er verfiel nicht in zweifeln<strong>de</strong> Überlegungen und stumpfes<br />

Grübeln. An<strong>de</strong>rerseits lehnte er sich nicht gegen sein Schicksal auf. Wir fin<strong>de</strong>n bei ihm<br />

we<strong>de</strong>r Resignation noch Depression o<strong>de</strong>r gar Opposition.<br />

Wir fragen uns: Wie kann es sein, dass Paulus, obwohl er so unendlich litt, <strong>de</strong>nnoch voll<br />

Zuversicht war? Die Antwort gibt er selbst: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe.“ Es geht an<br />

dieser Stelle nicht so sehr darum, was Paulus glaubte, son<strong>de</strong>rn wem er glaubte. Bei<strong>de</strong>s ist<br />

natürlich wichtig. In Kapitel 3,14 wird Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt: „Du aber bleibe in <strong>de</strong>m, was<br />

du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist.“ Hier hingegen geht es nicht zuerst<br />

um die Lehre und die Glaubenswahrheit, son<strong>de</strong>rn um die Person, die das Zentrum dieser<br />

Wahrheit ist. Es geht um <strong>de</strong>n Herrn Jesus selbst. Was Paulus hier ausdrückt, ist tiefes<br />

Vertrauen. Sein Herr hatte ihn nie verlassen, und Er wür<strong>de</strong> es ganz sicher in <strong>de</strong>r Zukunft<br />

nicht tun. Paulus stützte sich nicht auf seinen Auftrag und auf seinen Dienst. Sonst hätte<br />

er vielleicht doch einen Grund gefun<strong>de</strong>n, mutlos zu wer<strong>de</strong>n und sich zu schämen. Nein,<br />

Paulus setzte sein ganzes Vertrauen allein auf <strong>de</strong>n Herrn.<br />

Paulus „wusste“, wem er geglaubt hatte. „Wissen“ und „Kennen“ sind nahe beieinan<strong>de</strong>r,<br />

aber doch nicht i<strong>de</strong>ntisch. „Kennen“ be<strong>de</strong>utet, dass man etwas durch Erfahrung gelernt hat.<br />

„Wissen“ hingegen drückt mehr eine innere Überzeugung aus. Natürlich war Paulus bei<br />

seiner Bekehrung vor Damaskus zum Glauben gekommen. Hier jedoch steht „glauben“ in<br />

einer Zeitform, die auf einen in <strong>de</strong>r Vergangenheit zustan<strong>de</strong> gekommenen Glauben hinweist,<br />

<strong>de</strong>r immer noch andauerte. Paulus sagt mit an<strong>de</strong>ren Worten: Ich habe geglaubt, mit <strong>de</strong>m<br />

Ergebnis, dass mein Glaube bis heute ganz fest ist.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Die Glaubensüberzeugung <strong>de</strong>s Paulus<br />

Paulus hatte nicht nur ein festes Glaubensvertrauen, son<strong>de</strong>rn er drückt gleichzeitig seine<br />

Glaubensüberzeugung aus. Er war überzeugt, dass sein Herr mächtig war, das Ihm von<br />

Paulus anvertraute Gut zu bewahren. Paulus konnte sich darauf ganz fest verlassen. Der<br />

Herr ist mächtig, d. h. Er ist stark und fähig, das zu bewahren, was Paulus Ihm anvertraut<br />

hatte. In Vers 7 war von <strong>de</strong>r Kraft die Re<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>r Geist Gottes vermittelt. In Vers 8<br />

hatte Paulus von <strong>de</strong>r Kraft Gottes selbst gesprochen. Hier nun verweist er auf die Macht<br />

(o<strong>de</strong>r Kraft) <strong>de</strong>s Herrn Jesus, <strong>de</strong>r fähig sein wür<strong>de</strong>, das Ihm anvertraute Gut zu bewahren.<br />

Bewahren be<strong>de</strong>utet so viel wie vor Raub o<strong>de</strong>r vor Verlust schützen. Paulus vertraute <strong>de</strong>r<br />

göttlichen Macht, dass nichts verloren gehen wür<strong>de</strong>.<br />

Was meint Paulus konkret mit diesem anvertrauten Gut? Die Formulierung kommt<br />

in unserem Abschnitt zweimal vor (Vers 12, Vers 14), und dann noch einmal in<br />

1. Timotheus 6,20. Zweimal wird von einem Gut gesprochen, das <strong>de</strong>r Herr uns anvertraut<br />

hat. Einmal – nämlich in unserem Vers – ist es ein Gut, das Paulus <strong>de</strong>m Herrn anvertraut<br />

hatte. Wörtlich übersetzt be<strong>de</strong>utet <strong>de</strong>r Ausdruck „Nie<strong>de</strong>rgelegtes“. Es ist etwas, das man<br />

einem an<strong>de</strong>ren zur treuen Verwahrung bzw. Verwaltung übergeben hat.<br />

Es ist möglich, dass Paulus an die Errettung <strong>de</strong>nkt, von <strong>de</strong>r er vorher gesprochen hat. Die<br />

vollständige Errettung, die <strong>de</strong>n Körper <strong>de</strong>s Gläubigen einschließt, liegt noch vor uns, so<br />

dass Paulus die Überzeugung ausdrückt, diese Errettung am En<strong>de</strong> tatsächlich zu erreichen.<br />

Wahrscheinlicher ist, dass wir diesen Ausdruck allgemein auffassen müssen, d. h. Paulus<br />

bringt die Überzeugung zum Ausdruck, dass alles, was ihn betrifft, in <strong>de</strong>r Hand seines<br />

Herrn gut aufgehoben ist und nicht verloren gehen wird. Paulus folgte <strong>de</strong>n Spuren seines<br />

Herrn, <strong>de</strong>r sich in allem <strong>de</strong>m übergab, <strong>de</strong>r gerecht richtet (1. Pet 2,23). Was immer mit<br />

Paulus geschehen wür<strong>de</strong>, wie immer die Umstän<strong>de</strong> sich entwickeln wür<strong>de</strong>n, wenn auch<br />

seine Glaubensgeschwister ihn verlassen mochten – Paulus übergab alles in die Hand seines<br />

Herrn. Selbst wenn es <strong>de</strong>n Anschein hatte, als ob die Ergebnisse seines Dienstes ihm am<br />

En<strong>de</strong> seines Lebens wie Sand durch die Finger zerronnen – er wusste, dass nichts von <strong>de</strong>m,<br />

was er für seinen Herrn getan hatte, verloren sein wür<strong>de</strong>. Am Richterstuhl <strong>de</strong>s Christus<br />

wür<strong>de</strong> es zur Ehre <strong>de</strong>s Herrn wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Der Herr wür<strong>de</strong> es bewahren. Das<br />

gab Paulus Mut, und das sollte jetzt Timotheus motivieren.<br />

An jenem Tag<br />

„Jener Tag“ ist ohne Zweifel ein Hinweis auf die Erscheinung <strong>de</strong>s Herrn Jesus in Macht und<br />

Herrlichkeit und <strong>de</strong>n damit verbun<strong>de</strong>nen Richterstuhl <strong>de</strong>s Christus. Paulus richtete <strong>de</strong>n Blick<br />

nach vorn. Er spricht hier nicht von <strong>de</strong>m Kommen <strong>de</strong>s Herrn für uns – so sehr Paulus darauf<br />

gewartet haben wird –, son<strong>de</strong>rn von seinem Erscheinen zur Aufrichtung <strong>de</strong>s Reiches Gottes<br />

auf dieser Er<strong>de</strong>. Es ist <strong>de</strong>r Tag, wo das Werk eines je<strong>de</strong>n offenbar wer<strong>de</strong>n wird (1. Kor 3,13).<br />

Es ist <strong>de</strong>r Tag, wo Er verherrlicht wer<strong>de</strong>n wird „in seinen Heiligen und bewun<strong>de</strong>rt in all<br />

<strong>de</strong>nen, die geglaubt haben“ (2. Thes 1,10). An diesem Tag wird alles in das richtige, nämlich<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 32


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

göttliche Licht gestellt wer<strong>de</strong>n. Dann wird alles zur Ehre und Verherrlichung <strong>de</strong>s Herrn<br />

Jesus sein.<br />

„Halte fest das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte, die du von mir gehört hast, in Glauben und Liebe,<br />

die in Christus Jesus sind“ (Vers 13).<br />

Das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte<br />

Es folgt eine weitere Auffor<strong>de</strong>rung an Timotheus. Er sollte das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte<br />

festhalten. Alternativ kann man übersetzen: „Habe eine Form (ein Muster) gesun<strong>de</strong>r Worte“.<br />

Gesun<strong>de</strong> Worte können wir in Verbindung bringen mit <strong>de</strong>m „Zeugnis unseres Herrn“,<br />

von <strong>de</strong>m Paulus in Vers 8 gesprochen hatte. Dieses Zeugnis ist in sich gesund, und es<br />

führt zu einem gesun<strong>de</strong>n geistlichen Zustand. Timotheus hatte während <strong>de</strong>r gemeinsamen<br />

Reisen viel von Paulus gehört und gelernt. Daran sollte er unbedingt festhalten und es<br />

nicht aufgeben. In Kapitel 3,14 wird Timotheus noch einmal aufgefor<strong>de</strong>rt, in <strong>de</strong>m zu<br />

bleiben, was er gelernt hatte und wovon er völlig überzeugt war. Für uns heute gilt die<br />

Auffor<strong>de</strong>rung, an <strong>de</strong>m ganzen überlieferten Wort Gottes festzuhalten. Wir sollen nichts<br />

davon aufgeben – we<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Lehre noch in <strong>de</strong>r Praxis. In Kolosser 1,25 schreibt Paulus,<br />

dass er – was <strong>de</strong>n Umfang und Inhalt betrifft – das Wort Gottes vollen<strong>de</strong>t hat. Es ist<br />

unsere Verantwortung, dieses vollen<strong>de</strong>te Wort Gottes zu bewahren, d. h. seine Autorität<br />

und Unfehlbarkeit anzuerkennen und im Leben umzusetzen.<br />

Es geht um das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte. Der Ausdruck „Bild“ be<strong>de</strong>utet hier so viel wie<br />

„Skizze“, „Vorbild“ o<strong>de</strong>r „zusammengefasste Darstellung“. J. N. Darby schreibt, dass es<br />

eine Zusammenfassung o<strong>de</strong>r Glie<strong>de</strong>rung ist, um klar und <strong>de</strong>finitiv sagen zu können, was<br />

Timotheus glaubte. Von Menschen aufgestellte Glaubensbekenntnisse mögen an ihrem<br />

Platz durchaus gut und nützlich sein. Doch darum geht es Paulus nicht. Was zählt, ist die<br />

Gesamtheit <strong>de</strong>r göttlich inspirierten Wahrheit. Darauf kommt Paulus im Verlauf seines<br />

Briefes erneut zu sprechen.<br />

Es ist bis heute unbedingt erfor<strong>de</strong>rlich, die göttliche Lehre in <strong>de</strong>r Form zu bewahren, in<br />

<strong>de</strong>r sie uns gegeben wor<strong>de</strong>n ist. Das betrifft nicht nur die göttliche Wahrheit an sich,<br />

son<strong>de</strong>rn ebenso die Form und die Worte, in <strong>de</strong>r sie uns in <strong>de</strong>r Bibel übermittelt wor<strong>de</strong>n<br />

ist. Daraus wird <strong>de</strong>utlich, wie wichtig es ist, eine gute Bibelübersetzung zu benutzen. Freie<br />

Bibelübersetzungen könnten dieses „Bild gesun<strong>de</strong>r Worte“ niemals vermitteln. Sie zeigen<br />

im Gegenteil ein verzerrtes Bild <strong>de</strong>r Wahrheit und führen so leicht in die Irre.<br />

Wir wer<strong>de</strong>n nur dann ein Bild gesun<strong>de</strong>r Worte haben und bewahren, wenn wir <strong>de</strong>n Text<br />

eines Bibelabschnitts in seiner Beziehung zu an<strong>de</strong>ren Texten interpretieren. Wir müssen<br />

erkennen, was Gott uns an einer bestimmten Stelle sagen möchte und was nicht. Nur so<br />

erkennen wir die Zusammenhänge und großen Linien <strong>de</strong>s Wortes Gottes in <strong>de</strong>r richtigen<br />

Art und Weise. Kein Teil <strong>de</strong>r Bibel wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren. Alles ist in einer wun<strong>de</strong>rbaren<br />

Harmonie zueinan<strong>de</strong>r. Beim Studium <strong>de</strong>r Bibel ist es <strong>de</strong>shalb wichtig, das Ganze im Auge<br />

zu behalten. An<strong>de</strong>rnfalls besteht die große Gefahr, dass wir uns ein eigenes „Bild“ machen<br />

und das „Bild gesun<strong>de</strong>r Worte“ dabei verlieren. So ist es zum Beispiel fatal, wenn wir die<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 33


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m Volk Gottes im Alten Testament (Israel) und <strong>de</strong>m Volk Gottes<br />

im Neuen Testament (Versammlung) nicht erkennen, o<strong>de</strong>r wenn wir das Zeitalter <strong>de</strong>s<br />

Gesetzes mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> verwechseln o<strong>de</strong>r die Seite <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes nicht von <strong>de</strong>r<br />

Seite unserer persönlichen Verantwortung unterschei<strong>de</strong>n.<br />

Natürlich hat zum Beispiel das Studium <strong>de</strong>r Details seinen Platz. Dennoch müssen wir dabei<br />

aufpassen, die großen Linien nicht zu verlieren. Jemand hat das „Bild gesun<strong>de</strong>r Worte“<br />

einmal mit einem großen Baum verglichen. Der Baum hat einen dicken Stamm, größere<br />

und kleinere Äste und Zweige und schließlich die Blätter. Wenn wir einen solchen Baum<br />

kennenlernen wollen, beschäftigen wir uns zuerst mit <strong>de</strong>m Stamm und <strong>de</strong>n dickeren Ästen.<br />

Dann kommen wir zu <strong>de</strong>n Zweigen und schließlich zu <strong>de</strong>n Blättern. Auf diese Weise<br />

erkennen wir die Wahrheit Gottes. Wir beginnen mit <strong>de</strong>n großen Linien und Strukturen<br />

<strong>de</strong>r Schrift und kommen dann zu <strong>de</strong>n Einzelheiten. Es umgekehrt zu machen und bei <strong>de</strong>n<br />

„Zweigen und Blättern“ zu beginnen, birgt das Risiko, das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte zu verlieren.<br />

In Glauben und Liebe<br />

Nicht ohne Grund fügt Paulus hinzu: „ . . . in Glauben und Liebe, die in Christus Jesus<br />

sind.“ Die Gefahr besteht, dass wir das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte nur in unserem Kopf haben.<br />

Verstand und Gedächtnis sind ohne Frage Gaben Gottes, sie sind jedoch nicht alles. Wir<br />

können das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte nicht nur intellektuell festhalten. Tun wir das, besteht die<br />

Gefahr, in eine tote Orthodoxie zu verfallen. Das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte müssen wir zuerst<br />

mit <strong>de</strong>m Herzen festhalten. Deshalb sind Glauben und Liebe, die in Christus Jesus sind,<br />

dazu unerlässlich. Christus ist nicht nur <strong>de</strong>r Gegenstand von Glauben und Liebe, son<strong>de</strong>rn<br />

Er ist ihre Quelle und ihr Ursprung.<br />

„Bewahre das schöne anvertraute Gut durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist, <strong>de</strong>r in uns wohnt“<br />

(Vers 14).<br />

Ein schönes und anvertrautes Gut<br />

In Vers 12 ist es <strong>de</strong>r Herr, <strong>de</strong>r etwas bewahrt, d. h. vor Scha<strong>de</strong>n und vor Angriffen schützt.<br />

Er bewahrt das, was wir für Ihn erarbeiten. Er enttäuscht dabei nicht. Jetzt wird Timotheus<br />

aufgefor<strong>de</strong>rt, etwas zu bewahren, nämlich das schöne anvertraute Gut. Dieses Gut ist das<br />

anvertraute Zeugnis, die Glaubenswahrheit, o<strong>de</strong>r das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte.<br />

Es ist erstens ein schönes Gut. Das Wort wir häufig mit ,gut‘o<strong>de</strong>r auch ,ehrbar‘übersetzt. Es<br />

lässt daran <strong>de</strong>nken, dass wir es mit etwas zu tun haben, das wertvoll und nützlich ist. Die<br />

Glaubenswahrheit ist ein kostbarer Schatz, <strong>de</strong>ssen Wert wir nicht gering achten dürfen. Es<br />

ist etwas, das bewahrt wer<strong>de</strong>n will. Natürlich ist es Gott, <strong>de</strong>r über sein Wort wacht. Es wird<br />

immer ausrichten, wozu es gesandt ist. Unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt unserer Verantwortung<br />

sollen wir dieses Wort bewahren wie einen kostbaren Schatz. Wir dürfen nicht zulassen,<br />

dass dieses Wort durch unser Verhalten in <strong>de</strong>n Schmutz gezogen wird.<br />

Es ist zweitens ein anvertrautes Gut. Judas spricht in seinem Brief davon, dass <strong>de</strong>r Glaube<br />

(das Glaubensgut, die Glaubenswahrheit) einmal <strong>de</strong>n Heiligen überliefert wor<strong>de</strong>n ist (Jud 3).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Der Ursprung <strong>de</strong>s Glaubensgutes ist Gott. Es ist nicht unser Glaubensgut, son<strong>de</strong>rn es ist<br />

seine Wahrheit. Sie ist uns lediglich zur Bewahrung anvertraut. Es ist uns nicht gestattet,<br />

die Wahrheit zu verän<strong>de</strong>rn, ihr etwas hinzuzufügen o<strong>de</strong>r etwas wegzunehmen. Das war<br />

im Alten Testament ausdrücklich untersagt (5. Mo 13,1). Es ist im Neuen Testament<br />

ausdrücklich untersagt (Off 22,18.19). Wir belassen das Glaubensgut so, wie es ist. Der<br />

Querverweis zu <strong>de</strong>m Vers im Judasbrief macht überdies <strong>de</strong>utlich, dass zum Bewahren <strong>de</strong>s<br />

Glaubensgutes gehört, dass wir bereit sind, dafür zu kämpfen.<br />

Durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist bewahren<br />

„Bewahren“ be<strong>de</strong>utet so viel wie einen Wertgegenstand an einem sicheren Ort aufbewahren.<br />

„Anvertrauen“ be<strong>de</strong>utet „<strong>de</strong>ponieren“ o<strong>de</strong>r „hinterlegen“. Das Wort wur<strong>de</strong> dann benutzt,<br />

wenn ein kostbarer Schatz <strong>de</strong>r Fürsorge eines an<strong>de</strong>ren anvertraut wur<strong>de</strong>, um ihn dann<br />

nach einer Zeit auf Verlangen <strong>de</strong>m Eigentümer zurückzugeben. Das Wort wur<strong>de</strong> ebenso<br />

gebraucht, um die Aufgabe eines Wächters zu beschreiben. Ein Wächter darf nicht schläfrig<br />

wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn muss wach bleiben und aufpassen. Bewahren schließt also Wachsamkeit<br />

unbedingt ein. Man kann das eine nicht vom an<strong>de</strong>ren trennen. Bei<strong>de</strong>s gehört zusammen. Es<br />

gibt falsche Lehre und Irrlehre. Davor müssen wir in je<strong>de</strong>r Weise auf <strong>de</strong>r Hut sein. Irrlehren<br />

mögen sich gut und intelligent anhören, so dass wir in je<strong>de</strong>m Fall nahe beim Wort Gottes<br />

bleiben müssen, um <strong>de</strong>n Irrtum erkennen zu können.<br />

Wie können wir nun dieses Gut so bewahren, dass es nicht lediglich ein äußeres Festhalten<br />

an <strong>de</strong>r Wahrheit ist, was zu einer toten Orthodoxie führen wür<strong>de</strong>? Es muss uns klar sein,<br />

dass die Form allein nicht reicht. Eine Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit haben viele Menschen, die<br />

sich Christen nennen. Diese allein hält die Wahrheit nicht lebendig. Eine äußere Form mag<br />

zu gut formulierten Glaubensbekenntnissen führen. Das allein hilft uns allerdings nicht<br />

weiter. Nur durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist erhält die Wahrheit die innere Kraft. Er ist die Kraft,<br />

und Er gibt uns die Kraft. Allein können wir das Glaubensgut nicht bewahren. Wir haben<br />

diese göttliche Person nötig, die in uns wohnt und uns mit Kraft erfüllt. Deshalb sagt Paulus<br />

am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Verses: „ . . . durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist, <strong>de</strong>r in uns wohnt.“<br />

Es ist eine <strong>de</strong>r fundamentalen Wahrheiten <strong>de</strong>r christlichen Haushaltung, dass <strong>de</strong>r Heilige<br />

Geist sowohl in <strong>de</strong>r Versammlung als auch in je<strong>de</strong>m einzelnen Gläubigen wohnt. Wenn es<br />

um uns geht, so lernen wir, dass <strong>de</strong>r Heilige Geist<br />

• uns versiegelt hat, was unsere Errettung betrifft (Eph 1,13; 4,30)<br />

• unser Unterpfand (Anzahlung) ist, wenn es um das Erbe geht, das wir mit Christus<br />

antreten wer<strong>de</strong>n (Eph 1,14)<br />

• unsere Salbung ist, wenn es um die Kenntnis <strong>de</strong>r Dinge geht, die von Gott sind<br />

(1. Joh 2,20.27).<br />

Der Heilige Geist ist uns also unter an<strong>de</strong>rem <strong>de</strong>shalb gegeben, damit wir das Glaubensgut<br />

bewahren. Unser Gut ist bei Gott völlig sicher, weil Er es bewahrt. Sein Gut bei uns ist dann<br />

ebenfalls sicher, wenn wir <strong>de</strong>m Heiligen Geist in uns Raum geben und sein Wirken nicht<br />

behin<strong>de</strong>rn.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 35


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

Am Anfang von Kapitel 2 wer<strong>de</strong>n wir fin<strong>de</strong>n, dass wir das Glaubensgut nicht nur bewahren,<br />

son<strong>de</strong>rn an die nächste Generation weitergeben sollen. Dort lesen wir, dass Timotheus<br />

das Glaubensgut treuen Männern anvertrauen sollte, die wie<strong>de</strong>rum fähig sein wür<strong>de</strong>n,<br />

an<strong>de</strong>re zu belehren (2. Tim 2,2). Das dort für „anvertrauen“ benutzte Wort hat <strong>de</strong>n gleichen<br />

Wortstamm wie in unserem Vers. Was uns „anvertraut“ wor<strong>de</strong>n ist, sollen wir wie<strong>de</strong>rum<br />

<strong>de</strong>r nächsten Generation „anvertrauen“.<br />

Bevor Paulus diesen Gedanken jedoch weiter ausführt, wen<strong>de</strong>t er sich in <strong>de</strong>n nächsten<br />

Versen Menschen zu, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben. In Vers 15 spricht er<br />

von <strong>de</strong>nen, die in Asien waren. Diese Erinnerung wird ihn sehr traurig gestimmt haben. In<br />

<strong>de</strong>n Versen 16–18 hat er dann Onesiphorus vor Augen. Die Erinnerung an ihn wird ihm<br />

Mut gemacht haben.<br />

„Du weißt dies, dass alle, die in Asien sind, sich von mir abgewandt haben, unter welchen<br />

Phygelus ist und Hermogenes“ (Vers 15).<br />

Alle, die in Asien sind<br />

Paulus erinnert Timotheus an etwas, das diesem nicht unbekannt war. Alle, die in Asien<br />

waren, hatten sich von Paulus abgewandt. Das damalige Asien ist nicht <strong>de</strong>r Kontinent, <strong>de</strong>n<br />

wir heute so bezeichnen. Asien war damals die römische Provinz im Westen Kleinasiens,<br />

<strong>de</strong>r heutigen Türkei. Biblische Städte wie Ephesus und Kolossä lagen in dieser Provinz. Wir<br />

fin<strong>de</strong>n diese Gegend in Offenbarung 2 und 3 wie<strong>de</strong>r, wo Johannes im Auftrag <strong>de</strong>s Herrn an<br />

sieben Versammlungen schreibt, die in Asien lagen. In Apostelgeschichte 19,10 lesen wir,<br />

dass alle, die in Asien waren, zwei Jahre lang das Wort <strong>de</strong>s Herrn hörten. Wir erkennen<br />

daran (und aus an<strong>de</strong>ren Stellen), wie intensiv Paulus gera<strong>de</strong> in dieser Gegend gearbeitet<br />

hatte. Die Briefe an die Epheser und Kolosser machen uns klar, wie sehr Paulus mit <strong>de</strong>n<br />

Geschwistern dort verbun<strong>de</strong>n war. Sie zeigen weiter, dass die Gläubigen dort in einem<br />

guten geistlichen Zustand waren. Das traf ganz beson<strong>de</strong>rs auf die Epheser zu. Umso mehr<br />

muss es Paulus wehgetan haben, dass die Gläubigen sich gera<strong>de</strong> dort von ihm abgewandt<br />

hatten. Rückschritt und Nie<strong>de</strong>rgang hatten eingesetzt. Die indirekte Warnung am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Epheserbriefes, <strong>de</strong>n Herrn Jesus in Unver<strong>de</strong>rblichkeit zu lieben (Eph 6,24), war offensichtlich<br />

in <strong>de</strong>n Wind geschlagen wor<strong>de</strong>n. In Offenbarung 2,4 wird <strong>de</strong>nselben Gläubigen vorgeworfen,<br />

dass sie ihre erste Liebe verlassen hatten.<br />

Die Gläubigen in Asien hatten Paulus verlassen. Das be<strong>de</strong>utet nicht unbedingt, dass sie <strong>de</strong>n<br />

christlichen Glauben o<strong>de</strong>r das Bekenntnis aufgegeben hatten. Es kann zweierlei be<strong>de</strong>uten:<br />

• a) Möglich ist, dass Paulus diesen Gläubigen zu dogmatisch o<strong>de</strong>r zu extrem gewor<strong>de</strong>n<br />

war. Vielleicht suchten sie einen Weg, <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n natürlichen Menschen angenehmer<br />

war und so auf breitere Zustimmung traf. Insofern hatten sie <strong>de</strong>n Dienst von Paulus<br />

und seine Lehre in <strong>de</strong>r Praxis aufgegeben. Das Sendschreiben an die Versammlung in<br />

Ephesus legt diesen Gedanken nahe. Die Kirchengeschichte zeigt, wie es weiterging.<br />

Die Wahrheit von <strong>de</strong>m einen Leib einerseits und <strong>de</strong>m Kommen <strong>de</strong>s Herrn an<strong>de</strong>rerseits<br />

ist schnell verloren gegangen.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 36


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

• b) Möglich ist darüber hinaus, dass die Gläubigen in Asien sich <strong>de</strong>shalb von Paulus<br />

distanzierten, weil es gefährlich gewor<strong>de</strong>n war, sich zu einem Mann zu bekennen,<br />

<strong>de</strong>r ein Gefangener <strong>de</strong>s Kaisers in Rom war und <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Prozess gemacht wur<strong>de</strong>.<br />

Vielleicht gingen sie <strong>de</strong>shalb auf Distanz, um sich selbst zu „schützen“.<br />

Die Aussage macht je<strong>de</strong>nfalls klar, dass die Gläubigen in Asien in keinem guten geistlichen<br />

Zustand waren. Auch wird <strong>de</strong>utlich, wie sehr Paulus darunter gelitten haben muss.<br />

Zwei Namen wer<strong>de</strong>n genannt. Man kann darüber nach<strong>de</strong>nken, warum Paulus sie nennt.<br />

Möglich ist, dass es zwei Männer waren, von <strong>de</strong>nen Timotheus das nicht erwartet hätte. Es<br />

mögen Führer unter <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn gewesen sein. Wie <strong>de</strong>m auch sei, für uns bleibt die Frage,<br />

ob unser Name ebenfalls genannt wor<strong>de</strong>n wäre, wenn wir damals in Asien gelebt hätten.<br />

Es ergibt sich für uns eine zweite praktische Anwendung dieses Verses. Niemand von<br />

uns kann sich heute in <strong>de</strong>r unmittelbaren Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Aussage von Paulus „abwen<strong>de</strong>n“.<br />

Paulus lebt schon lange nicht mehr. Was wir allerdings sehr wohl tun können ist, dass wir<br />

seine spezielle Belehrung aufgeben. Genau das ist in <strong>de</strong>r Christenheit sehr oft geschehen.<br />

Das gilt beson<strong>de</strong>rs für die von Paulus vorgestellte himmlische Berufung <strong>de</strong>r Gläubigen und<br />

für die Wahrheit von <strong>de</strong>m einen Leib. Wir wollen uns fragen, wie wir zu dieser von Paulus<br />

offenbarten Wahrheit stehen. Hat sie wirklich einen Einfluss auf unser Leben?<br />

„Der Herr gebe <strong>de</strong>m Haus <strong>de</strong>s Onesiphorus Barmherzigkeit, <strong>de</strong>nn er hat mich oft erquickt<br />

und sich meiner Kette nicht geschämt, son<strong>de</strong>rn als er in Rom war, suchte er mich fleißig<br />

und fand mich. Der Herr gebe ihm, dass er von Seiten <strong>de</strong>s Herrn Barmherzigkeit fin<strong>de</strong> an<br />

jenem Tag! Und wie viel er in Ephesus diente, weißt du am besten“ (Vers 16–18).<br />

Das Haus <strong>de</strong>s Onesiphorus<br />

Über Onesiphorus wissen wir nicht sehr viel. Offensichtlich war er von einem ganz an<strong>de</strong>ren<br />

Charakter als die in Vers 15 genannten Personen. Er scheint unter <strong>de</strong>n Gläubigen in Asien<br />

eine Ausnahme gewesen zu sein. Er schämte sich nicht. Er hatte sich Mühe gegeben, Paulus<br />

in <strong>de</strong>r Großstadt Rom zu suchen und ihn zu fin<strong>de</strong>n. Das war in einer Stadt wie Rom we<strong>de</strong>r<br />

einfach noch ungefährlich. Dabei hatte Onesiphorus Paulus nicht nur einfach gesucht,<br />

son<strong>de</strong>rn er hatte ihn „fleißig“ gesucht. Sein Fleiß ist richtungweisend für uns.<br />

Sowohl hier als auch später in Kapitel 4,19 erwähnt Paulus sein Haus. Offenbar war er<br />

verheiratet und hatte Kin<strong>de</strong>r. In unserem Vers wird von seinem Dienst gesprochen. Das<br />

<strong>de</strong>utet an, dass er möglicherweise ein Diakon war, <strong>de</strong>r in einem allgemeinen Sinn unter <strong>de</strong>n<br />

Gläubigen gedient hatte. Möglicherweise galt dieser Dienst in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r Menschen<br />

nicht sehr viel. Paulus hingegen sah ihn mit <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>s Herrn. Er erwähnt ausdrücklich,<br />

dass er viel in Ephesus gearbeitet hatte. Timotheus war das nicht unbekannt.<br />

Barmherzigkeit<br />

Paulus wünschte diesem treuen Diener und seinem Haus Barmherzigkeit. Barmherzigkeit<br />

ist Mitempfin<strong>de</strong>n in schwierigen Umstän<strong>de</strong>n. Schon im Alten Testament war Gott als ein<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 37


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 1<br />

barmherziger Gott bekannt. Wir kennen Ihn als Gott, <strong>de</strong>r reich ist an Barmherzigkeit.<br />

Seine Barmherzigkeit steht uns zur Verfügung. In Matthäus 5,7 verbin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Herr Jesus<br />

die empfangene Barmherzigkeit mit <strong>de</strong>r gegebenen Barmherzigkeit. Sie ist sozusagen<br />

eine Antwort Gottes auf unsere eigene Barmherzigkeit: „Glückselig die Barmherzigen,<br />

<strong>de</strong>nn ihnen wird Barmherzigkeit zuteil wer<strong>de</strong>n.“ Dieses Glück wünscht Paulus hier für<br />

Onesiphorus. Er hatte sich Paulus gegenüber barmherzig gezeigt und sollte nun seinerseits<br />

die Barmherzigkeit Gottes erfahren.<br />

Erneut ist – wie in Vers 12 – die Re<strong>de</strong> von „jenem Tag“. Es ist <strong>de</strong>r Tag <strong>de</strong>s Richterstuhls <strong>de</strong>s<br />

Christus, jener Tag also, an <strong>de</strong>m alles in das göttliche Licht gerückt wird. Barmherzigkeit<br />

(und Gna<strong>de</strong>) benötigen wir nicht nur im Blick auf die Vergangenheit und die gegenwärtige<br />

Zeit, son<strong>de</strong>rn ebenso im Blick auf jenen Tag, <strong>de</strong>r noch in <strong>de</strong>r Zukunft liegt. Petrus spricht<br />

davon, dass wir völlig auf die Gna<strong>de</strong> hoffen sollen, die uns bei <strong>de</strong>r Offenbarung Jesu Christi<br />

gebracht wird (1. Pet 1,13). Judas spricht von <strong>de</strong>r Barmherzigkeit. Er schreibt: „Erhaltet<br />

euch selbst in <strong>de</strong>r Liebe Gottes, in<strong>de</strong>m ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus<br />

erwartet zum ewigen Leben“ (Jud 21).<br />

Für uns gilt, dass am En<strong>de</strong> alles ein Triumph <strong>de</strong>r göttlichen Gna<strong>de</strong> und Barmherzigkeit sein<br />

wird. Wenn wir einmal am Richterstuhl <strong>de</strong>s Christus stehen und Lohn empfangen, dann ist<br />

das nicht unser eigener Verdienst. Es geht hier nicht um die ewige Errettung, die natürlich<br />

ebenfalls ein Ergebnis seiner Gna<strong>de</strong> ist, son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>n Dienst. Unser Dienst wird einmal<br />

belohnt wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong>r bekommt seine Anerkennung, und <strong>de</strong>nnoch wird alles zur Ehre <strong>de</strong>s<br />

Herrn sein.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 38


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Das große Haus<br />

Das zweite Kapitel ist das Herzstück <strong>de</strong>s ganzen Briefes. Es zeigt uns einerseits <strong>de</strong>n Verfall<br />

und <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rgang innerhalb <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses. Die von Paulus aufgezeigte<br />

Entwicklung hatte bereits ihren Anfang genommen, als er noch lebte. Es ist bezeichnend,<br />

dass Timotheus sich zu <strong>de</strong>m Zeitpunkt, als er <strong>de</strong>n Brief bekam, in Ephesus befand. Der Brief<br />

an die Epheser zeigt uns <strong>de</strong>n guten Zustand, in <strong>de</strong>m diese Versammlung sich wenige Jahre<br />

vorher noch befun<strong>de</strong>n hatte. Aber bereits in Apostelgeschichte 20 hatte Paulus die Ältesten<br />

dieser Versammlung vor Gefahren von außen und vor Gefahren von innen gewarnt (Apg<br />

20,29.30). Diese negative Entwicklung hatte nun eingesetzt.<br />

Hatte Paulus in seinem ersten Brief noch von <strong>de</strong>m „Haus Gottes“ und <strong>de</strong>m Verhalten darin<br />

gesprochen (1. Tim 3,15), so spricht er in diesem Kapitel nur noch von einem „großen Haus“.<br />

Damit ist die Christenheit gemeint, in <strong>de</strong>r es echte und unechte Bekenner gibt.<br />

Aber Paulus bleibt dabei nicht stehen. Er zeigt in diesem Kapitel, welchen Weg <strong>de</strong>r echte<br />

Bekenner (<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rgeborene Christ) in einer Zeit von Rückschritt und Nie<strong>de</strong>rgang gehen<br />

soll. Dieser Weg wird durch zwei Dinge gekennzeichnet: erstens durch das Abstehen und die<br />

Trennung von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit, zweitens durch ein gemeinsames Streben mit Gläubigen,<br />

die <strong>de</strong>n Herrn aus reinem Herzen anrufen. Es gibt keinen Moment und keine Situation im<br />

Leben eines Kin<strong>de</strong>s Gottes, wo es nicht einen Weg gibt, <strong>de</strong>n wir zur Ehre unseres Herrn<br />

gehen können.<br />

Wir können folgen<strong>de</strong> Kapiteleinteilung vornehmen:<br />

1. Verse 1–13: Ermunterung zum Dienst<br />

Paulus stellt Timotheus verschie<strong>de</strong>ne Bil<strong>de</strong>r vor, um ihm klar zu machen, welch eine<br />

Aufgabe er hat und dass er darin nicht nachlassen soll. Gott möchte auch in Tagen <strong>de</strong>s<br />

Verfalls, dass sein Wort weiter läuft und ausrichtet, wozu Er es gegeben hat. Auch wenn es<br />

Wi<strong>de</strong>rstand und Lei<strong>de</strong>n gibt -; <strong>de</strong>r Herr bleibt treu.<br />

2. Verse 14–21: Das große Haus<br />

Paulus zeigt auf, welche ver<strong>de</strong>rblichen Einflüsse sich innerhalb <strong>de</strong>s christlichen<br />

Bekenntnisses breitgemacht haben. Das Christentum wird mit einem großen Haus<br />

verglichen, in <strong>de</strong>m es je nach Beschaffenheit und Brauchbarkeit unterschiedliche Gefäße<br />

gibt. Die Auffor<strong>de</strong>rung ergeht an je<strong>de</strong>n, sich von <strong>de</strong>n Gefäßen zur Unehre zu reinigen, um<br />

auf diese Weise ein Gefäß zur Ehre zu sein.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 39


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

3. Verse 22–26: Der Weg <strong>de</strong>s Gläubigen<br />

Ein Christ, <strong>de</strong>r zur Ehre seines Herrn lebt, wird dadurch gekennzeichnet, dass er gewisse<br />

Dinge unterlässt, aber gleichzeitig an<strong>de</strong>re Dinge aktiv betreibt. Dieser Weg führt nicht in<br />

die Isolation, son<strong>de</strong>rn es ist ein Weg, <strong>de</strong>n wir glücklich mit an<strong>de</strong>ren gehen. Gleichzeitig<br />

haben wir ein Auge auf an<strong>de</strong>re, <strong>de</strong>nen wir vielleicht eine Hilfe sein können, so dass sie <strong>de</strong>n<br />

Weg zu Gott zurück fin<strong>de</strong>n.<br />

„Du nun, mein Kind, sei stark in <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, die in Christus Jesus ist“ (Vers 1).<br />

Du nun<br />

Paulus spricht nun Timotheus persönlich an. Am En<strong>de</strong> von Kapitel 1 hatte Paulus<br />

verschie<strong>de</strong>ne Personen erwähnt, die sich von ihm abgewandt hatten. Das war für ihn<br />

ein großer Schmerz. Sie hatten sich nicht vom Herrn abgewandt, wohl aber von seinem<br />

Diener Paulus. Sie bewiesen damit einen schwachen geistlichen Zustand.<br />

Demgegenüber hatte Paulus einen Mann namens Onesiphorus erwähnt, <strong>de</strong>r es an<strong>de</strong>rs<br />

gemacht hatte. Er hatte sich <strong>de</strong>r Kette <strong>de</strong>s Paulus nicht geschämt, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Gefangenen<br />

in Rom fleißig aufgesucht. Er hatte einen geistlich guten Zustand bewiesen. Die persönliche<br />

Ansprache von Paulus „du nun“ macht <strong>de</strong>utlich, dass Timotheus es Onesiphorus gleichtun<br />

sollte. Diese persönliche Ansprache fin<strong>de</strong>n wir in diesem Brief wie<strong>de</strong>rholt.<br />

Wir lernen, dass <strong>de</strong>r Herr uns gera<strong>de</strong> in schwerer Zeit ganz persönlich meint. Es geht nicht<br />

um die an<strong>de</strong>ren, son<strong>de</strong>rn um je<strong>de</strong>n Einzelnen persönlich. Bin ich bereit, <strong>de</strong>n Weg zu gehen,<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Herr für mich vorgesehen hat? Es ist schön, wenn <strong>de</strong>r Herr uns an<strong>de</strong>re zur Seite<br />

stellt – und Er wird es ganz sicher tun –, aber die Verantwortung ist und bleibt eine ganz<br />

persönliche. Der Herr sagte zu Petrus: „Folge du mir nach“ (Joh 21,22).<br />

Mein Kind<br />

Paulus spricht Timotheus nicht als seinen Sohn an, son<strong>de</strong>rn als sein Kind. Damit kommt die<br />

persönliche Beziehung dieser bei<strong>de</strong>n Diener Gottes zum Ausdruck. Timotheus war nicht<br />

nur sein Kind“, son<strong>de</strong>rn er war sein „echtes Kind“ (1. Tim 1,1) und sein „geliebtes Kind<br />

(2. Tim 1,1). Der Ausdruck „Kind“ weist auf Beziehung hin. Zwischen Paulus und Timotheus<br />

bestand nicht nur eine geistliche Verwandtschaft, son<strong>de</strong>rn ein ganz enges Verhältnis. Paulus<br />

liebte ihn und umgekehrt. Es hat wohl kaum einen Mitarbeiter gegeben, <strong>de</strong>r Paulus so<br />

nahestand wie Timotheus.<br />

Es ist ein Segen, wenn es im Volk Gottes eine enge und gute Beziehung zwischen älteren<br />

und jüngeren Geschwistern gibt. Es ist ein Segen, wenn es geistliche Väter (und Mütter)<br />

gibt, die sich in Liebe um ihre geistlichen Kin<strong>de</strong>r kümmern. Es ist ein Segen, wenn dieses<br />

Band <strong>de</strong>s Vertrauens und <strong>de</strong>r Liebe da ist, das auch in schweren Tagen nicht reißt.<br />

Stark sein<br />

Timotheus wur<strong>de</strong> aufgefor<strong>de</strong>rt, stark zu sein in <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, die in Christus Jesus ist.<br />

Von Natur mag er ein eher furchtsamer Mensch gewesen sein. Deshalb hatte er diesen<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Hinweis beson<strong>de</strong>rs nötig. Paulus liebte ihn als sein Kind, aber <strong>de</strong>nnoch fügt er diese klare<br />

Auffor<strong>de</strong>rung an, die in <strong>de</strong>r Form eines Befehls ausgesprochen ist. In Kapitel 1 hatte er ihm<br />

schon gesagt, die Gna<strong>de</strong>ngabe anzufachen, die ihm gegeben wor<strong>de</strong>n war (Kapitel 1,6). Dazu<br />

brauchte er Kraft – und zwar nicht nur einmal, son<strong>de</strong>rn permanent. Er sollte ständig an <strong>de</strong>r<br />

Kraftquelle angeschlossen bleiben. Man könnte auch übersetzen: „Lass dich immer wie<strong>de</strong>r<br />

kräftigen“, o<strong>de</strong>r: „Bleibe in Verbindung mit <strong>de</strong>r Kraft“.<br />

Diese Kraft haben wir alle nötig, und zwar ganz persönlich. Kraft ist das Gegenteil von<br />

Schwachheit. Wir klagen oft darüber, dass wir in Tagen <strong>de</strong>r kleinen Kraft, <strong>de</strong>r Schwachheit,<br />

leben. Das ist wahr. Aber es ist doch keine Entschuldigung dafür, nicht stark zu sein in <strong>de</strong>r<br />

Gna<strong>de</strong>, die in Christus Jesus ist. Wenn wir – je<strong>de</strong>r persönlich – in schwerer Zeit einen Weg<br />

zur Ehre <strong>de</strong>s Herrn gehen wollen, dann brauchen wir gera<strong>de</strong> in Tagen <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rgangs<br />

Kraft. Wer gegen <strong>de</strong>n Strom schwimmen will – und genau das sollten wir tun –, kann das<br />

nur in <strong>de</strong>r Kraft von oben.<br />

Wir müssen erkennen, dass uns diese Kraft oft fehlt. Woran liegt das? Die Grün<strong>de</strong> können<br />

vielfältig sein. Es liegt jedoch immer an uns, nie an unserem Herrn. Vielleicht fühlen wir<br />

uns erschöpft, frustriert o<strong>de</strong>r mutlos. Vielleicht stehen Hin<strong>de</strong>rnisse wie unüberwindbare<br />

Berge vor uns. Vielleicht vergeu<strong>de</strong>n wir unsere Energie für an<strong>de</strong>re und nutzlose Dinge. Gott<br />

weiß das. Deshalb fin<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>r Bibel – im Alten wie im Neuen Testament – immer<br />

wie<strong>de</strong>r die Auffor<strong>de</strong>rung, stark zu sein. An verschie<strong>de</strong>nen Stellen wer<strong>de</strong>n Männer Gottes<br />

dazu aufgerufen. Ein beson<strong>de</strong>res Beispiel ist Daniel, <strong>de</strong>m dies gleich zweimal gesagt wur<strong>de</strong>:<br />

„Fürchte dich nicht, du vielgeliebter Mann! Frie<strong>de</strong> dir! Sei stark, ja, sei stark.“ Das Ergebnis<br />

ließ nicht auf sich warten: „Und als er mit mir re<strong>de</strong>te, fühlte ich mich gestärkt und sprach:<br />

Mein Herr möge re<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn du hast mich gestärkt“ (Dan 10,19).<br />

Die Quelle unserer Kraft<br />

Stark sind wir nicht in uns selbst, in unserem eigenen Können, unserer Intelligenz, unserer<br />

Weisheit o<strong>de</strong>r unserer Erfahrung. Auch die Menge an Personen an unserer Seite o<strong>de</strong>r die<br />

Anwesenheit begabter und erfahrener Brü<strong>de</strong>r gibt uns keine Kraft. Nicht einmal das ewige<br />

Leben in uns und die uns geschenkte neue Natur be<strong>de</strong>uten Kraft in sich. Nein, unsere Kraft<br />

ist die Kraft <strong>de</strong>s Geistes, die wir nur in unserem Herrn fin<strong>de</strong>n. Wenn wir auf uns selbst<br />

vertrauen, wer<strong>de</strong>n wir keine Kraft bekommen. Nur wenn wir uns auf <strong>de</strong>n Herrn stützen,<br />

haben wir Kraft. Sie liegt in <strong>de</strong>r engen persönlichen und praktischen Beziehung zu Ihm.<br />

Paulus spricht von <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, die in Christus Jesus ist.<br />

Paulus hatte das selbst erfahren. In einer schweren Stun<strong>de</strong> hörte er die Worte seines Herrn:<br />

„Meine Gna<strong>de</strong> genügt dir, <strong>de</strong>nn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor 12,9).<br />

Paulus hatte das gelernt, <strong>de</strong>nn er schreibt weiter: „Denn wenn ich schwach bin, dann bin<br />

ich stark“ (2. Kor 12,10). Das klingt paradox, ist aber wahr und muss gelernt wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Gna<strong>de</strong>, von <strong>de</strong>r hier die Re<strong>de</strong> ist, ist nicht die retten<strong>de</strong> Gna<strong>de</strong>. Es ist vielmehr das tägliche<br />

Empfin<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r Gunst und Zuwendung Gottes zu stehen. Als gerettete Menschen haben<br />

wir Zugang zu <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>r wir stehen (Röm 5,2). Es liegt an je<strong>de</strong>m Einzelnen, für sich<br />

persönlich davon Gebrauch zu machen, aber auch darauf zu achten, dass niemand an <strong>de</strong>r<br />

Gna<strong>de</strong> Mangel lei<strong>de</strong>t (Heb 12,15). Wir haben es alle nötig, durch die Gna<strong>de</strong> zu erstarken,<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

in<strong>de</strong>m wir in <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> bleiben. Es ist das herrliche Wissen, dass Gott auf unserer Seite<br />

steht.<br />

Die Gna<strong>de</strong> ist sozusagen <strong>de</strong>r Weg o<strong>de</strong>r das Mittel, auf <strong>de</strong>m uns diese Kraft zuteil wird.<br />

Die Quelle ist unser Herr selbst, <strong>de</strong>r hier – wie mehrfach in diesem Brief – Christus Jesus<br />

genannt wird. Das wollen wir nicht überlesen. Es ist Christus, <strong>de</strong>r auferstan<strong>de</strong>ne und im<br />

Himmel weilen<strong>de</strong> Christus, <strong>de</strong>r einst in Niedrigkeit auf dieser Er<strong>de</strong> war. In Ihm ist je<strong>de</strong> Kraft<br />

für uns zu fin<strong>de</strong>n. In Philipper 4,13 schreibt Paulus: „Alles vermag ich <strong>de</strong>n <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r mich<br />

kräftigt.“ An dieser Kraftquelle wollen wir angeschlossen bleiben.<br />

„Und was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Leuten<br />

an, die tüchtig sein wer<strong>de</strong>n, auch an<strong>de</strong>re zu lehren“ (Vers 2).<br />

Von Paulus gelernt<br />

Von Seiten Gottes ist alles getan: Erstens hat Er uns ein schönes Glaubensgut anvertraut.<br />

Wir besitzen die Wahrheit als ein zusammenhängen<strong>de</strong>s Ganzes (Kapitel 1,13). Zweitens<br />

besitzen wir <strong>de</strong>n Geist Gottes, <strong>de</strong>r in uns wohnt (Kapitel 1,14). Drittens steht uns die Gna<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s auferstan<strong>de</strong>nen Christus, <strong>de</strong>r die Quelle unserer Kraft ist, reichlich zur Verfügung<br />

(Kapitel 2,1). Jetzt wird Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt, diese Glaubenswahrheit auch an an<strong>de</strong>re<br />

weiterzugeben – und zwar an treue Leute.<br />

Paulus hatte auf seinem Weg nach Damaskus eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Begegnung mit <strong>de</strong>m<br />

verherrlichten Herrn im Himmel gehabt. Dieser hatte ihm viel anvertraut, beson<strong>de</strong>rs die<br />

Wahrheit von <strong>de</strong>r Versammlung, die aus gebürtigen Ju<strong>de</strong>n und Hei<strong>de</strong>n besteht. Paulus<br />

hatte das, was er empfangen hatte, in Treue weitergegeben. Er hatte <strong>de</strong>n Ungläubigen das<br />

Evangelium gepredigt. Er hatte das Reich Gottes und <strong>de</strong>n Ratschluss Gottes verkündigt<br />

(Apg 20,24–27). Nichts hatte er zurückgehalten. Timotheus war als Reisebegleiter oft dabei<br />

gewesen. Er hatte gehört, was Paulus sagte. Vielleicht hatte niemand mehr von Paulus<br />

gehört und gelernt als gera<strong>de</strong> er. Paulus war sein Lehrmeister gewesen. Daran erinnert er<br />

ihn jetzt. Was Paulus gelehrt hatte, war nichts Verborgenes. Im Gegenteil: Es war öffentlich.<br />

Paulus erwähnt viele Zeugen. Es waren nicht nur zwei o<strong>de</strong>r drei Zeugen gewesen, die gehört<br />

hatten, was er lehrte, son<strong>de</strong>rn „viele Zeugen“. Die Zeugen konnten einerseits bestätigen,<br />

was Paulus gesagt hatte. An<strong>de</strong>rerseits waren sie ein Schutz davor, dass Timotheus eigene<br />

Gedanken und Meinungen hinzufügte.<br />

Das Glaubensgut weitergeben<br />

Timotheus sollte nun das, was er selbst in Gegenwart dieser Zeugen gehört hatte, an<br />

an<strong>de</strong>re weitergeben. Er sollte nicht nur persönlich stark sein, son<strong>de</strong>rn auch an<strong>de</strong>re im Auge<br />

haben. Was ihm anvertraut war, sollte er nicht für sich behalten. Und diejenigen, <strong>de</strong>nen<br />

er es anvertraute, sollten ihrerseits wie<strong>de</strong>rum das Glaubensgut weitergeben. Es sollte von<br />

Generation zu Generation laufen. Deshalb mussten die Leute, <strong>de</strong>nen er es sagte, auch treue<br />

Leute sein. Sie sollten treu und tüchtig sein, an<strong>de</strong>re zu lehren.<br />

Timotheus hatte von Paulus ein geistliches Vermächtnis bekommen. Es war ihm anvertraut<br />

wor<strong>de</strong>n. Nun sollte er es wie<strong>de</strong>rum an<strong>de</strong>ren anvertrauen. Das Wort meint, dass etwas<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Wertvolles sorgfältig bewahrt wird. Es ist in diesem Sinn nicht unser eigenes Gut, son<strong>de</strong>rn<br />

etwas, was uns zur Bewahrung anvertraut ist. Es ist die Wahrheit Gottes. Damit müssen wir<br />

sorgfältig umgehen. Das gilt bis heute. Das Glaubensgut muss erstens sorgfältig bewahrt<br />

und zweitens sorgfältig gelehrt wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Gedanke ist also, dass die Wahrheit Gottes von Generation zu Generation weitergegeben<br />

wer<strong>de</strong>n soll. Wenn wir bei diesem Bild bleiben, fin<strong>de</strong>n wir hier vier „Generationen“<br />

vorgestellt:<br />

1. Die Generation <strong>de</strong>r Apostel: Diese Generation gibt es nicht mehr. Die Apostel haben<br />

die Wahrheit direkt durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist empfangen und sie an die nächste<br />

Generation weitergegeben.<br />

2. Die Generation <strong>de</strong>rer, die <strong>de</strong>n Aposteln folgten und unmittelbar von ihnen gelernt<br />

hatte: Dazu zählen Männer wie zum Beispiel Timotheus und Titus. Sie bekamen <strong>de</strong>n<br />

ausdrücklichen Auftrag, wie<strong>de</strong>rum an<strong>de</strong>re zu lehren. Auch diese Generation gibt es<br />

nicht mehr.<br />

3. Die nachfolgen<strong>de</strong> Generation, die hier treu und tüchtig genannt wird und die<br />

wie<strong>de</strong>rum <strong>de</strong>n Auftrag bekommt, an<strong>de</strong>re zu lehren: Darin können wir uns selbst<br />

sehen. Es ist jetzt unsere Aufgabe, die Wahrheit an die nachfolgen<strong>de</strong> Generation –<br />

unsere Kin<strong>de</strong>r und jungen Leute – weiterzugeben.<br />

4. Die Generation <strong>de</strong>rer, an die das Glaubensgut heute weitergegeben wird: Sie sollen es<br />

hören und be<strong>de</strong>nken -; und dann später selbst an an<strong>de</strong>re weitergeben.<br />

Wir können diesen Prozess <strong>de</strong>r Weitergabe <strong>de</strong>s anvertrauten Gutes mit einem Staffellauf von<br />

vier Athleten vergleichen. Der erste Läufer erhält <strong>de</strong>n Staffelstab und gibt ihn dann jeweils<br />

an <strong>de</strong>n nächsten weiter. Es ist un<strong>de</strong>nkbar, dass ein Läufer plötzlich <strong>de</strong>n Lauf abbricht und<br />

<strong>de</strong>n Stab fallen lässt. Dennoch gibt es viele Christen, die genau das getan haben. Sie haben<br />

die Wahrheit von <strong>de</strong>r Generation vor ihnen (z. B. von ihren Eltern) gehört und sie nicht an<br />

die nachfolgen<strong>de</strong> Generation weitergegeben. Dieser Vers legt eine große Verantwortung auf<br />

uns alle, sowohl in <strong>de</strong>r örtlichen Versammlung als auch in <strong>de</strong>n Familien, beson<strong>de</strong>rs dann,<br />

wenn wir Kin<strong>de</strong>r haben. Es ist uns Aufgabe, die Glaubenswahrheit zu kennen, uns daran zu<br />

erfreuen und sie dann entsprechend an die nächste Generation zu übermitteln.<br />

Keine apostolische Nachfolge<br />

Dieser Vers erteilt neben dieser praktischen Belehrung <strong>de</strong>m Gedanken einer apostolischen<br />

Nachfolge o<strong>de</strong>r einer Ordination zum Predigen eine klare Absage. We<strong>de</strong>r hier noch etwa in<br />

Apostelgeschichte 20 ist von einer Nachfolge im Sinn neuer Apostel o<strong>de</strong>r fest angestellter<br />

„Geistlicher“ die Re<strong>de</strong>. Als Paulus zu <strong>de</strong>n Ältesten von Ephesus sprach, befahl er sie Gott<br />

und <strong>de</strong>m Wort seiner Gna<strong>de</strong> an (Apg 20,32). Hier ist die Re<strong>de</strong> von Männern, die treu und<br />

fähig sind, das anvertraute Gut von Generation zu Generation weiterzugeben. Es ist unsere<br />

ganz persönliche Aufgabe, uns selbst auf unseren allerheiligsten Glauben aufzuerbauen und<br />

dann die Glaubenswahrheit an an<strong>de</strong>re weiterzugeben. Es ist keine Re<strong>de</strong> davon, apostolische<br />

Autorität o<strong>de</strong>r ein kirchliches Amt weiterzugeben, son<strong>de</strong>rn die Wahrheit. Das ist einer <strong>de</strong>r<br />

Grün<strong>de</strong>, warum wir heute we<strong>de</strong>r „Apostel“ noch fest angestellte „Geistliche“ haben.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 43


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Apostolische Nachfolge ist im Übrigen gar nicht erfor<strong>de</strong>rlich, weil das Wort Gottes durch die<br />

Apostel abgeschlossen wur<strong>de</strong>. Es geht nicht um neue Wahrheiten, son<strong>de</strong>rn darum, die durch<br />

die Apostel offenbarten Wahrheiten festzuhalten und weiterzugeben. Das Glaubensgut ist<br />

„ein für alle Mal“ übermittelt (Jud 3). Wir fügen diesem Glaubensgut nichts hinzu. Wir<br />

nehmen nichts weg und verän<strong>de</strong>rn auch nichts. Diese Wahrheit reicht für alle Zeiten aus –<br />

auch für Zeiten von Nie<strong>de</strong>rgang und Rückschritt.<br />

Was wir aber sehr wohl fin<strong>de</strong>n, sind die Voraussetzungen, die diejenigen erfüllen müssen,<br />

die das Glaubensgut weitergeben. Natürlich gibt es die Seite Gottes, <strong>de</strong>r eine Gabe gibt, um<br />

das Wort zu lehren. Aber wenn es um die Seite unserer Verantwortung geht, dann müssen<br />

drei Punkte erfüllt sein:<br />

1. Kenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit: Wir können Gottes Wort nur dann weitergeben, wenn wir es<br />

kennen und lieben. Gera<strong>de</strong> in Tagen <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rgangs brauchen wir diese Kenntnis<br />

<strong>de</strong>r Gedanken Gottes -; aber eben nicht nur Kenntnis in unserem Kopf, son<strong>de</strong>rn im<br />

Herzen (vgl. 5. Mo 6,6–9).<br />

2. Treue in <strong>de</strong>r Nachfolge hinter <strong>de</strong>m Herrn her: Treu be<strong>de</strong>utet vertrauenswürdig und<br />

zuverlässig. Von einem Verwalter erwartet man, dass er gera<strong>de</strong> diese Eigenschaft hat<br />

(vgl. 1. Kor 4,2).<br />

3. Fähigkeit (Tüchtigkeit): Gottes Wort muss in klarer und verständlicher Form gere<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n. Diese Fähigkeit ist nicht zuerst eine natürliche Fähigkeit. Sie kommt von Gott<br />

und ist nicht von unserer Intelligenz, son<strong>de</strong>rn von unserer Treue abhängig.<br />

„Nimm teil an <strong>de</strong>n Trübsalen als ein guter Streiter Christi Jesu“ (Vers 3).<br />

In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Versen gebraucht Paulus drei Bil<strong>de</strong>r, um Timotheus zu ermuntern. Es<br />

wer<strong>de</strong>n drei Beschäftigungen genannt, die in <strong>de</strong>r Zeit, als Timotheus lebte, bekannt waren:<br />

das Bild <strong>de</strong>s Soldaten, das Bild <strong>de</strong>s Sportlers und das Bild <strong>de</strong>s Ackerbauern. Alle drei Bil<strong>de</strong>r<br />

lassen uns an Arbeit und Mühe <strong>de</strong>nken, aber alle drei zeigen auch ein entsprechen<strong>de</strong>s<br />

positives Ergebnis.<br />

• Der Soldat hat jetzt Wi<strong>de</strong>rwärtigkeiten, aber er gefällt seinem Herrn<br />

• Der Sportler muss jetzt verzichten, aber er hat die Aussicht auf eine Krone<br />

• Der Ackerbauer muss sich jetzt abmühen, aber er wird einmal die Frucht genießen<br />

Diese drei Bil<strong>de</strong>r sind dazu angetan, uns Mut zu machen, unserem Herrn im Dienst zur<br />

Verfügung zu stehen.<br />

Erstes Bild: Der Soldat<br />

Von <strong>de</strong>m Soldaten lernen wir zwei Dinge: Erstens müssen wir als Streiter Christi, die Ihm<br />

im Fein<strong>de</strong>sland dienen, bereit sein zu lei<strong>de</strong>n. Wir können uns nicht beklagen, wenn wir<br />

im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn Schläge einstecken wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Unannehmlichkeiten erlei<strong>de</strong>n.<br />

Zweitens geht es darum, unserem „Kriegsherrn“ völlig zu Verfügung zu stehen, in<strong>de</strong>m wir<br />

uns auf das Wesentliche konzentrieren.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Unser Kampf<br />

Es wird hier nicht erläutert, worin <strong>de</strong>r Kampf besteht. Das wird an an<strong>de</strong>ren Stellen<br />

vorgestellt. Allgemein können wir sagen, dass <strong>de</strong>r Kampf <strong>de</strong>s Christen zwei große Seiten<br />

hat:<br />

• a) Es ist ein Abwehrkampf. Das schließt ein, dass wir bereit sind, für die<br />

Glaubenswahrheit einzustehen. Judas for<strong>de</strong>rt dazu auf, für <strong>de</strong>n einmal <strong>de</strong>n Heiligen<br />

überlieferten Glauben zu kämpfen (Jud 3). Damit ist nicht <strong>de</strong>r retten<strong>de</strong> Glaube gemeint,<br />

son<strong>de</strong>rn die Glaubenswahrheit. Sie wird heute mehr <strong>de</strong>nn je angegriffen. Deshalb ist<br />

<strong>de</strong>r Kampf für die Wahrheit sehr aktuell.<br />

• b) Es ist ein Angriffskampf. Wir sind aufgefor<strong>de</strong>rt, das Evangelium in dieser Welt<br />

zu verbreiten. Das geht nicht ohne Kampf. In Philipper 4,3 spricht Paulus von zwei<br />

Schwestern, die mit ihm im Evangelium gekämpft hatten.<br />

Paulus kannte sowohl <strong>de</strong>n Verteidigungs- wie auch <strong>de</strong>n Angriffskampf. Wie kein Zweiter<br />

hatte er für die Wahrheit gekämpft, aber gleichzeitig konnte er gar nicht an<strong>de</strong>rs, als das<br />

Evangelium zu verkündigen.<br />

Trübsale<br />

Soldat zu sein ist kein Vergnügen, son<strong>de</strong>rn mit Entbehrungen verbun<strong>de</strong>n. Das galt damals<br />

mehr als heute. Der Soldat ging im Wesentlichen an <strong>de</strong>m normalen bürgerlichen Leben<br />

vorbei. Insofern verstehen wir die Auffor<strong>de</strong>rung an Timotheus, als Streiter Christi Jesu<br />

an <strong>de</strong>n Trübsalen teilzunehmen. Wörtlich könnte man diesen Ausdruck übersetzen: „Sei<br />

bereit, Schlechtes zu erlei<strong>de</strong>n.“ Für das Evangelium zu kämpfen be<strong>de</strong>utet Entbehrungen<br />

und Trübsal. In Kapitel 1,8 wird Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt, Trübsal mit <strong>de</strong>m Evangelium zu<br />

lei<strong>de</strong>n. Die Wahrheit zu kennen und für sie einzustehen, ist ebenfalls nicht immer einfach.<br />

Davor schrecken wir von Natur aus manchmal zurück. Aber <strong>de</strong>r Herr ist es wert, dass wir<br />

Wi<strong>de</strong>rwärtigkeiten auf uns nehmen, weil Er es ist, <strong>de</strong>r uns angeworben hat. Außer<strong>de</strong>m wird<br />

<strong>de</strong>r Zeitpunkt kommen, wo die Lei<strong>de</strong>n ein En<strong>de</strong> haben und wir mit Ihm herrschen wer<strong>de</strong>n.<br />

Gera<strong>de</strong> die Aussicht auf die kommen<strong>de</strong> Herrlichkeit stärkt uns jetzt und hilft uns, Trübsale<br />

und Schwierigkeiten zu akzeptieren. Das wird uns im weiteren Verlauf <strong>de</strong>s Kapitels noch<br />

beschäftigen.<br />

Es gibt also im Kampf für <strong>de</strong>n Herrn ganz sicher Schwierigkeiten und Nöte. Paulus hatte das<br />

stark erlebt – er war ja gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>swegen ein Gefangener in Rom. Wir heute erleben es nur<br />

noch wenig. Aber auch wir erfahren zum Beispiel Wi<strong>de</strong>rstand (Kapitel 2,25), Verfolgung<br />

(Kapitel 3,12), Einsamkeit (Kapitel 4,10) und Boshaftigkeit (Kapitel 4,14) – und das sogar<br />

manchmal von Menschen, die sich Christen nennen. Auch die Jünger <strong>de</strong>s Herrn hatten das<br />

in <strong>de</strong>r Nachfolge und im Dienst erfahren, und <strong>de</strong>r Herr weiß es beson<strong>de</strong>rs zu würdigen (vgl.<br />

Lk 22,28).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Streiter Christi Jesu<br />

Wir stehen im Kampf für <strong>de</strong>n Herrn – aber wir haben einen Anführer, <strong>de</strong>r uns angeworben<br />

hat. Er ist <strong>de</strong>r Anführer unserer Errettung. Er selbst ging durch Lei<strong>de</strong>n zur Herrlichkeit. Er<br />

ist unser Vorbild (1. Pet 2,23).<br />

Beachten wir, dass von Streitern „Christi Jesu“ die Re<strong>de</strong> ist. Auf die Beson<strong>de</strong>rheit <strong>de</strong>r<br />

Reihenfolge hatten wir weiter oben schon hingewiesen. Es ist Christus, <strong>de</strong>r zur Rechten<br />

Gottes erhöhte Mensch, <strong>de</strong>r einst selbst durch tiefe Lei<strong>de</strong>n und Trübsale gegangen ist.<br />

Darüber hinaus sollen wir nicht einfach nur Kämpfer sein, son<strong>de</strong>rn wir sollen „gute“ Streiter<br />

Christi sein. Das Wort meint das, was „e<strong>de</strong>l“ ist. Gute Streiter sind wir dann, wenn man uns<br />

nichts vorwerfen kann.<br />

„Niemand, <strong>de</strong>r Kriegsdienste tut, verwickelt sich in die Beschäftigungen <strong>de</strong>s Lebens, damit<br />

er <strong>de</strong>m gefalle, <strong>de</strong>r ihn angeworben hat“ (Vers 4).<br />

Aktive Soldaten<br />

Jetzt heißt es nicht mehr einfach „Streiter Christi Jesu“, son<strong>de</strong>rn wir lesen von Leuten, die<br />

„Kriegsdienste tun“. Das be<strong>de</strong>utet, dass jemand tatsächlich in <strong>de</strong>n Krieg zieht. Gemeint ist<br />

ein aktiver Dienst für <strong>de</strong>n Herrn. Man kann Soldat sein und doch nicht kämpfen. Es gibt<br />

Soldaten, die in <strong>de</strong>r Kaserne o<strong>de</strong>r zu Hause sind. Aber hier ist ein aktiver Kampf gemeint.<br />

Als Christen befin<strong>de</strong>n wir uns nie im Ruhestand. Unsere Aufgabe, für <strong>de</strong>n Herrn zu arbeiten,<br />

ist eine „Vollzeitaufgabe“.<br />

Konzentration auf das Wesentliche<br />

Der aktive Soldat verwickelt sich nicht in die Beschäftigungen <strong>de</strong>s Lebens. Er weiß, worauf<br />

es ankommt. Darauf konzentriert er sich. „Verwickeln“ meint, in etwas aufzugehen. Das<br />

Wort wird außer an dieser Stelle noch in 2. Petrus 2,20 gebraucht, wo es um das Verwickeln<br />

in die Befleckung <strong>de</strong>r Welt geht. Wörtlich heißt es soviel wie „weben“. Man könnte also<br />

vom einem „Verflechten“ sprechen.<br />

Es geht hier um die Frage, was das Wesentliche in unserem Leben ist und worauf wir uns<br />

konzentrieren. Welchen Stellenwert haben die Dinge <strong>de</strong>s täglichen Lebens, und welchen<br />

Stellenwert haben <strong>de</strong>r Dienst und <strong>de</strong>r Kampf für unseren Herrn? Ein Ausleger hat das<br />

einmal in etwa so ausgedrückt: „Kümmern wir uns um an<strong>de</strong>re Dinge als um <strong>de</strong>n Herrn,<br />

geben wir die Abson<strong>de</strong>rung, die Hingabe und <strong>de</strong>n Gehorsam an Ihn auf.“<br />

Es wird an dieser Stelle nicht gesagt, dass ein Streiter Christi nicht <strong>de</strong>n täglichen<br />

Beschäftigungen <strong>de</strong>s Lebens nachgehen sollte. Das ist nicht gemeint. Die meisten Christen<br />

gehen einer regelmäßigen Berufstätigkeit nach o<strong>de</strong>r kümmern sich um <strong>de</strong>n Haushalt. Das<br />

ist nach <strong>de</strong>n Gedanken Gottes unbedingt richtig. Wir sollen im Berufsleben fleißig sein.<br />

Paulus selbst war auch berufstätig. Gleiches gilt für die jungen Leute in <strong>de</strong>r Schule und in<br />

<strong>de</strong>r Ausbildung o<strong>de</strong>r für die Arbeit zu Hause. In all diesen Dingen sollen wir im Fleiß „nicht<br />

säumig“ sein (Röm 12,11). Der Punkt, auf <strong>de</strong>n wir hier aufmerksam gemacht wer<strong>de</strong>n, ist <strong>de</strong>r,<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

dass wir uns darin nicht verwickeln – o<strong>de</strong>r einwickeln – lassen. Die Beschäftigungen <strong>de</strong>s<br />

Lebens sollen uns nicht „auffressen“. Sie sollen uns nicht so vereinnahmen, dass wir ganz<br />

darin aufgehen. Der Alltag mit seinen Anfor<strong>de</strong>rungen an uns kann uns so sehr die Luft<br />

wegnehmen, dass wir nicht mehr dazu kommen, für unseren Herrn im Kampf dazustehen.<br />

Die Alltagsgeschäfte dürfen nicht zur Hauptsache in unserem Leben wer<strong>de</strong>n. Der Dienst für<br />

Christus muss immer <strong>de</strong>n ersten Platz in unserem Leben haben. Den Korinthern, die wohl<br />

überwiegend berufstätig waren, wird gesagt, dass sie allezeit überströmend sein sollten im<br />

Werk <strong>de</strong>s Herrn (1. Kor 15,58). Das gilt für uns alle. Je<strong>de</strong>r von uns ist gemeint.<br />

Die Gefahr, in die Beschäftigungen <strong>de</strong>s Lebens verwickelt zu wer<strong>de</strong>n, ist für uns alle sehr<br />

groß – ganz beson<strong>de</strong>rs in letzten Tagen und schweren Zeiten. Neben <strong>de</strong>n Erfor<strong>de</strong>rnissen<br />

<strong>de</strong>s Berufslebens bietet Satan uns gera<strong>de</strong> heute eine bunte Palette von Beschäftigungen <strong>de</strong>s<br />

Lebens an, die in sich nicht böse sein müssen. Das Problem ist nur: Sie rauben uns <strong>de</strong>n Blick<br />

für das Wesentliche. Die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Frage ist, wem unsere Kraft, unsere Zeit, unsere<br />

Energie gilt.<br />

Dem gefallen, <strong>de</strong>r uns angeworben hat<br />

Ein Streiter Christi Jesu will <strong>de</strong>m gefallen, <strong>de</strong>r ihn angeworben (rekrutiert) hat. Wir gehören<br />

nicht uns selbst, son<strong>de</strong>rn wir gehören unserem Herrn. Er hat uns angeworben – und zwar<br />

um einen hohen Preis. Es wird hier nicht erwähnt, aber wir können es nie vergessen: Der<br />

Herr Jesus ist für uns gestorben. Sein Blut war <strong>de</strong>r Preis (1. Pet 1,19). Deshalb stellt sich jetzt<br />

die Frage für je<strong>de</strong>n: Wollen wir Ihm gefallen? Er hat alles für uns gegeben. Und nicht nur<br />

das. Er tat es aus Liebe. Der Herr Jesus hat uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben.<br />

Paulus erinnert die Korinther daran, dass sie um einen Preis erkauft waren und fügt hinzu:<br />

„Verherrlicht nun Gott“ (1. Kor 6,20).<br />

Der Herr Jesus selbst ist darüber hinaus unser Vorbild. Er wollte, als Er als Mensch auf<br />

<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> war, seinem Gott in allem „gefallen“. Er tat immer und zu je<strong>de</strong>r Zeit das Ihm<br />

„Wohlgefällige“. Es war seine Speise, <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>ssen zu tun, <strong>de</strong>r Ihn gesandt hatte<br />

(Joh 4,34). Paulus ist uns darin ebenfalls ein Ansporn. Es war für ihn keine weltfrem<strong>de</strong><br />

Aussage, als er <strong>de</strong>n Philippern schrieb: „Das Leben ist für mich Christus“ (Phil 1,21). Er<br />

wollte nur für Christus da sein. Die Frage stellt sich für uns: Was macht unser Leben aus?<br />

Für wen o<strong>de</strong>r was leben wir? Ist es <strong>de</strong>r Beruf, die Karriere, <strong>de</strong>r Sport, die Musik, das Hobby –<br />

o<strong>de</strong>r ist es Christus? Wem wollen wir gefallen? Wenn es <strong>de</strong>r ist, <strong>de</strong>r uns angeworben hat,<br />

dann geht es uns im Dienst auch nicht darum, an<strong>de</strong>ren Menschen o<strong>de</strong>r gar uns selbst zu<br />

gefallen.<br />

„Wenn aber auch jemand kämpft, so wird er nicht gekrönt, es sein <strong>de</strong>nn, er habe<br />

gesetzmäßig gekämpft“ (Vers 5).<br />

Zweites Bild: Der Sportler<br />

Als zweites Bild stellt Paulus einen Sportler vor. Der „Kämpfer“ ist hier nicht ein<br />

Soldat, son<strong>de</strong>rn gemeint ist das „Kämpfen im Kampfspiel“. Es geht um einen sportlichen<br />

Wettkämpfer (Athlet = gr. athleo). Sportliche Wettkämpfe waren im alten Griechenland<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

bekannt und beliebt. Denken wir nur an <strong>de</strong>n Ursprung <strong>de</strong>r Olympischen Spiele. Deshalb<br />

spricht Paulus in seinen Briefen öfter darüber und erläutert auf diese Weise geistliche<br />

Wahrheiten.<br />

Wir wollen am Rand bemerken, dass <strong>de</strong>r Sport in <strong>de</strong>r Gesellschaft, in <strong>de</strong>r wir leben, einen<br />

sehr hohen Stellenwert hat. Für viele Kin<strong>de</strong>r Gottes stellt er eine reale Gefahr dar. Paulus<br />

schreibt an Timotheus: „Die leibliche Übung ist zu wenigem nützlich“ (1. Tim 4,8). In Maßen<br />

betrieben ist Sport durchaus für einen Christen akzeptabel und hat einen gesundheitlichen<br />

Wert. Die Gefahr besteht jedoch, dass er schnell einen zu hohen Stellenwert in unserem<br />

Leben einnimmt (aktiv wie passiv) und uns auf diese Weise Zeit für <strong>de</strong>n Herrn wegnimmt.<br />

Voraussetzungen<br />

Im alten Griechenland gab es – soweit wir heute wissen – hauptsächlich drei<br />

Voraussetzungen, um an <strong>de</strong>n großen sportlichen Wettkämpfen teilnehmen zu können:<br />

1. Der Teilnehmer musste ein Zertifikat seiner Abstammung vorweisen können. Es<br />

musste klar sein, woher er kam. Übertragen auf uns Christen könnten wir sagen,<br />

dass ein Knecht <strong>de</strong>s Herrn wie<strong>de</strong>rgeboren sein muss, um im Dienst für Ihn stehen zu<br />

können. Auf die Frage „echt“ o<strong>de</strong>r „unecht“ kommt Paulus im weiteren Verlauf <strong>de</strong>s<br />

Kapitels noch zu sprechen.<br />

2. Der Teilnehmer musste bereit sein, sich einem intensiven Training von mehreren<br />

Monaten zu unterziehen. In dieser Zeit galt es, auf alles an<strong>de</strong>re zu verzichten. Auf<br />

uns übertragen <strong>de</strong>nken wir daran, dass wir uns als Christen zur Gottseligkeit üben<br />

sollen (1. Tim 4,7). Im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn gilt es darüber hinaus, auf manches zu<br />

verzichten, was <strong>de</strong>m Fleisch angenehm erscheint.<br />

3. Der Teilnehmer musste seine Bereitschaft erklären, sich <strong>de</strong>n gelten<strong>de</strong>n Regeln zu<br />

unterwerfen. Tat er das nicht, wur<strong>de</strong> er disqualifiziert o<strong>de</strong>r ihm wur<strong>de</strong> – wenn es<br />

später bekannt wur<strong>de</strong> – <strong>de</strong>r Sieg aberkannt. Als Diener <strong>de</strong>s Herrn müssen wir bereit<br />

sein, uns <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>s Wortes Gottes zu unterwerfen und nicht eigenmächtig zu<br />

han<strong>de</strong>ln.<br />

Die Art und Weise ist wichtig<br />

Genau um diesen dritten Punkt geht es in unserem Text. Der Sportler wird aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />

gesetzmäßig zu kämpfen. „Gesetzmäßig“ be<strong>de</strong>utet wörtlich „nach <strong>de</strong>n Gesetzen (Regeln)<br />

<strong>de</strong>s Kampfspiels“. Das Wort wird noch einmal in 1. Timotheus 1,8 in Verbindung mit <strong>de</strong>m<br />

Gesetz vom Sinai gebraucht. Hier ist es allgemein zu verstehen. Wer die gelten<strong>de</strong>n Regeln<br />

nicht einhält, wird nicht gekrönt. Die Krone ist die Belohnung. Davon spricht Paulus an<br />

mehreren Stellen. Es ist die Aussicht auf das, was vor uns liegt.<br />

Im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn und in seiner Nachfolge sollten wir uns verschie<strong>de</strong>ne Fragen immer<br />

wie<strong>de</strong>r stellen. Eine davon lautet: Was soll ich tun? Diese Frage bewegte <strong>de</strong>n Apostel Paulus<br />

während seiner entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n ersten Begegnung mit <strong>de</strong>m verherrlichten Herrn: „Was soll<br />

ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Eine weitere Frage lautet: Wann soll ich es tun? Manchmal tun<br />

wir das Richtige, wir tun es jedoch nicht zum richtigen Zeitpunkt. Aber die Frage, um die es<br />

hier geht, lautet: Wie soll ich es tun? Das ist die Frage nach <strong>de</strong>r Art und Weise.<br />

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In <strong>de</strong>r Welt hört man manchmal die Aussage: „Der Zweck heiligt die Mittel.“ Das will sagen:<br />

Entschei<strong>de</strong>nd ist nicht, wie ich etwas tue, son<strong>de</strong>rn dass ich es überhaupt tue. Das mag sich<br />

auf <strong>de</strong>n ersten Blick gut anhören. Es ist aber mit <strong>de</strong>n Gedanken Gottes nicht vereinbar. Es<br />

ist durchaus wichtig, was wir tun. Es ist auch wichtig, wann wir es tun. Aber es ist ebenso<br />

wichtig, wie wir etwas tun. Die gute Absicht allein reicht nicht aus. Im Sport ist das übrigens<br />

bis heute nicht an<strong>de</strong>rs. Wer sich nicht an die Regeln hält, wird disqualifiziert. Paulus konnte<br />

am En<strong>de</strong> seines Lebens sagen, dass er <strong>de</strong>n guten Kampf gekämpft, <strong>de</strong>n Lauf vollen<strong>de</strong>t und<br />

<strong>de</strong>n Glauben bewahrt hatte. Danach spricht er von <strong>de</strong>r Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit, die er<br />

bekommen wür<strong>de</strong> (2. Tim 4,8). Paulus hatte das befolgt, wozu er uns hier aufruft.<br />

Es geht im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn nicht primär darum, dass wir große Dinge tun, son<strong>de</strong>rn<br />

dass wir <strong>de</strong>n Willen unseres Herrn in Treue erfüllen – und zwar so, wie Er es will. Es geht<br />

um Treue und Gehorsam. Menschen glänzen gerne durch große Taten. Wir sollen vielmehr<br />

durch Treue und Gehorsam glänzen. Auch in Tagen von Verfall und Nie<strong>de</strong>rgang halten wir<br />

die „Spielregeln“ ein. Zeiten än<strong>de</strong>rn sich -; die Regeln Gottes nicht.<br />

Das große Vorbild ist auch in diesem Punkt unser Herr selbst. Als Er in Gethsemane<br />

im ringen<strong>de</strong>n Kampf war, betete Er zu seinem Vater. Markus schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Inhalt dieses<br />

ergreifen<strong>de</strong>n Gebets mit <strong>de</strong>n Worten: „Nicht, was ich will, son<strong>de</strong>rn was du willst“ (Mk 14,36).<br />

Der Herr wollte <strong>de</strong>n Willen seines Vaters tun und nicht seinen eigenen. Matthäus hingegen<br />

berichtet es so: „Nicht wie ich will, son<strong>de</strong>rn wie du willst“ (Mt 26,39). Hier geht es um die Art<br />

und Weise, wie <strong>de</strong>r Herr das Werk vollbringen wollte. Der Unterschied ist beachtenswert.<br />

„Der Ackerbauer muss, um die Früchte zu genießen, zuerst arbeiten“ (Vers 6).<br />

Drittes Bild: Der Ackerbauer<br />

Der Beruf <strong>de</strong>s Ackerbauern war in <strong>de</strong>r damaligen Zeit weit verbreitet. Es war ein Beruf,<br />

<strong>de</strong>r mit harter Arbeit und großer Mühe verbun<strong>de</strong>n war. Dem Soldaten stehen in <strong>de</strong>r Regel<br />

an<strong>de</strong>re zur Seite, die ihn anspornen und unterstützen. Im sportlichen Wettkampf gibt es<br />

Mitsportler und Zuschauer, die <strong>de</strong>n Kämpfer anspornen. Der Ackerbauer hingegen arbeitet<br />

oft ganz allein. Auch das will gelernt sein. Im Alltag sind wir im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn<br />

oft auf uns allein gestellt. Die Arbeit <strong>de</strong>s Bauern ist oft monoton, ermü<strong>de</strong>nd. Sie erscheint<br />

wenig attraktiv. Da brauchen wir vor allem Geduld.<br />

Saat und Ernte<br />

Das Bild von Saat und Ernte wird in <strong>de</strong>r Bibel an mehreren Stellen gebraucht, um geistliche<br />

Wahrheiten zu illustrieren. Hier geht es konkret um die Belehrung, dass Ergebnisse im Werk<br />

<strong>de</strong>s Herrn nicht „von selbst“ kommen, son<strong>de</strong>rn – aus <strong>de</strong>r Sicht unserer Verantwortung – das<br />

Ergebnis von Mühe und Arbeit sind. Auf eine kurze Formel gebracht, lautet die Belehrung:<br />

„Von nichts kommt nichts“, o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs ausgedrückt: „Ohne Fleiß kein Preis“.<br />

Paulus fügt an an<strong>de</strong>rer Stelle einen Gedanken hinzu, <strong>de</strong>n wir ebenfalls beachten wollen.<br />

Er zeigt uns die Seite Gottes. Er schreibt: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott<br />

aber hat das Wachstum gegeben“ (1. Kor 3,6). Das ist die Seite Gottes. Uns fällt es oft<br />

schwer, auf das Wachstum und die Ergebnisse zu warten. Deshalb spricht Jakobus von <strong>de</strong>r<br />

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Geduld (vgl. Jak 5,7.8). So viel an uns liegt, sollen und müssen wir arbeiten. Aber we<strong>de</strong>r die<br />

Wetterbedingungen noch das Wachstum können wir beeinflussen. Dafür sorgt Gott.<br />

Ohne Fleiß kein Preis<br />

Der Gedanke in unserem Vers ist also <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Fleißes und <strong>de</strong>r Bemühung. Das für „arbeiten“<br />

gebrauchte Wort meint hier „sich abplagen und sich im Schweiß seines Angesichts bis zur<br />

Erschöpfung anstrengen“. Der Beruf <strong>de</strong>s Landwirtes beinhaltete damals ein Höchstmaß<br />

an harter Arbeit. Es war wirkliche körperliche Anstrengung damit verbun<strong>de</strong>n. Diese<br />

Anstrengung und Mühe soll uns im Dienst kennzeichnen. Arbeit im Werk <strong>de</strong>s Herrn<br />

ist kein gemütlicher Spaziergang im Sonnenschein, son<strong>de</strong>rn be<strong>de</strong>utet mitunter echte Mühe<br />

und Einsatz.<br />

Wir lernen, dass „jetzt“ die Zeit <strong>de</strong>s Arbeitens ist. Die Zeit <strong>de</strong>r Ernte und <strong>de</strong>r Ruhe liegt<br />

noch vor uns. Aber sie kommt ganz sicher. Lohn – <strong>de</strong>n Genuss <strong>de</strong>r Früchte – gibt es „an<br />

jenem Tag“. Damit sind <strong>de</strong>r Richterstuhl Christi und das darauf folgen<strong>de</strong> Reich gemeint.<br />

Natürlich lässt <strong>de</strong>r Herr uns oft zur Ermunterung die Ergebnisse unserer Arbeit schon hier<br />

auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> sehen. Aber <strong>de</strong>r eigentliche Tag <strong>de</strong>r „Abrechnung“ o<strong>de</strong>r „Vergeltung“ – im<br />

positiven Sinn – liegt noch vor uns.<br />

In Psalm 126,5.6 lesen wir: „Die mit Tränen säen, wer<strong>de</strong>n mit Jubel ernten. Er geht hin<br />

unter Weinen und bringt <strong>de</strong>n Samen zur Aussaat; er kommt heim mit Jubel und trägt<br />

seine Garben.“ Das bezieht sich prophetisch auf <strong>de</strong>n Überrest aus Israel. In <strong>de</strong>r Anwendung<br />

<strong>de</strong>nken wir erstens an unseren Herrn. Auf Golgatha hat Er <strong>de</strong>n Samen zu Aussaat gebracht –<br />

das Weizenkorn ist in die Er<strong>de</strong> gefallen –, um sich dann später von <strong>de</strong>r Frucht <strong>de</strong>r Mühsal<br />

seiner Seele zu sättigen. Aber wir können das ebensogut auf uns anwen<strong>de</strong>n. Wer jetzt mit<br />

Mühe – und manchmal mit Tränen – sät, wird einmal mit Jubel ernten. Das Versprechen<br />

Gottes gilt immer noch: „Wirf <strong>de</strong>in Brot hin auf die Fläche <strong>de</strong>r Wasser, <strong>de</strong>nn nach vielen<br />

Tagen wirst du es fin<strong>de</strong>n“ (Pred 11,1). Wer von uns wollte nicht einmal das Wort <strong>de</strong>s Herrn<br />

hören: „Wohl, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über vieles wer<strong>de</strong><br />

ich dich setzen; geh ein in die Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>ines Herrn“ (Mt 25,21)?<br />

Paulus selbst ist uns in <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>s Fleißes und <strong>de</strong>s Einsatzes ein schönes Vorbild. Paulus<br />

war fleißig und bemühte sich – wie kein an<strong>de</strong>rer – im Werk <strong>de</strong>s Herrn. Er schreibt an die<br />

Korinther: „Aber durch Gottes Gna<strong>de</strong> bin ich, was ich bin; und seine Gna<strong>de</strong> gegen mich<br />

ist nicht vergeblich gewesen, son<strong>de</strong>rn ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber<br />

ich, son<strong>de</strong>rn die Gna<strong>de</strong> Gottes, die mit mir war“ (1. Kor 15,10). Dieser Vers verbin<strong>de</strong>t die<br />

Seite <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes mit unserer Seite <strong>de</strong>r Verantwortung. Paulus beginnt mit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong><br />

und en<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>. Er wusste sich völlig abhängig von <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>. Aber was seine<br />

Verantwortung betraf, hatte er viel mehr gearbeitet als alle an<strong>de</strong>ren.<br />

„Be<strong>de</strong>nke, was ich sage; <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Herr wird dir Verständnis geben in allen Dingen“<br />

(Vers 7).<br />

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Be<strong>de</strong>nken<br />

Timotheus wird in verschie<strong>de</strong>ner Weise aufgefor<strong>de</strong>rt, richtig umzugehen mit <strong>de</strong>m, was<br />

Paulus ihm sagte. Er sollte das Bild gesun<strong>de</strong>r Worte „festhalten“ (Kapitel 1,13). Er sollte<br />

das schöne anvertraute Gut „bewahren“ (Kapitel 1,14). Er sollte in <strong>de</strong>m „bleiben“, was er<br />

gelernt hatte (Kapitel 3,14). Hier wird ihm gesagt, dass er es „be<strong>de</strong>nken“ sollte. Paulus<br />

konnte Timotheus die Wahrheit vermitteln und erklären. Aber das „Be<strong>de</strong>nken“ musste<br />

er selbst tun. Das kann keiner für <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren tun. „Be<strong>de</strong>nken“ be<strong>de</strong>utet so viel wie<br />

„nachsinnen“, „abwägen“, „über<strong>de</strong>nken“. Das Ziel ist, dass das Gehörte kein intellektuelles<br />

Gepäckstück ist, son<strong>de</strong>rn innerlicher Besitz wird. In 3. Mose 11,3 spricht Gott von Tieren,<br />

die Wie<strong>de</strong>rkäuer waren. Das ist <strong>de</strong>r Punkt, um <strong>de</strong>n es hier geht. Wir sollen die göttlichen<br />

Gedanken verinnerlichen, in<strong>de</strong>m wir sie „wie<strong>de</strong>rkäuen“.<br />

Dazu brauchen wir Zeit – und genau die fehlt uns oft in unserer hektischen Zeit.<br />

Das Bild einer Her<strong>de</strong> gibt uns Anschauungsunterricht. Im Alten Testament wer<strong>de</strong>n die<br />

Begriffe „nähren“ (wei<strong>de</strong>n) und „lagern“ oft miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n (z. B. Hes 34,14; Ps 23).<br />

Richtungweisend ist das Beispiel von Maria aus Bethanien. Sie verbrachte Zeit zu <strong>de</strong>n Füßen<br />

<strong>de</strong>s Herrn Jesus. Damit hatte sie das gute Teil erwählt. Je schwieriger die Zeit, umso mehr<br />

brauchen wir die Stille, um in Ruhe das Wort Gottes zu über<strong>de</strong>nken.<br />

Verständnis in allen Dingen<br />

Das genau ist <strong>de</strong>r Weg, um wirkliches Verständnis zu bekommen. Das ist die Zusage,<br />

die Gott hier gibt. Das ist <strong>de</strong>r Weg zu wahrer Einsicht. Er führt nicht über natürliche<br />

Intelligenz, son<strong>de</strong>rn über das ruhige Nach<strong>de</strong>nken über Gottes Wort. Woher hatte Maria<br />

das Verständnis, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun -; und dann noch auf die<br />

richtige Art und Weise? Sie hatte es zu <strong>de</strong>n Füßen <strong>de</strong>s Meisters bekommen. Jakobus schreibt<br />

dazu: „Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige aus <strong>de</strong>m guten Wan<strong>de</strong>l seine<br />

Werke in Sanftmut <strong>de</strong>r Weisheit. Wenn ihr aber bitteren Neid und Streitsucht in eurem<br />

Herzen habt, so rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit. Dies ist nicht die<br />

Weisheit, die von oben herabkommt, son<strong>de</strong>rn eine irdische, sinnliche, teuflische. Denn wo<br />

Neid und Streitsucht ist, da ist Zerrüttung und je<strong>de</strong> schlechte Tat. Die Weisheit von oben<br />

aber ist erstens rein, dann friedsam, mil<strong>de</strong>, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte,<br />

unparteiisch, ungeheuchelt“ (Jak 3,13–17).<br />

Es ist unsere Verantwortung, das zu be<strong>de</strong>nken, was wir hören und lesen. Dann han<strong>de</strong>lt <strong>de</strong>r<br />

Herr. Er gibt Verständnis. Wie<strong>de</strong>r wird die Seite unserer Verantwortung mit seiner Seite <strong>de</strong>s<br />

Han<strong>de</strong>lns in Gna<strong>de</strong> verbun<strong>de</strong>n. Es war <strong>de</strong>r Herr, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Jüngern am Auferstehungstag die<br />

Schriften öffnete und ihnen dann das Verständnis dafür gab (Lk 24,27.32.45). Wir brauchen<br />

dieses Verständnis in vielen Fragen, wo wir nicht sofort klar sehen. Deshalb ist es ein gutes<br />

Prinzip, erst einmal darüber nachzu<strong>de</strong>nken und zu beten. Oft sehen wir danach klar.<br />

„Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt aus <strong>de</strong>n Toten, aus <strong>de</strong>m Geschlecht<br />

Davids, nach meinem Evangelium“ (Vers 8).<br />

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Im Gedächtnis halten<br />

Es ist ohne Frage wichtig, mit unserem Dienst und unseren Aufgaben beschäftigt zu sein.<br />

Paulus hat das in <strong>de</strong>n drei vorgestellten Bil<strong>de</strong>rn (Soldat, Athlet, Ackerbauer) gezeigt. Jetzt<br />

kommt er zu einem ganz zentralen Thema, nämlich zu <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s Herrn Jesus selbst.<br />

Er lenkt <strong>de</strong>n Blick von Timotheus auf Christus hin. So wichtig unser Dienst ist, er ist nie<br />

Selbstzweck. Bei aller Arbeit für <strong>de</strong>n Herrn dürfen wir Jesus Christus nicht vergessen.<br />

Viele Stellen im Neuen Testament beschäftigen uns mit <strong>de</strong>m, was Christus für uns und mit<br />

uns getan hat. An<strong>de</strong>re Stellen zeigen uns, welche Folgen das Werk <strong>de</strong>s Herrn Jesus für uns<br />

hat. Hier geht es jedoch primär um die Person <strong>de</strong>s Herrn Jesus selbst und nicht so sehr um<br />

sein Han<strong>de</strong>ln, auch wenn wir das nie voneinan<strong>de</strong>r trennen können. A. Remmers schreibt:<br />

„Christus ist <strong>de</strong>r Prüfstein und das Wesen aller Wahrheit und zugleich <strong>de</strong>r Gegenstand und<br />

die Erfüllung aller Verheißungen Gottes, aber Er ist noch mehr: Er ist <strong>de</strong>r Zentralpunkt<br />

<strong>de</strong>r Gedanken Gottes und muss es auch für uns sein und bleiben.“ [1] Es geht um Christus<br />

selbst, <strong>de</strong>n wir im Gedächtnis halten sollen.<br />

Im „Gedächtnis halten“ ist kein gut gemeinter und unverbindlicher Ratschlag. Es geht um<br />

eine klare Auffor<strong>de</strong>rung. Timotheus konnte mit dieser Auffor<strong>de</strong>rung nicht tun und lassen,<br />

was er wollte. Jesus Christus im Gedächtnis zu halten ist kein Wunsch, <strong>de</strong>n man ohne<br />

Folgen einfach ignorieren kann. Darüber hinaus ist es nicht etwas Einmaliges, son<strong>de</strong>rn<br />

eine Haltung, die uns ständig prägen sollte. etwas, das immer wie<strong>de</strong>r geschehen sollte. Wir<br />

können und dürfen Ihn einfach nicht vergessen.<br />

Jesus Christus<br />

Paulus weist hier auf das große Vorbild hin. Der Weg <strong>de</strong>s Dieners Gottes geht durch Lei<strong>de</strong>n<br />

zur Herrlichkeit. Das genau war <strong>de</strong>r Weg, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Herr Jesus ging. Petrus schreibt: „Denn<br />

hierzu seid ihr berufen wor<strong>de</strong>n; <strong>de</strong>nn auch Christus hat für euch gelitten, euch ein Beispiel<br />

hinterlassend, damit ihr seinen Fußstapfen nachfolgt“ (1. Pet 2,21). Hier geht es nicht um<br />

die sühnen<strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Herrn. Darin hat Er uns kein Beispiel hinterlassen. Es geht um<br />

die Lei<strong>de</strong>n während seines Lebens. In Hebräer 12,2 lesen wir: „ . . . hinschauend auf Jesus,<br />

<strong>de</strong>n Anfänger und Vollen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Glaubens, <strong>de</strong>r, die Schan<strong>de</strong> nicht achtend, für die vor ihm<br />

liegen<strong>de</strong> Freu<strong>de</strong> das Kreuz erdul<strong>de</strong>te.“ Jesus Christus hat auf dieser Er<strong>de</strong> Gott gedient. Er hat<br />

gelitten. Er hat <strong>de</strong>n Lauf vollen<strong>de</strong>t. Jetzt ist Er in <strong>de</strong>r Herrlichkeit. Einmal kommt <strong>de</strong>r Tag,<br />

wo Er in königlicher Herrlichkeit auf dieser Er<strong>de</strong> erscheinen wird, um das Tausendjährige<br />

Reich zu grün<strong>de</strong>n. Die ständige Erinnerung an Ihn ist für je<strong>de</strong>n wichtig und unerlässlich,<br />

<strong>de</strong>r im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn steht. Beson<strong>de</strong>rs dann, wenn es schwierig wird, gibt uns gera<strong>de</strong><br />

dies Mut und Ausharren.<br />

Drei Dinge wer<strong>de</strong>n in unserem Vers in Erinnerung gerufen. Erstens ist die Re<strong>de</strong> von „Jesus<br />

Christus“. Zweitens wird die Tatsache vorgestellt, dass Er auferweckt wur<strong>de</strong>. Drittens wird<br />

gezeigt, dass Er aus <strong>de</strong>m Geschlecht Davids ist.<br />

1. Es geht um die Person Christi selbst. Er ist „Jesus Christus“. Wir haben schon gesehen,<br />

dass dieser Brief auffallend oft <strong>de</strong>n Titel „Christus Jesus“ gebraucht. Bezeichnen<strong>de</strong>rweise ist<br />

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die Reihenfolge in diesem Vers umgekehrt: „Jesus Christus“. Es ist – so weit ich es sehen<br />

kann – die einzige Stelle in diesem Brief, wo dieser Ausdruck „Jesus Christus“ ohne weiteren<br />

Zusatz in dieser Reihenfolge vorkommt. Während uns die Reihenfolge „Christus Jesus“ auf<br />

<strong>de</strong>n verherrlichten Herrn im Himmel hinweist, <strong>de</strong>r einst in Niedrigkeit auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> war,<br />

lässt uns die Reihenfolge „Jesus Christus“ zunächst an seinen Weg als Mensch hier auf <strong>de</strong>r<br />

Er<strong>de</strong> <strong>de</strong>nken. Es war ein Weg, <strong>de</strong>r durch Lei<strong>de</strong>n gekennzeichnet war und danach in <strong>de</strong>r<br />

Herrlichkeit en<strong>de</strong>te. Das ist an dieser Stelle eine Ermunterung für je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Ihm nachfolgen<br />

und dienen möchte. Wie schwer die Zeiten sein mögen, wir <strong>de</strong>nken an <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ssen Weg<br />

durch Lei<strong>de</strong>n zur Herrlichkeit führte. Wir sollten <strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>nsweg <strong>de</strong>s Herrn Jesus Christus<br />

immer vor Augen haben. Das hilft und motiviert uns.<br />

2. Er ist aus <strong>de</strong>n Toten auferweckt. Darin liegt zweierlei:<br />

• Erstens wer<strong>de</strong>n wir daran erinnert, dass Er lebt. Er hat sein Leben in <strong>de</strong>n Tod<br />

gegeben. Er hat durch <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>n zunichte gemacht, <strong>de</strong>r die Macht <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s<br />

hatte. Er hat Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht (Kapitel 1,10). Der Tod<br />

konnte Ihn jedoch nicht halten. Gott konnte nicht zusehen, dass sein Frommer die<br />

Verwesung sehen wür<strong>de</strong> (Ps 16,10). Er hat Ihn auferweckt. Wir haben es nicht mit<br />

einem gestorbenen, son<strong>de</strong>rn mit einem leben<strong>de</strong>n Christus zu tun. Die Tatsache, dass<br />

Er lebt, zeigt, dass Er <strong>de</strong>r Sieger von Golgatha ist. Wir stehen jetzt auf <strong>de</strong>r Seite<br />

<strong>de</strong>s Siegers – auch wenn unser Dienst mit Lei<strong>de</strong>n und Trübsal verbun<strong>de</strong>n ist. Die<br />

Erinnerung daran gibt uns Mut, in schwierigen Umstän<strong>de</strong>n auszuhalten und unseren<br />

Dienst zu tun.<br />

• Zweitens zeigt uns die Auferstehung von Christus die Größe und Macht <strong>de</strong>r Kraft<br />

Gottes. Es ist „die Macht seiner Stärke, in <strong>de</strong>r er gewirkt hat in <strong>de</strong>m Christus, in<strong>de</strong>m<br />

er ihn aus <strong>de</strong>n Toten auferweckte“ (Eph 1,19.20). Die überragen<strong>de</strong> Größe seiner<br />

Kraft ist an uns, <strong>de</strong>n Glauben<strong>de</strong>n, wirksam gewor<strong>de</strong>n, als wir mit Christus lebendig<br />

gemacht wur<strong>de</strong>n. Diese Kraft Gottes steht uns jetzt im Dienst und in <strong>de</strong>r Nachfolge<br />

zur Verfügung. Obwohl es äußerlich viel Schwachheit gibt, obwohl das christliche<br />

Zeugnis insgesamt am Bo<strong>de</strong>n liegt – die Kraft Gottes ist immer noch da. Die Tatsache,<br />

dass Christus lebt, ist <strong>de</strong>r Beweis dafür. Auch darin liegt eine große Motivation, nicht<br />

aufzugeben.<br />

3. Er ist aus <strong>de</strong>m Geschlecht Davids. Auch diese Aussage hat zwei Aspekte:<br />

• Erstens ist Er als Nachkomme Davids <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r einen rechtmäßigen Anspruch<br />

auf das Königtum hat. Er wird einmal kommen – als König <strong>de</strong>r Könige und Herr <strong>de</strong>r<br />

Herren –, um über diese Er<strong>de</strong> zu regieren. In Ihm wer<strong>de</strong>n alle Zusagen Gottes aus<br />

<strong>de</strong>m Alten Testament ihre Erfüllung fin<strong>de</strong>n. Das im Alten Testament angekündigte<br />

Königreich wird einmal auf dieser Er<strong>de</strong> gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Der Herr Jesus wird als<br />

Sohn Davids die Regierung antreten. Diese Herrschaft wer<strong>de</strong>n wir, die Seinen, mit<br />

Ihm teilen. Diejenigen, die jetzt in schwerer Zeit treu zu Ihm stehen, wer<strong>de</strong>n dann<br />

vom Himmel aus mit Ihm regieren.<br />

• Zweitens erinnert uns <strong>de</strong>r Ausdruck „aus <strong>de</strong>m Geschlecht Davids“ daran, dass <strong>de</strong>r<br />

Herr Jesus wirklicher Mensch ist. In Offenbarung 22,16 wird Er als die Wurzel und<br />

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das Geschlecht Davids vorgestellt. „Wurzel“ meint „Ursprung“, „Geschlecht“ meint<br />

„Nachkomme“. Nur <strong>de</strong>r Herr Jesus als wahrer Gott und wahrer Mensch kann bei<strong>de</strong>s<br />

sein – Ursprung und Nachkomme. Von niemand an<strong>de</strong>res könnte so etwas gesagt<br />

wer<strong>de</strong>n. Der Hinweis auf seine Menschheit zeigt also nicht nur <strong>de</strong>n Anspruch auf das<br />

Königtum. Er weist uns gleichzeitig darauf hin, dass Er als Mensch gelitten hat und<br />

<strong>de</strong>shalb Verständnis für uns hat, wenn wir in schwierigen Zeiten leben. Er weiß, wie<br />

wir uns im Kampf fühlen. Er weiß, was es be<strong>de</strong>utet, <strong>de</strong>n Wettlauf zu laufen. Er weiß,<br />

was es be<strong>de</strong>utet, in Mühe und Entbehrung für Ihn zu arbeiten.<br />

Nach meinem Evangelium<br />

Die Predigt <strong>de</strong>s Evangeliums nimmt in diesem Brief einen wichtigen Platz ein. Es ist das<br />

„Evangelium Gottes“, weil Gott <strong>de</strong>r Ursprung dieser guten Botschaft an uns Menschen ist.<br />

Dennoch nennt Paulus es hier „mein Evangelium“. Das zeigt uns einerseits, wie sehr er<br />

sich persönlich damit i<strong>de</strong>ntifizierte. An<strong>de</strong>rerseits sehen wir, wie gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Apostel Paulus<br />

die Predigt und Verbreitung dieses Evangeliums als beson<strong>de</strong>rer Dienst anvertraut war. Der<br />

zentrale Mittelpunkt <strong>de</strong>s Evangeliums ist Jesus Christus.<br />

Der Römerbrief gibt uns beson<strong>de</strong>re Belehrungen über das Evangelium. Dieser Brief beginnt<br />

in Kapitel 1,1.3.4 mit <strong>de</strong>m Hinweis auf das „Evangelium Gottes . . . über seinen Sohn (<strong>de</strong>r<br />

aus <strong>de</strong>m Geschlecht Davids gekommen ist <strong>de</strong>m Fleisch nach und erwiesen ist als Sohn<br />

Gottes <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>r Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung)“. Diese bei<strong>de</strong>n Seiten<br />

(Sohn Davids und Totenauferstehung) klingen auch in unserem Vers an. Paulus gibt hier<br />

keine Erklärung über das Evangelium an sich, aber er <strong>de</strong>utet doch mit diesen wenigen<br />

Worten an, wer <strong>de</strong>r zentrale Mittelpunkt dieser guten Botschaft Gottes ist.<br />

„Worin ich Trübsal lei<strong>de</strong> bis zu Fesseln wie ein Übeltäter; aber das Wort Gottes ist nicht<br />

gebun<strong>de</strong>n“ (Vers 9).<br />

Trübsal lei<strong>de</strong>n<br />

Das Evangelium wird hier nicht erklärt. Wir sehen aber die Folgen, die <strong>de</strong>r Apostel Paulus<br />

in Kauf nahm, um das Evangelium zu verbreiten. Er hatte Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt, an<br />

<strong>de</strong>n Trübsalen eines Streiters Christi teilzunehmen. Jetzt zeigt er ihm, wie er selbst das<br />

verwirklichte.<br />

Die Zeit <strong>de</strong>s Herrschens war für Paulus noch nicht gekommen. Sie war für Timotheus<br />

noch nicht gekommen. Sie ist für uns noch nicht gekommen. Jetzt ist die Zeit, wo wir für<br />

das Evangelium und mit <strong>de</strong>m Evangelium lei<strong>de</strong>n. Die Welt unter <strong>de</strong>r Führung Satans stellt<br />

sich immer gegen die, die das Evangelium verbreiten. So war es bei Paulus. Er war ein<br />

Gefangener in Rom. Obwohl das so war, nennt er sich trotz<strong>de</strong>m ein Gefangener <strong>de</strong>s Herrn<br />

(Kapitel 1,8). Er litt Trübsal. Wir sahen in Vers 3 – wo das gleiche Wort gebraucht wird –,<br />

dass es „Schlechtes erlei<strong>de</strong>n“ be<strong>de</strong>utet. Dem Apostel Paulus ging es wirklich schlecht. Das<br />

<strong>de</strong>utet schon <strong>de</strong>r Ausdruck „Fesseln“ an.<br />

„Worin“ be<strong>de</strong>utet „aufgrund <strong>de</strong>ssen“. Der Grund für die Trübsale war das Evangelium. Paulus<br />

wur<strong>de</strong> wie ein Übeltäter behan<strong>de</strong>lt, obwohl er keiner war. Das Wort für „Übeltäter“ fin<strong>de</strong>n<br />

wir in Lukas 23,32 wie<strong>de</strong>r, wo zwei Übeltäter mit <strong>de</strong>m Herrn Jesus gekreuzigt wur<strong>de</strong>n. Das<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

zeigt, auf was für eine Stufe man <strong>de</strong>n Apostel Paulus von Seiten <strong>de</strong>r römischen Behör<strong>de</strong>n<br />

stellte. Und doch war er kein Übeltäter. Petrus erinnert uns daran, „dass doch niemand von<br />

euch lei<strong>de</strong> als Dieb o<strong>de</strong>r Übeltäter . . . wenn aber als Christ, so schäme er sich nicht“ (1. Pet<br />

4,15.16). Das traf auf Paulus zu. Aus Sicht <strong>de</strong>r Römer war er ein Übeltäter. Aus Gottes Sicht<br />

litt er als Christ. Es war für ihn ein Teil <strong>de</strong>r Gemeinschaft seiner Lei<strong>de</strong>n (Phil 3,10).<br />

In Kapitel 3,12 schreibt Paulus: „Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus,<br />

wer<strong>de</strong>n verfolgt wer<strong>de</strong>n.“ Niemand von uns wird sich mit Paulus vergleichen wollen. Auch<br />

nicht mit Timotheus. Wir <strong>de</strong>nken an viele Gläubige, die im Lauf <strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rte ihr Leben<br />

für Christus gegeben haben. Wir <strong>de</strong>nken an Glaubensgeschwister, die bis heute wegen ihres<br />

christlichen Bekenntnisses in Gefängnissen und Lagern sind und große Not lei<strong>de</strong>n. Wenn<br />

uns – <strong>de</strong>n meisten je<strong>de</strong>nfalls – so etwas bis heute erspart geblieben ist, dann wollen wir<br />

unserem Herrn dafür danken. Die Frage aber bleibt, warum wir so wenig von <strong>de</strong>r Schmach<br />

<strong>de</strong>s Christus empfin<strong>de</strong>n und tragen. Liegt es daran, dass unser Lebensstil so lasch gewor<strong>de</strong>n<br />

ist? Je<strong>de</strong>r Leser mag über die Frage selbst nach<strong>de</strong>nken.<br />

Das Wort Gottes ist nicht gebun<strong>de</strong>n<br />

Der Teufel hat immer versucht, die Verbreitung <strong>de</strong>s Wortes zu verhin<strong>de</strong>rn. Seine bei<strong>de</strong>n<br />

großen Taktiken sind erstens Gewalt und zweitens List. Im Fall von Paulus versuchte er<br />

es mit Gewalt. Der große Apostel <strong>de</strong>r Nationen war im Gefängnis. Der sichere Tod stand<br />

ihm bevor. Hatte Satan damit einen Sieg errungen? Mitnichten. Paulus sagt mit großer<br />

Gewissheit: „Das Wort Gottes ist nicht gebun<strong>de</strong>n.“ Heute versucht <strong>de</strong>r Teufel vielfach, die<br />

Verbreitung <strong>de</strong>s Wortes durch List – Verfälschung, Vermischung, Relativierung etc. – zu<br />

verhin<strong>de</strong>rn. Die Bibelkritik ist in vielen christlichen Kreisen „hoffähig“ gewor<strong>de</strong>n. Dennoch<br />

wissen wir: „Das Wort Gottes ist nicht gebun<strong>de</strong>n.“<br />

Es mag Satan gelingen, Prediger und Verkündiger <strong>de</strong>s Wortes zu bin<strong>de</strong>n. Es wird ihm nicht<br />

gelingen, das Wort selbst zu bin<strong>de</strong>n. Es wird laufen und verherrlicht wer<strong>de</strong>n (2. Thes 3,1).<br />

Als Paulus <strong>de</strong>n Philipperbrief schrieb, war er ebenfalls ein Gefangener. Auch dort bringt er<br />

seine Zuversicht zum Ausdruck: „Ich will aber, dass ihr wisst, Brü<strong>de</strong>r, dass meine Umstän<strong>de</strong><br />

vielmehr zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Evangeliums geraten sind“ (Phil 1,12). Seine Fesseln trugen<br />

zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Evangeliums bei. Es gibt zahlreiche Beispiele in <strong>de</strong>r Kirchengeschichte,<br />

die genau das belegen. In Zeiten <strong>de</strong>r schlimmsten Christenverfolgungen schien das Licht<br />

<strong>de</strong>s Evangeliums umso heller, und zahlreiche Menschen kamen zum Glauben. Schon im<br />

Alten Testament ließ Gott ausrichten: „So wird mein Wort sein, das aus meinem Mund<br />

hervorgeht: Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, son<strong>de</strong>rn es wird ausrichten, was mir<br />

gefällt, und durchführen, wozu ich es gesandt habe“ (Jes 55,11). „Das Wort unseres Gottes<br />

besteht in Ewigkeit“ (Jes 30,8).<br />

„Deswegen erdul<strong>de</strong> ich alles um <strong>de</strong>r Auserwählten willen, damit auch sie die Errettung<br />

erlangen, die in Christus Jesus ist, mit ewiger Herrlichkeit“ (Vers 10).<br />

Ermunterung in Trübsalen<br />

Paulus litt im Gefängnis wegen <strong>de</strong>s Evangeliums, was er auch tief empfand. Dennoch fand<br />

er Trost. Sein Trost bestand erstens in <strong>de</strong>r Tatsache, dass das Wort Gottes nicht gebun<strong>de</strong>n<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 55


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

ist. Den Boten konnte man bin<strong>de</strong>n, das Wort Gottes nicht. Es wür<strong>de</strong> laufen und ausrichten,<br />

wozu Gott es gesandt hatte. Zweitens tröstete Paulus sich mit <strong>de</strong>m Gedanken, dass seine<br />

Lei<strong>de</strong>n im Hinblick auf seine Mitgeschwister nicht vergeblich waren. Was er für Christus<br />

erdul<strong>de</strong>te, war zum Nutzen <strong>de</strong>r Auserwählten. Drittens fand Paulus Trost darin, dass er<br />

um die Grundsätze <strong>de</strong>r Regierung Gottes wusste. Einige dieser Grundsätze zeigt er in <strong>de</strong>n<br />

Versen 11–13 auf.<br />

„Deswegen“ be<strong>de</strong>utet „um dieser Ursache willen“. Vor<strong>de</strong>rgründig litt Paulus, weil man ihn<br />

angeklagt und für schuldig befun<strong>de</strong>n hatte. Doch erstens sah Paulus sich nicht als einen<br />

Gefangenen <strong>de</strong>r Römer, son<strong>de</strong>rn als „Gefangenen <strong>de</strong>s Herrn“ (Kapitel 1,8), was er auch<br />

während seiner ersten Gefangenschaft gewesen war. Zweitens war er ein Gefangener „für<br />

die Gläubigen“. Den Ephesern schreibt er: „Deshalb ich, Paulus, <strong>de</strong>r Gefangene Christi Jesu<br />

für euch, die Nationen . . . “ (Eph 3,1). Es war die Predigt von <strong>de</strong>m Auferstan<strong>de</strong>nen und<br />

seiner Verbindung mit <strong>de</strong>r Versammlung – die aus Ju<strong>de</strong>n und Hei<strong>de</strong>n bestand –, die ihm<br />

die Gefangenschaft eingebracht hatte. Hier <strong>de</strong>nkt Paulus nicht so sehr an die Wahrheit <strong>de</strong>r<br />

Versammlung, son<strong>de</strong>rn an die einzelnen Gläubigen. Er nennt sie „Auserwählte“. Das nimmt<br />

Bezug auf einzelne Menschen, <strong>de</strong>nn die Versammlung als Ganzes ist nicht auserwählt.<br />

Sie hat ohne Frage einen Platz im Ratschluss Gottes, aber auserwählt sind die einzelnen<br />

Gläubigen, die diese Versammlung bil<strong>de</strong>n.<br />

Auserwählung und Errettung<br />

Paulus litt nicht aus Grün<strong>de</strong>n, die er selbst verschul<strong>de</strong>t hatte. Sein Dienst für die<br />

„Auserwählten“ hatte ihn in diese Lage gebracht. Trotz<strong>de</strong>m war er nicht verbittert. Er<br />

litt für seine Glaubensgeschwister. Er wusste, welchen Wert sie in <strong>de</strong>n Augen Gottes hatten.<br />

Sie waren nicht nur „Heilige“ und „Geliebte“. Sie waren auch „Auserwählte“. Paulus wusste,<br />

dass Gott schon in <strong>de</strong>r Ewigkeit vor <strong>de</strong>r Zeit in Zuneigung und Liebe an sie gedacht hatte.<br />

In Kapitel 1,9 hatte er Timotheus schon an die Gna<strong>de</strong> erinnert, „die uns in Christus Jesus vor<br />

ewigen Zeiten“ gegeben wor<strong>de</strong>n ist. Paulus wusste, dass sie – genau wie er – die Errettung<br />

erlangen wür<strong>de</strong>n, „die in Christus Jesus ist, mit ewiger Herrlichkeit“. Für Paulus, <strong>de</strong>r kurz<br />

vor seinem leiblichen Tod stand, war diese Errettung sicher – aber er wünschte, dass auch<br />

an<strong>de</strong>re Glauben<strong>de</strong> in schwerer Zeit in dieser Gewissheit Mut und Freu<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n sollten.<br />

Deshalb gebraucht er das Wort „auch“. Für ihn war es sicher, und diese Sicherheit wünscht<br />

er auch an<strong>de</strong>ren.<br />

Auserwählung und Errettung sind nicht i<strong>de</strong>ntisch. Auserwählung reicht weiter. Was<br />

Auserwählung be<strong>de</strong>utet, wird an an<strong>de</strong>ren Stellen erklärt. Gott hat uns vor Grundlegung<br />

<strong>de</strong>r Welt auserwählt, damit wir heilig und unta<strong>de</strong>lig vor Ihm seien in Liebe. Er hat uns die<br />

Kindschaft und die Sohnschaft geschenkt (vgl. Eph 1, 3–5). Wir sind zuvor bestimmt, „<strong>de</strong>m<br />

Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein“ (Röm 8,29). Das wird hier nur ange<strong>de</strong>utet, wenn<br />

Paulus von <strong>de</strong>n „Auserwählten“ und <strong>de</strong>r „ewigen Herrlichkeit“ spricht, die einmal unser<br />

Teil sein wird.<br />

Errettung be<strong>de</strong>utet – ganz allgemein – die vollständige Befreiung aus aller Art von Gefahren,<br />

die uns bedrohen. Das Neue Testament zeigt uns drei Seiten unserer Errettung:<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 56


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

• a) Wenn es um unsere Seelen geht, wissen wir, dass wir errettet sind. Der Herr<br />

hat uns durch sein Werk von <strong>de</strong>n ewigen Folgen <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong> (<strong>de</strong>r Verdammnis)<br />

befreit. Das Gericht, das wir verdient hatten, trifft uns nicht mehr. Satan hat keine<br />

Verfügungsgewalt mehr über uns. Wir sind errettet (Eph 2,5). Das ist <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r<br />

Vergangenheit.<br />

• b) Wenn wir an das tägliche Leben mit seinen vielen Gefahren für <strong>de</strong>n Gläubigen<br />

<strong>de</strong>nken, wissen wir, dass Er völlig zu erretten vermag, die durch Ihn Gott nahen (Heb<br />

7,25). Das ist <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r Gegenwart.<br />

• c) Wenn es um die Zukunft geht, wissen wir, dass unsere Errettung dann vollständig<br />

sein wird, wenn <strong>de</strong>r Herr Jesus als unser Erretter (Heiland) gekommen sein wird.<br />

Dann wird Er unseren Leib <strong>de</strong>r Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit<br />

seinem Leib <strong>de</strong>r Herrlichkeit (Phil 3,20.21). Das ist <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r Zukunft.<br />

Welche <strong>de</strong>r drei Seiten unserer Errettung wir auch immer vor uns haben -; unsere Errettung<br />

ist immer „in Christus Jesus“, <strong>de</strong>m verherrlichten Menschen im Himmel, <strong>de</strong>r einst in<br />

Niedrigkeit auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> war und unser Heiland gewor<strong>de</strong>n ist. Getrennt von Ihm gibt es<br />

keine Errettung.<br />

Der Zusammenhang unseres Verses legt <strong>de</strong>n Gedanken nahe, dass Paulus wohl an <strong>de</strong>n<br />

dritten Aspekt <strong>de</strong>r Errettung <strong>de</strong>nkt. „Errettung“ ist die notwendige Voraussetzung, damit<br />

wir das ewige Teil <strong>de</strong>r Erlösten, zu <strong>de</strong>m Gott uns auserwählt hat, erreichen können. Diese<br />

Gewissheit gab Paulus Trost und Kraft in schwierigen Umstän<strong>de</strong>n – und das ist bei uns<br />

nicht an<strong>de</strong>rs. Während wir jetzt durch Trübsale gehen und lei<strong>de</strong>n, so tragen wir doch die<br />

Gewissheit mit uns, dass wir einmal an dieser vollständigen Errettung teilhaben wer<strong>de</strong>n.<br />

Es gibt Menschen, die meinen, dass es wegen <strong>de</strong>r Wahrheit <strong>de</strong>r Auserwählung nicht<br />

erfor<strong>de</strong>rlich sei, das Evangelium <strong>de</strong>s Heils (<strong>de</strong>r Errettung) einer verlorenen Welt zu<br />

verkündigen. Sie argumentieren, dass es bei Gott von vornherein feststeht, wer errettet<br />

wird und wer nicht. Wer so argumentiert, verwechselt Auserwählung und Errettung. Er<br />

verwechselt ebenfalls die Seite <strong>de</strong>r Souveränität Gottes – wie sie in <strong>de</strong>r Auserwählung<br />

vor uns kommt – und die Seite <strong>de</strong>r Verantwortung <strong>de</strong>s Menschen, <strong>de</strong>r das Evangelium<br />

im Glaubensgehorsam annehmen muss. Wir sehen im Leben von Paulus, wie er auf <strong>de</strong>r<br />

einen Seite von <strong>de</strong>r Auserwählung spricht, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite aber wie kein an<strong>de</strong>rer das<br />

Evangelium verkündigt hat. Er hatte Ju<strong>de</strong>n und Griechen „die Buße zu Gott und <strong>de</strong>n Glauben<br />

an unseren Herrn Jesus Christus“ bezeugt (Apg 20,21). Die Predigt <strong>de</strong>r Botschaft ist unsere<br />

Verantwortung. Paulus war sogar bereit, dafür <strong>de</strong>n Tod zu erdul<strong>de</strong>n. Die Kenntnis von <strong>de</strong>r<br />

Wahrheit <strong>de</strong>r Auserwählung hat Paulus nie in seinem Eifer für das Evangelium gebremst.<br />

Dafür war er bereit, alles zu erdul<strong>de</strong>n – die Lei<strong>de</strong>n im Gefängnis in Rom eingeschlossen.<br />

Ewige Herrlichkeit<br />

Diese Errettung schließt die ewige Herrlichkeit ein bzw. führt dorthin. Petrus spricht<br />

ebenfalls von einer „ewigen Herrlichkeit“. „Der Gott aller Gna<strong>de</strong> aber, <strong>de</strong>r euch berufen<br />

hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, nach<strong>de</strong>m ihr eine kurze Zeit gelitten<br />

habt. . . “ (1. Pet 5,10). Petrus stellt mehrfach die Lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Jetztzeit <strong>de</strong>r Herrlichkeit <strong>de</strong>s<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 57


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

zukünftigen Reiches gegenüber. Wenn er von <strong>de</strong>r ewigen Herrlichkeit spricht, meint er<br />

offensichtlich nicht das Vaterhaus, son<strong>de</strong>rn das Reich, in <strong>de</strong>m wir mit Christus herrschen<br />

wer<strong>de</strong>n, wobei die Regierung über das Reich hinausgeht. Wir wer<strong>de</strong>n in Ewigkeit mit<br />

Christus herrschen (Off 22,5). Es mag sein, dass Paulus hier ebenfalls an diese Herrlichkeit<br />

<strong>de</strong>nkt, die mit <strong>de</strong>r Herrschaft <strong>de</strong>s Christus in Verbindung steht. Es mag aber auch sein, dass<br />

es hier – in Verbindung mit <strong>de</strong>r Erinnerung an die Auserwählten – tatsächlich um die ewige<br />

Herrlichkeit <strong>de</strong>s Vaterhauses geht.<br />

„Das Wort ist gewiss; <strong>de</strong>nn wenn wir mitgestorben sind, so wer<strong>de</strong>n wir auch mitleben“<br />

(Vers 11).<br />

Eine zuverlässige Aussage<br />

Die Formulierung: „Das Wort ist gewiss“ gebraucht Paulus insgesamt fünfmal in <strong>de</strong>n<br />

Briefen an Timotheus und Titus. Das Wort „gewiss“ selbst kommt häufiger vor. Es meint<br />

„zuverlässig“, „sicher“, „treu“. Im Zusammenhang <strong>de</strong>r jeweiligen Stelle kann sich die Aussage:<br />

„Das Wort ist gewiss“ auf das beziehen, was vorher gesagt wor<strong>de</strong>n ist, o<strong>de</strong>r auf das, was<br />

<strong>de</strong>r Aussage folgt. Je<strong>de</strong>nfalls soll damit eine Aussage beson<strong>de</strong>rs betont und unterstrichen<br />

wer<strong>de</strong>n. Es scheint nahezuliegen, dass hier das Folgen<strong>de</strong> bestätigt wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Die nachstehen<strong>de</strong>n Aussagen sind wichtig, allerdings nicht ganz einfach zu erklären. Wenn<br />

man verschie<strong>de</strong>ne <strong>Bibelkommentare</strong> geschätzter Ausleger miteinan<strong>de</strong>r vergleicht, wird man<br />

gewisse Unterschie<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n. Ich gebe hier eine eigene Meinung wie<strong>de</strong>r, maße mir aber<br />

kein endgültiges Urteil an. Es sei <strong>de</strong>m Leser überlassen, unter Gebet selbst intensiv darüber<br />

nachzu<strong>de</strong>nken.<br />

Es scheint um gewisse Grundsätze zu gehen, die wir in <strong>de</strong>r Regierung Gottes fin<strong>de</strong>n. Gottes<br />

Regierung mit uns Menschen ist grundsätzlich in zweifacher Hinsicht wirksam:<br />

• a) im Blick auf die wahren Gläubigen: Für sie gibt es in <strong>de</strong>r gegenwärtigen Zeit Lei<strong>de</strong>n<br />

und Trübsale. In <strong>de</strong>r Zukunft gibt es dafür Anerkennung und Belohnung. Für Paulus<br />

und Timotheus war das eine große Ermunterung. Das ist es für uns ebenfalls.<br />

• b) im Blick auf Menschen, die eine christliche Form haben, ohne dabei Leben aus Gott<br />

zu besitzen: In <strong>de</strong>r gegenwärtigen Zeit mag ihr Tun ohne Folgen sein. In <strong>de</strong>r Zukunft<br />

wird es jedoch nicht nur Missbilligung, son<strong>de</strong>rn sogar Vergeltung geben.<br />

In gewissem Sinn sind das die bei<strong>de</strong>n Seiten <strong>de</strong>r Regierung Gottes, die uns im ersten und<br />

zweiten Brief von Petrus vorgestellt wer<strong>de</strong>n. Im seinem ersten Brief spricht Petrus von <strong>de</strong>r<br />

Regierung Gottes mit <strong>de</strong>n Gläubigen. Im zweiten Brief geht es um die Regierung Gottes<br />

mit <strong>de</strong>n Ungläubigen. Das ist eine ernste Seite. Dennoch bleibt wahr, dass <strong>de</strong>r Herr bei aller<br />

Untreue auf unserer Seite sich selbst treu bleibt.<br />

Insgesamt haben wir in <strong>de</strong>n Versen 11 und 12 vier Aussagen vor uns, die jeweils einen<br />

Gegensatz vorstellen:<br />

• Mitsterben – Mitleben<br />

• Ausharren – Mitherrschen<br />

• Wir verleugnen – Er verleugnet<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

• Wir sind untreu – Er bleibt treu<br />

Mitsterben und Mitleben<br />

Für je<strong>de</strong>n Gläubigen gilt, dass er – was seine Stellung betrifft – mit Christus gestorben ist.<br />

Unser Leib (Körper) lebt zwar noch auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, aber Gott sieht uns jetzt schon so, dass wir<br />

mit Christus gestorben sind. Das ist die Grundlage unserer christlichen Stellung. Darüber<br />

belehrt uns speziell <strong>de</strong>r Römerbrief. Unser Leben ist jetzt verborgen mit <strong>de</strong>m Christus in<br />

Gott. Einmal wird sichtbar wer<strong>de</strong>n, wem wir angehören. Paulus schreibt <strong>de</strong>n Kolossern:<br />

„Wenn <strong>de</strong>r Christus, unser Leben, offenbart wer<strong>de</strong>n wird, dann wer<strong>de</strong>t auch ihr mit ihm<br />

offenbart wer<strong>de</strong>n in Herrlichkeit“ (Kol 3,4). Dieser Gedanke mag Paulus im Gefängnis<br />

ermutigt haben.<br />

Die Tatsache, mit Christus gestorben zu sein, hat in<strong>de</strong>s praktische Konsequenzen für unser<br />

Verhalten in dieser Welt. Wir müssen diesen Platz auch tatsächlich im Blick auf diese Welt<br />

einnehmen. Wenn wir praktisch verwirklichen, mit Christus gestorben zu sein, können<br />

uns Trübsale und Gefahren nicht vom Weg <strong>de</strong>s Gehorsams abbringen. Dann haben wir <strong>de</strong>n<br />

Mut, das Sterben Jesu allezeit an unserem Leib herumzutragen (2. Kor 4,10). Wir tun es im<br />

Hinblick auf die vor uns liegen<strong>de</strong> Zeit, wo wir mit Christus leben und verherrlicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Wir leben zwar jetzt schon auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Kraft <strong>de</strong>r Auferstehung, aber wir wer<strong>de</strong>n es<br />

tatsächlich tun, wenn wir bei Christus sind und mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen.<br />

„Wir wer<strong>de</strong>n mitleben“ nimmt ein<strong>de</strong>utig Bezug auf die Zukunft. Es ist wahr, dass Paulus<br />

an an<strong>de</strong>ren Stellen von unserem Leben spricht, das wir jetzt auf dieser Er<strong>de</strong> führen (z. B.<br />

Gal 2,20; Röm 14,8). Hier jedoch geht es darum, dass Paulus uns an die lebendige Hoffnung<br />

erinnert, die wir haben. Wir wer<strong>de</strong>n mit Ihm leben, wenn wir bei Ihm sind und Er offenbart<br />

wer<strong>de</strong>n wird.<br />

„Wenn wir ausharren, so wer<strong>de</strong>n wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen wer<strong>de</strong>n, so<br />

wird auch er uns verleugnen“ (Vers 12).<br />

Ausharren und Mitherrschen<br />

Lei<strong>de</strong>n und Ausharren gehören eng zusammen. Bei<strong>de</strong>s prägt die gegenwärtige Zeit. Die Zeit<br />

<strong>de</strong>s Ausharrens ist jetzt. Die Zeit <strong>de</strong>s Herrschens ist zukünftig. Dennoch besteht zwischen<br />

bei<strong>de</strong>n Aussagen ein enger Zusammenhang. Wenn wir jetzt mit Ihm ausharren, wer<strong>de</strong>n<br />

wir in Zukunft mit Ihm herrschen. Das Ausharren ist <strong>de</strong>r notwendige Weg für diejenigen,<br />

die einmal mit Christus herrschen wer<strong>de</strong>n. Der Weg <strong>de</strong>s Herrn selbst war ein Weg durch<br />

Lei<strong>de</strong>n zur Herrlichkeit. Davon hatten die Propheten gezeugt. Auch Christus hat ausgeharrt.<br />

Das ist unser Weg. Er geht jetzt durch Trübsale und Drangsale in das Reich Gottes in<br />

seiner zukünftigen, herrlichen Form (Apg 14,22). Wenn wir jetzt bereit sind, mit Christus zu<br />

lei<strong>de</strong>n und auszuharren, wer<strong>de</strong>n wir einmal mit Ihm verherrlicht wer<strong>de</strong>n und herrschen. In<br />

Offenbarung 1,9 wird das Königtum in Jesus (das be<strong>de</strong>utet „mitherrschen“) ausdrücklich<br />

mit <strong>de</strong>r Drangsal in Jesus und <strong>de</strong>m Ausharren in Jesus verbun<strong>de</strong>n.<br />

Wir wollen Gott danken, dass Er uns bisher davor bewahrt hat, unser Leben für Ihn geben<br />

zu müssen. In <strong>de</strong>n meisten <strong>de</strong>mokratischen Län<strong>de</strong>rn sind die wenigsten Christen davon<br />

bedroht. Aber wir alle müssen ausharren – manchmal sogar in schwierigen Umstän<strong>de</strong>n. Wer<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

sich treu zu Christus stellt, erfährt etwas von <strong>de</strong>r Wahrheit, an die Paulus in Kapitel 3,12<br />

erinnert: „Alle aber auch, die gottselig leben wollen, wer<strong>de</strong>n verfolgt wer<strong>de</strong>n.“ Die ersten<br />

Christen freuten sich, für Ihn zu lei<strong>de</strong>n und für <strong>de</strong>n Namen Schmach zu tragen (Apg 5,41).<br />

Dazu war Ausharren nötig. In einem gewissen Sinn ist das ein Kennzeichen je<strong>de</strong>s Christen –<br />

allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. Wir <strong>de</strong>nken zu unserer eigenen Ermunterung<br />

an die Worte <strong>de</strong>s Herrn Jesus selbst an seine Jünger: „Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt<br />

haben in meinen Versuchungen“ (Lk 22,28). Das sagte <strong>de</strong>r Herr, kurz bevor alle Ihn verlassen<br />

wür<strong>de</strong>n.<br />

„Herrschen“ steht ein<strong>de</strong>utig mit <strong>de</strong>m Reich in seiner sichtbaren Form in Verbindung. Es<br />

ist ein „Mitherrschen“. Der Herrscher selbst ist Christus. Er ist <strong>de</strong>r Erbe. Er ist <strong>de</strong>r Sohn<br />

<strong>de</strong>s Menschen, <strong>de</strong>m Gott einmal alles zu Füßen legen wird (Ps 8,7). Er ist von Gott zum<br />

Erben über alle Dinge und zum Herrscher über alle Dinge gesetzt. Wir sind seine Miterben.<br />

Die Zeit <strong>de</strong>s Herrschens ist jetzt noch nicht gekommen – we<strong>de</strong>r für Christus noch für uns.<br />

Christus sitzt jetzt auf <strong>de</strong>m Thron <strong>de</strong>s Vaters, aber noch nicht auf seinem eigenen Thron.<br />

Gott hat Ihn wohl zum Herrscher über alle Werke seiner Hän<strong>de</strong> bestimmt. Die Herrschaft<br />

ist jedoch noch nicht angetreten. Das wollen wir nicht vergessen.<br />

Das Herrschen bezieht sich unmittelbar auf das Tausendjährige Reich, das einmal auf<br />

dieser Er<strong>de</strong> gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n wird. Allerdings wird es auch danach im ewigen Zustand<br />

noch Regierung und Herrschaft geben (Off 22,5). Unser Eingang in dieses Reich wird<br />

unterschiedlich sein. Für einige gibt einen „reichlichen Eingang“ (2. Pet 1,11). An<strong>de</strong>re<br />

wer<strong>de</strong>n zwar gerettet wer<strong>de</strong>n, „doch so wie durchs Feuer“ (1. Kor 3,15). Das sind diejenigen,<br />

<strong>de</strong>ren Werke verbrennen wer<strong>de</strong>n und für die es keinen – o<strong>de</strong>r nur geringen – Lohn gibt.<br />

In <strong>de</strong>m Gleichnis von <strong>de</strong>n Knechten gibt es Knechte, die über zehn Städte gesetzt sind,<br />

während an<strong>de</strong>re über fünf Städte gesetzt sind (Lk 19,17–19). Am Richterstuhl wird es Lohn<br />

geben – und dieser Lohn fällt unterschiedlich aus. Sichtbar wird dieser Lohn, wenn wir<br />

öffentlich mit Christus erscheinen, um mit Ihm zu herrschen.<br />

Hinweis: Wenn es um das Vaterhaus geht, lesen wir an keiner Stelle von einem Unterschied.<br />

Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r dort ist, wird <strong>de</strong>m „Bild seines Sohnes“ gleichförmig sein (Röm 8,29). Als Kin<strong>de</strong>r und<br />

Söhne sind wir ohne Unterschied dort, um das ewige Leben in seiner ganzen Fülle zu genießen.<br />

Unterschie<strong>de</strong> gibt es in Verbindung mit <strong>de</strong>m Lohn. Dieser wird am Richterstuhl <strong>de</strong>s Christus<br />

ausgeteilt. Lohn ist <strong>de</strong>shalb im Neuen Testament nicht mit <strong>de</strong>m Vaterhaus, son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>m<br />

kommen<strong>de</strong>n Reich in seiner öffentlichen Form verbun<strong>de</strong>n.<br />

Wir verleugnen – Er verleugnet<br />

„Wenn wir verleugnen wer<strong>de</strong>n, so wird auch er uns verleugnen.“ Diese Aussage ist überaus<br />

ernst. Sie ist eine eindringliche Warnung für diejenigen, die das tun. Dabei ergibt sich<br />

natürlich die Frage, auf wen diese Aussage Bezug nimmt. Sind nur Ungläubige gemeint o<strong>de</strong>r<br />

kann man die Aussage auch auf Gläubige beziehen?<br />

Der Ausdruck „verleugnen“ wird zum Beispiel in Matthäus 10,33 benutzt: „Wer aber irgend<br />

mich vor <strong>de</strong>n Menschen verleugnen wird, <strong>de</strong>n wer<strong>de</strong> auch ich verleugnen vor meinem<br />

Vater, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Himmeln ist“ (vgl. weiter Lk 12,9). In Johannes 13,38 gebraucht <strong>de</strong>r Herr<br />

dieses Wort in Bezug auf das, was Simon Petrus im Begriff stand zu tun. „Verleugnen“<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

kann sich – <strong>de</strong>m Wort nach – also sowohl auf Ungläubige wie auf Gläubige beziehen. Es<br />

wird in <strong>de</strong>n Versen 12 und 13 unseres Kapitels dreimal gebraucht. Kenner <strong>de</strong>r griechischen<br />

Sprache geben folgen<strong>de</strong> alternative Übersetzung an: „Nein sagen, wi<strong>de</strong>rsprechen, abweisen,<br />

verweigern, abschlagen, leugnen, in Abre<strong>de</strong> stellen, bestreiten, sich lossagen“. An<strong>de</strong>re<br />

übersetzen: „die Bekanntschaft abstreiten“. Das war es, was Simon Petrus getan hatte.<br />

Die Frage ist, ob es hier um ein einmaliges o<strong>de</strong>r zeitweiliges Verleugnen geht o<strong>de</strong>r ob<br />

Paulus grundsätzlich spricht. Meint er das, was Petrus getan hat – und was je<strong>de</strong>m von uns<br />

passieren kann? O<strong>de</strong>r ist gemeint, dass jemand dauerhaft und gewohnheitsmäßig durch<br />

Wort und/o<strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>l zu erkennen gibt, dass er grundsätzlich nichts mit Christus zu tun<br />

haben will? Im zweiten Fall ist klar, dass <strong>de</strong>r Herr sich niemals zu so jemand bekennen wird –<br />

wie immer sein äußeres Bekenntnis gewesen sein mag. Das ist – wie es W. Kelly einmal<br />

geschrieben hat – eine Verunehrung <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>s Herrn, die Gott niemals hinnehmen<br />

wird. Es wird tatsächlich Menschen geben, die sich äußerlich zu Ihm bekannt haben, ohne<br />

je Leben aus Gott gehabt zu haben. Es sind Menschen, zu <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Herr einmal sagen<br />

wird: „Ich habe euch niemals gekannt; weicht von mir, ihr Übeltäter“ (Mt 7,23). In unserem<br />

Vers scheint das tatsächlich die Hauptbe<strong>de</strong>utung zu sein. Es sind Menschen, die nur eine<br />

Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit haben. Judas sagt, dass sie sich neben eingeschlichen haben und<br />

„unseren alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus verleugnen“ (Judas 4). „Verleugnen“<br />

wird hier ohne Objekt gebraucht. Es wird nicht gesagt, wer o<strong>de</strong>r was verleugnet wird. Das<br />

unterstützt <strong>de</strong>n Gedanken, dass es hier um eine prinzipielle und dauerhafte Grundhaltung<br />

geht, die jemand einnimmt.<br />

Dem könnte entgegengehalten wer<strong>de</strong>n, dass es in <strong>de</strong>n Versen 11–13 immer um „wir“ geht.<br />

Demzufolge könnte immer die gleiche Gruppe (also Gläubige) angesprochen sein. Das<br />

Argument ist nicht ganz von <strong>de</strong>r Hand zu weisen. Allerdings fällt auf, dass es in <strong>de</strong>n<br />

bei<strong>de</strong>n ersten Fällen einfach heißt: „Wenn wir mitgestorben sind . . . “, und: „Wenn wir<br />

ausharren . . . “, während es hier heißt: „Wenn wir verleugnen wer<strong>de</strong>n . . . “. Ersteres ist<br />

offensichtlich eine Tatsache, zweites eine Möglichkeit. Es scheint mir so zu sein, dass Paulus<br />

hier tatsächlich an Menschen <strong>de</strong>nkt, die sich zwar unter <strong>de</strong>n Gläubigen befin<strong>de</strong>n, jedoch<br />

nur ein äußeres Bekenntnis – und damit kein Leben aus Gott – haben. Diese Mischung aus<br />

„echt“ und „unecht“ ist es ja gera<strong>de</strong>, die in diesem letzten Brief von Paulus vor uns kommt.<br />

Allerdings wollen wir die vorsichtige Anwendung auf Gläubige nicht ganz ausschließen.<br />

Es mag im Leben eines Gläubigen Situationen geben, wo er sich – ähnlich wie Petrus –<br />

nicht zu seinem Herrn bekennt und Ihn verleugnet. Dann kann er nicht damit rechnen, dass<br />

sein Herr sich in dieser Situation zu ihm bekennt und auf seine Seite stellt. Fatal wäre es<br />

allerdings, aus dieser Stelle abzuleiten, dass ein untreuer Gläubiger doch einmal verloren<br />

gehen könnte, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Herr ihn dann einmal im Hinblick auf die Ewigkeit verleugnen<br />

wür<strong>de</strong>. Das lehrt die Bibel an keiner Stelle, und das ist ganz sicher nicht die Be<strong>de</strong>utung<br />

dieses Verses.<br />

„Wenn wir untreu sind -; er bleibt treu, <strong>de</strong>nn er kann sich selbst nicht verleugnen“<br />

(Vers 13).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Wir sind untreu – Er bleibt treu<br />

Erneut stellt sich die Frage, an welche Personengruppe Paulus <strong>de</strong>nkt. Sind es echte o<strong>de</strong>r<br />

unechte Bekenner o<strong>de</strong>r sind bei<strong>de</strong> eingeschlossen? Wenn Paulus an Gläubige <strong>de</strong>nkt, dann<br />

liegt in <strong>de</strong>m zweiten Teil <strong>de</strong>s Verses durchaus eine Ermunterung. Trotz unserer Untreue –<br />

und wer wollte von sich behaupten, immer treu (zuverlässig) gewesen zu sein? – bleibt <strong>de</strong>r<br />

Herr treu. Wenn Paulus an Ungläubige <strong>de</strong>nkt, dann ist dieser Vers eine ernste Mahnung<br />

und Warnung.<br />

Ganz allgemein gilt, dass <strong>de</strong>r Herr sich niemals mit Untreue einsmachen kann. Er bleibt<br />

sich selbst treu, d. h. seinem Wesen und seiner Natur. Er kann nicht an<strong>de</strong>rs. Menschliche<br />

Untreue wird Ihn nicht daran hin<strong>de</strong>rn können, seine Pläne auszuführen. Er kann sich nicht<br />

verleugnen. Das gilt für alle Zusagen, die Er gegeben hat. Dabei wollen wir nicht nur an die<br />

Mut machen<strong>de</strong>n Zusagen <strong>de</strong>nken, son<strong>de</strong>rn ebenso an die ernsten Gerichtswarnungen, die<br />

das Wort Gottes enthält. Der Herr wird alles erfüllen, was Er zugesagt hat – in Gna<strong>de</strong> wie<br />

im Gericht. Das war bei seinem irdischen Volk Israel so. Das ist bei seinem himmlischen<br />

Volk so. Er han<strong>de</strong>lt immer in seiner Treue.<br />

Wenn wir an unechte Bekenner (also Ungläubige) <strong>de</strong>nken, ist dies ein sehr ernster Gedanke.<br />

In <strong>de</strong>r Regierung Gottes mit <strong>de</strong>n Menschen wird es so sein, dass alles eintreffen wird,<br />

was vorausgesagt ist. Es wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Wesen Gottes wi<strong>de</strong>rsprechen, wenn Er Gläubige und<br />

Ungläubige gleich behan<strong>de</strong>ln wür<strong>de</strong>. Das tut Gott nicht. Wenn ein Mensch im Glauben<br />

seine Sün<strong>de</strong>n bekennt, dann ist Gott nicht nur „gerecht“, son<strong>de</strong>rn auch „treu“, wenn Er ihm<br />

die Sün<strong>de</strong>n vergibt (vgl. 1. Joh 1,9). Umgekehrt ist Gott treu, wenn Er Menschen, die das<br />

Evangelium nicht annehmen, einmal für ewig verdammen wird. Gott bleibt – in Ehrfurcht<br />

gesagt – seinem Charakter immer treu und wird die Menschen <strong>de</strong>mentsprechend behan<strong>de</strong>ln.<br />

Die Erinnerung an die Treue <strong>de</strong>s Herrn ist jedoch gleichzeitig eine Ermunterung für<br />

Gläubige. Wir können leicht mü<strong>de</strong> und mutlos wer<strong>de</strong>n. Wir können bisweilen in<br />

Kleinglauben, in Zweifel und sogar Unglauben verfallen. Aber Er bleibt immer treu und<br />

steht zu seinen Zusagen. Wenn wir Leben aus Gott haben, wird Er uns immer nachgehen<br />

und uns niemals ins Ver<strong>de</strong>rben laufen lassen.<br />

Dieser Gedanke darf uns allerdings keinesfalls leichtfertig machen. Es wäre vermessen,<br />

wenn wir uns <strong>de</strong>shalb Untreue „leisten“ wür<strong>de</strong>n, weil wir schon vorher auf die Treue <strong>de</strong>s<br />

Herrn rechnen. Ein solcher Gedanke ist <strong>de</strong>m Wort Gottes völlig fremd. Aber es ist <strong>de</strong>nnoch<br />

wahr, dass das Han<strong>de</strong>ln Gottes in seiner Regierung nie Gottes eigenen Vorsatz und seine<br />

Gna<strong>de</strong> aufheben kann o<strong>de</strong>r ihr entgegensteht. Auch als Kin<strong>de</strong>r Gottes unterstehen wir<br />

seiner Regierung. Er han<strong>de</strong>lt mit uns zu unserem Nutzen und zu seiner Ehre. Trotz<strong>de</strong>m<br />

können wir immer auf seine Gna<strong>de</strong> rechnen. Die Gna<strong>de</strong> grün<strong>de</strong>t sich auf das, was Er in sich<br />

selbst ist. Das kommt in <strong>de</strong>n Worten zum Ausdruck: „Er kann sich selbst nicht verleugnen.“<br />

Ein Vater muss sein Kind strafen, wenn es ungehorsam ist und eigene Wege geht. Die Strafe<br />

mag mitunter schmerzhaft sein und die praktische Gemeinschaft trüben. Dennoch wird<br />

ein guter Vater nie zulassen, dass die grundsätzliche Beziehung zu ihm durch die Strafe<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

abgebrochen wird. So han<strong>de</strong>lt Gott in seiner Regierung mit uns. Wenn wir als seine Kin<strong>de</strong>r<br />

untreu sind, dann muss Er uns manchmal wehtun – aber das än<strong>de</strong>rt nichts daran, dass Er in<br />

Liebe und Gna<strong>de</strong> auf uns sieht. Gera<strong>de</strong> darin zeigt sich seine Treue.<br />

„Dies bringe in Erinnerung, in<strong>de</strong>m du ernstlich vor <strong>de</strong>m Herrn bezeugst, nicht Wortstreit<br />

zu führen, was zu nichts nütze, son<strong>de</strong>rn zum Ver<strong>de</strong>rben <strong>de</strong>r Zuhörer ist“ (Vers 14).<br />

Der Ausdruck „dies“ nimmt Bezug auf die vorigen Verse. Insofern ist Vers 14 ein Bin<strong>de</strong>glied<br />

zwischen <strong>de</strong>m, was Paulus bereits vorgestellt hat und <strong>de</strong>m, was er nun sagen will. Mit<br />

Vers 14 beginnt <strong>de</strong>r zweite Teil <strong>de</strong>s Kapitels. Es geht immer noch um <strong>de</strong>n Diener Gottes,<br />

aber jetzt wird beson<strong>de</strong>rs ein Bezug zu an<strong>de</strong>ren hergestellt. Der Mensch Gottes ist seinem<br />

Gott verantwortlich. Er soll sich persönlich seinem Herrn zur Verfügung stellen. Er soll<br />

gleichzeitig – beson<strong>de</strong>rs in schwerer Zeit – in seinem Verhältnis zu an<strong>de</strong>ren klar stehen. Er<br />

befin<strong>de</strong>t sich innerhalb <strong>de</strong>s christlichen Zeugnisses, das in Vers 20 mit einem großen Haus<br />

verglichen wird. Da gibt es beson<strong>de</strong>re Herausfor<strong>de</strong>rungen, <strong>de</strong>nen wir uns stellen müssen.<br />

In Erinnerung bringen<br />

In Vers 2 wur<strong>de</strong> Timotheus zum Hören aufgefor<strong>de</strong>rt. In Vers 7 sollte er etwas be<strong>de</strong>nken.<br />

Jetzt wird er aufgefor<strong>de</strong>rt, etwas in Erinnerung zu bringen. Das ist immer <strong>de</strong>r Weg für einen<br />

zuverlässigen Diener <strong>de</strong>s Herrn. Zuerst lernt er selbst, in<strong>de</strong>m er etwas aufnimmt. Er hört<br />

o<strong>de</strong>r liest. Danach kommt das Be<strong>de</strong>nken. Was man gelernt hat, muss verinnerlicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Wort Gottes wird erforscht, erkannt und vor allen Dingen auf Herz und Gewissen<br />

angewandt. Das Be<strong>de</strong>nken schließt selbstverständlich ein, dass man in <strong>de</strong>m bleibt, was<br />

man gelernt hat, und dass man es praktiziert. Dann kommt als Drittes hinzu, dass man das<br />

Gehörte und Überdachte bezeugen und an<strong>de</strong>re lehren kann.<br />

„In Erinnerung bringen“ ist ein permanenter Vorgang. Die Wahrheit Gottes an sich ist<br />

uns vollständig übermittelt. Es gibt keine neuen Wahrheiten mehr. Das Glaubensgut ist<br />

ein für allemal <strong>de</strong>n Heiligen überliefert. Es muss jedoch immer wie<strong>de</strong>r neu in Erinnerung<br />

gebracht wer<strong>de</strong>n. Der Ausdruck wird außer an dieser Stelle noch in Titus 3,1 gebraucht. Wir<br />

lernen daraus, dass es im Dienst <strong>de</strong>s Wortes nicht nur darum geht, faktische Informationen<br />

(Sachwissen) zu vermitteln, son<strong>de</strong>rn die Wahrheit soll sich im Herzen <strong>de</strong>r Zuhörer einprägen.<br />

Sie soll dort etwas bewegen. Wenn wir das Wort vorstellen – sei es in <strong>de</strong>n Zusammenkünften,<br />

in <strong>de</strong>r Familie o<strong>de</strong>r bei an<strong>de</strong>ren Gelegenheiten –, geht es nicht darum, möglichst neue Dinge<br />

zu sagen o<strong>de</strong>r möglichst interessant zu sein, son<strong>de</strong>rn darum, an sich bekannte Wahrheiten<br />

in Erinnerung zu bringen. Dabei mag es durchaus so sein, dass die vorgestellten Dinge für<br />

<strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Zuhörer neu sind (z. B. für heranwachsen<strong>de</strong> junge Menschen o<strong>de</strong>r<br />

jung Bekehrte), aber das ist nicht wesentlich. Petrus zum Beispiel wollte durch Erinnerung<br />

die lautere Gesinnung seiner Briefempfänger aufwecken (2. Pet 3,1). Erinnerung ist ein<br />

wichtiges biblisches Prinzip.<br />

Bezeugen<br />

Die Art und Weise, wie das geschehen soll, wird als ein ernsthaftes Bezeugen beschrieben.<br />

Ernsthaft bezeugen meint, dass man jemand beschwört und ihn warnt. Dieser Grundsatz ist<br />

ebenfalls allgemein gültig. Wir sollen, wenn wir das Wort Gottes vorstellen, nicht leichtfertig<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

o<strong>de</strong>r oberflächlich sein. Es gibt natürlich Bibelabschnitte, die einen ermuntern<strong>de</strong>n Charakter<br />

tragen, während an<strong>de</strong>re eher ermahnend sind. Dennoch müssen wir Gottes Wort immer<br />

in einer würdigen Weise vorstellen. Die Bibel ist kein unterhaltsames Buch. Es ist Gottes<br />

Heiliges Wort. Dazu gehört ohne Frage ein würdiger Ernst. Es hat sehr befähigte und<br />

begabte Ausleger und Redner gegeben, die in ihrer Predigt sehr darauf geachtet haben,<br />

die Zuhörer nicht durch witzige und spaßige Bemerkungen zu „unterhalten“ o<strong>de</strong>r gar<br />

zum Lachen zu bringen. Niemand, <strong>de</strong>r Gottes Wort vorstellt, sollte meinen, die Zuhörer<br />

müssten durch <strong>de</strong>rartige Mittel „bei Laune gehalten“ wer<strong>de</strong>n (was nicht meint, dass wir<br />

nicht fröhliche Christen sein sollten).<br />

Vor <strong>de</strong>m Herrn<br />

Die Be<strong>de</strong>utung dieser Aussage wird durch <strong>de</strong>n Zusatz „vor <strong>de</strong>m Herrn“ verstärkt. „Vor <strong>de</strong>m<br />

Herrn“ be<strong>de</strong>utet „im Angesicht <strong>de</strong>s Herrn“. Der Diener soll stets das Bewusstsein haben,<br />

dass er vor seinem Herrn steht, <strong>de</strong>r alles sieht und beurteilt. Nicht umsonst wird Er hier<br />

„<strong>de</strong>r Herr“ genannt – ohne je<strong>de</strong>n weiteren Zusatz. Ihm gehört alle Autorität. Wir schul<strong>de</strong>n<br />

Ihm Gehorsam und sollen nie vergessen, dass Er <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>r Diener ist. Alles, was wir tun,<br />

geschieht unter <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>s Herrn. Er sieht und beurteilt alles. Taten, Worte und Motive.<br />

Wir <strong>de</strong>nken an das Beispiel eines großen Gottesmannes aus <strong>de</strong>m Alten Testament, <strong>de</strong>r auch<br />

etwas zu bezeugen hatte, nämlich an Elia. Er han<strong>de</strong>lte und re<strong>de</strong>te in <strong>de</strong>m Bewusstsein, dass<br />

er es mit <strong>de</strong>m Herrn zu tun hatte, vor <strong>de</strong>ssen Angesicht er stand. Wenn wir das verinnerlicht<br />

haben, wird das ein prägen<strong>de</strong>s Element in unserem Leben als Diener <strong>de</strong>s Herrn sein.<br />

Aber es liegt noch etwas in dieser Aussage: Der Diener hat in sich keine Autorität. Sie<br />

kommt von <strong>de</strong>m Herrn. Wenn wir in diesem Bewusstsein unseren Dienst tun und aus <strong>de</strong>r<br />

Gegenwart <strong>de</strong>s Herrn kommen, wer<strong>de</strong>n wir „Aussprüche Gottes“ re<strong>de</strong>n. (1. Pet 4,11). Ebenso<br />

gilt für <strong>de</strong>n Zuhörer, dass er durch das Wort in die Gegenwart und das Licht <strong>de</strong>s Herrn<br />

gestellt wird.<br />

Kein Wortstreit<br />

Paulus legt großen Wert darauf, dass Wortstreit vermie<strong>de</strong>n wird. Wortstreit ist zum<br />

Ver<strong>de</strong>rben <strong>de</strong>r Zuhörer. In <strong>de</strong>r griechischen Welt damaliger Tage führte man gerne zu<br />

allen möglichen Themen Wortstreit. Die Ju<strong>de</strong>n waren ebenfalls in dieser Untugend geübt.<br />

In Apostelgeschichte 18,15 ist die Re<strong>de</strong> von Streitfragen über Worte, Namen und das Gesetz.<br />

Gera<strong>de</strong> bei großer Gelehrsamkeit ist die Gefahr vorhan<strong>de</strong>n, sich in endlosen Diskussionen<br />

und Spekulationen zu ergehen. In 1. Timotheus 6,4 wird <strong>de</strong>utlich gemacht, dass Streitfragen<br />

und Wortgezänk ein Kennzeichen falscher Lehrer ist.<br />

Es ist unstrittig, dass je<strong>de</strong>s Wort in <strong>de</strong>r Bibel seine Be<strong>de</strong>utung hat. Die Bibel ist ja „Wort<br />

für Wort“ von Gott eingegeben. An dieser „wörtlichen Eingebung“ (Verbalinspiration)<br />

müssen wir unbedingt festhalten. Die einzelnen Worte <strong>de</strong>r Bibel sind wichtig. Wir sollten<br />

sie beachten und darüber nach<strong>de</strong>nken, warum Gott an welcher Stelle ein bestimmtes Wort<br />

gebraucht und an einer an<strong>de</strong>ren Stelle vielleicht ein an<strong>de</strong>res. Dabei ist wichtig, dass darüber<br />

vor an<strong>de</strong>ren – <strong>de</strong>n Zuhörern – kein Streit geführt wird. Das gilt auch für die Herkunft<br />

einzelner Worte o<strong>de</strong>r die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong>n griechischen Wortes. Viele<br />

Dinge könnten die Zuhörer – zum Beispiel in einer öffentlichen Zusammenkunft – gar<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

nicht beurteilen. Denken wir beispielsweise an unsere Kin<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r jungen Leute. Es ist<br />

verhängnisvoll, wenn vor ihren Ohren solch ein „Wortstreit“ geführt wird.<br />

Es ist wahr, dass wir nicht in allen Fragen <strong>de</strong>r Auslegung eine einheitliche Meinung haben.<br />

Es gibt manchmal unterschiedliche Ansichten, über die wir uns miteinan<strong>de</strong>r austauschen.<br />

Ein <strong>de</strong>rartiger Austausch ist völlig in Ordnung. Er soll aber in keinem Fall in Wortstreit<br />

ausarten, <strong>de</strong>r dann unter Umstän<strong>de</strong>n sogar lautstark ausgetragen wird. Der Diener Gottes<br />

tut so etwas selbst nicht, und er achtet darauf, dass an<strong>de</strong>re es nicht tun. Lei<strong>de</strong>r waren es in<br />

<strong>de</strong>r Vergangenheit oft beson<strong>de</strong>rs begabte Brü<strong>de</strong>r, die die Wahrheit kannten und <strong>de</strong>nnoch<br />

über einzelne Worte in Wortstreit geraten sind.<br />

Wortstreit bleibt nicht ohne Folgen, und diese sind niemals positiv. Deshalb sagt Paulus:<br />

Es ist „zu nichts nütze“. Mehr noch, es hat direkt schädliche Folgen. Die Zuhörer wer<strong>de</strong>n<br />

durch solch einen Wortstreit nicht nur verwirrt, son<strong>de</strong>rn Paulus geht weiter und sagt, dass<br />

es zu ihrem Ver<strong>de</strong>rben ist. „Ver<strong>de</strong>rben“ meint hier nicht die ewige Verdammnis. In 2. Petrus<br />

2,6 wird das Wort noch einmal gebraucht. Dort geht es um die „Zerstörung“ Sodoms zur<br />

Zeit Noahs. Aus <strong>de</strong>m griechischen Wort ist unser Wort „Katastrophe“ abgeleitet. Die Folgen<br />

von Wortstreit sind je<strong>de</strong>nfalls katastrophal.<br />

„Befleißige dich, dich selbst Gott als bewährt darzustellen, als einen Arbeiter, <strong>de</strong>r sich<br />

nicht zu schämen hat, <strong>de</strong>r das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit recht teilt“ (Vers 15).<br />

Befleißige dich<br />

Paulus spricht Timotheus jetzt mit einer neuen positiven Auffor<strong>de</strong>rung an. Sie ist gera<strong>de</strong> das<br />

Gegenteil von <strong>de</strong>m, wovor er vorher gewarnt hatte. Timotheus sollte sich befleißigen, d. h.<br />

er sollte Mühe aufwen<strong>de</strong>n, um sich selbst Gott bewährt dazustellen. „Befleißigen“ meint<br />

„sorgfältig und diszipliniert nach etwas streben“. Es geht um Fleiß und um Einsatz. Was<br />

hier gezeigt wird, kommt nicht von selbst. Dafür muss Energie und Fleiß eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Fleiß hat in <strong>de</strong>r Bibel einen hohen Stellenwert. Gott möchte, dass wir fleißig sind – sowohl<br />

in natürlichen als auch in geistlichen Belangen. Das Buch <strong>de</strong>r Sprüche zeigt uns mit großem<br />

Nachdruck <strong>de</strong>n generellen Wert <strong>de</strong>s Fleißes. Die Auffor<strong>de</strong>rung, uns zu befleißigen (o<strong>de</strong>r<br />

Fleiß anzuwen<strong>de</strong>n), fin<strong>de</strong>n wir im Neuen Testament wie<strong>de</strong>rholt.<br />

Gott bewährt<br />

Der Diener soll danach streben, sich selbst Gott bewährt vorzustellen. Das will sagen, dass<br />

<strong>de</strong>r Diener jemand sein soll, <strong>de</strong>r sich durch beständige Prüfung als zuverlässig und treu<br />

erwiesen hat. Durch sein Beispiel soll er an<strong>de</strong>re anleiten, es ebenso zu machen. Das legt<br />

eine beson<strong>de</strong>re Verantwortung auf diejenigen, die im öffentlichen Dienst für <strong>de</strong>n Herrn<br />

stehen und das Wort predigen. Wenn jemand ein Diener <strong>de</strong>s Herrn ist, dann sollen nicht<br />

zuerst die an<strong>de</strong>ren beeindruckt wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Diener soll vor Gott bewährt stehen.<br />

Gott sieht und hört und bewertet alles.<br />

Bewährung trägt <strong>de</strong>n Gedanken in sich, dass jemand auf <strong>de</strong>n Prüfstand gestellt wird und<br />

die Prüfung besteht. Wir lesen zum Beispiel von <strong>de</strong>r Bewährung <strong>de</strong>s Werkes (1. Kor 3,13),<br />

<strong>de</strong>r Bewährung <strong>de</strong>s Dienstes (2. Kor 9,13), <strong>de</strong>r Bewährung <strong>de</strong>s Glaubens (Jak 1,3; 1. Pet 1,7)<br />

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und <strong>de</strong>r Bewährung von Personen (Röm 14,18; 16,10; 1. Kor 11,19 u.a.). Letzteres haben<br />

wir auch hier. Der Diener soll sich selbst Gott bewährt darstellen. Dabei zeigt sich die<br />

Bewährung nicht so sehr in <strong>de</strong>m, was jemand sagt, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>m, was jemand lebt.<br />

Worte und Taten müssen übereinstimmen. „Darstellen“ ist mehr als nur einfach „zeigen“.<br />

Darstellen meint, an<strong>de</strong>ren zum Nutzen zur Verfügung zu stehen. Das gilt zuerst im Hinblick<br />

auf Gott. In 1. Thessalonicher 2,4 schreibt Paulus: „ . . . son<strong>de</strong>rn so, wie wir von Gott als<br />

bewährt befun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n sind, mit <strong>de</strong>m Evangelium betraut zu wer<strong>de</strong>n, so re<strong>de</strong>n wir, nicht<br />

um Menschen zu gefallen, son<strong>de</strong>rn Gott, <strong>de</strong>r unsere Herzen prüft.“<br />

Das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit recht teilen<br />

Der Arbeiter ist ein vierter Beruf, <strong>de</strong>n Paulus in diesem Brief erwähnt. Es geht hier nicht –<br />

wie in Vers 6 – um die harte und mühsame Arbeit eines Ackerbauern. Es geht ebenfalls<br />

nicht um die Arbeit eines Sklaven, <strong>de</strong>r keine Einsicht in die Absichten seines Herrn hat.<br />

Gemeint ist vielmehr ein „Facharbeiter“, <strong>de</strong>r sich mit seiner Arbeit auskennt. Es wird nicht<br />

gesagt, aus welcher „Branche“ dieser Arbeiter kommt. Es wird nur im übertragenen Sinn<br />

gesagt, dass er das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit recht teilt, d. h. in gera<strong>de</strong>r Richtung schnei<strong>de</strong>t.<br />

Das Wort „teilen“ kommt im Neuen Testament nur an dieser Stelle vor. Es meint wörtlich<br />

„gera<strong>de</strong> schnei<strong>de</strong>n“. Es kann sein, dass Paulus an die Arbeit <strong>de</strong>s Landwirtes <strong>de</strong>nkt, <strong>de</strong>r eine<br />

gera<strong>de</strong> Furche zieht und nicht im Zickzack arbeitet. Wir könnten auch an einen Schreiner<br />

<strong>de</strong>nken, <strong>de</strong>r ein Holz gera<strong>de</strong> sägt und nicht krumm. Wie auch immer -; es ist offensichtlich,<br />

dass man dazu eine gewisse Fertigkeit braucht. Um Gottes Wort öffentlich vorzustellen,<br />

braucht es eine bestimmte geistliche Übung. In 1. Timotheus 3,6 wird von <strong>de</strong>m Aufseher<br />

gesagt, dass er kein Neuling sein soll. Nun geht es hier nicht um einen Aufseher, son<strong>de</strong>rn um<br />

einen Diener <strong>de</strong>s Herrn. Dennoch ist das Prinzip übertragbar. Wer Gottes Wort öffentlich<br />

vorstellt, sollte über ein bestimmtes Maß an geistlicher Erfahrung verfügen. Es geht darum,<br />

dass wir mit <strong>de</strong>m Wort Gottes richtig umgehen, dass wir es richtig lehren und richtig<br />

anwen<strong>de</strong>n.<br />

Wenn Gottes Wort recht geteilt wird, dann wird es nicht einseitig o<strong>de</strong>r verzerrt dargestellt.<br />

Dann wird nicht eine Seite <strong>de</strong>r Wahrheit überbetont und eine an<strong>de</strong>re bewusst vernachlässigt.<br />

Dann wer<strong>de</strong>n einzelne Textpassagen nicht aus <strong>de</strong>m Zusammenhang genommen. Dann<br />

wer<strong>de</strong>n wir Gottes Wort nicht so „hinbiegen“, dass es sich unserem Verhalten anpasst,<br />

son<strong>de</strong>rn es wird gera<strong>de</strong> umgekehrt sein.<br />

Wir haben es mit <strong>de</strong>m „Wort <strong>de</strong>r Wahrheit“ zu tun. Es geht dabei nicht um einzelne Aussagen<br />

(Worte) Gottes, son<strong>de</strong>rn gemeint ist das ganze Wort Gottes. Das „Wort <strong>de</strong>r Wahrheit“ zeigt<br />

uns, wie Gott alle Dinge sieht und beurteilt. Das müssen wir erst einmal für uns persönlich<br />

lernen, bevor wir es an an<strong>de</strong>re weitergeben.<br />

Gottes Wort ist natürlich immer wahr. Erst dann, wenn wir Menschen es anwen<strong>de</strong>n, können<br />

wir Fehler machen und es einseitig o<strong>de</strong>r verzerrt vorstellen. Da ist zum Beispiel jemand, <strong>de</strong>r<br />

nur die Seite <strong>de</strong>r Verantwortung sieht, aber nicht über die Gna<strong>de</strong> spricht. Da ist jemand, <strong>de</strong>r<br />

nur über die Wahrheit <strong>de</strong>r Versammlung spricht, aber nicht über die Wahrheit <strong>de</strong>s Reiches<br />

Gottes. Das ist jemand, <strong>de</strong>r nur über das Werk Christi für uns spricht, aber nicht über das<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Werk Christi in uns. Da ist jemand, <strong>de</strong>r scheinbar nur die Briefe <strong>de</strong>s Paulus kennt, aber nie<br />

von <strong>de</strong>n Schriften <strong>de</strong>s Johannes spricht.<br />

Wir müssen also erstens das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit selbst kennen, es dann aber zweitens auch<br />

richtig anwen<strong>de</strong>n. Man kann einfach nicht mit je<strong>de</strong>r Bibelstelle alles Mögliche belegen<br />

wollen. Wir müssen lernen, Textpassagen nicht beliebig aus <strong>de</strong>m Zusammenhang zu nehmen.<br />

Keine Weissagung <strong>de</strong>r Schrift ist von eigener Auslegung (2. Pet 1,20). Lei<strong>de</strong>r wird dieser<br />

einfache und doch so wichtige Grundsatz bei <strong>de</strong>r Textauslegung (mündlich wie schriftlich)<br />

oft missachtet. Natürlich können – und sollen – wir Gottes Wort auf unsere täglichen<br />

Umstän<strong>de</strong> anwen<strong>de</strong>n. Aber wir sollten uns immer vor eigenen und einseitigen Auslegungen<br />

und Erklärungen hüten. Das gilt im öffentlichen Dienst genauso wie im privaten Dienst<br />

(z. B. in <strong>de</strong>r Familie). Sonst stiften wir nur Verwirrung und säen Zweifel. Wenn wir es richtig<br />

machen, ist das Ergebnis positiv. Dann gibt es Wachstum und Auferbauung.<br />

Keine Scham<br />

Wer als Arbeiter bewährt vor Gott steht und das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit recht teilt, hat keinen<br />

Grund, sich zu schämen. Das Wort „schämen“ ist ein starker Ausdruck. Es will sagen, dass<br />

niemand <strong>de</strong>m Diener etwas vorwerfen kann und dass er selbst sich nichts vorzuwerfen hat.<br />

Um das zu erreichen, ist große Sorgfalt im eigenen Wan<strong>de</strong>l und Verhalten erfor<strong>de</strong>rlich. Wer<br />

Gottes Wort vorstellt und in gera<strong>de</strong>r Richtung teilt, muss das Wort zuerst gegen sich selbst<br />

anwen<strong>de</strong>n. Sonst klagt er sich selbst an.<br />

Nicht schämen be<strong>de</strong>utet aber auch, dass er sich als jemand erweist, <strong>de</strong>ssen Werk nicht<br />

wertlos ist, son<strong>de</strong>rn Lohn bringt. Dazu sagt Johannes: „Und nun, Kin<strong>de</strong>r, bleibt in ihm,<br />

damit wir, wenn er offenbart wer<strong>de</strong>n wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt<br />

wer<strong>de</strong>n bei seiner Ankunft“ (1. Joh 2,28).<br />

„Die ungöttlichen, leeren Geschwätze aber vermei<strong>de</strong>; <strong>de</strong>nn sie [d. h. die Menschen, die<br />

solche Geschwätze führen] wer<strong>de</strong>n zu weiterer Gottlosigkeit fortschreiten“ (Vers 16).<br />

Ungöttliches und leeres Geschwätz<br />

Jetzt erfolgt wie<strong>de</strong>r eine Warnung an <strong>de</strong>n Diener. Wir müssen uns darüber im Klaren sein,<br />

dass Satan alles daran setzen wird, um uns davon abzuhalten, das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit<br />

recht zu teilen. Seine List ist groß. Hier sind es ungöttliche und leere Geschwätze, die als<br />

Folge Gottlosigkeit mit sich führen. Schon im ersten Brief an Timotheus hatte Paulus von<br />

Menschen gesprochen, die vom Glauben abgeirrt waren und sich statt<strong>de</strong>ssen zu leerem<br />

Geschwätz gewandt hatten (1. Tim 1,6). Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ersten Briefes kommt Paulus ebenfalls<br />

darauf zu sprechen: „ . . . in<strong>de</strong>m du dich von <strong>de</strong>n ungöttlichen, leeren Geschwätzen . . .<br />

wegwen<strong>de</strong>st“ (1. Tim 6,20).<br />

Es ist die Aufgabe <strong>de</strong>s Dieners Gottes, das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit recht zu teilen, aber sich<br />

nicht über unsinnige Dinge zu ereifern. Das sollten wir vermei<strong>de</strong>n. Gleichzeitig sollen<br />

wir uns von Menschen, die das tun, distanzieren. Titus wird ebenso dazu aufgefor<strong>de</strong>rt:<br />

„Törichte Streitfragen aber und Geschlechtsregister und Zänkereien und Streitigkeiten über<br />

das Gesetz vermei<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn sie sind unnütz und wertlos“ (Tit 3,9).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Das Wort „ungöttlich“ kommt im Neuen Testament nicht sehr oft vor. Außer in <strong>de</strong>n Briefen<br />

an Timotheus wird es noch in Hebräer 12,16 erwähnt, wo Esau ein Ungöttlicher genannt<br />

wird. Das Wort bezeichnet ursprünglich einen Ort, <strong>de</strong>r – im Gegensatz zu einer heiligen<br />

Stätte – von je<strong>de</strong>rmann betreten wer<strong>de</strong>n konnte. Daraus entstand die Be<strong>de</strong>utung „ungöttlich“<br />

o<strong>de</strong>r „unheilig“. „Leeres Geschwätz“ be<strong>de</strong>utet wörtlich „leerer Klang o<strong>de</strong>r Ton“. Es sind<br />

Worte ohne Wert. Sie haben für <strong>de</strong>n Zuhörer keinen Nutzen. Es ist klar, dass solches<br />

Geschwätz vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n soll. Der Grund dazu wird angegeben: Es führt nur zu<br />

weiterer Gottlosigkeit. „Fortschreiten“ wird an an<strong>de</strong>ren Stellen mit „zunehmen“ (Gal 1,14)<br />

o<strong>de</strong>r „vorrücken“ (Röm 13,12) übersetzt. Wo sich Böses unkontrolliert ausbreiten kann, wird<br />

es immer zum Schlimmeren führen.<br />

Gottlosigkeit be<strong>de</strong>utet nicht nur einfach „ohne Gott“, son<strong>de</strong>rn meint, dass Gott direkt<br />

verkürzt wird. Er bekommt nicht das, was Ihm zusteht. Es ist ein Verhalten, das <strong>de</strong>r<br />

Gottseligkeit direkt entgegengesetzt ist. Gottlosigkeit drückt sich in einem falschen<br />

Verhalten (Wan<strong>de</strong>l) aus. Wir sehen erneut, dass falsche Lehre zu einem Fehlverhalten<br />

führt. Das gilt für <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r das Wort vorstellt, ebenso wie für <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>ssen Worte hört.<br />

Paulus spricht einerseits von ungöttlichen und leeren Geschwätzen, an<strong>de</strong>rerseits von <strong>de</strong>n<br />

Personen, die dieses Geschwätz führen. Das Böse kann nicht von <strong>de</strong>r Person getrennt<br />

wer<strong>de</strong>n, die es ausübt. Das Vermei<strong>de</strong>n dieses Geschwätzes bringt notwendigerweise die<br />

Konsequenz mit sich, dass man sich von <strong>de</strong>nen abwen<strong>de</strong>n muss, die <strong>de</strong>rartiges Geschwätz<br />

praktizieren. Das ist die persönliche Verantwortung <strong>de</strong>s Dieners in schwerer Zeit. Es geht<br />

hier nicht um die Frage, wie eine örtliche Versammlung mit solchen Dingen umgeht, wenn<br />

sie in ihrer Mitte sichtbar wer<strong>de</strong>n. Für die örtliche Versammlung gilt es, <strong>de</strong>n Sauerteig<br />

auszufegen. Aber hier geht es nicht um die örtliche Versammlung, son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>n Diener<br />

in Tagen <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rgangs. Für ihn heißt es weggehen, sich wegwen<strong>de</strong>n und vermei<strong>de</strong>n.<br />

Eine an<strong>de</strong>re Möglichkeit hat er nicht. Wir müssen also einerseits die Geschwätze selbst<br />

vermei<strong>de</strong>n, an<strong>de</strong>rerseits Menschen mei<strong>de</strong>n, die sie führen. Das wird im späteren Verlauf<br />

<strong>de</strong>s Kapitels <strong>de</strong>utlicher wer<strong>de</strong>n.<br />

„Und ihr Wort wird um sich fressen wie ein Krebs; unter welchen Hymenäus ist und<br />

Philetus“ (Vers 17).<br />

Das Fortschreiten <strong>de</strong>s Bösen<br />

Das Fortschreiten und Wachsen <strong>de</strong>r Gottlosigkeit wird mit einem Krebs verglichen. Es<br />

han<strong>de</strong>lt sich bei <strong>de</strong>m Ausdruck „um sich fressen“ um einen zusammengesetzten Ausdruck,<br />

<strong>de</strong>r an an<strong>de</strong>rer Stelle mit „Wei<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n“ übersetzt wird (Joh 10,9). Der Vergleich mit einem<br />

Feuer, das durch trockenes Holz Nahrung bekommt und sich ausbreitet, liegt nahe.<br />

Das Wort „Krebs“ wird im Neuen Testament nur an dieser Stelle gebraucht. Ursprünglich<br />

bezeichnete man so in <strong>de</strong>r medizinischen Sprache einen „Brand“, d. h. Verwesung, die<br />

auftritt, wenn ein Teil <strong>de</strong>s Körpers von <strong>de</strong>r normalen Blutzirkulation abgetrennt ist und<br />

nicht mehr mit Nährstoffen versorgt wird. Die Wie<strong>de</strong>rgabe als „Krebs“ ist heute ein gut<br />

verständliches Bild. Wenn die Krebszellen nicht ausgeschaltet wer<strong>de</strong>n können, verseuchen<br />

sie schnell <strong>de</strong>n ganzen Körper und führen früher o<strong>de</strong>r später zum Tod.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

aber nur die halbe Wahrheit und damit eine ganze Lüge. Eine solch einseitige Sichtweise<br />

<strong>de</strong>r Auferstehung ist ein Beispiel dafür, wie das Wort <strong>de</strong>r Wahrheit nicht recht geteilt wird.<br />

Der Epheserbrief lehrt uns, dass wir, die wir tot waren, mit <strong>de</strong>m Christus lebendig gemacht<br />

wor<strong>de</strong>n sind. Gott hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in <strong>de</strong>n himmlischen Örtern<br />

in Christus Jesus (Eph 2,6). Das ist unsere Stellung „in Christus“. Der Epheserbrief zeigt<br />

uns <strong>de</strong>n ewigen Ratschluss und Plan Gottes, aber nicht unsere Stellung, die wir jetzt auf<br />

dieser Er<strong>de</strong> einnehmen. Noch tragen wir <strong>de</strong>n Leib <strong>de</strong>r Niedrigkeit an uns. Die Auferstehung<br />

<strong>de</strong>s Leibes steht noch bevor. Sie ist eine zentrale Wahrheit <strong>de</strong>s Neuen Testaments. Paulus<br />

schreibt darüber ausführlich in 1. Korinther 15. Er zeigt, dass die Auferstehung <strong>de</strong>s Herrn<br />

Jesus fundamental für <strong>de</strong>n Glauben ist und dass wir ebenfalls – was unseren Körper<br />

betrifft – auferstehen wer<strong>de</strong>n. Wir erwarten <strong>de</strong>n Herrn Jesus als Heiland, <strong>de</strong>r unseren Leib<br />

<strong>de</strong>r Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib <strong>de</strong>r Herrlichkeit<br />

(Phil 3,21). Das wird bei <strong>de</strong>r Auferstehung geschehen. „Die Toten wer<strong>de</strong>n auferweckt<br />

wer<strong>de</strong>n unverweslich, und wir wer<strong>de</strong>n verwan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Denn dieses Verwesliche muss<br />

Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen“ (1. Kor 15,52.53).<br />

„Denn <strong>de</strong>r Herr selbst wird mit gebieten<strong>de</strong>m Zuruf, mit <strong>de</strong>r Stimme eines Erzengels und mit<br />

<strong>de</strong>r Posaune Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus wer<strong>de</strong>n zuerst<br />

auferstehen“ (1. Thes 4,16). Dieser Teil <strong>de</strong>r Wahrheit wur<strong>de</strong> offensichtlich von <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

verschwiegen, o<strong>de</strong>r er wur<strong>de</strong> so „umge<strong>de</strong>utet“, dass <strong>de</strong>r Eindruck entstand, dass wir keine<br />

Auferweckung mehr zu erwarten hätten.<br />

Den Glauben zerstören<br />

Wenn gelehrt wird, dass die Auferstehung schon geschehen sei, hat das gravieren<strong>de</strong><br />

Konsequenzen. Eine wesentliche Konsequenz ist, dass die Hoffnung <strong>de</strong>s Christen verloren<br />

geht. Warum sollten wir noch auf das Kommen <strong>de</strong>s Herrn warten, wenn die Auferstehung<br />

schon geschehen ist? Ein Christ ohne Hoffnung verliert seine himmlische Gesinnung. Er<br />

richtet sich sein Zuhause auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ein. Er mischt sich in die Politik dieser Er<strong>de</strong> ein und<br />

versucht, das Reich Gottes hier auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> zu grün<strong>de</strong>n. Heute wür<strong>de</strong> man das in etwa so<br />

formulieren: „Gottes neue Welt auf dieser Er<strong>de</strong> schaffen“. Damit fällt das christliche Leben,<br />

so wie es uns das Neue Testament beschreibt, wie ein Kartenhaus zusammen. Deshalb<br />

gebraucht Paulus diesen <strong>de</strong>utlichen Ausdruck: „Der Glaube etlicher wird zerstört.“ Wer<br />

solchen Lehren Gehör schenkt, steht nicht mehr fest im Glauben. Zerstören be<strong>de</strong>utet so viel<br />

wie „umwerfen“. Das Wort wird zum Beispiel in Johannes 2,15 gebraucht, wo <strong>de</strong>r Herr die<br />

Tische <strong>de</strong>r Geldwechsler umwarf. Der Glaube (hier mit Artikel) meint das Glaubensgut <strong>de</strong>s<br />

Gläubigen. Es ist die Glaubenswahrheit, auf die <strong>de</strong>r Gläubige sich abstützt. Sein Vertrauen<br />

in die Aussagen Gottes geht völlig verloren. Das be<strong>de</strong>utet nicht, dass jemand, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Herrn<br />

Jesus im Glauben angenommen hat, sein Heil verliert, wohl aber, dass er völlig verunsichert<br />

wird, weil er sich auf nicht mehr auf die Zusagen Gottes allein abstützt.<br />

„Doch <strong>de</strong>r feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt die sein sind;<br />

und: Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Herrn nennt, stehe ab von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit!“ (Vers 19).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Der feste Grund Gottes und sein Siegel<br />

Falsche Lehre erschüttert und zerstört. Demgegenüber steht jedoch ein festes Fundament.<br />

Dieses Fundament ist von Gott. Es ist unerschütterlich und standhaft (so übersetzt in<br />

1. Petrus 5,9). Der Grund (Apg 16,26 übersetzt „Grundfeste“; Heb 11,10 „Grundlage“) ist ein<br />

Fundament, das nichts und niemand zerstören kann – we<strong>de</strong>r falsche Lehren noch Verfall.<br />

Der „feste Grund“ ist hier allgemein zu verstehen. Es geht nicht – wie in Matthäus 16,18 –<br />

um Christus als das Fundament <strong>de</strong>r Versammlung. Es geht auch nicht um bestimmte Lehren.<br />

Es ist einfach Gottes feste Grundlage, auf die wir uns ganz sicher verlassen können. Wir<br />

wer<strong>de</strong>n auf das hingewiesen, was selbst in Tagen <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rgangs und <strong>de</strong>r Degeneration<br />

immer fest bleibt.<br />

Das Siegel hat hier die Be<strong>de</strong>utung einer Inschrift. Es zeigt uns zwei Seiten <strong>de</strong>r Wahrheit,<br />

die wir im Neuen Testament oft nebeneinan<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n. Es ist erstens die Seite Gottes,<br />

sein Vorsatz, seine Absicht, seine Gna<strong>de</strong>. Zweitens ist es die Seite <strong>de</strong>r Verantwortung <strong>de</strong>s<br />

Menschen. Gna<strong>de</strong> und Verantwortung stehen hier nebeneinan<strong>de</strong>r. Diese bei<strong>de</strong>n Seiten<br />

können und müssen wir wohl unterschei<strong>de</strong>n, aber wir dürfen sie nie trennen. Es ist wie bei<br />

einer Münze. Wir können immer nur eine <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Seiten für sich betrachten, nie bei<strong>de</strong><br />

zusammen. Dennoch gehören sie untrennbar zusammen. Wir lernen, diese bei<strong>de</strong>n Seiten<br />

<strong>de</strong>r Wahrheit zu unterschei<strong>de</strong>n, ohne sie zu trennen. Das Siegel selbst spricht von Eigentum<br />

und von Echtheit. Ein versiegelter Gegenstand zeigt <strong>de</strong>n Eigentümer an, <strong>de</strong>r es versiegelt<br />

hat. Ein versiegeltes Dokument <strong>de</strong>utet darüber hinaus <strong>de</strong>ssen Echtheit an.<br />

Die Seite Gottes: Der Herr kennt die sein sind<br />

Die Gott zugewandte Seite <strong>de</strong>s Siegels lautet: „Der Herr kennt die sein sind“. „Kennen“<br />

geht weiter als dass <strong>de</strong>r Herr lediglich weiß, wer Ihm gehört. Es schließt ein, dass <strong>de</strong>r<br />

Herr diejenigen, die sein sind, liebt und anerkennt. Gemeint ist ein liebevolles Erkennen in<br />

Zuneigung. In 1. Korinther 8,3 schreibt Paulus: „Wenn aber jemand Gott liebt, <strong>de</strong>r ist von<br />

ihm erkannt“. Das ist <strong>de</strong>r Gedanke. Der Herr Jesus hat selbst von seinen Schafen gesagt,<br />

dass Er sie kennt und von ihnen gekannt ist (Joh 10,14). Wir haben die Sicherheit, dass uns<br />

niemand aus seiner Hand rauben kann (Joh 10,28). In dieser Zusage liegt ein großer Trost.<br />

Wie schwer die Zeit sein mag, in <strong>de</strong>r wir leben, dieses Versprechen bleibt immer wahr.<br />

Wir könnten gera<strong>de</strong> in Tagen <strong>de</strong>r geistlichen Verflachung leicht <strong>de</strong>nken, dass „wir“ allein<br />

übrig geblieben sind. Dieser Gedanke darf nie aufkommen. Das wäre geistlicher Hochmut.<br />

Auf <strong>de</strong>r ganzen Er<strong>de</strong> gibt es viele, die <strong>de</strong>m Herrn gehören und die Ihn lieben. Er kennt sie,<br />

wir vielleicht nicht. Er weiß, wo sie zu fin<strong>de</strong>n sind. Einer <strong>de</strong>r großen Gottesmänner <strong>de</strong>s<br />

Alten Testaments hat diesen Fehler begangen, dass er glaubte, er wäre allein übrig geblieben.<br />

Es war Elia, <strong>de</strong>r einmal zu Gott sagte: „Die Kin<strong>de</strong>r Israel haben <strong>de</strong>inen Bund verlassen . . .<br />

und ich allein bin übrig geblieben“ (1. Kön 19,10). Dieser Vergleich war fatal, und er war<br />

falsch. Gott muss ihm sagen: „Ich habe 7.000 in Israel übrig gelassen, alle die Knie, die<br />

sich nicht vor <strong>de</strong>m Baal gebeugt haben“ (1. Kön 19,18). Dieser Fehler war so gravierend,<br />

dass Gott ihn im Neuen Testament erwähnt (Röm 11,3.4) und dann von einem Überrest<br />

nach Auswahl <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> spricht. Einen solchen Überrest wird es immer geben. Der Herr<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

kennt ihn. Er weiß, wer Ihm angehört – selbst in <strong>de</strong>n großen Volkskirchen und <strong>de</strong>n vielen<br />

Benennungen. Das wollen wir nie vergessen.<br />

Oft können wir erkennen, wer Ihm gehört. Paulus wusste von <strong>de</strong>n Thessalonichern, dass<br />

sie auserwählt waren (1. Thes 1,4). Woher wusste er das? Hatte er Einsicht in das Buch <strong>de</strong>s<br />

Ratschlusses Gottes? Ganz sicher nicht. Aber er sah es an ihrem Verhalten. Manchmal aber<br />

können wir es nicht erkennen. Es gibt Menschen, die fromm re<strong>de</strong>n, aber an<strong>de</strong>rs han<strong>de</strong>ln.<br />

Wir machen ein Fragezeichen hinter ihr Bekenntnis. Was dann? Wir überlassen es <strong>de</strong>m<br />

Herrn und freuen uns in <strong>de</strong>m Gedanken, dass Er weiß, wer Ihm gehört und wer nicht.<br />

Es ist gut möglich, dass Paulus hier auf eine Begebenheit aus <strong>de</strong>m Alten Testament anspielt.<br />

In 4. Mose 16 wird die Sün<strong>de</strong> Korahs und seiner Rotte berichtet. Gleich am Anfang sagt<br />

Mose: „Am Morgen, da wird <strong>de</strong>r Herr kundtun, wer sein ist und wer heilig ist“ (4. Mo 16,5).<br />

Das Volk konnte das nicht unmittelbar erkennen, aber Gott wusste es.<br />

Die Seite unserer Verantwortung: Abstehen von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit<br />

Manche möchten gern bei <strong>de</strong>r ersten Seite <strong>de</strong>s Siegels stehenbleiben. Aber die zweite Seite<br />

ist genauso wahr. Wir dürfen sie nicht übersehen. Sie wen<strong>de</strong>t sich an unsere Verantwortung<br />

und lautet: „Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Herrn nennt, stehe ab von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit.“<br />

Zu einem rechten Teilen <strong>de</strong>s Wortes <strong>de</strong>r Wahrheit gehört, dass wir bei<strong>de</strong> Seiten sehen. Es<br />

genügt nicht, dabei stehenzubleiben, dass <strong>de</strong>r Herr die Seinen kennt. Das ist nur die halbe<br />

Wahrheit.<br />

Ungerechtigkeit ist das, was im Wi<strong>de</strong>rspruch zu Gott, zu seinem Wesen und zu seinem<br />

Willen steht. Sie ist einerseits das Gegenteil von praktischer Gerechtigkeit, zu <strong>de</strong>r wir an<br />

manchen Stellen aufgefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Sie ist an<strong>de</strong>rerseits <strong>de</strong>r Wahrheit entgegengesetzt.<br />

Praktische Gerechtigkeit ist eine Lebensführung (Han<strong>de</strong>ln, Re<strong>de</strong>n) in Übereinstimmung<br />

mit <strong>de</strong>m Willen und Wesen Gottes. Ungerechtigkeit ist das Gegenteil. Das gilt sowohl<br />

sittlich/moralisch als auch <strong>de</strong>r Lehre nach. Ob Leben aus Gott vorhan<strong>de</strong>n ist, entzieht sich<br />

oft unserer Kenntnis. Ob aber Ungerechtigkeit vorhan<strong>de</strong>n ist, kann man am Wan<strong>de</strong>l sehen.<br />

Der Baum wird an seinen Früchten erkannt (Mt 7,16–20).<br />

„Abstehen von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit“ gilt natürlich zuerst persönlich, d. h. je<strong>de</strong>r von uns muss<br />

in seinem eigenen Leben von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit abstehen. Wenn das nur eine äußerliche<br />

Sache ist, wer<strong>de</strong>n wir leicht zu Pharisäern. Wir erkennen beim Lesen <strong>de</strong>r Evangelien, mit<br />

welch <strong>de</strong>utlichen Worten <strong>de</strong>r Herr ihr Verhalten brandmarkt. Aber <strong>de</strong>r Zusammenhang<br />

unseres Abschnitts macht klar, dass es hier in erster Linie um Verbindungen zu an<strong>de</strong>ren<br />

Menschen geht, zu Personen, die <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Herrn nennen. Das sind heute diejenigen,<br />

die sich Christen nennen.<br />

Es geht hier um das Bekenntnis, das jemand ablegt. Deshalb spricht Paulus nicht von<br />

„Christus“ o<strong>de</strong>r von „Jesus“, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>m „Herrn“. Da ist jemand, <strong>de</strong>r sagt: „Ich<br />

gehöre <strong>de</strong>m Herrn an“, aber er steht nicht von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit ab. Was dann? Ich<br />

überlasse die Beurteilung dieser Aussage <strong>de</strong>m Herrn. Ich kann es nicht beurteilen. Aber<br />

ich kann dann, wenn er an <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit festhält und nicht davon lässt, mit ihm<br />

keine Gemeinschaft haben. Ich kann mit ihm keinen gemeinsamen Weg gehen. Ich kann<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

mit ihm keinen gemeinsamen Dienst für <strong>de</strong>n Herrn tun. Wir wollen uns hüten, ein Urteil<br />

zu fällen. Das überlassen wir <strong>de</strong>m Herrn. Aber wir haben <strong>de</strong>nnoch die Verantwortung, von<br />

<strong>de</strong>r Ungerechtigkeit abzustehen und keine Gemeinschaft damit zu haben.<br />

Auch die zweite Seite <strong>de</strong>s Siegels fin<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>r Begebenheit <strong>de</strong>r Rotte Korahs in 4. Mose<br />

16 wie<strong>de</strong>r. Im Auftrag Gottes sagt Mose zu <strong>de</strong>m Volk: „Weicht doch von <strong>de</strong>n Zelten dieser<br />

gottlosen Männer und rührt nichts an, was ihnen gehört, dass ihr nicht weggerafft wer<strong>de</strong>t<br />

in allen ihren Sün<strong>de</strong>n!“ (4. Mo 16,26). Das war die Verantwortung <strong>de</strong>s Volkes. Hier ging<br />

es nicht um die Frage, ob Gott wusste, wer sein war. Es ging vielmehr darum, dass sich<br />

alle von Korah und seinen Leuten distanzieren mussten. An<strong>de</strong>rnfalls wür<strong>de</strong>n sie mit ihnen<br />

weggerafft wer<strong>de</strong>n. Das wird uns in <strong>de</strong>n nächsten Versen weiter erläutert. Aber schon hier<br />

wird ein sehr wichtiger Grundsatz klar, dass nämlich Verbindung mit Bösem verunreinigt.<br />

Aus diesem Grund ist Trennung von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>s Menschen Gottes.<br />

Das schließt die Trennung von Menschen, die in <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit verharren, ein.<br />

„In einem großen Haus aber sind nicht allein gol<strong>de</strong>ne und silberne Gefäße, son<strong>de</strong>rn auch<br />

hölzerne und ir<strong>de</strong>ne, und die einen zur Ehre, die an<strong>de</strong>ren aber zur Unehre“ (Vers 20).<br />

Ein großes Haus<br />

Dieser Gedanke wird jetzt vertieft. Es ist für <strong>de</strong>n Diener Gottes unmöglich, in Verbindung<br />

mit Ungerechtigkeit zu bleiben. Er muss davon abstehen. Paulus gebraucht zur weiteren<br />

Erläuterung das Bild eines großen Hauses. Es ist ein Bild aus <strong>de</strong>m täglichen Leben. In<br />

einem großen Haus gibt es verschie<strong>de</strong>ne Gefäße, die <strong>de</strong>m Hausherrn zum Gebrauch dienen.<br />

Das Wort „Gefäß“ kommt im Neuen Testament mehrfach vor. An einigen Stellen wird es<br />

mit „Gerät“ o<strong>de</strong>r „Hausrat“ übersetzt (z. B. Lk 17,31; Mt 12,29). Die Gefäße in <strong>de</strong>m Haus<br />

unterschei<strong>de</strong>n sich. Es gibt nicht nur gol<strong>de</strong>ne und silberne Gefäße, son<strong>de</strong>rn ebenso hölzerne<br />

und ir<strong>de</strong>ne. Aber es gibt noch eine an<strong>de</strong>re Unterscheidung. Einige Gefäße sind zur Ehre,<br />

an<strong>de</strong>re zur Unehre. Es ist offensichtlich, dass mit <strong>de</strong>n Gefäßen Menschen gemeint sind,<br />

während <strong>de</strong>r Hausherr Gott ist.<br />

Das gebrauchte Bild hat eine symbolische Be<strong>de</strong>utung. Viele Ausleger zweifeln nicht daran,<br />

dass Paulus mit <strong>de</strong>m großen Haus mehr meint als einfach nur das Beispiel eines beliebigen<br />

Hauses. Es <strong>de</strong>utet auf die Christenheit hin, auf <strong>de</strong>n Bereich also, wo man <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s<br />

Herrn nennt. Im ersten Brief an Timotheus hatte Paulus schon von einem Haus gesprochen.<br />

Allerdings nicht von einem großen Haus. Er spricht dort von <strong>de</strong>m Haus Gottes, „das die<br />

Versammlung <strong>de</strong>s lebendigen Gottes ist, <strong>de</strong>r Pfeiler und die Grundfeste <strong>de</strong>r Wahrheit“<br />

(1. Tim 3,15). Davon spricht Paulus jetzt nicht mehr. Der zweite Timotheusbrief ist ein Brief<br />

für die Endzeit. Der Nie<strong>de</strong>rgang war bereits eingetreten. Viele Christen hatten sich von<br />

<strong>de</strong>m Apostel Paulus abgewandt. Es wur<strong>de</strong> Lauheit, Bosheit und falsche Lehre gefun<strong>de</strong>n und<br />

toleriert. Sogar die Person <strong>de</strong>s Herrn selbst wur<strong>de</strong> angegriffen. Das Haus Gottes gibt es<br />

immer noch, aber wenn es um die Verantwortung <strong>de</strong>r Menschen geht, nennt Paulus es hier<br />

„ein großes Haus“. Es ist also durchaus nicht positiv zu verstehen, wenn dieses Haus „groß“<br />

genannt wird.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r sich Christ nennt, ist ein Teil <strong>de</strong>r Christenheit. Er befin<strong>de</strong>t sich in diesem Haus –<br />

unabhängig davon, ob sein Bekenntnis zu Christus echt ist o<strong>de</strong>r nicht. Es ist nicht möglich,<br />

aus diesem Haus hinauszugehen, es sei <strong>de</strong>nn, wir hören auf, Christen zu sein. So wie<br />

es in <strong>de</strong>m großen Haus unterschiedliche Gefäße gibt, befin<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>r Christenheit<br />

unterschiedliche Menschen. Sie wer<strong>de</strong>n hier nach zwei Kriterien unterschie<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>n<br />

bei<strong>de</strong>n Seiten <strong>de</strong>s Siegels entsprechen.<br />

• a) Das erste Unterscheidungsmerkmal ist das Material, aus <strong>de</strong>m sie hergestellt sind –<br />

einerseits Gold und Silber, an<strong>de</strong>rerseits Holz und Er<strong>de</strong>.<br />

• b) Das zweite Unterscheidungsmerkmal ist die Brauchbarkeit <strong>de</strong>r Gefäße – sie sind<br />

entwe<strong>de</strong>r zur Ehre o<strong>de</strong>r zur Unehre <strong>de</strong>s Hausherrn.<br />

Das Material <strong>de</strong>r Gefäße<br />

Gold uns Silber spricht von <strong>de</strong>m, was echt ist und Bestand hat. Gold ist in <strong>de</strong>r Bibel oft<br />

ein Bild göttlicher Gerechtigkeit und Herrlichkeit. Silber <strong>de</strong>utet <strong>de</strong>n Preis an, <strong>de</strong>r für die<br />

Erlösung bezahlt wur<strong>de</strong>. Gefäße aus Gold und Silber sind also die Gläubigen, die mit<br />

göttlicher Gerechtigkeit und Herrlichkeit beklei<strong>de</strong>t sind und durch das Blut <strong>de</strong>s Herrn Jesus<br />

erlöst sind. Durch die Erlösung sind wir in die Gegenwart Gottes gebracht wor<strong>de</strong>n. Holz<br />

und Er<strong>de</strong> lassen uns an das <strong>de</strong>nken, was aus dieser Er<strong>de</strong> kommt. Es sind Materialien, die <strong>de</strong>m<br />

Feuer <strong>de</strong>s Gerichts (<strong>de</strong>r göttlichen Beurteilung) nicht standhalten können. Es sind Menschen,<br />

die kein Leben aus Gott haben. Sie gehören dieser Er<strong>de</strong> an und nicht <strong>de</strong>m Himmel. Genau<br />

so präsentiert sich die Christenheit heute. Es gibt eine Mischung aus Echtem und Unechtem.<br />

Man kann <strong>de</strong>n Gefäßen nicht immer ansehen, aus welchem Material sie gemacht sind. Ein<br />

gol<strong>de</strong>nes und ir<strong>de</strong>nes Gefäß kann so mit Schmutz überzogen sein, dass man das Material,<br />

aus <strong>de</strong>m es besteht, nicht erkennen kann. Das kann allein <strong>de</strong>r Herr. Deshalb entspricht diese<br />

Unterscheidung <strong>de</strong>r ersten Seite <strong>de</strong>s Siegels („Der Herr kennt, die sein sind“).<br />

Eigentlich gehören in das Haus nur gol<strong>de</strong>ne und silberne Gefäße. Die Tatsache <strong>de</strong>r<br />

Anwesenheit an<strong>de</strong>rer Gefäße ist ein Beweis von Unordnung und Nie<strong>de</strong>rgang.<br />

Die Brauchbarkeit <strong>de</strong>r Gefäße<br />

Auf <strong>de</strong>n ersten Blick scheint es so zu sein, als ob Paulus hier <strong>de</strong>n ersten Gedanken wie<strong>de</strong>rholt.<br />

Man könnte <strong>de</strong>nken, dass die gol<strong>de</strong>nen und silbernen Gefäße zur Ehre und die hölzernen und<br />

ir<strong>de</strong>nen Gefäße zur Unehre sind. Aber so ist es nicht. Gol<strong>de</strong>ne und silberne Gefäße sind nicht<br />

„automatisch“ (per Definition) zur Ehre <strong>de</strong>s Hausherrn. Paulus wie<strong>de</strong>rholt hier nicht einfach<br />

etwas, son<strong>de</strong>rn er zeigt einen zweiten Gesichtspunkt, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m ersten zu unterschei<strong>de</strong>n<br />

ist. Das wird durch <strong>de</strong>n Gebrauch <strong>de</strong>s Wortes „und“ in unserem Vers unterstrichen. Ein<br />

gol<strong>de</strong>nes und silbernes Gefäß kann lei<strong>de</strong>r so schmutzig sein, dass es für <strong>de</strong>n Hausherrn<br />

unbrauchbar ist. Die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Frage ist hier, ob ein Gefäß zur Ehre ist o<strong>de</strong>r nicht, ob es<br />

nützlich (brauchbar) ist o<strong>de</strong>r nicht. Das entspricht <strong>de</strong>r zweiten Seite <strong>de</strong>s Siegels („Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Herrn nennt, stehe ab von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit“). Es gibt lei<strong>de</strong>r Gläubige, die<br />

durch ihr eigenes Leben und durch ihre Verbindungen zur Ungerechtigkeit so verunreinigt<br />

sind, dass <strong>de</strong>r Hausherr sie nicht zu je<strong>de</strong>m guten Werk benutzen kann. Sie sind nicht zu<br />

seiner Ehre. Das Wort „Ehre“ – an an<strong>de</strong>ren Stellen auch mit „Preis“ o<strong>de</strong>r „Herrlichkeit“<br />

o<strong>de</strong>r „Kostbarkeit“ übersetzt -; lässt uns daran <strong>de</strong>nken, dass unser Gott Freu<strong>de</strong> und Nutzen<br />

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an uns haben möchte. Er möchte, dass unser Han<strong>de</strong>ln und unser Dienst Wert für Ihn<br />

haben. Demgegenüber steht <strong>de</strong>r Ausdruck „Unehre“. In Römer 1,26 wird er mit „schändlich“<br />

übersetzt. Das macht <strong>de</strong>utlich, dass es sich nicht um eine Nebensächlichkeit han<strong>de</strong>lt, ob ein<br />

Gefäß zur Ehre o<strong>de</strong>r Unehre ist.<br />

Machen wir uns das an einem kleinen Beispiel klar: Im Keller eines Hauses stehen in<br />

einem Regal verschie<strong>de</strong>ne Gefäße. Durch äußere Einflüsse sind alle Gefäße mit einer dicken<br />

Staubschicht be<strong>de</strong>ckt. Nun kommt <strong>de</strong>r Hausherr und nimmt ein gol<strong>de</strong>nes Gefäß aus <strong>de</strong>m<br />

Regal und staubt es sorgfältig ab. Das Gold strahlt und es ist auf <strong>de</strong>n ersten Blick erkennbar,<br />

aus welchem Material das Gefäß ist. Doch statt das Gefäß mit in <strong>de</strong>n Wohnraum zu nehmen,<br />

stellt <strong>de</strong>r Hausherr das Gefäß wie<strong>de</strong>r in das gleiche Regal. Was wird passieren? Es wird nur<br />

kurze Zeit dauern, und das gol<strong>de</strong>ne Gefäß ist wie<strong>de</strong>r mit Staub be<strong>de</strong>ckt und unbrauchbar<br />

gewor<strong>de</strong>n. Was ist nötig, damit das Gefäß wirklich nützlich sein kann? Es muss von <strong>de</strong>n<br />

staubigen Gefäßen separiert (getrennt, abgeson<strong>de</strong>rt) wer<strong>de</strong>n. Genau das macht <strong>de</strong>r nächste<br />

Vers klar.<br />

„Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt,<br />

nützlich <strong>de</strong>m Hausherrn, zu je<strong>de</strong>m guten Werk bereitet“ (Vers 21).<br />

Eine persönliche Ansprache<br />

Dieser Vers beantwortet die Frage, wie ein Gläubiger (also ein gol<strong>de</strong>nes und silbernes Gefäß)<br />

gleichzeitig ein Gefäß zur Ehre sein kann. Dabei ist die Ansprache persönlich gehalten. Es<br />

heißt: „Wenn nun jemand. . . “. Wir müssen be<strong>de</strong>nken, dass dieser Brief nicht an eine örtliche<br />

Versammlung gerichtet ist, son<strong>de</strong>rn an eine einzelne Person. Es geht um <strong>de</strong>n Menschen<br />

Gottes persönlich und nicht um Zucht in <strong>de</strong>r örtlichen Versammlung. Die Frage <strong>de</strong>r Zucht<br />

wird in 1. Korinther 5 behan<strong>de</strong>lt. Dort lautet die Auffor<strong>de</strong>rung: „Tut <strong>de</strong>n Bösen von euch<br />

selbst hinaus“ (1. Kor 5,13). Das ist ein Auftrag, <strong>de</strong>r sich an eine ganze Versammlung richtet.<br />

Hier lautet die Auffor<strong>de</strong>rung hingegen, dass wir uns selbst von <strong>de</strong>n Gefäßen zur Unehre<br />

innerhalb <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses trennen sollen. Das ist ein persönlicher Auftrag.<br />

Der Ansatz zwischen 2. Timotheus 2 und 1. Korinther 5 ist also verschie<strong>de</strong>n. Dennoch kann<br />

es sein, dass eine örtliche Versammlung aus Mangel an geistlicher Kraft <strong>de</strong>r Auffor<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>s Herrn nicht (mehr) nachkommt und offenkundiges – und nicht gerichtetes – Böses in<br />

ihrer Mitte dul<strong>de</strong>t. Dann wie<strong>de</strong>rum ist <strong>de</strong>r Einzelne gefragt, sich nach <strong>de</strong>n Belehrungen von<br />

2. Timotheus 2 von <strong>de</strong>nen zu trennen, die Gefäße zur Unehre sind.<br />

Sackgassen<br />

Bevor wir darüber nach<strong>de</strong>nken, was diese Auffor<strong>de</strong>rung beinhaltet, ist es nützlich, kurz<br />

zu be<strong>de</strong>nken, was sie nicht beinhaltet. Es gibt Sackgassen o<strong>de</strong>r Irrwege, die wir nicht<br />

beschreiten sollten.<br />

1. Es gibt keine Auffor<strong>de</strong>rung, aus <strong>de</strong>m großen Haus herauszugehen. Das ist gar nicht<br />

möglich, <strong>de</strong>nn dann wür<strong>de</strong>n wir aufhören, Christen zu sein. Das Haus zu verlassen,<br />

ist für einen Gläubigen unmöglich.<br />

2. Wir wer<strong>de</strong>n nicht aufgefor<strong>de</strong>rt, das Haus zu reformieren, in<strong>de</strong>m wir die Gefäße zur<br />

Unehre aussortieren und aus <strong>de</strong>m Haus entfernen. Es ist sehr wohl die Aufgabe<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

einer örtlichen Versammlung, das Böse hinauszutun, aber es ist nicht Aufgabe eines<br />

Einzelnen in <strong>de</strong>r Christenheit, an<strong>de</strong>re aus diesem Bereich <strong>de</strong>s Bekenntnisses zu<br />

entfernen. Durch unsere Unachtsamkeit ist Böses in dieses Haus hineingekommen,<br />

und wir müssen warten, bis <strong>de</strong>r Herr das Gericht über die bekennen<strong>de</strong> Christenheit<br />

bringt. Beim Reich Gottes ist das ebenso (vgl. Mt 13, 24–30).<br />

3. Wir sollen und dürfen <strong>de</strong>m Bösen gegenüber nicht gleichgültig sein und so tun, als ob<br />

alles in Ordnung wäre. Das wäre eine Toleranz, die Gottes Wort nicht kennt.<br />

Der Weg Gottes: Trennung vom Bösen<br />

Es gibt einen klaren Weg, <strong>de</strong>n Gott uns weist. Es ist ein Weg, <strong>de</strong>n wir persönlich zu gehen<br />

haben. Gleichzeitig ist es ein Weg, auf <strong>de</strong>m wir uns nicht allein befin<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Dieser<br />

Weg ist <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>r Reinigung durch Abson<strong>de</strong>rung (Trennung) von <strong>de</strong>n Gefäßen zur<br />

Unehre.<br />

Es ist völlig klar, dass wir nur dann ein Gefäß zur Ehre sein können, wenn wir uns erstens<br />

persönlich rein erhalten. Das gilt für moralische Ungerechtigkeit wie auch für lehrmäßige<br />

Ungerechtigkeit. „Wer <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Herrn nennt, stehe ab von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit.“<br />

Das müssen wir zuerst persönlich in unserem Leben wahr machen. „Und je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r diese<br />

Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst, gleichwie er rein ist“ (1. Joh 3,3).<br />

Aber hier geht <strong>de</strong>r Gedanke weiter. In unserem Vers steht nicht so sehr diese Seite vor uns –<br />

obwohl die persönliche Reinheit ein<strong>de</strong>utig die Voraussetzung dafür ist –, son<strong>de</strong>rn hier geht<br />

es darum, dass wir nur dann ein Gefäß zur Ehre sein können, wenn wir keine gemeinsame<br />

Sache mit <strong>de</strong>nen machen, die Gefäße zur Unehre sind. Abstehen von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit<br />

be<strong>de</strong>utet eben auch, dass wir nicht in Verbindung mit <strong>de</strong>nen bleiben können, die das bewusst<br />

nicht tun. Wenn wir dazu nicht bereit sind, können wir wohl ein gol<strong>de</strong>nes und silbernes<br />

Gefäß sein, aber wir sind dann nicht zur Ehre und Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Hausherrn.<br />

Der Weg ist also die Reinigung von <strong>de</strong>n Gefäßen zur Unehre. Das Wort „reinigen“ be<strong>de</strong>utet<br />

auch „wegreinigen“, „herausreinigen“ o<strong>de</strong>r „gründlich ausfegen“. Es wird außer an dieser<br />

Stelle noch in 1. Korinther 5,7 gebraucht, wo es um Sauerteig geht, <strong>de</strong>r ausgefegt wer<strong>de</strong>n<br />

soll. Es ein ganz bewusster und oft schmerzlicher Vorgang. Wir son<strong>de</strong>rn uns von <strong>de</strong>nen<br />

ab, die Ungerechtigkeit als Dauerzustand in ihrem Leben dul<strong>de</strong>n, d. h. die offenkundig ein<br />

Verhalten zeigen, das nicht mit <strong>de</strong>m Wesen und <strong>de</strong>m Willen Gottes in Übereinstimmung<br />

ist. Dabei muss <strong>de</strong>utlich sein, dass Ungerechtigkeit offenkundig ist und dass man trotz<br />

Warnung nicht davon lassen will. Einen <strong>de</strong>utlichen Hinweis darauf fin<strong>de</strong>n wir bereits im<br />

Alten Testament: „Weicht, weicht, geht von dort hinaus, rührt nichts Unreines an! Geht<br />

hinaus aus ihrer Mitte, reinigt euch, die ihr die Geräte <strong>de</strong>s Herrn tragt“ (Jes 52,11). Es ist<br />

gut möglich, dass Paulus hier gera<strong>de</strong> an diesen Vers <strong>de</strong>nkt.<br />

Ein Gefäß zu Ehre<br />

Trennung von <strong>de</strong>n Gefäßen zur Unehre hat ein konkretes Ziel. Wir sollen ein Gefäß zur<br />

Ehre sein, geheiligt, nützlich <strong>de</strong>m Hausherrn, und zu je<strong>de</strong>m guten Werk bereitet.<br />

• Ein Gefäß zur Ehre: Es geht um die Ehre <strong>de</strong>s Herrn und um seine Beurteilung. In <strong>de</strong>n<br />

Augen <strong>de</strong>r Menschen mag es nicht erstrebenswert sein, sich von an<strong>de</strong>ren zu trennen.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 76


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Das mag sogar Schmach und Verachtung mit sich bringen. Aber es geht nicht um das<br />

Lob <strong>de</strong>r Menschen, son<strong>de</strong>rn um die Ehre Gottes und um seine Beurteilung.<br />

• Geheiligt: Geheiligt zu sein be<strong>de</strong>utet abgeson<strong>de</strong>rt zu sein. Das Neue Testament zeigt<br />

uns zwei große Seiten <strong>de</strong>r Heiligung <strong>de</strong>s Christen. Erstens gibt es die grundsätzliche<br />

Heiligung (vgl. z. B. 1. Kor 1,30; 6,11; Heb 10,10; 1. Pet 1,2). Gott sieht uns so, dass<br />

wir heilig sind. Zweitens gibt es die praktische o<strong>de</strong>r fortlaufen<strong>de</strong> Heiligung (vgl. z. B.<br />

1. Pet, 1,15; 2. Pet 3,11; 2. Kor 7,1).Wir sollen im täglichen Verhalten das wahr machen,<br />

was unserer Stellung entspricht. Wir sollen <strong>de</strong>r Heiligkeit nachjagen. Das kommt<br />

nicht von selbst, son<strong>de</strong>rn ist ein ständiger Prozess, in <strong>de</strong>m wir uns üben (vgl. z. B. Röm<br />

6,19; Heb 12,14; 1. Tim 2,5). Heiligung o<strong>de</strong>r Abson<strong>de</strong>rung haben häufig einen eher<br />

negativen Unterton. Wir wollen be<strong>de</strong>nken, dass es dabei zwei Zielrichtungen gibt. Die<br />

eine ist tatsächlich negativ. Wir sollen uns vom Bösen und von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit<br />

trennen. Die an<strong>de</strong>re Seite ist positiv. Heiligung be<strong>de</strong>utet nicht nur Trennung, son<strong>de</strong>rn<br />

gleichzeitig Hinwendung und Weihe an unseren Herrn. Heilige Gefäße zur Ehre <strong>de</strong>s<br />

Hausherrn zu sein be<strong>de</strong>utet <strong>de</strong>shalb zuerst, unserem Herrn im Dienst zur Verfügung<br />

zu stehen.<br />

• Nützlich <strong>de</strong>m Hausherrn: Nützlich ist brauchbar. Es ist ein Trugschluss zu <strong>de</strong>nken,<br />

dass Trennung von <strong>de</strong>n Gefäßen zur Unehre be<strong>de</strong>utet, dass das Arbeitsfeld<br />

eingeschränkt wird. Es gibt Christen, die so <strong>de</strong>nken. Aber das Gegenteil ist <strong>de</strong>r Fall. In<br />

2. Mose 33 fin<strong>de</strong>n wir dazu ein passen<strong>de</strong>s Beispiel. Mose trennte sich von <strong>de</strong>m Volk<br />

und schlug sein Zelt außerhalb <strong>de</strong>s Lagers auf. War er <strong>de</strong>shalb weniger nützlich? Im<br />

Gegenteil: Gera<strong>de</strong> dort, in <strong>de</strong>r Trennung vom Volk, war Mose wirklich brauchbar. Es<br />

klingt paradox, ist es aber nicht. Wir stehen vor <strong>de</strong>m Herrn und können nur dann<br />

nützlich sein, wenn wir seinen Anweisungen folgen. Der Ausdruck „Hausherr“ ist hier<br />

aufschlussreich. Er be<strong>de</strong>utet hier tatsächlich „<strong>de</strong>spotes“ (siehe unser Wort Despot).<br />

Der Herr herrscht natürlich nicht wie ein Despot über uns. Aber es wird doch <strong>de</strong>utlich,<br />

dass Er das Sagen hat. Es geht im Dienst für Ihn nicht um unseren Willen, son<strong>de</strong>rn<br />

um seinen Willen.<br />

• Zu je<strong>de</strong>m guten Werk bereit: Ein Gefäß (o<strong>de</strong>r Gerät) soll etwas bewirken. Das zeigt<br />

sich in <strong>de</strong>n guten Werken, die wir tun. Der Christ tut keine guten Werke, um etwas zu<br />

bekommen (schon gar nicht das Heil seiner Seele), son<strong>de</strong>rn er tut gute Werke, weil<br />

er etwas bekommen hat. Der Herr möchte, dass wir eifrig sind in guten Werken. Es<br />

sind Werke, die Er zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wan<strong>de</strong>ln sollen (Eph 2,10)<br />

Der Ausdruck „zu je<strong>de</strong>m guten Werk“ kommt mehrmals im Neuen Testament vor. In<br />

2. Korinther 9,8 lesen wir, dass wir überströmend sein sollen zu je<strong>de</strong>m guten Werk.<br />

In 2. Timotheus 3,7 lernen wir, dass wir zu je<strong>de</strong>m guten Werk völlig geschickt sein<br />

sollen. In Titus 3,1 geht es darum, zu je<strong>de</strong>m guten Werk bereit zu sein. Das dort für<br />

„bereit“ gebrauchte Wort ist <strong>de</strong>m in unserem Vers gebrauchten Wort ähnlich. Wir<br />

sollen innerlich darauf vorbereitet sein, je<strong>de</strong>s gute Werk zu tun.<br />

„Die jugendlichen Begier<strong>de</strong>n aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe,<br />

Frie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>nen, die <strong>de</strong>n Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (Vers 22).<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 77


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Fliehen<br />

Trennung von <strong>de</strong>n Gefäßen zur Unehre wird äußerlich sichtbar. Zu <strong>de</strong>r äußeren Seite<br />

kommt jedoch zwingend die innere Seite. Bei<strong>de</strong>s können wir nicht voneinan<strong>de</strong>r trennen. Die<br />

Gefahr besteht, dass wir uns zwar äußerlich von <strong>de</strong>m Ver<strong>de</strong>rben innerhalb <strong>de</strong>s christlichen<br />

Bekenntnisses trennen, dann aber <strong>de</strong>n Verlockungen <strong>de</strong>r alten Natur zum Opfer fallen.<br />

Der Befehl Gottes lautet <strong>de</strong>shalb: Fliehen! Die Zeitform macht klar, dass es eine fortdauern<strong>de</strong><br />

Handlung ist. Wir müssen immer wie<strong>de</strong>r fliehen. Es gibt Situationen, in <strong>de</strong>nen wir<br />

wi<strong>de</strong>rstehen sollen (z. B. 1. Pet 5,9). Es gibt aber ebenso Situationen, wo wir fliehen müssen.<br />

Die Frage ist, wann welche Reaktion angesagt ist. Allgemein können wir sagen, dass wir<br />

dann wi<strong>de</strong>rstehen sollen, wenn die Wahrheit angegriffen o<strong>de</strong>r unser Glaube geprüft wird.<br />

Fliehen müssen wir dann, wenn <strong>de</strong>r Teufel es auf unser Fleisch (die alte Natur) abgesehen<br />

hat. Wenn es um Lüste und Befriedigungen <strong>de</strong>s Fleisches geht, ist immer Flucht angesagt.<br />

Das trefflichste Beispiel dazu ist Joseph. Er floh vor <strong>de</strong>r Frau von Potiphar, als sie ihn zur<br />

Sün<strong>de</strong> verführen wollte.<br />

Begier<strong>de</strong> meint eine lei<strong>de</strong>nschaftliche Sehnsucht, ein Verlangen. Es kann sich durchaus um<br />

sinnliche und sexuelle Begier<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>ln. Allerdings sollten wir <strong>de</strong>n Ausdruck nicht darauf<br />

beschränken. Er ist umfassen<strong>de</strong>r und geht über das hinaus, was fleischliche Sinneslust ist.<br />

Der Zusammenhang <strong>de</strong>s Abschnitts macht klar, dass Paulus hier wohl eher an<strong>de</strong>re Begier<strong>de</strong>n<br />

im Auge hat. Sie wer<strong>de</strong>n „jugendliche Begier<strong>de</strong>n“ genannt, weil sie wohl im jugendlichen<br />

Alter eine beson<strong>de</strong>re Gefahr sind. Aber niemand – selbst wenn er älter gewor<strong>de</strong>n ist – ist<br />

vor diesen jugendlichen Begier<strong>de</strong>n gefeit. Wir <strong>de</strong>nken zum Beispiel an Intoleranz, Jähzorn,<br />

Hochmut etc.<br />

Es ist natürlich nichts verkehrt daran, jung zu sein. Im Gegenteil. Die Begeisterung, Kraft,<br />

Energie und Frische <strong>de</strong>r Jugend ist im Dienst für <strong>de</strong>n Herrn sehr nützlich. Aber in <strong>de</strong>r<br />

Jugend ist die Gefahr vorhan<strong>de</strong>n, manchmal schneller laufen zu wollen als <strong>de</strong>r Herr. Da<br />

ist man vielleicht hin und wie<strong>de</strong>r zu stürmisch. Auch Hochmut, Leichtsinn, Ungeduld<br />

und Selbstvertrauen sind Gefahren, die uns gera<strong>de</strong> in jungen Jahren beson<strong>de</strong>rs naheliegen.<br />

Junge Leute sind zu<strong>de</strong>m bisweilen eher geneigt, sich ein Urteil über an<strong>de</strong>re zu bil<strong>de</strong>n, das<br />

nicht angemessen ist. Gera<strong>de</strong> im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n vorherigen Versen ist das eine<br />

beson<strong>de</strong>re Gefahr für alle. Wenn wir uns von Gefäßen zur Unehre gereinigt haben, könnten<br />

wir leicht ein unangemessenes Urteil haben. Davor wer<strong>de</strong>n wir gewarnt.<br />

Streben<br />

Dem „Fliehen“ steht das „Streben“ gegenüber. Das ist positiv. Wer immer auf <strong>de</strong>r Flucht<br />

ist, aber kein Ziel hat, wird kein glückliches Christenleben führen. In Psalm 34,15 schreibt<br />

David: „Weiche vom Bösen und tue Gutes.“ Bei<strong>de</strong> Seiten gehören untrennbar zusammen.<br />

Wir brauchen klare positive Ziele in unserem Leben. Hier wer<strong>de</strong>n einige genannt. „Streben“<br />

wird an an<strong>de</strong>ren Stellen mit „verfolgen“ o<strong>de</strong>r „jagen“ (Phil 3,14; Heb 12,14) übersetzt. Dazu<br />

brauchen wir Energie, Hingabe und Entschlossenheit. Die Zeitform <strong>de</strong>utet wie beim Fliehen<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 78


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

darauf hin, dass es eine Auffor<strong>de</strong>rung ist, <strong>de</strong>r wir permanent nachkommen sollen. Es ist ein<br />

ständiger Prozess, so lange wir auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> sind.<br />

Dann wird konkretisiert, wonach wir streben sollen:<br />

• Nach Gerechtigkeit: Es geht hier nicht um die Gerechtigkeit aus Glauben. Wer<br />

gerechtfertigt ist, braucht nach dieser Gerechtigkeit nicht mehr zu streben, er hat<br />

sie ja. Es geht hier vielmehr um praktische Gerechtigkeit. Sie wird an erster Stelle<br />

genannt, weil sie im Gegensatz zu <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit steht, von <strong>de</strong>r wir abstehen<br />

sollen. Wir sind oft geneigt, die Liebe an <strong>de</strong>n Anfang zu stellen. Es ist wahr, dass die<br />

Liebe wichtig ist. Ohne Liebe ist alles nichts. Aber die Liebe ist nicht alles. Gera<strong>de</strong> hier<br />

geht es zuerst um die Übereinstimmung mit <strong>de</strong>m Willen und Wesen Gottes. F.B. Hole<br />

bringt es auf eine ganz knappe Formel: „Gerechtigkeit ist das, was vor Gott richtig ist.“<br />

• Nach Glauben: Gemeint ist nicht <strong>de</strong>r retten<strong>de</strong> Glaube, <strong>de</strong>r das Heil ergreift, das Gott<br />

uns anbietet. Es geht hier auch nicht um das Glaubensgut. Paulus <strong>de</strong>nkt vielmehr an<br />

das tägliche und praktische Glaubensvertrauen auf Gott. Dieser Glaube verbin<strong>de</strong>t uns<br />

mit einer unsichtbaren Welt. Solange wir hier noch im Kampf stehen, brauchen wir<br />

diese Verbindung nach oben. Wir leben nicht durch Schauen, son<strong>de</strong>rn durch Glauben.<br />

Dieser Glaube steht <strong>de</strong>m Vertrauen auf die eigene Kraft und das eigene Können<br />

entgegen. Wenn wir in <strong>de</strong>m großen Haus Gefäße zur Ehre sein wollen, brauchen wir<br />

dieses Vertrauen. Das hier gebrauchte Wort für „Glaube“ wird im Neuen Testament<br />

an an<strong>de</strong>ren Stellen mit „Treue“ übersetzt (z. B. Gal 5,22; Tit 2,10). In schwerer Zeit, wo<br />

viele sich vom Herrn abgewandt haben, kann Er diese Treue von uns erwarten.<br />

• Nach Liebe: Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen. Wie sich das im<br />

täglichen Leben zeigt, sehen wir zum Beispiel in 1. Korinther 13. Es geht einerseits<br />

um unsere Liebe zu Gott, an<strong>de</strong>rerseits – und das mag hier im Vor<strong>de</strong>rgrund stehen –<br />

um unsere Liebe zu <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn Gottes, wo immer sie sich befin<strong>de</strong>n mögen. Wir<br />

sind nicht nur fähig, sie zu lieben, son<strong>de</strong>rn wir sollen es tatsächlich tun. In <strong>de</strong>r Liebe<br />

selbst sollen wir keinen Unterschied machen. Etwas an<strong>de</strong>res ist es, dass sich die<br />

Ausdrucksform <strong>de</strong>r Liebe <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n entsprechend än<strong>de</strong>rn kann. Die Gefahr, dass<br />

die Liebe erkaltet, besteht beson<strong>de</strong>rs dann, wenn wir uns von Gefäßen zur Unehre<br />

getrennt haben. Deshalb bleibt die Auffor<strong>de</strong>rung, nach Liebe zu streben.<br />

• Nach Frie<strong>de</strong>n: Der Frie<strong>de</strong> wird als Letztes genannt. Er ist das Ergebnis <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

Tugen<strong>de</strong>n. Jesaja 32,17 verbin<strong>de</strong>t ebenfalls die Gerechtigkeit mit <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n und<br />

sagt: „Das Werk <strong>de</strong>r Gerechtigkeit wird Frie<strong>de</strong>n sein“ (vgl. auch Jak 3,18). Frie<strong>de</strong>n hat<br />

ganz allgemein mit unseren Umstän<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Menschen zu tun, die uns begegnen.<br />

Es geht hier nicht um <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n mit Gott. Den haben wir durch das Werk unseres<br />

Herrn. Er hat Frie<strong>de</strong>n gemacht durch das Blut seines Kreuzes (Kol 1,20). Es geht hier<br />

ebenfalls nicht primär um <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n Gottes. Er ist die Voraussetzung dafür, dass wir<br />

nach Frie<strong>de</strong>n streben können. Was Paulus hier vorstellen möchte, ist <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n<br />

wir mit unseren Geschwistern und darüber hinaus mit allen Menschen haben sollen.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 79


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Keine Isolation<br />

Auf diesem Weg <strong>de</strong>r Abson<strong>de</strong>rung von <strong>de</strong>n Gefäßen zur Unehre sind wir nicht allein.<br />

Trennung führt nicht in die Isolation. Es wäre fatal, wenn wir „Separatisten“ wür<strong>de</strong>n, die<br />

ihren Weg ganz alleine gehen und keine Kontakte zu an<strong>de</strong>ren Gläubigen haben. Nein, es<br />

gibt immer Gläubige, die <strong>de</strong>n Herrn anrufen aus reinem Herzen. Wir erinnern uns noch<br />

einmal an Elia, <strong>de</strong>r genau diesen Fehler gemacht hat.<br />

„Den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ steht in einem gewissen Gegensatz zu „<strong>de</strong>n Namen<br />

<strong>de</strong>s Herrn nennen“ (V 19). Es gibt heute viele Menschen, die diesen Namen nennen. Es sind<br />

Menschen, die sich nach Christus nennen, aber oft gar keine Lebensverbindung zu Ihm<br />

haben. Hier jedoch han<strong>de</strong>lt es sich um Gläubige. Es sind Leute, die <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Herrn<br />

anrufen – und zwar aus reinem Herzen.<br />

Beachten wir, dass es um <strong>de</strong>n „Herrn“ geht. Unser Bekenntnis zu Ihm muss sich als echt<br />

erweisen, in<strong>de</strong>m wir seinen Willen tun. Hier geht es um das Innere <strong>de</strong>s Menschen. Es<br />

geht um Personen, die sich gereinigt haben. Deshalb rufen sie <strong>de</strong>n Herrn aus einem reinen<br />

Herzen an. Es ist wahr: Wir können niemand direkt ins Herz sehen. Aber wir können sehr<br />

wohl sehen, ob Hingabe an Christus und Entschie<strong>de</strong>nheit für Ihn und seine Sache da ist. Wo<br />

wir ein klares Zeugnis zu Ihm hin fin<strong>de</strong>n und eine gesun<strong>de</strong> Gesinnung, dürfen wir davon<br />

ausgehen, dass es sich um Menschen han<strong>de</strong>lt, mit <strong>de</strong>nen wir gemeinsam nach Gerechtigkeit,<br />

Glauben, Liebe und Frie<strong>de</strong>n streben können. Dabei sollten wir sehr vorsichtig sein, um nicht<br />

unser eigenes Gewissen und unsere eigene Kenntnis <strong>de</strong>r Gedanken Gottes zum Maßstab zu<br />

machen, wie wir an<strong>de</strong>re beurteilen.<br />

Es ist gut zu wissen, dass Gott uns gera<strong>de</strong> in letzten Tagen und schweren Zeiten<br />

Glaubensgeschwister an die Seite stellt, die <strong>de</strong>n Herrn aus reinem Herzen anrufen. Es<br />

sind Menschen, die das verwirklichen wollen, was Paulus seinem Kind Timotheus vor fast<br />

2000 Jahren geschrieben hat. Wir stehen nicht allein. Gott gibt uns an<strong>de</strong>re an die Seite, mit<br />

<strong>de</strong>nen wir gemeinsam nach <strong>de</strong>n genannten Tugen<strong>de</strong>n streben können.<br />

In Jesaja 51,1 ist die Re<strong>de</strong> von Menschen, die <strong>de</strong>r Gerechtigkeit nachstreben. „Hört auf<br />

mich, die ihr <strong>de</strong>r Gerechtigkeit nachjagt, die ihr <strong>de</strong>n Herrn sucht.“ Unmittelbar danach<br />

ist die Re<strong>de</strong> von Abraham. Wenn sich einer wirklich allein auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>s Glaubens<br />

befand, dann war es Abraham. Gott sagt gera<strong>de</strong> an dieser Stelle: „Ich rief ihn, <strong>de</strong>n Einen<br />

(als Einzelnen)“. Dennoch war Abraham nicht ganz allein, <strong>de</strong>nn wir lesen: „Blickt hin auf<br />

Abraham, euren Vater, und auf Sara, die euch geboren hat“ (Jes 51,2). Sara war ihrem Mann<br />

nicht immer eine Hilfe – trotz<strong>de</strong>m hatte Gott sie ihm zur Seite gestellt. Gemeinsam jagten sie<br />

<strong>de</strong>r Gerechtigkeit nach. Es ist <strong>de</strong>r Wunsch unseres Herrn, dass wir diesen Herzensentschluss<br />

fassen.<br />

„Die törichten und ungereimten Streitfragen aber weise ab, da du weißt, dass sie<br />

Streitigkeiten erzeugen“ (Vers 23).<br />

Das Thema „Streit“ und „Streitfragen“ nimmt in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Timotheusbriefen einen breiten<br />

Raum ein. Immer wie<strong>de</strong>r warnt Paulus davor. In 1. Timotheus 1,4 spricht er von Fabeln<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 80


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

und endlosen Geschlechtsregistern, die mehr Streitfragen hervorbringen als die Verwaltung<br />

Gottes för<strong>de</strong>rn. In 1. Timotheus 6,4 ist die Re<strong>de</strong> von Menschen, die krank sind an Streitfragen<br />

und Wortgezänken. In Vers 24 unseres Kapitels wird Timotheus daran erinnert, dass ein<br />

Knecht <strong>de</strong>s Herrn nicht streiten soll. Es geht also einerseits darum, dass wir selbst nicht<br />

streiten sollen, an<strong>de</strong>rerseits wird gezeigt, wie wir mit <strong>de</strong>nen umgehen sollen, die <strong>de</strong>rartige<br />

Streitfragen im Volk Gottes aufbringen.<br />

In Vers 14 wird Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt, ernstlich vor <strong>de</strong>m Herrn zu bezeugen, keinen<br />

Wortstreit zu führen. In Vers 16 sollten die ungöttlichen und leeren Geschwätze vermie<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n. Jetzt wird Timotheus gesagt, dass er törichte und ungereimte Streitfragen abweisen<br />

soll. Der Gebrauch <strong>de</strong>s Wortes „aber“ macht klar, dass solche törichten und ungereimten<br />

Streitfragen <strong>de</strong>r Gerechtigkeit, <strong>de</strong>m Glauben, <strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n im Wege stehen.<br />

Es wird hier nicht ein<strong>de</strong>utig gesagt, worin diese Streitfragen im Detail bestan<strong>de</strong>n. Es ist<br />

gut möglich, dass es sich um Fragen über das Gesetz han<strong>de</strong>lt. Tatsache ist aber, dass die<br />

Ursache <strong>de</strong>rartiger Streitigkeiten immer in <strong>de</strong>n ungöttlichen Begier<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Fleisches liegt<br />

(Jak 4,1). Paulus nennt diese Streitfragen töricht und ungereimt. „Töricht“ be<strong>de</strong>utet so viel<br />

wie „dumm“ o<strong>de</strong>r „einfältig“. „Ungereimt“ meint so viel wie „ungelernt“, „ungeübt“ o<strong>de</strong>r<br />

auch „undiszipliniert“. Streitfragen, die einen solchen Charakter tragen, sollten abgewiesen<br />

wer<strong>de</strong>n, d. h. wir sollten ihnen aus <strong>de</strong>m Weg gehen.<br />

Streitfragen im Sinn dieses Verses sind Kontroversen über Dinge, die umstritten sind und<br />

kein begrün<strong>de</strong>tes Fundament haben. Das Neue Testament spricht an an<strong>de</strong>ren Stellen von<br />

Streitfragen, die sehr wohl zu klären sind. Römer 14,1 spricht von strittigen Überlegungen,<br />

die entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n müssen. Ein Beispiel davon fin<strong>de</strong>n wir in Apostelgeschichte 15.<br />

In Vers 2 ist ausdrücklich von einer „Streitfrage“ die Re<strong>de</strong>, die zu besprechen war. Hier<br />

jedoch geht es um Streitfragen, die töricht und ungereimt sind. Sie sind abzulehnen, weil es<br />

sinnnlos ist, sich darauf einzulassen. Wir müssen also lernen zu unterschei<strong>de</strong>n, um welche<br />

Art von „Streitfragen“ es sich han<strong>de</strong>lt.<br />

Für uns gilt, dass wir nicht je<strong>de</strong>m kontroversen Gespräch über biblische Fragen aus <strong>de</strong>m<br />

Weg gehen sollen. Petrus for<strong>de</strong>rt uns auf, allezeit zur Verantwortung gegenüber je<strong>de</strong>rmann<br />

bereit zu sein, <strong>de</strong>r Rechenschaft von uns for<strong>de</strong>rt. Nicht ohne Grund fügt er hinzu: „ . . . aber<br />

mit Sanftmut und Furcht“ (1. Pet 3,15). Wenn wir jedoch merken, dass es sich um törichte<br />

und ungereimte Streitfragen han<strong>de</strong>lt, müssen wir sie konsequent abweisen. Die Diskussion<br />

solcher Streitfragen führt nur zu weiteren Streitigkeiten.<br />

„Ein Knecht <strong>de</strong>s Herrn aber soll nicht streiten, son<strong>de</strong>rn gegen alle mil<strong>de</strong> sein, lehrfähig,<br />

duldsam“ (Vers 24).<br />

Paulus bezeichnet Timotheus hier als einen „Knecht <strong>de</strong>s Herrn“. Gleichzeitig weitet er die<br />

Unterweisung auf alle aus, die ihrem Herrn dienen. „Knecht“ be<strong>de</strong>utet hier „Sklave“. Paulus<br />

nennt sich selbst häufig einen „Sklaven Christi Jesus“. Wir sind unserem Herrn gegenüber<br />

verantwortlich für das, was Er uns zu tun gibt.<br />

Als Knechte <strong>de</strong>s Herrn sollen wir nicht streiten. Dazu haben wir kein Recht. Im Gegenteil:<br />

Wir sollen durch die drei genannten Eigenschaften gekennzeichnet sein, nämlich Mil<strong>de</strong>,<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 81


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

Lehrfähigkeit und Duldsamkeit. Diese drei Eigenschaften fin<strong>de</strong>n wir vollkommen bei<br />

unserem Herrn. Von Ihm lesen wir in Matthäus 12,19, dass Er nicht streiten und schreien<br />

wird. Damit erfüllte sich das Wort Jesajas über <strong>de</strong>n Knecht <strong>de</strong>s Herrn (vgl. Jes 42,1–4).<br />

Wie kein an<strong>de</strong>rer wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Herr Jesus als Knecht Gottes durch Mil<strong>de</strong>, Lehrfähigkeit und<br />

Duldsamkeit ausgezeichnet. In 2. Korinther 10,1 erinnert Paulus an die „Sanftmut und<br />

Mil<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Christus“. Der Herr selbst for<strong>de</strong>rt seine Jünger auf: „Lernt von mir, <strong>de</strong>nn ich bin<br />

sanftmütig und von Herzen <strong>de</strong>mütig“ (Mt 11,29). Mehrfach lesen wir in <strong>de</strong>n Evangelien, dass<br />

seine Zuhörer über seine Lehre staunten. Als Knechte <strong>de</strong>s Herrn verteidigen wir uns nicht<br />

selbst, son<strong>de</strong>rn wir erfüllen unsere Aufgabe in Gehorsam und Treue, und zwar ohne bittere<br />

Empfindungen, ohne Wut und Rachegefühle. Wir sind nicht harsch und herrisch. Wir sind<br />

in unserem Han<strong>de</strong>ln an<strong>de</strong>ren gegenüber konsequent und <strong>de</strong>nnoch in Güte, Freundlichkeit<br />

und Langmut.<br />

Mil<strong>de</strong> zu sein be<strong>de</strong>utet, dass wir nicht auf unseren Rechten bestehen, wenn wir angegriffen<br />

wer<strong>de</strong>n. Duldsam meint, etwas zu ertragen, ohne beleidigt zu sein. Lehrfähigkeit ist eine<br />

Eigenschaft, die in 1. Timotheus 3,2 von einem Aufseher verlangt wird. Es geht nicht in<br />

erster Linie darum, großes Wissen o<strong>de</strong>r ein exzellentes Bibelverständnis zu haben, son<strong>de</strong>rn<br />

darum, das Wissen gut zu vermitteln und zu erklären. In dieser Gesinnung sollen wir<br />

an<strong>de</strong>ren gegenüber auftreten, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>nen gegenüber, die streiten wollen.<br />

Ein guter Knecht <strong>de</strong>s Herrn wird also einerseits dadurch gekennzeichnet, dass er Böses<br />

ertragen kann. Kritik einzustecken ist – beson<strong>de</strong>rs dann, wenn sie ungerechtfertigt ist –<br />

nicht einfach. Aber <strong>de</strong>r Herr Jesus hat es uns so vorgelebt. Wir sollen <strong>de</strong>n Fußspuren<br />

<strong>de</strong>ssen folgen, <strong>de</strong>r, „gescholten, nicht wie<strong>de</strong>rschalt, lei<strong>de</strong>nd, nicht drohte, son<strong>de</strong>rn sich <strong>de</strong>m<br />

übergab, <strong>de</strong>r gerecht richtet“ (1. Pet 2,23). Gleichzeitig wird ein guter Knecht immer bereit<br />

sein, liebevoll das vorzustellen, was <strong>de</strong>r Wahrheit Gottes entspricht.<br />

„Der in Sanftmut die Wi<strong>de</strong>rsacher zurechtweist, ob ihnen Gott nicht etwa Buße gebe zur<br />

Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit“ (Vers 25).<br />

Den drei in Vers 24 genannten Eigenschaften wird eine vierte hinzugefügt. Der Knecht <strong>de</strong>s<br />

Herrn soll in <strong>de</strong>r Lage sein, die Wi<strong>de</strong>rsacher in Sanftmut zurechtzuweisen.<br />

Sanftmut ist eine Eigenschaft, die wir in <strong>de</strong>r Bibel öfter fin<strong>de</strong>n, sowohl im Alten wie im<br />

Neuen Testament. Von Mose lesen wir, dass er sehr sanftmütig war, „mehr als alle Menschen,<br />

die auf <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n waren“ (4. Mo 12,3). Dass gera<strong>de</strong> Mose so ausgezeichnet wird, macht<br />

klar, dass es hierbei nicht um eine natürliche Eigenschaft geht. Von Natur war Mose alles<br />

an<strong>de</strong>re als sanftmütig. Er war ein Mör<strong>de</strong>r. Doch in <strong>de</strong>r Schule Gottes war er gereift, so dass<br />

Gott ihm dieses Zeugnis ausstellen kann. Bemerkenswert ist <strong>de</strong>r Zusammenhang, in <strong>de</strong>m<br />

diese Auszeichnung erwähnt wird. In 4. Mose 12 sehen wir, wie seine eigenen Geschwister<br />

gegen ihn auftraten und ihn zu Unrecht angriffen. Die Sanftmut eines Menschen zeigt sich<br />

weniger in guten Tagen als vielmehr dann, wenn er attackiert wird.<br />

Im alten Griechenland wur<strong>de</strong> das Wort „Sanftmut“ für junge Pfer<strong>de</strong> benutzt, die eingeritten<br />

wur<strong>de</strong>n. Der Wille <strong>de</strong>r jungen Tiere musste vorsichtig gebrochen wer<strong>de</strong>n, damit sie <strong>de</strong>m<br />

Reiter gehorchten. Es musste dabei allerdings darauf geachtet wer<strong>de</strong>n, dass die Energie und<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

<strong>de</strong>r Tatendrang <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong> darunter nicht litt. Sanftmut (o<strong>de</strong>r Mil<strong>de</strong>) sind also durchaus<br />

kein Zeichen von Schwäche. Deshalb kann man das Wort alternativ mit „bewusst unter<br />

Kontrolle gehaltene Macht o<strong>de</strong>r Kraft“ übersetzen.<br />

Diese geistliche Energie ist in <strong>de</strong>r Tat erfor<strong>de</strong>rlich. Denn <strong>de</strong>r Knecht <strong>de</strong>s Herrn soll in<br />

dieser inneren Gesinnung die Wi<strong>de</strong>rsacher zurechtweisen. Das fin<strong>de</strong>n wir vollkommen bei<br />

unserem Herrn. Niemand war so sanftmütig wie Er. Dennoch hat Er die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit seinen Wi<strong>de</strong>rsachern nicht gescheut. Mehr als einmal wies Er sie mit <strong>de</strong>utlichen Worten<br />

in die Schranken. Denken wir nur an das siebenfache „Wehe“ in Matthäus 24.<br />

Der Ausdruck „die Wi<strong>de</strong>rspenstigen“ macht <strong>de</strong>utlich, dass es an dieser Stelle nicht einfach<br />

um Meinungsverschie<strong>de</strong>nheiten o<strong>de</strong>r Fragen <strong>de</strong>r Schriftauslegung geht. Offensichtlich<br />

bezieht Paulus sich – zumin<strong>de</strong>st in erster Linie – auf diejenigen, die ungöttliche Streitfragen<br />

hervorbrachten. Gott lässt sie nicht einfach laufen, und <strong>de</strong>r Knecht <strong>de</strong>s Herrn soll das<br />

auch nicht tun. Diese „Wi<strong>de</strong>rspenstigen“ sollten zurechtgewiesen wer<strong>de</strong>n. „Zurechtweisen“<br />

be<strong>de</strong>utet so viel wie „belehren“, „unterweisen“ o<strong>de</strong>r „anleiten“. Das Mittel dazu kann <strong>de</strong>shalb<br />

nur das Wort Gottes sein, das unter <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>s Heiligen Geistes benutzt wird.<br />

Die Zurechtweisung hat eine klar umrissene Motivation: Der Knecht <strong>de</strong>s Herrn wartet<br />

darauf, dass Gott <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rspenstigen Buße zur Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit gibt. Paulus<br />

nennt das Ziel und das Mittel <strong>de</strong>r Zurechtweisung. Das Ziel ist zunächst die Erkenntnis <strong>de</strong>r<br />

Wahrheit. „Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit“ meint nicht eine spezielle Glaubenswahrheit, son<strong>de</strong>rn<br />

ganz allgemein das, was wahr ist. Im Grundtext fehlt <strong>de</strong>r Artikel. Es geht also darum, dass<br />

die Dinge so gesehen wer<strong>de</strong>n, wie Gott sie sieht. Das war bei diesen Wi<strong>de</strong>rspenstigen<br />

offenkundig nicht mehr <strong>de</strong>r Fall.<br />

Das Mittel dazu ist die Buße. Buße ist eine innere Sache <strong>de</strong>s Herzens. Buße tun be<strong>de</strong>utet,<br />

an<strong>de</strong>rs zu <strong>de</strong>nken als bisher. Wenn ein Sün<strong>de</strong>r Buße tut, dann <strong>de</strong>nkt er erstens an<strong>de</strong>rs über<br />

sich und zweitens an<strong>de</strong>rs über Gott. Am Beispiel <strong>de</strong>s verlorenen Sohnes in Lukas 15 wird<br />

das sehr <strong>de</strong>utlich. Dort lernen wir auch, dass die Buße immer mit Umkehr und Bekenntnis<br />

in Verbindung steht.<br />

Buße ist mehr, als das Böse zu bereuen. Buße geht weiter als Reue. Reue ist, wenn uns leid<br />

tut, was wir getan haben. Beispiele für Menschen, die ihr Tun bereut haben, ohne wirklich<br />

Buße getan zu haben, sind Saul (im Alten Testament) und Judas (im Neuen Testament).<br />

Buße ist Sinneswandlung und Herzensverän<strong>de</strong>rung. Wir erkennen beim Lesen <strong>de</strong>r Bibel<br />

zwei Seiten. Einerseits wird <strong>de</strong>r Mensch aufgefor<strong>de</strong>rt, Buße zu tun (z. B. Apg 3,19; Off 2,16).<br />

An<strong>de</strong>rerseits – und das steht hier im Vor<strong>de</strong>rgrund – ist es Gott, <strong>de</strong>r einen Menschen zur<br />

Buße bringt. Sehr schön wird das in Römer 2,4 ausgedrückt, wo Paulus schreibt, dass es <strong>de</strong>r<br />

Reichtum <strong>de</strong>r Gütigkeit und die Geduld und Langmut Gottes sind, die <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>r zur Buße<br />

leiten. Deshalb ist Christus auf diese Er<strong>de</strong> gekommen, um Sün<strong>de</strong>r zur Buße zu rufen (Lk<br />

5,32). Unter diesem Blickwinkel ist Buße nichts an<strong>de</strong>res als ein Ergebnis <strong>de</strong>r souveränen<br />

Gna<strong>de</strong> Gottes.<br />

Buße tut <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>r, wenn er zu Gott kommt. Aber auch <strong>de</strong>r irren<strong>de</strong> Gläubige tut Buße,<br />

wenn er vom Weg abgekommen ist. Paulus schreibt <strong>de</strong>n Korinthern: „Jetzt freue ich mich,<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 2<br />

nicht, dass ihr betrübt wor<strong>de</strong>n seid, son<strong>de</strong>rn dass ihr zur Buße betrübt wor<strong>de</strong>n seid; <strong>de</strong>nn<br />

ihr seid Gott gemäß betrübt wor<strong>de</strong>n, damit ihr in nichts von uns Scha<strong>de</strong>n erlittet. Denn<br />

die Betrübnis Gott gemäß bewirkt eine nie zu bereuen<strong>de</strong> Buße zum Heil; die Betrübnis <strong>de</strong>r<br />

Welt aber bewirkt <strong>de</strong>n Tod“ (2. Kor 7,9.10).<br />

„Und sie wie<strong>de</strong>r nüchtern wer<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Fallstrick <strong>de</strong>s Teufels, die von ihm gefangen<br />

sind, für seinen Willen“ (Vers 26).<br />

Wer durch Buße vor Gott zur Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit geführt ist, wird nüchtern wer<strong>de</strong>n<br />

und aus <strong>de</strong>m Fallstrick <strong>de</strong>s Teufels herauskommen. Nur Gott kann es bewirken, dass ein<br />

Irren<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r nüchtern wird, d. h. geistlich zu Sinnen kommt. Wer unnüchtern ist, ist<br />

geistlich nicht urteilsfähig. Wir dürfen nicht vergessen, dass Satan einer <strong>de</strong>r großen Fein<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Christen ist. Er steht gegen uns und legt seine Fallstricke aus. In 1. Timotheus 3,7 hatte<br />

Paulus schon von einem solchen Fallstrick gesprochen, in <strong>de</strong>n ein Neuling fallen konnte.<br />

Hier sind diejenigen hineingefallen, die törichte und ungereimte Streitfragen hervorbringen.<br />

Wer in diesem Sinn von <strong>de</strong>m Teufel gefangen ist, kann nur <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s Teufels tun. Er<br />

ist ein Spielball <strong>de</strong>s Teufels und somit unfähig, zur Ehre Gottes zu leben. Das Ziel Gottes<br />

hingegen ist es, Menschen aus dieser Gefangenschaft herauszuführen, damit sie wie<strong>de</strong>r frei<br />

sind, <strong>de</strong>n Willen Gottes zu tun.<br />

Der Ausdruck „für seinen Willen“ kann sich sprachlich einerseits auf <strong>de</strong>n Teufel beziehen.<br />

Wenn wir <strong>de</strong>n Vers auf diese Weise lesen, dann ist die Be<strong>de</strong>utung, dass die Menschen, die<br />

so vom Teufel gefangen gehalten wer<strong>de</strong>n, nur <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s Teufels tun. Die Fußnote<br />

<strong>de</strong>r Elberfel<strong>de</strong>r Übersetzung gibt eine an<strong>de</strong>re Lesart an. Danach – und das ist sprachlich<br />

ebenfalls möglich – bezieht sich die Aussage auf Gott. Die Be<strong>de</strong>utung ist dann diese, dass<br />

Gott möchte, dass Menschen aus ihrer satanischen Bindung herauskommen, um in Zukunft<br />

Gottes Willen zu tun. Der Schreiber <strong>de</strong>s Hebräerbriefes wünscht ganz am En<strong>de</strong>, dass wir<br />

in je<strong>de</strong>m guten Werk vollen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, „um seinen Willen zu tun“ (Heb 13,21). Das ist<br />

letztlich die Absicht Gottes mit je<strong>de</strong>m von uns.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 84


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Letzte Tage und schwere Zeiten<br />

Der große Gegenstand von Kapitel 2 ist <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses, so<br />

wie er sich bereits in <strong>de</strong>n Tagen von Paulus an<strong>de</strong>utete. Dieses Bekenntnis wird mit einem<br />

großen Haus verglichen, in <strong>de</strong>m es unterschiedliche Gefäße gibt, echte und unechte, Gefäße<br />

zur Ehre und zur Unehre. Kapitel 3 geht einen Schritt weiter. Paulus zeigt in <strong>de</strong>n ersten neun<br />

Versen <strong>de</strong>n erschrecken<strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses in <strong>de</strong>n letzten Tagen,<br />

d. h. am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong>. Es ist die erschüttern<strong>de</strong> Beschreibung <strong>de</strong>r Christenheit in<br />

einer äußeren und toten Form. Paulus wird <strong>de</strong>shalb im Ton noch <strong>de</strong>utlicher als in Kapitel 2.<br />

Dabei bleibt er allerdings nicht stehen, son<strong>de</strong>rn zeigt, welche Be<strong>de</strong>utung und welchen Wert<br />

das Wort Gottes bis zum En<strong>de</strong> haben wird. Die Anweisungen an Timotheus sind ein<strong>de</strong>utig<br />

und klar. Sie sprechen auch zu uns, die wir in diesen letzten Tagen leben.<br />

Das Kapitel kann man wie folgt strukturieren:<br />

1. Verse 1–9: Der Zustand <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses in <strong>de</strong>n letzten Tagen<br />

Es wird <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r innere Zustand <strong>de</strong>r Christenheit durch Bosheit gekennzeichnet<br />

ist. Der äußere Zustand ist dabei nicht mehr als eine bloße Zurschaustellung. Die Menschen<br />

haben eine Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit, aber kein Leben aus Gott.<br />

2. Verse 10–15: Die persönliche Verantwortung <strong>de</strong>s Einzelnen<br />

Je<strong>de</strong>r Einzelne ist aufgefor<strong>de</strong>rt, seiner persönlichen Verantwortung zu entsprechen. Gott<br />

hat uns sein Wort gegeben, an <strong>de</strong>m wir unbedingt festhalten müssen. Dieses Wort ist eine<br />

gewaltige Hilfsquelle, die uns zur Verfügung steht.<br />

3. Verse 16–17: Das Wort Gottes und seine Wirkungen<br />

Paulus gibt Timotheus wichtige Hinweise in Bezug auf die Einzigartigkeit <strong>de</strong>s Wortes<br />

Gottes, das von Gott selbst gegeben ist. Dieses Wort hat alle Autorität und wird bis zum<br />

En<strong>de</strong> bestehen bleiben.<br />

Die Entwicklung, die das christliche Bekenntnis genommen hat, muss uns im Übrigen<br />

nicht sehr überraschen. Der Herr Jesus selbst hat das in seinen Gleichnissen vom Reich<br />

<strong>de</strong>r Himmel schon ange<strong>de</strong>utet. Darüber hinaus geben die Briefe <strong>de</strong>s Neuen Testaments<br />

davon <strong>de</strong>utlich Zeugnis. An mehreren Stellen wer<strong>de</strong>n wir vor <strong>de</strong>m Bösen innerhalb <strong>de</strong>s<br />

christlichen Bekenntnisses gewarnt:<br />

• Johannes spricht davon, dass in <strong>de</strong>r letzten Stun<strong>de</strong> viele Antichristen gewor<strong>de</strong>n sind<br />

(1. Joh 2,18).<br />

• Petrus erwähnt die Spötter, die in <strong>de</strong>n letzten Tagen mit ihrer Spötterei kommen und<br />

nach ihren eigenen Begier<strong>de</strong>n leben (2. Pet 3,3).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

• Judas nennt Menschen, die sich nebeneingeschlichen haben (Jud 4). Er erinnert<br />

ebenfalls an Spötter, die nach ihren eigenen Begier<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Gottlosigkeit wan<strong>de</strong>ln<br />

(Jud 18).<br />

• Paulus spricht in unserem Kapitel von einer toten Form ohne Leben.<br />

Gottes Urteil über die Entwicklung <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses ist sehr klar und<br />

unmissverständlich. Lei<strong>de</strong>r gibt es selbst wahre Gläubige, die falsche Vorstellungen von<br />

<strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s Christentums haben. Wenn <strong>de</strong>r Herr Jesus das Reich <strong>de</strong>r Himmel in<br />

Matthäus 13,31.32 mit einem kleinen Senfkorn vergleicht, das schließlich zu einem großen<br />

Baum wird, <strong>de</strong>utet Er damit durchaus nichts Gutes an. Die Vögel <strong>de</strong>s Himmels, die sich dort<br />

nie<strong>de</strong>rlassen und nisten, sprechen gera<strong>de</strong> von <strong>de</strong>m, was in diesem Kapitel vor uns kommt.<br />

Es ist ein Irrtum anzunehmen, das Christentum wür<strong>de</strong> schließlich allen Menschen Segen<br />

bringen. Es ist wahr, dass die Botschaft von Jesus Christus allein Rettung und Segen bringen<br />

kann. Aber das Christentum an sich hat sich völlig ver<strong>de</strong>rbt. Es ist zu einer großen Masse<br />

gewor<strong>de</strong>n, die schließlich vom Herrn gerichtet wird.<br />

„Dies aber wisse, dass in <strong>de</strong>n letzten Tagen schwere Zeiten eintreten wer<strong>de</strong>n“ (Vers 1).<br />

Letzte Tage – schwere Zeiten<br />

Paulus weist Timotheus zu Beginn <strong>de</strong>s Kapitels auf einen ganz beson<strong>de</strong>ren Sachverhalt<br />

hin. Er sollte wissen, dass in <strong>de</strong>n letzten Tagen schwere Zeiten eintreten wür<strong>de</strong>n. In<br />

1. Timotheus 1,4 hatte Paulus von späteren Zeiten gesprochen, in <strong>de</strong>nen einige von <strong>de</strong>m<br />

Glauben abfallen wür<strong>de</strong>n. Hier geht er etwas weiter. Es sind hier nicht einfach „spätere<br />

Zeiten“, son<strong>de</strong>rn es geht tatsächlich um die letzten Tage. Davon spricht ebenfalls <strong>de</strong>r Apostel<br />

Petrus in 2. Petrus 3,3. Gemeint sind die letzten Tage <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses auf<br />

dieser Er<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>m Kommen <strong>de</strong>s Herrn für die Seinen. Wir haben es hier mit einer – aus<br />

Sicht von Paulus – prophetischen Aussage zu tun. Paulus hatte erlebt, dass das Christentum<br />

zu einem großen Haus gewor<strong>de</strong>n war. Aber <strong>de</strong>r Abwärtstrend wür<strong>de</strong> weitergehen. Am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> wür<strong>de</strong>n schwere Zeiten eintreten. Das sollte Timotheus wissen.<br />

Es ist fatal, wenn wir über <strong>de</strong>n aktuellen Zustand <strong>de</strong>r Christenheit in Unkenntnis sind. Wir<br />

dürfen die Augen davor nicht verschließen. Natürlich müssen wir nicht je<strong>de</strong>n Irrtum kennen.<br />

Allerdings sollten wir wissen, welchen Weg das christliche Bekenntnis nimmt. Was Paulus<br />

in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Versen beschreibt (darauf bezieht sich <strong>de</strong>r Ausdruck „dies“), ist nicht ein<br />

vorübergehen<strong>de</strong>s Problem. Es ist ein dauerhafter Zustand, <strong>de</strong>r sich nicht verbessern wird.<br />

Es geht Paulus an dieser Stelle nicht so sehr darum, eine Zeitperio<strong>de</strong> in ihrer Länge zu<br />

beschreiben. Er zeigt vielmehr, welch einen Charakter diese Zeit trägt. Die letzten Tage<br />

sind dadurch gekennzeichnet, dass es schwere o<strong>de</strong>r gefahrvolle (problematische) Tage<br />

sind. Gemeint ist, dass sie schwer zu ertragen sind. Es ist schwierig, damit umzugehen.<br />

Es ist unschwer zu erkennen, dass wir heute in dieser Zeit leben. Ob politisch, moralisch,<br />

wirtschaftlich o<strong>de</strong>r kulturell – <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rgang ist <strong>de</strong>utlich zu beobachten. Gleiches gilt für<br />

<strong>de</strong>n religiösen Bereich. In Matthäus 8,28 wird das Wort „schwer“ mit „wütend“ übersetzt.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Dort wer<strong>de</strong>n zwei vom Teufel besessene Menschen so beschrieben. Der weitere Verlauf<br />

unseres Kapitels macht klar, dass es gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n letzten Tagen satanische Einflüsse geben<br />

wird, die mehr und mehr um sich greifen.<br />

„Denn die Menschen wer<strong>de</strong>n selbstsüchtig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig,<br />

Lästerer, <strong>de</strong>n Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, ohne natürliche Liebe,<br />

unversöhnlich, Verleum<strong>de</strong>r, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter,<br />

verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott“ (Verse 2–4).<br />

Menschen<br />

Paulus spricht von „Menschen“. Es sind keine Heiligen o<strong>de</strong>r Gläubigen, son<strong>de</strong>rn einfach<br />

„Menschen“. Der Ausdruck „Mensch“ ohne weiteren Zusatz wird im Allgemeinen im Neuen<br />

Testament nicht für Kin<strong>de</strong>r Gottes gebraucht, son<strong>de</strong>rn beschreibt Ungläubige. Es sind<br />

Menschen, die ein christliches Bekenntnis haben, aber kein neues Leben besitzen. Es sind<br />

keine Hei<strong>de</strong>n. Sie nennen sich Christen. Trotz<strong>de</strong>m haben sie Christus nicht. Sie täuschen<br />

etwas vor, was sie in Wirklichkeit nicht besitzen. Aus diesem Grund ist in Vers 6 von einer<br />

„Form“ <strong>de</strong>r Gottseligkeit die Re<strong>de</strong>. Es sind Menschen, die um uns herum leben. Die Gefahr<br />

besteht, dass wir – die Gläubigen – von ihnen angesteckt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ein Vergleich <strong>de</strong>r nun folgen<strong>de</strong>n Merkmale mit Römer 1,29–31 zeigt eine auffallen<strong>de</strong><br />

Ähnlichkeit. Im Römerbrief wer<strong>de</strong>n die gottlosen Hei<strong>de</strong>n (Nationen) beschrieben. Im<br />

zweiten Timotheusbrief wer<strong>de</strong>n Personen beschrieben, die sich Christen nennen. 2.000<br />

Jahre Christentum haben die Menschen nicht wirklich verän<strong>de</strong>rt. Was aus <strong>de</strong>m Fleisch<br />

geboren ist, ist Fleisch. Nur zeigt sich das Fleisch (die alte Natur) hier unter einem<br />

christlichen Deckmantel. Jemand hat einmal trefflich geschrieben, dass es hier um eine Art<br />

„Neuhei<strong>de</strong>ntum“ geht, das sich als „Christentum“ getarnt hat. Es ist eine „verheidnischte<br />

Form <strong>de</strong>s Christentums“ o<strong>de</strong>r eine „verchristlichte Form <strong>de</strong>s Hei<strong>de</strong>ntums“.<br />

Es folgen nun insgesamt 19 Punkte. Es ist schwierig, diese Punkte zu strukturieren o<strong>de</strong>r<br />

zu ordnen. Es gibt kein wirklich erkennbares „Muster“. Auffallend ist aber, dass sich sehr<br />

vieles um die eigene Person dreht. Es beginnt mit <strong>de</strong>r Selbstsucht. Darüber hinaus kommt<br />

das Wort „Liebe“ (gemeint ist die Selbstliebe) mehrfach vor.<br />

1. Selbstsüchtig: Die Menschen wer<strong>de</strong>n egoistisch und eingebil<strong>de</strong>t sein. Es dreht sich<br />

alles um das eigene Ego und die Befriedigung <strong>de</strong>s „Ich“. Das ist <strong>de</strong>r erste Punkt, aus<br />

<strong>de</strong>m im Grun<strong>de</strong> alles an<strong>de</strong>re hervorgeht. Dieses Merkmal steht in krassem Gegensatz<br />

dazu, dass ein Gotteskind nicht mehr sich selbst leben soll, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r für<br />

uns gestorben ist (2. Kor 5,15). Kin<strong>de</strong>r Gottes lieben nicht sich selbst, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n<br />

Nächsten. Wahre Liebe sucht nicht das Ihre.<br />

2. Geldliebend: Die Geldliebe beweist, dass die Menschen habgierig und materialistisch<br />

eingestellt sind. Wer sich selbst liebt, liebt auch das Geld. Das Geld wird dazu benutzt,<br />

sich selbst zu befriedigen. Paulus macht klar, dass die Geldliebe eine Wurzel alles<br />

Bösen ist (1. Tim 6,10). In allen Gesellschaftskreisen und -formen fin<strong>de</strong>t man dieses<br />

große Übel. Kin<strong>de</strong>r Gottes wer<strong>de</strong>n aufgefor<strong>de</strong>rt, das Geld nicht zu lieben (Heb 13,5).<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 87


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Die Gefahr ist offensichtlich vorhan<strong>de</strong>n. Wenn Gott uns Vermögen schenkt, ist das<br />

eine Gelegenheit, es für Ihn zu benutzen.<br />

3. Prahlerisch: Eine Folge <strong>de</strong>s Reichtums ist oft, dass Menschen angeben und großspurig<br />

sind. Sie vertrauen auf ihr Vermögen und rühmen sich <strong>de</strong>r Größe ihres Reichtums.<br />

Schon im Alten Testament ist von solchen Menschen die Re<strong>de</strong> (Ps 49,7). Selbst wenn<br />

sie mit ihrem Geld Gutes tun, nutzen sie es noch, um dabei groß herauszukommen<br />

und zu prahlen. Im Gegensatz dazu for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Herr uns auf, die Linke nicht wissen<br />

zu lassen, was die Rechte tut (Mt 6,3). Beschei<strong>de</strong>nheit ist eine Tugend, die <strong>de</strong>r Herr bei<br />

uns sucht.<br />

4. Hochmütig: Wer hochmütig ist, benimmt sich arrogant und hochnäsig. Prahlerei<br />

führt häufig zu Hochmut und Stolz. Der Grund dazu kann das Vermögen sein. Aber<br />

Menschen bil<strong>de</strong>n sich genauso auf an<strong>de</strong>re Dinge etwas ein, wie zum Beispiel auf ihre<br />

soziale Stellung, auf Schönheit, Begabung usw.. Hochmut ist ein Kennzeichen <strong>de</strong>r<br />

Menschen dieser Welt und ist nicht vom Vater (1. Joh 2,16). Als Christen wer<strong>de</strong>n wir<br />

aufgefor<strong>de</strong>rt, mit Demut fest umhüllt zu sein, weil Gott <strong>de</strong>m Hochmütigen wi<strong>de</strong>rsteht<br />

und <strong>de</strong>m Demütigen Gna<strong>de</strong> gibt (1. Pet 5,5). Was wahre Demut ist, hat <strong>de</strong>r Herr Jesus<br />

uns vorgelebt (Mt 11,29). Demütig zu sein be<strong>de</strong>utet, nicht an sich selbst zu <strong>de</strong>nken.<br />

5. Lästerer: Ein Lästerer ist jemand, <strong>de</strong>r böse, verächtlich und beleidigend re<strong>de</strong>t. Wer<br />

hochmütig ist, fängt leicht an zu lästern. Viele Menschen haben keine Hemmungen,<br />

über Dinge zu lästern, die sie nicht einmal kennen (2. Pet 2,10–12). Man re<strong>de</strong>t gegen<br />

Gott und gegen an<strong>de</strong>re Menschen. Man greift Christus und sein Werk an und scheut<br />

sich nicht, Gottes Wort zu verlästern. Menschen, die sich Christen nennen, halten <strong>de</strong>n<br />

Schöpfungsbericht für ein Ammenmärchen o<strong>de</strong>r lehnen <strong>de</strong>n Sühnungstod <strong>de</strong>s Herrn<br />

zur Vergebung von Sün<strong>de</strong>n ab. Als Kin<strong>de</strong>r Gottes wer<strong>de</strong>n wir aufgefor<strong>de</strong>rt, niemand<br />

zu lästern und nicht streitsüchtig zu sein. Im Gegenteil: Wir sollen mil<strong>de</strong> sein und alle<br />

Sanftmut erweisen (Tit 3,2).<br />

6. Den Eltern ungehorsam: Ein ungehorsames Kind ist rebellisch, ungezogen und<br />

unzuverlässig. In einer Atmosphäre, wo Gott gelästert wird, hat man keinen Respekt<br />

vor <strong>de</strong>n Eltern und an<strong>de</strong>ren Autoritätspersonen. Das können wir in unserer Zeit<br />

ganz beson<strong>de</strong>rs beobachten. Selbst die Gesetzgebung in christlichen Län<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>ren<br />

Verfassung sich oft (noch) auf Gott beruft, ist von antiautoritärer Erziehung geprägt.<br />

Theologen predigen <strong>de</strong>n zivilen Ungehorsam von <strong>de</strong>n Kanzeln <strong>de</strong>r Kirchen. Für<br />

gläubige Eltern hingegen gilt immer noch, die Kin<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Zucht und Ermahnung<br />

<strong>de</strong>s Herrn zu erziehen und dafür Sorge zu tragen, dass Kin<strong>de</strong>r ihren Eltern gehorsam<br />

sind (Eph 6,1ff).<br />

7. Undankbar: Undankbar zu sein be<strong>de</strong>utet, die Leistung an<strong>de</strong>rer nicht anzuerkennen.<br />

Wenn die natürlichen Beziehungen (z. B. zwischen Eltern und Kin<strong>de</strong>rn) nicht mehr<br />

respektiert wer<strong>de</strong>n, ist keine Basis für Dankbarkeit gegeben. Von <strong>de</strong>n Hei<strong>de</strong>n wird<br />

gesagt, dass sie Gott zwar kannten, Ihn aber we<strong>de</strong>r als Gott verherrlichten, noch<br />

Ihm Dank darbrachten (Röm 1,21). Christen kennen Gott an<strong>de</strong>rs, als die Hei<strong>de</strong>n Ihn<br />

kannten. Dennoch sind sie in die gleiche Undankbarkeit gefallen. Wir sollten vielmehr<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

daran <strong>de</strong>nken, dass wir alle Gaben Gottes mit Dank annehmen (1. Tim 4,3). Das<br />

schließt ein, dass wir uns auch bei Menschen bedanken, die uns Gutes tun.<br />

8. Unheilig: Das Wort kommt außer an dieser Stelle noch in 1. Timotheus 1,9 vor. Unheilig<br />

(o<strong>de</strong>r heillos) zu sein be<strong>de</strong>utet, dass man keine Frömmigkeit an <strong>de</strong>n Tag legt, son<strong>de</strong>rn<br />

sich im Gegenteil respektlos und gotteslästerlich benimmt. Für diese Menschen gibt es<br />

nichts, das heilig zu halten wäre. Unheilig zu sein steht im Gegensatz zu <strong>de</strong>r Heiligkeit<br />

Gottes und zu seinem Heil in Christus. Gotteskin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n aufgefor<strong>de</strong>rt, heilig zu<br />

sein, weil Gott selbst heilig ist (1. Pet 1,16).<br />

9. Ohne natürliche Liebe: Die natürliche Liebe ist eine Gabe Gottes an uns Menschen.<br />

Dennoch gibt es Menschen, die diese Gabe Gottes ins Gegenteil verkehren. Sie<br />

sind hartherzig und gefühllos. Sie stehen <strong>de</strong>n natürlichen Beziehungen, die Gott<br />

gegeben hat (z. B. in Ehe und Familie), gleichgültig gegenüber. Diese Gleichgültigkeit<br />

nimmt in unserer Zeit rapi<strong>de</strong> zu. Als Folge davon beobachten wir einen rasanten<br />

Verfall menschlicher Beziehungen in Ehe, Familie und Gesellschaft. Kin<strong>de</strong>r Gottes<br />

sind hingegen nicht nur durch die göttliche Liebe miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />

wir sollen <strong>de</strong>sgleichen die natürliche Liebe praktizieren, die in <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren etwas<br />

Liebenswertes fin<strong>de</strong>t. Ein Beispiel dafür haben wir in Titus 2,4. Dort wer<strong>de</strong>n die jungen<br />

Frauen aufgefor<strong>de</strong>rt, ihre Männer zu lieben.<br />

10. Unversöhnlich: Unversöhnlich zu sein meint so viel wie sich treulos und wortbrüchig<br />

zu verhalten. Man hält sich an keine Vereinbarung. Man lehnt je<strong>de</strong> Form <strong>de</strong>r<br />

Verpflichtung ab. Man möchte frei sein und auf niemand Rücksicht nehmen.<br />

Unversöhnliche Menschen weigern sich, Frie<strong>de</strong>n mit an<strong>de</strong>ren zu schließen. Wo keine<br />

natürliche Liebe mehr da ist, ist man nicht zur Vergebung bereit. Im Gegensatz dazu<br />

wer<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r Gottes aufgefor<strong>de</strong>rt, gegeneinan<strong>de</strong>r gütig und mitleidig zu sein und<br />

einan<strong>de</strong>r zu vergeben, wie Gott uns in Christus vergeben hat (Eph 5,32).<br />

11. Verleum<strong>de</strong>r: Im Griechischen wird hier das gleiche Wort wie für Teufel (diabolos)<br />

gebraucht. Es ist ernst, dass Gott auf diese Weise Menschen beschreibt, die sich selbst<br />

Christen nennen. Ein Verleum<strong>de</strong>r ist jemand, <strong>de</strong>r böse Berichte weitergibt, die an<strong>de</strong>ren<br />

nur scha<strong>de</strong>n. Wer unversöhnlich ist, ist leicht dazu bereit, schlecht und bewusst falsch<br />

über an<strong>de</strong>re zu re<strong>de</strong>n. Christen hingegen wer<strong>de</strong>n aufgefor<strong>de</strong>rt, das zu erwägen, was<br />

würdig, gerecht, rein und lieblich ist und was wohllautet (Phil 4,8). Dass die Gefahr für<br />

uns durchaus besteht, zeigen Stellen wie 1. Timotheus 3,11 und Titus 2,3, wo speziell<br />

die Frauen davor gewarnt wer<strong>de</strong>n, verleum<strong>de</strong>risch zu sein.<br />

12. Unenthaltsam: Wer unenthaltsam ist, benimmt sich hemmungslos. Er hat je<strong>de</strong> Kontrolle<br />

aufgeben und lebt ausschweifend und ohne Selbstzucht. Darin eingeschlossen<br />

ist die hemmungslose Genusssucht, die viele Menschen unserer Tage kennzeichnet.<br />

Enthaltsamkeit hingegen ist eine Frucht <strong>de</strong>s Geistes (Gal 5,22), die Gott bei seinen<br />

Kin<strong>de</strong>rn sucht.<br />

13. Grausam: Das Wort kommt nur an dieser Stelle im Neuen Testament vor. Es beschreibt<br />

einen Menschen, <strong>de</strong>r wild und ohne Prinzipien lebt. Immer wie<strong>de</strong>r beobachtet<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

man diese gna<strong>de</strong>nlose und unbarmherzige Natur <strong>de</strong>s gefallenen Menschen. Als<br />

wie<strong>de</strong>rgeborene Christen hingegen sollten wir gnädig und barmherzig sein, wie unser<br />

himmlischer Vater gnädig und barmherzig ist.<br />

14. Das Gute nicht lieben: Wer das Gute nicht liebt, zieht das Böse vor. Schon <strong>de</strong>r<br />

Psalmdichter im Alten Testament sagt, dass Frevel und Trug die Worte <strong>de</strong>s Mun<strong>de</strong>s<br />

sind und dass <strong>de</strong>r Mensch aufgegeben hat, verständig zu sein und Gutes zu tun<br />

(Ps 36,4). Gott warnt diejenigen, die das Böse gut heißen und das Gute böse (Jes 5,20).<br />

Der Gläubige wird ausdrücklich dazu aufgefor<strong>de</strong>rt, Gutes zu tun (1. Tim 6,18). Wir<br />

sollen das Gute wirken gegen alle, am meisten gegen die Hausgenossen <strong>de</strong>s Glaubens<br />

(Gal 6,10).<br />

15. Verräter: Verräter sind Menschen, <strong>de</strong>nen kein Versprechen und kein Bekenntnis heilig<br />

ist. Was Verrat wirklich be<strong>de</strong>utet und wie weit er gehen kann, sehen wir bei Judas<br />

Iskariot, <strong>de</strong>r seinen Herrn verraten hat (vgl. Lk 6,16). Von uns kann Gott erwarten,<br />

dass wir unserem Herrn treu sind und uns unserem Bekenntnis entsprechend auf<br />

seine Seite stellen. Die genannte Eigenschaft gilt ebenso für das geschwisterliche und<br />

menschliche Miteinan<strong>de</strong>r.<br />

16. Verwegen: Verwegen zu sein be<strong>de</strong>utet, unbesonnen <strong>de</strong>n eigenen Willen zu tun. Wer<br />

sich so verhält, han<strong>de</strong>lt übereilt und rücksichtslos. In Apostelgeschichte 19,36 kommt<br />

das Wort noch einmal vor. Dort wird es mit „übereilt“ übersetzt. Dem so Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />

ist es gleichgültig, welche Folgen sein Tun für an<strong>de</strong>re hat. Das Neue Testament for<strong>de</strong>rt<br />

uns an mehreren Stellen zur Besonnenheit auf. Wir sollen durchaus prüfen, welche<br />

Folgen unser Verhalten für an<strong>de</strong>re hat – Gläubige wie Ungläubige.<br />

17. Aufgeblasen: Wir <strong>de</strong>nken dabei an jemand, <strong>de</strong>r nach außen hin etwas darstellt, ohne<br />

dass im Inneren die entsprechen<strong>de</strong> Substanz vorhan<strong>de</strong>n ist. Eine aufgeblasene (o<strong>de</strong>r<br />

aufgeblähte) Person gleicht einer schillern<strong>de</strong>n Seifenblase, die zwar schön anzusehen<br />

ist, aber bei Berührung und Druck von außen sofort platzt. Dass diese Gefahr auch für<br />

uns vorhan<strong>de</strong>n ist, zeigt die Feststellung von Paulus, dass die Korinther aufgeblasen<br />

waren und nicht Leid getragen hatten über das, was in ihrer Mitte gedul<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong><br />

(1. Kor 5,2).<br />

18. Mehr das Vergnügen lieben als Gott: Damit wird die traurige Liste zunächst<br />

abgeschlossen. Die Menschen <strong>de</strong>r letzten Tage geben sich <strong>de</strong>m Stru<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r<br />

Vergnügungen hin, ohne dabei an Gott zu <strong>de</strong>nken. Wohin das führt, sehen wir<br />

<strong>de</strong>utlich in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s verlorenen Sohnes. Die Welt bietet heute zahllose<br />

Möglichkeiten, sich von einem Vergnügen ins an<strong>de</strong>re zu stürzen. Es ist ein Leben, das<br />

nur eigene und egoistische Ziele verfolgt, während die Ansprüche Gottes an die Seite<br />

geschoben wer<strong>de</strong>n. Als Kin<strong>de</strong>r Gottes stehen wir in akuter Gefahr, von diesem Trend<br />

mit weggerissen zu wer<strong>de</strong>n.<br />

„Die eine Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit haben, <strong>de</strong>ren Kraft aber verleugnen; und von diesen<br />

wen<strong>de</strong> dich weg“ (Vers 5).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Eine äußere Form ohne Kraft<br />

Ein neunzehnter Punkt schließt sich an bzw. fasst das Ganze zusammen. Die Menschen,<br />

<strong>de</strong>nen Paulus dieses Fehlverhalten vorwirft, habe nur eine Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit: Die<br />

Gottseligkeit (Frömmigkeit, Gottesfurcht) dient als Tarnkappe. Nach außen geben sie sich<br />

als Christen. Sie haben ein christliches Bekenntnis. Trotz<strong>de</strong>m haben sie kein Leben aus Gott.<br />

Sie haben zwar eine Religion, aber sie haben Christus nicht. Ihr Bekenntnis hält keiner<br />

Überprüfung stand.<br />

Der Ausdruck „Form“ nimmt Bezug auf das Äußere. Es ist die Beschreibung einer äußeren<br />

Form o<strong>de</strong>r eines Umrisses, wobei die innere Substanz fehlt. Wir können dabei an einen<br />

schönen Luftballon <strong>de</strong>nken, <strong>de</strong>r lediglich mit Luft gefüllt ist. In Römer 2,20 gebraucht Paulus<br />

dieses Wort noch einmal. Dort wirft er <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n vor, dass sie lediglich eine „Form <strong>de</strong>r<br />

Erkenntnis und <strong>de</strong>r Wahrheit im Gesetz“ hatten. Der gleiche Vorwurf wird hier <strong>de</strong>nen<br />

gemacht, die sich Christen nennen.<br />

Die aufgezählten Verhaltensweisen und Sün<strong>de</strong>n unterschei<strong>de</strong>n sich wenig von <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>n. Was die Sache allerdings verschlimmert, ist die Tatsache, dass sie unter einem<br />

frommen Mantel geschehen. Die Hei<strong>de</strong>n versuchten ihre Bosheit gar nicht zu ver<strong>de</strong>cken.<br />

Die hier beschriebenen Namenchristen frönen <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>n – und sie tun es<br />

unter einer Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit. Es ist nichts an<strong>de</strong>res als Hingabe je<strong>de</strong>r Art an das Böse.<br />

Wir wun<strong>de</strong>rn uns nicht, dass <strong>de</strong>r Herr dieses tote System schließlich aus seinem Mund<br />

ausspeien wird (Off 3,16).<br />

Diese Menschen halten eine fromme Fassa<strong>de</strong> aufrecht. Mehr o<strong>de</strong>r weniger regelmäßiger<br />

Kirchgang, Taufe, Konfirmation, Teilnahme am Abendmahl, eine kirchliche Trauung<br />

und Beerdigung usw. genügen allerdings nicht. Gott sucht Wahrheit im Innern. Das<br />

Verhalten dieser Menschen leugnet die Echtheit ihres Bekenntnisses. Die Form ist da,<br />

die Kraft fehlt. Aber das nicht allein. Die Kraft fehlt nicht nur, son<strong>de</strong>rn sie wird direkt<br />

verleugnet. Verleugnen be<strong>de</strong>utet ein unmittelbares Ablehnen. Man will die Kraft gar nicht.<br />

In Hebräer 11,24 wird das Wort mit „sich weigern“ übersetzt. Titus 1,6 sagt uns, dass es<br />

Menschen gibt, die vorgeben, Gott zu kennen, Ihn aber in ihren Werken verleugnen. Es<br />

mag sein, dass <strong>de</strong>r Gedanke <strong>de</strong>r Kraft eine Anspielung auf <strong>de</strong>n Heiligen Geist ist, <strong>de</strong>r auf<br />

diese Weise verleugnet wird.<br />

Ein Vergleich mit <strong>de</strong>m Volk Israel drängt sich auf. Dort war ebenfalls vieles zu einer reinen<br />

Formsache gewor<strong>de</strong>n. Paulus sagt in Römer 2,24, dass <strong>de</strong>r Name Gottes ihretwegen unter<br />

<strong>de</strong>n Nationen gelästert wor<strong>de</strong>n war. Dann fährt er fort: „Denn nicht <strong>de</strong>r ist ein Ju<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r<br />

es äußerlich ist, noch ist die äußerliche Beschneidung im Fleisch Beschneidung; son<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>r ist ein Ju<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r es innerlich ist, und Beschneidung ist die <strong>de</strong>s Herzens, im Geist, nicht<br />

im Buchstaben; <strong>de</strong>ssen Lob nicht von Menschen, son<strong>de</strong>rn von Gott ist“ (Röm 2,28.29). Was<br />

Gott sucht, ist Wahrheit im Innern (Ps 51,8). Schon im Alten Testament musste Gott seinem<br />

Volk vorwerfen, dass ihre Frömmigkeit wie eine Morgenwolke war, „wie ein Tau, <strong>de</strong>r früh<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

verschwin<strong>de</strong>t“ (Hos 6,4). Er sagt ihnen: „Denn an Frömmigkeit habe ich Gefallen und nicht<br />

an Schlachtopfern, und an <strong>de</strong>r Erkenntnis Gottes mehr als an Brandopfern“ (Hos 6,6).<br />

Wahre Gottseligkeit bedingt, dass man Leben aus Gott hat und <strong>de</strong>n Heiligen Geist als<br />

göttliche Person und Kraftquelle in sich wohnend besitzt. Nur so können wir Gott in<br />

Wahrheit dienen und Ihn ehren. Für einen wie<strong>de</strong>rgeborenen Menschen trifft <strong>de</strong>r in diesem<br />

Vers gemachte Vorwurf also in seiner direkten Be<strong>de</strong>utung nicht zu. Paulus bezieht seine<br />

Aussage auf Menschen, die ein christliches Bekenntnis haben, ohne dabei Leben aus Gott zu<br />

haben. Dennoch ist die Gefahr gegeben, dass Gläubige sich von einem <strong>de</strong>rartigen Verhalten<br />

infizieren lassen. Insofern gibt es durchaus eine praktische Anwendung auf uns. Eine äußere<br />

und zur Schau gestellte Frömmigkeit ist in Gottes Augen nichts wert.<br />

Wegwen<strong>de</strong>n<br />

Was ist die Reaktion <strong>de</strong>s wahren Gläubigen auf ein solches Verhalten? Timotheus wird<br />

persönlich angesprochen: „Von solchen wen<strong>de</strong> dich weg.“ Auf uns heute bezogen be<strong>de</strong>utet<br />

das:<br />

• Wir gehen nicht aus <strong>de</strong>m großen Haus hinaus. Das geht gar nicht, sonst müssten wir<br />

aufhören, Christen zu sein.<br />

• Wir bekämpfen we<strong>de</strong>r das Böse noch die Menschen, die es praktizieren. An keiner<br />

Stelle im Neuen Testament wer<strong>de</strong>n wir dazu aufgefor<strong>de</strong>rt, diese Welt (auch nicht die<br />

religiöse Welt) zu bekämpfen.<br />

• Wir rufen nicht das Gericht auf diese Menschen herab. Das steht uns nicht an. Das<br />

überlassen wir Gott.<br />

• Wir resignieren nicht. Diese Gefahr besteht durchaus. Aber <strong>de</strong>r Herr möchte nicht,<br />

dass wir das tun. Gera<strong>de</strong> unser Brief zeigt, wie in <strong>de</strong>r letzten Zeit engagierte Christen<br />

gebraucht wer<strong>de</strong>n.<br />

• Wir passen uns nicht an. Diese Gefahr besteht ebenso. Der ständige Umgang mit<br />

diesen Menschen färbt ab.<br />

Die Auffor<strong>de</strong>rung an Timotheus lautet einfach, dass er sich wegwen<strong>de</strong>n soll. Das gilt bis<br />

heute. Paulus drückt mit dieser Formulierung etwas Dauerhaftes aus. Wir tun das nicht<br />

nur einmal, son<strong>de</strong>rn immer wie<strong>de</strong>r. Es be<strong>de</strong>utet, dass wir um diese Menschen beständig<br />

einen Bogen machen und uns nicht mit ihnen einlassen. Durch unser Verhalten und unsere<br />

Worte sind wir ihnen wohl ein Zeugnis, aber ansonsten können – und wollen – wir mit<br />

ihnen nichts zu tun haben. Das tun wir nicht in einer Haltung <strong>de</strong>r Arroganz, son<strong>de</strong>rn wir<br />

<strong>de</strong>mütigen uns. Wir wissen, dass wir das Fleisch noch in uns haben und zu allen diesen<br />

bösen Taten selbst fähig sind.<br />

„Denn aus diesen sind, die sich in die Häuser schleichen und Weiblein gefangen nehmen,<br />

die, mit Sün<strong>de</strong>n bela<strong>de</strong>n, von mancherlei Begier<strong>de</strong>n getrieben wer<strong>de</strong>n“ (Vers 6).<br />

Aus diesen<br />

Paulus spricht jetzt eine spezielle Gruppe von Menschen an. Er sagt: „aus diesen“. Unter<br />

<strong>de</strong>nen, die eine Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit haben, gibt es einige, die beson<strong>de</strong>rs hervortreten.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Es sind Menschen, die sich nicht nur passiv, son<strong>de</strong>rn aktiv gegen die Wahrheit stellen. Es<br />

sind – auf unsere Zeit übertragen – religiöse Führer ohne Leben aus Gott. Es sind Leiter<br />

und Lehrer von Sekten.<br />

Sie „schleichen“ sich in die Häuser <strong>de</strong>r Menschen. Der gebrauchte Ausdruck erinnert an die<br />

Bewegung einer Schlange. Das erste, was wir in <strong>de</strong>r Bibel von <strong>de</strong>r Schlage lesen ist, dass<br />

sie listig war (1. Mo 3,1). In <strong>de</strong>r Offenbarung wird <strong>de</strong>r Teufel zweimal die „alte Schlange“<br />

genannt (Off 12,9; 20,2). Diese Menschen sind Instrumente Satans, die seinen Willen tun.<br />

Sie sind sehr geschickt. Man erkennt ihre Absicht nicht sofort. Sie gleichen Menschen, die<br />

sich eine Verkleidung überziehen, so dass man sie nicht sofort i<strong>de</strong>ntifizieren kann. Der<br />

Irrtum mei<strong>de</strong>t das Licht. Er verbreitet sich zunächst im Verborgenen. Dann erst wird er<br />

offenkundig. Später in diesem Brief fin<strong>de</strong>n wir Satan als brüllen<strong>de</strong>n Löwen (Kap 4,17), hier<br />

jedoch kommt er mit List und Tücke.<br />

Judas erwähnt Menschen, die sich „nebeneingeschlichen“ haben (Jud 4). Paulus spricht in<br />

Galater 2,4 von „nebeneingeführten falschen Brü<strong>de</strong>rn“, die die Gläubigen in Knechtschaft<br />

bringen wollten. Es sind Menschen, die ein frommes Vokabular benutzen. Sie sprechen von<br />

Gott und von Jesus. Sie zitieren die Bibel. Aber sie glauben nicht daran.<br />

Diese Menschen schleichen sich in die Häuser. Sie wen<strong>de</strong>n sich an die Schwächeren, weil<br />

die Aussicht auf Erfolg dort größer ist. Genauso hatte es Satan im Garten E<strong>de</strong>n bei Eva<br />

getan. Unter „Weiblein“ haben wir schwache Seelen (Männer und Frauen) zu verstehen.<br />

Es sind Personen, die mehr durch ihre Empfindungen und Begier<strong>de</strong>n geleitet wer<strong>de</strong>n als<br />

durch ihren Verstand o<strong>de</strong>r ihr Gewissen. Es fehlt ihnen an Festigkeit und an Abwehrkraft.<br />

Das liegt daran, dass sie sich in <strong>de</strong>m Bereich toter Formen befin<strong>de</strong>n, wo die Kraft <strong>de</strong>r<br />

Gottseligkeit geleugnet wird. Gefangen nehmen be<strong>de</strong>utet so viel wie „für sich gewinnen“<br />

o<strong>de</strong>r „die Kontrolle über sie gewinnen“. Das ist das Ziel dieser Menschen. Dahinter steckt<br />

<strong>de</strong>r Teufel.<br />

Sie, d. h. die „Weiblein“, wer<strong>de</strong>n weiter dadurch beschrieben, dass sie mit Sün<strong>de</strong>n bela<strong>de</strong>n<br />

sind und von mancherlei Begier<strong>de</strong>n getrieben wer<strong>de</strong>n. Mit Sün<strong>de</strong>n bela<strong>de</strong>n zu sein be<strong>de</strong>utet,<br />

dass sie offensichtlich ein gewisses Schuldgefühl haben. Sie wissen (o<strong>de</strong>r ahnen), dass ihnen<br />

etwas fehlt. Dennoch suchen sie die Lösung ihres Problems an <strong>de</strong>r falschen Stelle. Sie<br />

wer<strong>de</strong>n von mancherlei Begier<strong>de</strong>n getrieben. Begier<strong>de</strong>n (Lüste) scheinen hier nicht so sehr<br />

moralische Verfehlungen <strong>de</strong>s Fleisches zu sein, son<strong>de</strong>rn vielmehr Begier<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Geistes,<br />

obwohl bei<strong>de</strong>s oft Hand in Hand geht. Solche Menschen wer<strong>de</strong>n nur zu leicht das Opfer<br />

von Sektenpredigern, die sie geistig und geistlich verführen.<br />

„Die allezeit lernen und niemals zur Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit kommen können“ (Vers 7).<br />

Lernen ohne Ergebnis<br />

Hier folgt eine weitere Erläuterung. Es geht immer noch um die „Weiblein“ aus Vers 6. Die<br />

Tatsache, dass sie immerdar lernen und niemals zur Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit kommen,<br />

macht klar, dass es in Vers 6 vornehmlich um geistliche Begier<strong>de</strong>n und um eine geistliche<br />

Verführung geht. Auf diese Weise kommen sie in <strong>de</strong>r Tat nie zur Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit.<br />

Irrlehre führt ihre Opfer immer ins Dunkel und in die Unsicherheit. Zur Erkenntnis<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

<strong>de</strong>r Wahrheit kommt man nur dann, wenn man <strong>de</strong>n von Gott aufgezeigten Weg zur<br />

Rettung nimmt (1. Tim 2,4). Einen an<strong>de</strong>ren Weg zur Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit gibt es nicht.<br />

„Erkenntnis“ meint hier die volle Erkenntnis, d. h. <strong>de</strong>r ganze Mensch (Geist, Seele und<br />

Leib) wird dazu gebracht, sich dieser Erkenntnis zu unterwerfen. „Wahrheit“ (ohne Artikel)<br />

ist hier nicht eine spezielle Heilstatsache. Es ist auch nicht so sehr <strong>de</strong>r Gedanke an das<br />

offenbarte Wort Gottes insgesamt. Es geht vielmehr darum, die Dinge so zu sehen, wie Gott<br />

sie sieht. Diese Sichtweise lernen wir nur in <strong>de</strong>r Bibel.<br />

Dass sie immerdar lernen be<strong>de</strong>utet nicht, dass sie die Bibel lesen, um dort die Wahrheit<br />

zu fin<strong>de</strong>n. Es be<strong>de</strong>utet vielmehr, dass sie von einem Irrtum zum an<strong>de</strong>ren laufen. Das ist<br />

ein Weg, <strong>de</strong>r nie zum Ziel führt. Deshalb „können“ sie nicht zur Erkenntnis <strong>de</strong>r Wahrheit<br />

kommen. Sie verhin<strong>de</strong>rn es durch ihr eigenes Verhalten. Was sie von Sektenlehrern und<br />

bibelkritischen Theologen zu hören bekommen, entspricht nicht <strong>de</strong>r Wahrheit. Sie merken<br />

es aber nicht.<br />

„In <strong>de</strong>r Weise aber, wie Jannes und Jambres Mose wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n, so wi<strong>de</strong>rstehen auch<br />

diese <strong>de</strong>r Wahrheit, Menschen, verdorben in <strong>de</strong>r Gesinnung, unbewährt hinsichtlich <strong>de</strong>s<br />

Glaubens“ (Vers 8).<br />

Jannes und Jambres<br />

Es geht jetzt um einen Vergleich, mit <strong>de</strong>m die Vorgehensweise dieser falschen Lehrer weiter<br />

ver<strong>de</strong>utlicht wird. Paulus benutzt dazu ein Beispiel aus <strong>de</strong>m Alten Testament. Dort gab es<br />

Menschen, die ähnlich vorgingen. Die Taktik und List <strong>de</strong>s Teufels ist durchaus nicht neu.<br />

Im Gegenteil: Sie ist uralt. Die Verpackung mag sich än<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>r Inhalt ist <strong>de</strong>r gleiche.<br />

Paulus spricht in diesem Brief von drei Menschenpaaren, die sich nicht vor <strong>de</strong>r Wahrheit<br />

gebeugt haben. In <strong>de</strong>r Erwähnung liegt eine Steigerung:<br />

• In Kapitel 1,15 sind es Phygelus und Hermogenes, die sich von Paulus abgewandt<br />

hatten. Der Zusammenhang legt <strong>de</strong>n Gedanken nahe, dass sie sich <strong>de</strong>r Wahrheit<br />

schämten<br />

• In Kapitel 2,17 sind es Hymenäus und Philetus, die über die Wahrheit irrten.<br />

• In Kapitel 3,8 sind es Jannes und Jambres, die <strong>de</strong>r Wahrheit wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n.<br />

Hier nun geht es um Jannes und Jambres. Ihre Namen scheinen Programm zu sein. Jannes<br />

be<strong>de</strong>utet „Betrüger“ o<strong>de</strong>r „Verführer“. Jambres be<strong>de</strong>utet „Stolz“, „Eigensinn“ o<strong>de</strong>r „<strong>de</strong>r<br />

rebellisch macht“. Das waren sie und das taten sie.<br />

Man nimmt allgemein an, dass Jannes und Jambres die ägyptischen Zauberer waren, die<br />

die Wun<strong>de</strong>r von Mose und Aaron bis zu einem gewissen Grad nachahmten (2. Mo 7,11–22).<br />

Ihre Namen wer<strong>de</strong>n im Alten Testament nicht genannt. Offensichtlich kannte Paulus die<br />

Namen aus <strong>de</strong>r jüdischen Tradition o<strong>de</strong>r durch göttliche Inspiration.<br />

Wi<strong>de</strong>rstand meint tatsächlich, dass man einer Sache frontal entgegensteht und sich ihr<br />

wi<strong>de</strong>rsetzt. Von Elymas, <strong>de</strong>m Zauberer, lesen wir, dass er Paulus und Barnabas wi<strong>de</strong>rstand<br />

(Apg 13,8). Das ist immer das Bestreben Satans. Er wi<strong>de</strong>rsteht <strong>de</strong>r Wahrheit. Manchmal<br />

tut er es in offener Konfrontation. Manchmal tut er es auf eine subtile Weise, in<strong>de</strong>m er<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 94


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

die Wahrheit zu imitieren versucht. Davon ist hier die Re<strong>de</strong>, und das beobachten wir<br />

in unserer Zeit sehr <strong>de</strong>utlich. Satan ist ein Meister <strong>de</strong>r Verstellung und Verdrehung. In<br />

2. Thessalonicher 2 wird <strong>de</strong>utlich, wie weit das gehen wird, wenn die wahren Gläubigen<br />

einmal diese Er<strong>de</strong> verlassen haben und <strong>de</strong>r Teufel aus <strong>de</strong>m Himmel auf die Er<strong>de</strong> gewor<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n wird.<br />

Der Wi<strong>de</strong>rstand äußert sich hier durch das Nachahmen einer äußeren religiösen Form.<br />

Genau das taten Jannes und Jambres in Ägypten. Sie verwan<strong>de</strong>lten Wasser in Blut und<br />

ließen – wie Mose – Frösche aus <strong>de</strong>m Nil kommen. Aber als es darum ging, aus <strong>de</strong>m<br />

Staub Stechmücken zu machen, mussten sie passen. Das konnten sie nicht. Nur Gott kann<br />

aus toter Materie Leben schaffen. So können diese falschen Lehrer lediglich bis zu einem<br />

bestimmten Punkt imitieren. Mehr nicht. Wahres Leben kann nur Gott hervorbringen. Eine<br />

neue Geburt ist immer „aus Gott“.<br />

In <strong>de</strong>r Praxis be<strong>de</strong>utet das, dass diese Menschen ihre „eigene“ Bibel haben. Sie haben ihren<br />

„eigenen“ Heilsweg. Sie haben ihre „eigene“ Lebenspraxis. Sie haben einen „Ersatz“ für je<strong>de</strong><br />

Einzelheit <strong>de</strong>s Christentums. Oft sind ihre Lehren und ihre Praktiken mit Okkultismus<br />

verbun<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong> das macht sie so ver<strong>de</strong>rblich und gefährlich.<br />

Verdorben und unbewährt<br />

Es geht jedoch nicht nur um das, was diese Menschen lehren. Paulus geht weiter und zeigt,<br />

was für Menschen es sind. Sie sind durch zwei Dinge gekennzeichnet:<br />

• a) Sie sind verdorben in <strong>de</strong>r Gesinnung: Im Brief an Titus ist die Re<strong>de</strong> von Menschen,<br />

die in ihrer Gesinnung befleckt sind (Tit 1,15). Im ersten Brief an Timotheus erwähnt<br />

Paulus solche, die „an <strong>de</strong>r Gesinnung verdorben sind und die Wahrheit verloren haben“<br />

(1. Tim 6,5). Verdorben beschreibt hier nicht einfach eine Eigenschaft o<strong>de</strong>r zeigt nicht<br />

nur einen momentanen Zustand, son<strong>de</strong>rn es geht um das „Ergebnis <strong>de</strong>r Auslieferung<br />

<strong>de</strong>s Herzens an böse Mächte“ (V. E. Vine). Davor warnt Paulus an an<strong>de</strong>rer Stelle, in<br />

2. Korinther 11,13: „Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die<br />

die Gestalt von Aposteln Christi annehmen.“ Diese Menschen sind also unrein und<br />

verdorben in ihrem ganzen Sinnen und Trachten. Das zeigt sich sowohl in ihrer Lehre<br />

als auch in ihrem Verhalten.<br />

• b) Sie sind unbewährt hinsichtlich <strong>de</strong>s Glaubens: Bewährung be<strong>de</strong>utet, dass etwas nach<br />

eingehen<strong>de</strong>r Prüfung für gut befun<strong>de</strong>n wird (so <strong>de</strong>r bewährte Arbeiter in Kapitel 2,15).<br />

Das Gegenteil ist hier <strong>de</strong>r Fall. Es geht um etwas, das nach eingehen<strong>de</strong>r Prüfung<br />

verworfen o<strong>de</strong>r abgelehnt wer<strong>de</strong>n muss. Prüfkriterium ist <strong>de</strong>r Glaube. Da vor „Glaube“<br />

<strong>de</strong>r Artikel steht, geht es wohl um das, was sie re<strong>de</strong>n und lehren. Wenn ihre Lehre auf<br />

<strong>de</strong>n Prüfstand gestellt und mit <strong>de</strong>r biblischen Wahrheit (<strong>de</strong>m Glaubensgut) verglichen<br />

wird, stellt sich heraus, dass sie unbewährt sind. Der Glaube dieser Menschen ist nicht<br />

echt. Man kann das im Allgemeinen in <strong>de</strong>r Praxis schnell feststellen, wenn man solche<br />

Menschen befragt, wer Jesus Christus ist.<br />

Zusammengefasst kann man sagen, dass es Personen sind, von <strong>de</strong>nen Judas schreibt: „Denn<br />

gewisse Menschen haben sich nebeneingeschlichen, die schon längst zu diesem Gericht<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 95


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

zuvor aufgezeichnet waren, Gottlose, die die Gna<strong>de</strong> unseres Gottes in Ausschweifung<br />

verkehren und unseren alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus verleugnen“ (Judas 4).<br />

„Aber sie wer<strong>de</strong>n nicht weiter fortschreiten, <strong>de</strong>nn ihr Unverstand wird allen offenbar<br />

wer<strong>de</strong>n, wie auch <strong>de</strong>r von jenen es wur<strong>de</strong>“ (Vers 9).<br />

Gott legt die Grenze fest<br />

Dieser Vers ist nicht ganz einfach zu verstehen. Wir müssen ihn im Kontext <strong>de</strong>s gesamten<br />

Briefes, aber beson<strong>de</strong>rs dieses letzten Kapitels sehen. Klar ist, dass Gott einerseits die<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Bösen zulässt, an<strong>de</strong>rerseits festlegt, wie weit es gehen kann. Das war bei<br />

Jannes und Jambres nicht an<strong>de</strong>rs. Satan ist – im Gegensatz zu Gott – eben nicht allmächtig.<br />

Er hat große Macht und ist sehr listig. Aber für satanische Macht und Bosheit gibt es eine<br />

Grenze. Diese Grenze legt Gott fest.<br />

Gott führt es bisweilen so, dass hier auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> schon klar wird, wie unsinnig die<br />

Lehren dieser Irrlehrer sind. Häufig ist es so, dass ihr schlechter und unmoralischer<br />

Lebenswan<strong>de</strong>l plötzlich offenbar wird. Viele dieser Sektenführer waren für eine kurze<br />

Zeit sehr populär und sind dann – in irgen<strong>de</strong>inen Skandal verwickelt – plötzlich von <strong>de</strong>r<br />

Bildfläche verschwun<strong>de</strong>n. Häufig stehen diese Skandale mit sexuellen Verfehlungen und<br />

manchmal sogar mit pressewirksamen Skandalen in Verbindung.<br />

Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Vers sagen will, dass je<strong>de</strong> Irrlehre<br />

bereits hier auf dieser Er<strong>de</strong> entlarvt wird o<strong>de</strong>r ob <strong>de</strong>r Trend zu Sekten und Irrtümern<br />

einmal gebremst o<strong>de</strong>r abgemil<strong>de</strong>rt wird. Manche nehmen das an. Der Kontext <strong>de</strong>s ganzen<br />

Briefes und beson<strong>de</strong>rs die Aussage von Kapitel 3,13 scheinen etwas an<strong>de</strong>res anzu<strong>de</strong>uten.<br />

Wir können nicht davon ausgehen, dass die Intensität und Aktivität <strong>de</strong>r hier beschriebenen<br />

Menschen nachlässt. Im Gegenteil. Es ist also <strong>de</strong>nkbar, dass Paulus hier einen Blick nach<br />

vorne tut und an die Erscheinung <strong>de</strong>s Herrn Jesus <strong>de</strong>nkt. Spätestens dann wird nämlich<br />

allen <strong>de</strong>r Unverstand dieser Irrlehrer offenbar wer<strong>de</strong>n und ihrem Treiben ein En<strong>de</strong> gesetzt.<br />

„Du aber hast genau erkannt meine Lehre, mein Betragen, meinen Vorsatz, meinen<br />

Glauben, meine Langmut, meine Liebe, mein Ausharren“ (Vers 10).<br />

Das Beispiel <strong>de</strong>s Paulus<br />

Mit diesem Vers än<strong>de</strong>rt sich die Blickrichtung <strong>de</strong>s Kapitel. Paulus richtet jetzt mit <strong>de</strong>n<br />

Worten „du aber“ eine persönliche Ansprache an Timotheus. In Kapitel 2,1 hatte er ihn mit<br />

<strong>de</strong>n Worten „du nun“ ebenfalls persönlich angesprochen. In Kapitel 3,14 und 4,5 sagt er noch<br />

einmal „du aber“. Das kleine Wort „aber“ markiert einen Gegensatz zu <strong>de</strong>m vorher Gesagten.<br />

Paulus erinnert Timotheus daran, wie ganz an<strong>de</strong>rs er sich verhalten hatte. Gleichzeitig<br />

appelliert er erneut an seine Verantwortung als Diener.<br />

„Erkennen“ o<strong>de</strong>r „genau verfolgen“ be<strong>de</strong>utet an dieser Stelle nicht die oberflächliche<br />

Kenntnis einer Sache. Es geht um tiefe Einsicht, die durch Beobachtung erworben wor<strong>de</strong>n<br />

ist. Wörtlich könnte man übersetzen: „zur Seite folgen“ o<strong>de</strong>r „nebenhergehen“ (vgl. Lk 1,3).<br />

Timotheus hatte diese Erkenntnis im Lauf <strong>de</strong>r Zeit gewinnen können. Kaum einer <strong>de</strong>r<br />

Mitarbeiter von Paulus war so häufig mit ihm gereist und <strong>de</strong>shalb so vertraut mit ihm<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

wie Timotheus. Er hatte manches gemeinsam mit Paulus erlebt und ihn dabei sehr gut<br />

beobachten können. Deshalb kann Paulus das hier so ausdrücken.<br />

Paulus nennt in diesem Vers zunächst sieben Punkte, die allesamt ein Ergebnis <strong>de</strong>s Wirkens<br />

Gottes in Paulus waren. In Vers 11 kommen dann zwei weitere Punkte hinzu, die von außen<br />

an Paulus herangetragen wur<strong>de</strong>n und die er selbst nicht unmittelbar beeinflussen konnte:<br />

• Meine Lehre: Das ist das erste, was Paulus erwähnt. Die Lehre ist ein unersetzliches<br />

Hilfsmittel für <strong>de</strong>n Diener. Der Diener muss wissen, was <strong>de</strong>r guten und gesun<strong>de</strong>n<br />

Lehre entspricht. Es ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich, das Böse (<strong>de</strong>n Irrtum) in allen Einzelheiten<br />

zu kennen. Die Kenntnis <strong>de</strong>r gesun<strong>de</strong>n Lehre macht uns schon klar, was böse ist. Wenn<br />

Paulus von seiner Lehre spricht, so be<strong>de</strong>utet das nicht, dass er etwa <strong>de</strong>r Ursprung <strong>de</strong>r<br />

Lehre sei o<strong>de</strong>r sie „entwickelt“ hätte. In Apostelgeschichte 2,42 wird die christliche<br />

Lehre als „Lehre <strong>de</strong>r Apostel“ bezeichnet. Gemeint ist, dass Gott <strong>de</strong>n Aposteln die<br />

Wahrheit offenbart hat und dass sie die Lehre verkündigt hatten. Paulus hatte dabei<br />

einen ganz beson<strong>de</strong>ren Auftrag bekommen. In Kapitel 2,8 hatte er schon von „seinem<br />

Evangelium“ gesprochen (siehe auch Röm 2,16). Gemeint ist, dass er <strong>de</strong>r Verwalter<br />

<strong>de</strong>s Evangeliums war und es weitergegeben (verwaltet) hat. Paulus war ein Diener<br />

<strong>de</strong>s Evangeliums (Kol 1,23). Er war aber auch ein Diener <strong>de</strong>r Versammlung (Kol 1,25).<br />

Die Lehre über die Versammlung Gottes – ein Geheimnis, das im Alten Testament<br />

unbekannt war – war ganz speziell <strong>de</strong>m Apostel Paulus anvertraut. In diesem Sinn<br />

spricht er in Epheser 3,2 von <strong>de</strong>r „Verwaltung <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes“. In „seiner“ Lehre<br />

wird ganz <strong>de</strong>utlich, was für eine Stellung – persönlich und gemeinsam – wir jetzt vor<br />

Gott haben. Das wusste Timotheus ganz genau. Die böse und verdorbene Lehre <strong>de</strong>r<br />

christlichen Verführer stand – und steht – dieser Wahrheit völlig entgegen. Für uns<br />

heute gilt: Je besser wir die Lehre kennen, umso entschie<strong>de</strong>ner wer<strong>de</strong>n wir das Böse<br />

erkennen und uns davon wegwen<strong>de</strong>n.<br />

• Mein Betragen: Die Lehre steht hier nicht umsonst an erster Stelle. Sie bil<strong>de</strong>t das<br />

Fundament für ein gesun<strong>de</strong>s praktisches Christenleben. Sie zeigt uns, wie Gott unser<br />

Leben sehen möchte. Darauf muss dann das entsprechen<strong>de</strong> Verhalten folgen. Wenn<br />

die gesun<strong>de</strong> Lehre nicht zu einem gesun<strong>de</strong>n Betragen führt, wer<strong>de</strong>n wir kopflastig und<br />

fallen hin. Bei Paulus stimmten Leben und Lehre überein. Es gab da kein Missverhältnis.<br />

Er schreibt <strong>de</strong>n Philippern: „Was ihr gehört und an mir gesehen habt, dies tut“ (Phil 4,9).<br />

Vollkommen wird das natürlich im Leben <strong>de</strong>s Herrn Jesus sichtbar. Wie kein Zweiter<br />

konnte Er sagen, dass Er das war, was Er re<strong>de</strong>te (Joh 8,25). Bei <strong>de</strong>n falschen Lehrern war<br />

das völlig an<strong>de</strong>rs. Bei ihnen gab es gera<strong>de</strong> diese Wi<strong>de</strong>rsprüchlichkeit zwischen Worten<br />

und Taten. Paulus hingegen lehrte nicht nur die himmlische Berufung <strong>de</strong>r Gläubigen,<br />

son<strong>de</strong>rn er lebte tatsächlich als Fremdling auf dieser Er<strong>de</strong>. Er verkündigte einen<br />

verachteten und abgelehnten Jesus Christus. Er war bereit, dafür zu lei<strong>de</strong>n. Er wollte<br />

nicht, nach<strong>de</strong>m er an<strong>de</strong>ren gepredigt hatte, selbst verwerflich wer<strong>de</strong>n (1. Kor 9,27). In<br />

diesem Sinn schreibt er an an<strong>de</strong>rer Stelle über sein Betragen: „Darum, da wir diesen<br />

Dienst haben, wie wir begnadigt wor<strong>de</strong>n sind, ermatten wir nicht; son<strong>de</strong>rn wir haben<br />

<strong>de</strong>n geheimen Dingen <strong>de</strong>r Scham entsagt, wobei wir nicht in Arglist wan<strong>de</strong>ln noch<br />

das Wort Gottes verfälschen, son<strong>de</strong>rn durch die Offenbarung <strong>de</strong>r Wahrheit uns selbst<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

je<strong>de</strong>m Gewissen <strong>de</strong>r Menschen empfehlen vor Gott“ (2. Kor 4,1.2). Davon können wir<br />

lernen. Es ist <strong>de</strong>r Wille Gottes, dass wir die Wahrheit nicht nur kennen, son<strong>de</strong>rn dass<br />

wir in ihr wan<strong>de</strong>ln (d. h. uns unserer Stellung entsprechend verhalten).<br />

• Meinen Vorsatz: Das Wort wird an an<strong>de</strong>rer Stelle für <strong>de</strong>n Vorsatz o<strong>de</strong>r Ratschluss<br />

Gottes gebraucht (Eph 1,11; 3,11). Es beschreibt eine Absicht, einen Entschluss und<br />

einen Willen, <strong>de</strong>n jemand hat. Paulus hatte für sein Leben einen klaren Vorsatz gefasst.<br />

Er hatte ein ein<strong>de</strong>utig <strong>de</strong>finiertes Ziel. Als er auf <strong>de</strong>m Weg nach Damaskus war, stellte<br />

er zwei Fragen. Die erste lautete: „Wer bist du, Herr?“ Die zweite Frage lautete: „Was<br />

soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,8.10). Diese bei<strong>de</strong>n Fragen hat er nie vergessen. Sie prägten<br />

sein ganzes Leben. Paulus wollte <strong>de</strong>n Willen seines Herrn erfüllen. Er hatte <strong>de</strong>n festen<br />

Vorsatz, sich sowohl von moralisch als auch lehrmäßig Bösem fernzuhalten. Wir<br />

<strong>de</strong>nken an Daniel, <strong>de</strong>r sich in seinem Herzen vorgenommen hatte, sich nicht mit <strong>de</strong>r<br />

Tafelkost <strong>de</strong>s Königs zu verunreinigen (Dan 1,8). In Philipper 3 spricht Paulus <strong>de</strong>utlich<br />

von diesem Vorsatz. Er wollte alles vergessen, was hinter ihm lag. Er wollte sich nach<br />

<strong>de</strong>m ausstrecken, was vorn war (Phil 3,13.14). Für uns be<strong>de</strong>utet das, dass wir einen<br />

klaren Entschluss (das gleiche Wort wie „Vorsatz“) <strong>de</strong>s Herzens fassen (vgl. Apg 11,23)<br />

und unser Leben zielorientiert in Gemeinschaft mit <strong>de</strong>m Herrn und im Dienst für Ihn<br />

führen.<br />

• Meinen Glauben: Hier ist nicht – wie an an<strong>de</strong>ren Stellen – das Glaubensgut (die<br />

Glaubenswahrheit) gemeint. Es geht ebenfalls nicht um <strong>de</strong>n retten<strong>de</strong>n Glauben.<br />

Gemeint ist das dauerhafte Vertrauen von Paulus in <strong>de</strong>n täglichen Umstän<strong>de</strong>n seines<br />

Lebens. Davon hatte sich Timotheus in mancher kritischen Situation überzeugen<br />

können. Paulus war durchdrungen davon, dass die Hand Gottes über alles in seinem<br />

Leben wachte – die Angriffe Satans eingeschlossen. Paulus hatte es praktiziert, was<br />

es be<strong>de</strong>utet, dass wir nicht durch Schauen, son<strong>de</strong>rn durch Glauben leben (2. Kor 5,7).<br />

Der Glaube verbin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Gläubigen mit <strong>de</strong>r unsichtbaren Welt. Das galt für Paulus.<br />

Das galt für Timotheus. Das gilt für uns heute. Der Hebräerbrief for<strong>de</strong>rt uns auf,<br />

<strong>de</strong>n Ausgang <strong>de</strong>s Wan<strong>de</strong>ls unserer Führer anzuschauen und so ihren Glauben<br />

nachzuahmen (Heb 13,7). Das Beispiel <strong>de</strong>s Glaubensvertrauens von Paulus ist dabei<br />

zweifellos herausragend und beispielhaft.<br />

• Meine Langmut: Langmut ist ein Begleiter <strong>de</strong>s Glaubens. Wer sein Leben im Vertrauen<br />

in die Hand Gottes legt, kann diese Tugend zeigen. Langmut hat häufig mit Personen<br />

zu tun. Das können Ungläubige o<strong>de</strong>r Gläubige sein. Bei Paulus zeigte sich die Langmut<br />

beson<strong>de</strong>rs in seiner Haltung <strong>de</strong>nen gegenüber, die ihn einerseits verfolgten und<br />

an<strong>de</strong>rerseits kritisierten. Paulus ließ sich nicht provozieren. Er übergab sich – wie sein<br />

Herr – <strong>de</strong>mjenigen, <strong>de</strong>r gerecht richtet (1. Pet 2,23). Langmut zeigt sich zum Beispiel in<br />

Selbstbeherrschung, wenn man gereizt wird. Timotheus hatte das beobachten können.<br />

Paulus war für ihn – wie für uns – ein Vorbild.<br />

• Meine Liebe: Paulus hatte die Liebe Gottes nicht nur selbst erfahren. Er hatte sie nicht<br />

nur gepredigt. Er hatte sie in seinem Leben gezeigt. Sie erwies sich als wirksam. In<br />

Römer 5,5 schreibt er, dass die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen ist. Jetzt<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 98


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

möchte Gott, dass diese Liebe in uns Gegenliebe erweckt, in<strong>de</strong>m wir Hingabe an <strong>de</strong>n<br />

Herrn, an unsere Glaubensgeschwister und <strong>de</strong>n Menschen gegenüber praktizieren. Es<br />

ist ein Merkmal <strong>de</strong>r Liebe, dass sie gibt, ohne etwas zu erwarten. Liebe ist opferbereit.<br />

Bei Paulus war das so. Timotheus hatte das vielfach erlebt. Bei Paulus ging diese<br />

Liebe so weit, dass er <strong>de</strong>n Korinthern schreiben konnte: „Ich will aber sehr gern<br />

alles verwen<strong>de</strong>n und völlig verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n für eure Seelen, wenn ich auch, je<br />

überreichlicher ich euch liebe, umso weniger geliebt wer<strong>de</strong>“ (2. Kor 12,15).<br />

• Mein Ausharren: Ausharren be<strong>de</strong>utet wörtlich, dass jemand „unter einer Last bleibt“. Es<br />

geht um Druck und Belastung. Wer ausharrt, hält unter Druck aus und lässt nicht nach.<br />

Dazu ist sowohl Kraft als auch Geduld erfor<strong>de</strong>rlich. Ausharren hat – im Gegensatz zur<br />

Langmut – in <strong>de</strong>n meisten Fällen mit <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lebens (und nicht so sehr<br />

mit Personen) zu tun. Paulus konnte von seinem Ausharren sprechen, das Timotheus<br />

kannte. Es ist eine Tugend, die einen Diener <strong>de</strong>s Herrn bis heute auszeichnet.<br />

Alle genanten Merkmale stehen in bemerkenswertem Gegensatz zu <strong>de</strong>n moralischen Sün<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r ersten Verse. Wie groß war <strong>de</strong>r Unterschied zwischen <strong>de</strong>m Gottesmann Paulus und<br />

<strong>de</strong>nen, die sich lediglich Christen nannten, aber kein Leben aus Gott hatten.<br />

„Meine Verfolgungen, meine Lei<strong>de</strong>n: was für Lei<strong>de</strong>n mir wi<strong>de</strong>rfahren sind in Antiochien,<br />

in Ikonium, in Lystra; was für Verfolgungen ich ertrug, und aus allen hat <strong>de</strong>r Herr mich<br />

gerettet“ (Vers 11).<br />

Verfolgungen und Lei<strong>de</strong>n<br />

Jetzt fügt Paulus zwei weitere Dinge hinzu: Lei<strong>de</strong>n und Verfolgungen. Das Ausharren <strong>de</strong>s<br />

Paulus bewies sich gera<strong>de</strong> darin. Bei<strong>de</strong>s hatte er reichlich erlebt.<br />

„Verfolgung“ hat in <strong>de</strong>r direkten Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Wortes etwas mit „Nachjagen“ zu tun.<br />

Wenn jemand verfolgt wird, dann jagt man ihm nach. Verfolgung schließt direkte Angriffe<br />

von außen auf Geist, Seele und Leib mit ein. Das hat nicht nur Paulus erfahren, son<strong>de</strong>rn<br />

ungezählte Christen nach ihm sind bis zum Tod verfolgt wor<strong>de</strong>n. Wenn Paulus dann weiter<br />

von Lei<strong>de</strong>n spricht, so schließt das innere Anfechtungen <strong>de</strong>s Gläubigen mit ein. Als Saulus<br />

von Tarsus vor <strong>de</strong>n Toren von Damaskus zum lebendigen Glauben kam, machte <strong>de</strong>r Herr<br />

ihm klar, wie vieles er für seinen Namen lei<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong> (Apg 9,16). Insofern hatte Paulus<br />

nichts an<strong>de</strong>res zu erwarten gehabt. Aber er war bereit, diese Lei<strong>de</strong>n auf sich zu nehmen.<br />

Es gab viele Momente, wo Paulus Verfolgungen und Lei<strong>de</strong>n zu erdul<strong>de</strong>n hatte. Darin kam<br />

beson<strong>de</strong>rs sein Ausharren zum Ausdruck. Das Neue Testament spricht an mehreren Stellen<br />

von <strong>de</strong>m, was Paulus erdul<strong>de</strong>t hat. Ein Beispiel ist 2. Korinther 11,23–28, wo er selbst in<br />

ergreifen<strong>de</strong>n Worten daran erinnert, was er erlebt hatte. Hier erinnert er Timotheus an<br />

Verfolgungen und Lei<strong>de</strong>n, die dieser kannte.<br />

In Antiochien (gemeint ist Antiochien in Pisidien) hatten die Ju<strong>de</strong>n die vornehmen Frauen<br />

und die Ersten <strong>de</strong>r Stadt aufgewiegelt, so dass sie eine Verfolgung erweckten und Paulus und<br />

Barnabas aus ihren Grenzen vertrieben (Apg 13,50). In Ikonium entstand durch die Predigt<br />

ein Streit in <strong>de</strong>r Bevölkerung, <strong>de</strong>r seinen Höhepunkt darin fand, dass „ein ungestümer<br />

Angriff geschah, sowohl von <strong>de</strong>nen aus <strong>de</strong>n Nationen als auch von <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n samt ihren<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 99


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Obersten, um sie zu misshan<strong>de</strong>ln und zu steinigen“ (Apg 14,5). Gott wachte über seine<br />

Diener, und sie konnten fliehen. Noch schlimmer erging es Paulus in Lystra. Von Antiochien<br />

und Ikonium kamen Ju<strong>de</strong>n, die die Volksmengen überre<strong>de</strong>ten, dass sie Paulus tatsächlich<br />

steinigten und zur Stadt hinausschleiften, weil sie meinten, er sei tot (Apg 14,19). Diese<br />

Erlebnisse waren Timotheus bestens bekannt. Aber er wusste gleichzeitig, wie <strong>de</strong>r Herr ihn<br />

gerettet hatte.<br />

Die Rettung <strong>de</strong>s Herrn<br />

Paulus hatte in seinen Umstän<strong>de</strong>n die Rettung <strong>de</strong>s Herrn erfahren. Er erlebte das, was<br />

vor ihm treue Gottesmänner erlebt hatten. David schreibt: „Ich suchte <strong>de</strong>n Herrn, und er<br />

antwortete mir; und aus allen meinen Beängstigungen errettete er mich. . . Dieser Elen<strong>de</strong><br />

rief, und <strong>de</strong>r Herr hörte, und aus allen seinen Bedrängnissen rettete er ihn“ (Ps 35,5.7).<br />

Beachten wir, dass <strong>de</strong>r Herr ihn nicht vor o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Prüfungen bewahrt (d. h. verschont)<br />

hatte, son<strong>de</strong>rn dass Er ihn aus allen Verfolgungen und Lei<strong>de</strong>n gerettet hatte. Es ist <strong>de</strong>m<br />

Herrn ein Kleines, seinem Diener Erprobungen zu ersparen. Manchmal tut Er das. Aber oft<br />

han<strong>de</strong>lt Er an<strong>de</strong>rs. Was wir aber in je<strong>de</strong>m Fall erleben, ist seine Hilfe in <strong>de</strong>n Übungen. Er<br />

begleitet uns in <strong>de</strong>n Prüfungen und lässt uns nicht eine Beute <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s wer<strong>de</strong>n.<br />

Das hier für „retten“ gebrauchte Wort ist nicht das Wort, das wir sonst oft fin<strong>de</strong>n, wenn<br />

es um unsere Errettung geht. Es be<strong>de</strong>utet wörtlich, „jeman<strong>de</strong>n aus einer Gefahr an sich<br />

ziehen“, ihn „bewahren“ o<strong>de</strong>r „schützen“. Paulus hatte also erfahren, wie <strong>de</strong>r Herr ihn in<br />

<strong>de</strong>n Problemen bewahrt und geschützt und mit göttlicher Kraft an sich gezogen hatte. Es ist<br />

<strong>de</strong>r Herr, <strong>de</strong>r rettet. Ihm ist alle Macht und Gewalt dazu gegeben. Der Herr mag Umstän<strong>de</strong><br />

o<strong>de</strong>r Personen dazu nutzen, die Seinen zu retten, aber letztlich ist es immer seine göttliche<br />

Macht und Kraft, die zur Rettung führt. Das gleiche Wort „retten“ wird zum Beispiel in<br />

Römer 7,24 gebraucht, wo ein erweckter Mensch sagt: „Wer wird mich retten von diesem<br />

Leib <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s?“ Auch in 2. Thessalonicher 3,2 benutzt Paulus dieses Wort, wenn er schreibt:<br />

„ . . . und dass wir errettet wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n schlechten und bösen Menschen.“ Im zweiten<br />

Timotheusbrief kommt das Wort noch zweimal vor, nämlich in Kapitel 4,17 und 18.<br />

Hier haben wir also eine weitere Hilfsquelle, die <strong>de</strong>m Diener Mut macht: die Rettung <strong>de</strong>s<br />

Herrn aus allen Umstän<strong>de</strong>n und seine Hilfe, wenn wir uns mitten darin befin<strong>de</strong>n. Unsere<br />

Prüfungen mögen an<strong>de</strong>rer Natur sein als bei Paulus, aber die Rettung <strong>de</strong>s Herrn bleibt<br />

unverän<strong>de</strong>rt.<br />

„Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, wer<strong>de</strong>n verfolgt wer<strong>de</strong>n“<br />

(Vers 12).<br />

Gottselig leben und lei<strong>de</strong>n<br />

Ein gottseliges Leben ist ein Leben <strong>de</strong>r praktischen Ausrichtung zu Gott. Gottseligkeit äußert<br />

sich darin, dass wir Gott zur Verfügung stehen und Ihn ehren. Insofern hat Gottseligkeit<br />

auch mit Gottesfurcht zu tun. Hier geht es um Christen, die so ein Leben führen wollen.<br />

Dazu ist einerseits ein Herzensentschluss nötig. An<strong>de</strong>rerseits muss uns klar sein, dass wir<br />

aus eigener Kraft nicht gottselig leben können. Es ist nicht etwas, das wir <strong>de</strong>r „äußeren Form<br />

wegen“ tun könnten. Es ist nur möglich „in Christus Jesus“, d. h. in Verbindung mit Ihm.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Er ist ja das offenbarte „Geheimnis <strong>de</strong>r Gottseligkeit“, das anerkannt groß ist (1. Tim 3,16).<br />

Nur wenn wir mit Ihm beschäftigt sind und wir in sein Bild verwan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, kann echte<br />

Gottseligkeit das Ergebnis sein.<br />

Paulus formuliert hier mitten in seiner Gedankenführung plötzlich einen Grundsatz, <strong>de</strong>r<br />

je<strong>de</strong>n Leser auf <strong>de</strong>n Prüfstand stellt. „Alle aber auch . . . “. Es geht nicht länger um Paulus<br />

und Timotheus, son<strong>de</strong>rn direkt um uns alle. Die Frage lautet: wollen wir wirklich gottselig<br />

leben? Die Menschen, von <strong>de</strong>nen Paulus in <strong>de</strong>n ersten Versen gesprochen hatte, wollten<br />

das nicht. Sie besaßen nur eine äußere Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit. Sie verleugneten ihre Kraft.<br />

Wollen wir mehr als eine christliche Fassa<strong>de</strong> haben? „Wollen“ ist an dieser Stelle nicht nur<br />

einfach ein unverbindlicher Wunsch. Der Ausdruck beschreibt vielmehr eine entschlossene<br />

und dauerhafte Willensübung.<br />

Die Konsequenz eines solchen Lebens ist an dieser Stelle nicht Freu<strong>de</strong> und Glück, son<strong>de</strong>rn<br />

gera<strong>de</strong> das Gegenteil. Paulus spricht von Verfolgungen, d. h. von äußerem Druck. Das<br />

erinnert an das, was Paulus <strong>de</strong>n Thessalonichern schreibt: „ . . . in<strong>de</strong>m ihr das Wort<br />

aufgenommen habt in vieler Drangsal mit Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Heiligen Geistes“ (1. Thes 1,6).<br />

Drangsal o<strong>de</strong>r Verfolgung beschreibt die äußere Seite. Die Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Heiligen Geistes<br />

beschreibt die innere Seite. Diese Freu<strong>de</strong> kann uns niemand nehmen.<br />

Die Art <strong>de</strong>r Verfolgung mag in<strong>de</strong>ssen zu verschie<strong>de</strong>nen Zeiten und an verschie<strong>de</strong>nen<br />

Orten unterschiedlich sein. Der Grundsatz aber gilt immer: Wer sich von <strong>de</strong>m Bösen in<br />

<strong>de</strong>r Christenheit abson<strong>de</strong>rt, wer in Gottseligkeit und Hingabe an <strong>de</strong>n Herrn leben und die<br />

Wahrheit aufrechterhalten will, muss mit Anfeindungen und Wi<strong>de</strong>rwärtigkeiten rechnen.<br />

Das hatte <strong>de</strong>r Herr Jesus seinen Jüngern schon vorausgesagt (Joh 15,18–20). Es müssen –<br />

Gott sei Dank – nicht immer Verfolgungen <strong>de</strong>rart sein, wie viele Christen sie auf dieser Er<strong>de</strong><br />

erdul<strong>de</strong>t haben und immer noch erdul<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m sie Haftstrafen, Internierungslager und<br />

sogar <strong>de</strong>n leiblichen Tod auf sich nehmen. Verfolgung kann sich häufig an<strong>de</strong>rs äußern. Dazu<br />

ein Beispiel aus <strong>de</strong>r Bibel: In Galater 4,29 erinnert Paulus an einen Vorgang aus <strong>de</strong>m Alten<br />

Testament. Er schreibt, dass Isaak durch seinen Halbbru<strong>de</strong>r Ismael verfolgt wur<strong>de</strong>. Wenn<br />

wir <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Text in 1. Mose 21,9 lesen, fin<strong>de</strong>n wir dort nichts von direkter<br />

Verfolgung. Wir lesen, dass Ismael <strong>de</strong>n Isaak verspottet hat. Spott ist also eine Art <strong>de</strong>r<br />

Verfolgung, mit <strong>de</strong>r wir rechnen müssen.<br />

Hier ist einer <strong>de</strong>r Grün<strong>de</strong>, warum wir in unseren <strong>de</strong>mokratisch und – bisher – weitgehend<br />

von Toleranz geprägten (nach)christlichen Län<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Regel so wenig von <strong>de</strong>m Druck<br />

kennen, wie ihn Christen in an<strong>de</strong>ren Erdteilen täglich erleben. Wir sind häufig nicht<br />

konsequent und gottesfürchtig genug. Wie an<strong>de</strong>rs lebten die ersten Christen! Von ihnen<br />

lesen wir: „Sie nun gingen vom Synedrium weg, voll Freu<strong>de</strong>, dass sie gewürdigt wor<strong>de</strong>n<br />

waren, für <strong>de</strong>n Namen Schmach zu lei<strong>de</strong>n“ (Apg 5,41). Der Name ist <strong>de</strong>r Name <strong>de</strong>s Herrn<br />

Jesus. Ein gottseliges Leben macht ja gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, wie böse die an<strong>de</strong>ren leben. Sie wer<strong>de</strong>n<br />

durch ein konsequentes Christenleben bloßgestellt. Das kann ihnen nicht gefallen. Deshalb<br />

versuchen sie <strong>de</strong>nen zu scha<strong>de</strong>n, die gottselig leben.<br />

Petrus ermuntert die Gläubigen, an die er schreibt, mit <strong>de</strong>n Worten: „Geliebte, lasst euch<br />

durch das Feuer <strong>de</strong>r Verfolgung unter euch, das euch zur Prüfung geschieht, nicht befrem<strong>de</strong>n,<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 101


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

als begegne euch etwas Frem<strong>de</strong>s; son<strong>de</strong>rn insoweit ihr <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Christus teilhaftig<br />

seid, freut euch, damit ihr auch in <strong>de</strong>r Offenbarung seiner Herrlichkeit mit Frohlocken euch<br />

freut. Wenn ihr im Namen Christi geschmäht wer<strong>de</strong>t, glückselig seid ihr! Denn <strong>de</strong>r Geist<br />

<strong>de</strong>r Herrlichkeit und <strong>de</strong>r Geist Gottes ruht auf euch“ (1. Pet 4,12).<br />

„Böse Menschen aber und Betrüger wer<strong>de</strong>n zu Schlimmerem fortschreiten, in<strong>de</strong>m sie<br />

verführen und verführt wer<strong>de</strong>n“ (Vers 13).<br />

Böse Menschen und Betrüger<br />

Paulus kommt jetzt erneut auf die Verführer innerhalb <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses<br />

zurück. Sie sind nichts an<strong>de</strong>res als „böse Menschen“ und „Betrüger“. Dass sie böse sind,<br />

lernen wir in <strong>de</strong>n Versen 2–5. Dass es Betrüger – wir könnten Scharlatane sagen – sind,<br />

zeigen uns die Verse 6–9. Es han<strong>de</strong>lt sich je<strong>de</strong>nfalls um ungläubige Menschen. Sie haben<br />

einen bösen Charakter und wollen an<strong>de</strong>re verführen, in<strong>de</strong>m sie ihnen etwas vortäuschen,<br />

was nicht echt ist.<br />

Das „Schlimmere“ scheint sich auf die Verse 1–9 zu beziehen, wo uns bereits ein<br />

erschrecken<strong>de</strong>r Zustand innerhalb <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses beschrieben wird. Aber<br />

es wird noch schlimmer kommen. Das Böse wird nicht zu einem Stillstand o<strong>de</strong>r gar<br />

Rückschritt kommen. „Fortschreiten“ meint „zunehmen“. Die Geschichte hat bewiesen,<br />

dass es tatsächlich so ist. Etwas an<strong>de</strong>res haben wir nicht zu erwarten. Die Metho<strong>de</strong>n dieser<br />

christlichen Verführer wer<strong>de</strong>n immer geschickter und tückischer. Der Prophet Jeremia<br />

beschreibt schon im Alten Testament Menschen, auf die Ähnliches zutrifft. „Sie spannen<br />

ihre Zunge, ihren Bogen, mit Lüge, und nicht nach Treue herrschen sie im Land; <strong>de</strong>nn<br />

sie schreiten fort von Bosheit zu Bosheit, und mich kennen sie nicht, spricht <strong>de</strong>r Herr“<br />

(Jer 9,2). Dabei bezieht sich das Fortschreiten an dieser Stelle nicht unbedingt auf ihren<br />

Erfolg, son<strong>de</strong>rn auf ihre persönliche Entwicklung zum Bösen hin. Es ist eine moralische<br />

und lehrmäßige Degeneration dieser Menschen, die nur eine äußere Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit<br />

haben.<br />

Das Tragische dabei ist, dass die Verführer schließlich selbst zu Verführten wer<strong>de</strong>n. Hinter<br />

ihnen steht eine Macht, die sie nicht steuern können, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>r sie selbst gesteuert<br />

wer<strong>de</strong>n. Sie verstricken sich schließlich in das, womit sie an<strong>de</strong>ren scha<strong>de</strong>n wollten. Nach <strong>de</strong>r<br />

Entrückung <strong>de</strong>r wahren Gläubigen in <strong>de</strong>n Himmel wird das voll ausreifen (siehe 2. Thes 2,9–<br />

12). Diese Menschen wer<strong>de</strong>n dann selbst <strong>de</strong>r Lüge glauben. Sie können nicht an<strong>de</strong>rs.<br />

Wir brauchen nicht darauf zu hoffen, dass sich <strong>de</strong>r Zustand innerhalb <strong>de</strong>s christlichen<br />

Bekenntnisses positiv entwickelt. Wer die aktuellen Trends in <strong>de</strong>r Christenheit ein wenig<br />

beobachtet, wird das <strong>de</strong>utlich erkennen. Wir warten nicht darauf, dass das Christentum<br />

eines Tages die Welt doch verän<strong>de</strong>rt o<strong>de</strong>r dass alle Menschen sich bekehren. Gott hat etwas<br />

an<strong>de</strong>res vorausgesagt. Worauf wir unsere feste Hoffnung setzen, ist die Tatsache, dass <strong>de</strong>r<br />

Herr Jesus zurückkommt, um uns zu sich zu nehmen, um dann wenig später mit uns in<br />

Macht und Herrlichkeit zu erscheinen. Dieser Tatbestand sollte uns aber nicht abhalten,<br />

unserem Herrn in Treue zu dienen und Ihn vor <strong>de</strong>n Menschen zu bekennen. Im Gegenteil.<br />

Er sollte uns motivieren.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 102


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

„Du aber bleibe in <strong>de</strong>m, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist, da du<br />

weißt, von wem du gelernt hast“ (Vers 14).<br />

Du aber<br />

Mit diesem Vers wen<strong>de</strong>t sich Paulus wie<strong>de</strong>r unmittelbar an Timotheus. In seinen Worten<br />

liegt gleichzeitig eine direkte Ansprache für je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Herrn dienen möchte. In Vers 10<br />

ging es darum, etwas zu erkennen. Dieser Vers geht einen Schritt weiter. Timotheus sollte<br />

nicht nur erkennen, son<strong>de</strong>rn auch folgen. Er sollte in <strong>de</strong>m bleiben, was er gelernt hatte und<br />

wovon er völlig überzeugt war.<br />

Es ist immer leichter, etwas zu erkennen, als das Erkannte ganz persönlich zu praktizieren.<br />

Wirkliche Erkenntnis wird aber stets von entsprechen<strong>de</strong>n Ergebnissen begleitet, die in <strong>de</strong>r<br />

Praxis <strong>de</strong>s Lebens sichtbar wer<strong>de</strong>n. Der Herr Jesus hat selbst darauf hingewiesen, dass seine<br />

Jünger seine Worte nicht nur hören, son<strong>de</strong>rn tun sollen (Lk 6,47). Sein Wort soll in uns<br />

bleiben, d. h. wir sollen es nicht nur hören, son<strong>de</strong>rn es bewahren und tun.<br />

Bleiben<br />

Das Bleiben in <strong>de</strong>m, was Timotheus gelernt hatte, scheint einen gewissen Gegensatz zu<br />

<strong>de</strong>m Fortschreiten im Bösen darzustellen. Das Böse schreitet fort und verän<strong>de</strong>rt sich. Die<br />

Wahrheit hingegen bleibt unverän<strong>de</strong>rt. Das Wort „bleiben“ kann man auch mit „wohnen“<br />

übersetzen. „Lernen“ ist etwas, das wir nicht (ausschließlich) mit <strong>de</strong>m Kopf, son<strong>de</strong>rn zuerst<br />

mit <strong>de</strong>m Herzen tun. Es geht darum, dass das Gehörte und Gelernte einen bleiben<strong>de</strong>n Platz<br />

in unseren Herzen hat. Lernen ist nicht etwas, das wir „so nebenbei“ erledigen können.<br />

Es bedingt, dass wir uns intensiv mit Gottes Wort auseinan<strong>de</strong>rsetzen und die Wahrheit<br />

wirklich erforschen. „Völlig überzeugt“ meint, dass wir uns <strong>de</strong>r Sache ganz sicher sind.<br />

Als Diener Gottes brauchen wir eine fest verankerte Überzeugung. Wenn das <strong>de</strong>r Fall ist,<br />

erkennen wir <strong>de</strong>n Irrtum viel leichter und wer<strong>de</strong>n bewahrt. Wer nichts gelernt hat o<strong>de</strong>r wer<br />

von <strong>de</strong>m Gelernten nicht überzeugt ist, wird <strong>de</strong>utlich anfälliger für <strong>de</strong>n Irrtum sein.<br />

Was und von wem du gelernt hast<br />

Das, was <strong>de</strong>r Diener gelernt hat, ist für ihn eine weitere Hilfsquelle. Für Timotheus waren<br />

das zunächst die „heiligen Schriften“, d. h. das Alte Testament (Vers 15). Aber nicht nur<br />

sie allein. Timotheus hatte direkt von Paulus (und an<strong>de</strong>ren) gehört und gelernt. Darauf<br />

scheint Paulus jetzt Bezug zu nehmen. „Von wem (o<strong>de</strong>r von welchen) du gelernt hast“<br />

kann sich sprachlich entwe<strong>de</strong>r auf Paulus und/o<strong>de</strong>r auf an<strong>de</strong>re beziehen. Einige Ausleger<br />

schließen auch seine Mutter und Großmutter an dieser Stelle mit ein. Das ist aber wenig<br />

wahrscheinlich, da Paulus dann im nächsten Vers auf die Kindheit von Timotheus zu<br />

sprechen kommt.<br />

Wir müssen diese Aussage also in ihrer direkten Be<strong>de</strong>utung auf Paulus beziehen. Timotheus<br />

wusste, dass Paulus die Wahrheit direkt von Gott offenbart bekommen hatte. Er schrieb<br />

nicht nur seine Briefe mit apostolischer Autorität, son<strong>de</strong>rn er sprach auch mit apostolischer<br />

Autorität. In 1. Korinther 2,12.13 schreibt er: „Wir aber haben nicht <strong>de</strong>n Geist <strong>de</strong>r Welt<br />

empfangen, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Geist, <strong>de</strong>r aus Gott ist, um die Dinge zu kennen, die uns von Gott<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 103


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

geschenkt sind; die wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche<br />

Weisheit, son<strong>de</strong>rn in Worten, gelehrt durch <strong>de</strong>n Geist, mitteilend geistliche Dinge durch<br />

geistliche Mittel.“ Das Verkündigen schließt hier ein<strong>de</strong>utig <strong>de</strong>n mündlichen Dienst – das<br />

Re<strong>de</strong>n – von Paulus ein. Paulus re<strong>de</strong>te in Worten, gelehrt durch <strong>de</strong>n Heiligen Geist. Das<br />

gab seinen Worten ein beson<strong>de</strong>res Gewicht. Timotheus hatte das immer wie<strong>de</strong>r gehört und<br />

war dadurch geprägt wor<strong>de</strong>n. Die Quelle, aus <strong>de</strong>r Timotheus die Wahrheit gelernt hat, war<br />

direkt von Gott gespeist wor<strong>de</strong>n.<br />

Niemand von uns hat Paulus predigen gehört. Dennoch können wir immer noch direkt von<br />

ihm lernen, wenn wir seine Briefe lesen, die er unter <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>s Geistes geschrieben hat.<br />

Gleiches gilt für die übrigen Schreiber <strong>de</strong>s Neuen Testamentes. In diesem Sinn wissen auch<br />

wir, „von wem“ wir die christliche Wahrheit gelernt haben. Dieses Wort – und wir schließen<br />

das Alte Testament mit ein – ist eine gewaltige Hilfsquelle. Es bewahrt uns vor <strong>de</strong>m Irrtum.<br />

Auch wir wollen in <strong>de</strong>m bleiben, was wir gelernt haben. Das Böse nimmt zu. Der Irrtum<br />

zeigt sich in immer neuen und verän<strong>de</strong>rten Varianten. Die Lehren von Menschen verän<strong>de</strong>rn<br />

sich. Dennoch gibt es etwas, das absolut bleibt. Das Wort Gottes ist unverän<strong>de</strong>rlich. Es ist<br />

die einmal <strong>de</strong>n Heiligen überlieferte Wahrheit. Es gibt heute keine „neuen Offenbarungen“.<br />

Es gibt kein „neues Licht“ und keine „neue Erkenntnis“. Die Wahrheit, so wie Gott sie<br />

uns in seinem Wort gegeben hat, entwickelt sich nicht weiter. Unsere Erkenntnis und<br />

unsere Einsicht in die Wahrheit sollen wachsen. Wir bleiben Lernen<strong>de</strong>, solange wir auf<br />

dieser Er<strong>de</strong> sind. Aber das „Lehrbuch“, aus <strong>de</strong>m wir lernen, verän<strong>de</strong>rt sich nicht. Von dieser<br />

Wahrheit müssen wir überzeugt sein. Diese Wahrheit müssen wir praktizieren. Für diese<br />

Wahrheit müssen wir einstehen. Aber wir sollen sie gleichzeitig an an<strong>de</strong>re weitergeben,<br />

damit nachfolgen<strong>de</strong> Generationen diese Wahrheit ebenfalls kennenlernen und eine feste<br />

Überzeugung bekommen.<br />

„Und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die imstan<strong>de</strong> sind, dich weise zu<br />

machen zur Errettung durch <strong>de</strong>n Glauben, <strong>de</strong>r in Christus Jesus ist“ (Vers 15).<br />

Von Kind auf<br />

Das Bin<strong>de</strong>wort „und“ ist ein Hinweis darauf, dass Paulus in Vers 14 mehr von sich<br />

gesprochen hat. Jetzt kommt er indirekt auf die Vorfahren von Timotheus zu sprechen. Er<br />

war je<strong>de</strong>nfalls in einem gottesfürchtigen Haus aufgewachsen. Von <strong>de</strong>m Vater wissen wir<br />

nur, dass er ein Grieche war. Mutter und Großmutter hingegen bewiesen in ihrem Leben<br />

nicht nur einen lebendigen und ungeheuchelten (d. h. echten) Glauben (2. Tim 1,5), son<strong>de</strong>rn<br />

das Wort Gottes war ihnen wichtig. Bei<strong>de</strong>s hatten sie weitervermittelt.<br />

Der Ausdruck „Kind“ nimmt tatsächlich Bezug auf ein kleines Kind. Von frühester Jugend<br />

an war Timotheus mit <strong>de</strong>n heiligen Schriften vertraut gemacht wor<strong>de</strong>n. Das Beispiel zeigt<br />

uns, dass man nicht früh genug anfangen kann, Kin<strong>de</strong>r mit Gottes Wort bekannt zu machen,<br />

sie in Gottes Wort zu unterweisen und ihnen <strong>de</strong>n Herrn Jesus groß zu machen. Das ist eine<br />

wichtige Belehrung für Eltern und Großeltern. Darauf hatte Gott schon im Alten Testament<br />

großen Wert gelegt (vgl. 5. Mo 6,7; 11,19–21).<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 104


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Die heiligen Schriften<br />

Die „heiligen Schriften“ sind hier in <strong>de</strong>r direkten Be<strong>de</strong>utung das gesamte Alte Testament.<br />

Das war das, was <strong>de</strong>r Mutter und Großmutter zur Verfügung stand, als Timotheus noch<br />

ein Kind war. In Verbindung mit Vers 16 ist es aber legitim, in <strong>de</strong>r Anwendung auf uns<br />

an die ganze Bibel zu <strong>de</strong>nken. Wenn wir vor <strong>de</strong>m Irrtum bewahrt bleiben wollen (das ist<br />

nichts an<strong>de</strong>res als ein Teilaspekt von „Errettung“), dann sind die Schriften ein weiteres und<br />

wichtiges Bewahrungsmittel, das uns zur Verfügung steht. Es geht nicht um die sich ständig<br />

än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Meinungen und Theorien <strong>de</strong>r Menschen. Es geht um das unverän<strong>de</strong>rliche und<br />

bleiben<strong>de</strong> Gotteswort. Dieses Wort steht ewig fest in <strong>de</strong>n Himmeln (Ps 119,89).<br />

Es sind „heilige“ Schriften. Das hier für „heilig“ gebrauchte Wort kommt im Neuen<br />

Testament nur zweimal vor, nämlich hier und in 1. Korinther 9,13, wo es für die „heiligen<br />

Dinge“ benutzt wird. In Römer 1,2 ist auch von <strong>de</strong>n „heiligen Schriften“ die Re<strong>de</strong>. Dort steht<br />

aber im Grundtext ein an<strong>de</strong>res Wort. Gottes Wort ist einzigartig und unvergleichbar. Es<br />

ist in diesem Sinn über je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re von Menschen verfasste Schrift erhaben. Gott hat es<br />

gegeben und geweiht. Wir sind dankbar für gute <strong>Bibelkommentare</strong>. Aber nichts reicht an<br />

die Erhabenheit <strong>de</strong>r „heiligen Schriften“ heran. Nur sie können <strong>de</strong>m menschlichen Denken<br />

wirkliche göttliche Weisheit und Einsicht vermitteln (Ps 19,7).<br />

Die Errettung durch <strong>de</strong>n Glauben, <strong>de</strong>r in Christus Jesus ist<br />

Diese Schriften sind „imstan<strong>de</strong>“, d. h. sie sind in <strong>de</strong>r Lage, etwas zu bewegen. Hier<br />

ist es konkret die Errettung. Der Begriff „Errettung“ ist an dieser Stelle nicht ganz<br />

einfach zu verstehen. Das Wort hat im Neuen Testament eine umfassen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung<br />

(siehe die Erklärung zu Kapitel 2,10). Errettung meint generell, dass wir vor einer<br />

Gefahr bewahrt bleiben und keinen Scha<strong>de</strong>n durch sie nehmen. Errettung hat erstens<br />

einen vergangenheitsbezogenen Aspekt. Wir sind errettet. Errettung hat zweitens einen<br />

gegenwartsbezogenen Aspekt. Wir wer<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n Gefahren auf <strong>de</strong>m Weg gerettet.<br />

Errettung hat drittens einen zukunftsbezogenen Aspekt. Unsere Errettung wird vollständig<br />

sein – d. h. auch unseren Körper einschließen –, wenn <strong>de</strong>r Herr Jesus als Heiland erscheint.<br />

Es ist in allen drei Fällen das Wort Gottes, das uns die Sicherheit unserer Errettung<br />

vermittelt.<br />

An dieser Stelle steht offensichtlich <strong>de</strong>r gegenwartsbezogene Aspekt im Vor<strong>de</strong>rgrund. Paulus<br />

erinnert Timotheus nicht an <strong>de</strong>n Augenblick, wo er errettet wur<strong>de</strong> (Vergangenheit). Er<br />

spricht auch nicht von <strong>de</strong>r noch vor ihm liegen<strong>de</strong>n Errettung (Zukunft), son<strong>de</strong>rn er spricht<br />

von <strong>de</strong>r Gegenwart. Die Heiligen Schriften sind (in <strong>de</strong>r Anwendung auf uns) das Wort<br />

Gottes und <strong>de</strong>shalb gegenwärtig imstan<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Diener weise zu machen, um vor <strong>de</strong>m Irrtum<br />

bewahrt zu bleiben. „Weise machen“ be<strong>de</strong>utet an dieser Stelle „mit Weisheit begaben“,<br />

„unterweisen“ o<strong>de</strong>r „belehren“. Je<strong>de</strong> solche geistliche „Begabung“ und „Fähigkeit“ kommt<br />

von Gott und aus Gottes Wort, nicht aus einer menschlichen Quelle.<br />

Paulus fügt hinzu: „ . . . durch <strong>de</strong>n Glauben, <strong>de</strong>r in Christus Jesus ist.“ Der Glaube ist das<br />

Mittel, durch das wir gerettet wer<strong>de</strong>n. Errettung geschieht immer durch <strong>de</strong>n Glauben. Aber<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

nicht durch Glauben an sich, son<strong>de</strong>rn durch <strong>de</strong>n Glauben „in Christus Jesus“. Der Glaube<br />

ist natürlich wichtig, aber er braucht sowohl <strong>de</strong>n richtigen Gegenstand als auch die richtige<br />

Grundlage. Deshalb ist es nicht nur wichtig, dass man Glauben hat, son<strong>de</strong>rn man braucht<br />

vor allen Dingen <strong>de</strong>n richtigen Glauben. Der richtige Glaube bringt uns immer mit Christus<br />

in Verbindung. Dabei wollen wir auf die unterschiedlichen Präpositionen achten. Wer an<br />

Christus glaubt, hat <strong>de</strong>n richtigen Gegenstand für seinen Glauben. Wer Christus glaubt,<br />

vertraut seinem Wort. Wer jedoch Glauben in Christus Jesus hat, <strong>de</strong>r hat das richtige<br />

Fundament für seinen Glauben. Er bewegt sich sozusagen in <strong>de</strong>r Atmosphäre <strong>de</strong>s Glaubens.<br />

Davon schreibt Paulus zum Beispiel in 1. Timotheus 3,13: „Denn diese, die wohl gedient<br />

haben, erwerben sich eine schöne Stufe und viel Freimütigkeit im Glauben, <strong>de</strong>r in Christus<br />

Jesus ist.“ Das macht klar, dass es hier nicht um die Errettung <strong>de</strong>r Seele geht, son<strong>de</strong>rn um<br />

die Errettung vor Gefahren auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>s Dienstes.<br />

„Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur<br />

Zurechtweisung, zur Unterweisung in <strong>de</strong>r Gerechtigkeit“ (Vers 16).<br />

Alle Schrift von Gott eingegeben<br />

Hatte Paulus in Vers 15 noch von <strong>de</strong>n heiligen Schriften gesprochen und damit in <strong>de</strong>r<br />

direkten Be<strong>de</strong>utung das Alte Testament gemeint, so sagt er jetzt: „alle Schrift“. Damit sind<br />

ohne Zweifel das Alte und das Neue Testament gemeint. Es geht um das gesamte Wort<br />

Gottes. Die Schreiber <strong>de</strong>s Neuen Testaments waren sich durchaus bewusst, dass sie im<br />

Auftrag Gottes seine inspirierten Worte aufschrieben. Petrus erinnert in seinem zweiten<br />

Brief an das, was Paulus geschrieben hatte und zählt seine Briefe wie selbstverständlich zu<br />

<strong>de</strong>n „Schriften“ (2. Pet 3,16). Paulus zitiert in 1. Timotheus 5,18 ein Wort aus <strong>de</strong>m Alten und<br />

eines aus <strong>de</strong>m Neuen Testament. Bei<strong>de</strong> Belegstellen leitet er mit <strong>de</strong>n Worten ein: „Denn die<br />

Schrift sagt.“<br />

Die Aussage von Paulus an dieser Stelle ist sehr weitgehend. Es ist eine <strong>de</strong>r wesentlichen<br />

Bibelstellen, die uns etwas zum Thema <strong>de</strong>r Inspiration (Eingebung) <strong>de</strong>r Bibel sagt. Gott<br />

ist die Quelle (<strong>de</strong>r Ursprung), aus <strong>de</strong>r alles kommt. Je<strong>de</strong>s Wort in <strong>de</strong>r Bibel ist von Gott<br />

inspiriert. „Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“ Das gilt nicht nur für die Gedanken o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r Bibel. Gott hat <strong>de</strong>n Schreibern nicht nur seine Gedanken offenbart o<strong>de</strong>r<br />

gegeben, son<strong>de</strong>rn Er hat ihnen je<strong>de</strong>s einzelne Wort gegeben, das sie aufschreiben sollten.<br />

Die Schreiber haben die Wahrheit nicht mit ihren eigenen Worten aufgeschrieben. Sie taten<br />

es mit <strong>de</strong>n Worten, die Gott ihnen gab. Paulus schreibt <strong>de</strong>n Korinthern von <strong>de</strong>n Dingen,<br />

die <strong>de</strong>n Aposteln von Gott geschenkt wor<strong>de</strong>n waren, und sagt dann: „ . . . die wir auch<br />

verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, son<strong>de</strong>rn in Worten,<br />

gelehrt durch <strong>de</strong>n Geist, mitteilend geistliche Dinge durch geistliche Mittel“ (1. Kor 2,13). Es<br />

ist ein<strong>de</strong>utig zu wenig, wenn behauptet wird, dass die Bibel Gottes Wort enthält. Das ist<br />

eine Verführung <strong>de</strong>s Teufels. Die Bibel enthält nicht einfach das Wort Gottes, die Bibel ist<br />

das Wort Gottes. Das ist ein beachtenswerter Unterschied.<br />

„Von Gott eingegeben“ be<strong>de</strong>utet wörtlich: „Gott gehaucht“. Der Ausdruck kommt im Neuen<br />

Testament nur an dieser Stelle vor. Das be<strong>de</strong>utet nicht nur, dass Gott in die Schreiber<br />

„hineingeatmet“ hätte. Es ist mehr. Je<strong>de</strong>s Wort wur<strong>de</strong> sozusagen von Gott ausgeatmet. Je<strong>de</strong>s<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

einzelne Wort ist von Gott gegeben. So hat Er die „Schrift“ durch seinen Hauch ins Leben<br />

gerufen. Wort für Wort ist von Gott inspiriert. Deshalb sprechen wir völlig zu Recht von<br />

<strong>de</strong>r wörtlichen Eingebung – o<strong>de</strong>r Verbalinspiration – <strong>de</strong>r Heiligen Schrift. Daran müssen<br />

wir unbedingt festhalten. Der Apostel Petrus bestätigt das auch. Er schreibt: „Denn die<br />

Weissagung wur<strong>de</strong> niemals durch <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s Menschen hervorgebracht, son<strong>de</strong>rn heilige<br />

Menschen Gottes re<strong>de</strong>ten, getrieben vom Heiligen Geist“ (2. Pet 1,21).<br />

„Alle“ Schrift meint „je<strong>de</strong>“ Schrift. Gemeint sind nicht einzelne Abschnitte o<strong>de</strong>r Passagen,<br />

son<strong>de</strong>rn je<strong>de</strong>s einzelne Wort <strong>de</strong>r ganzen Schrift. Das Neue Testament ist darin unbedingt<br />

eingeschlossen. Der individuelle Schreibstil und die Eigenheiten <strong>de</strong>r einzelnen Autoren ist<br />

dabei erhalten geblieben. Gott hat die Schreiber seines Wortes nicht einfach „blind“ benutzt,<br />

son<strong>de</strong>rn hat dafür Sorge getragen, dass die voneinan<strong>de</strong>r unterschie<strong>de</strong>nen Charaktere <strong>de</strong>r<br />

Schreiber erhalten geblieben sind und in <strong>de</strong>n Texten erkennbar wer<strong>de</strong>n. Paulus schreibt<br />

an<strong>de</strong>rs als Petrus, und Petrus schreibt an<strong>de</strong>rs als Johannes. Das hat Gott so gewollt.<br />

„Inspiration“ ist allerdings nicht mit „Offenbarung“ zu verwechseln. Je<strong>de</strong>s Wort in <strong>de</strong>r Bibel<br />

ist von Gott inspiriert, d. h. die Schreiber bekamen <strong>de</strong>n Auftrag, es so zu schreiben. Aber<br />

nicht alles ist eine von Gott offenbarte Wahrheit. Wenn Lukas in <strong>de</strong>r Apostelgeschichte<br />

einen Reisebericht gibt, dann brauchte ihm dieser nicht offenbart zu wer<strong>de</strong>n. Er war ja selbst<br />

dabei und hatte es miterlebt. Aber er bekam <strong>de</strong>n Auftrag, <strong>de</strong>n Bericht unter <strong>de</strong>r Leitung<br />

<strong>de</strong>s Heiligen Geistes nie<strong>de</strong>rzuschreiben. Wenn Petrus im Blick auf <strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>s Herrn zu<br />

Ihm sagte: „Dies wird dir nicht wi<strong>de</strong>rfahren“ (Mt 16,22), war das ganz sicher nicht von Gott<br />

offenbart. Aber Matthäus bekam doch <strong>de</strong>n Auftrag, genau diese Worte aufzuschreiben.<br />

Die Tatsache, dass alle Schrift von Gott eingegeben wur<strong>de</strong>, hat Konsequenzen. Erstens<br />

ist die Bibel unfehlbar, und zweitens hat sie Autorität. Was in <strong>de</strong>r Bibel steht, ist<br />

die absolute Wahrheit. Es gibt in <strong>de</strong>r Bibel keine Fehler. Natürlich ist die Bibel kein<br />

naturwissenschaftliches Buch. Sie ist kein Geschichtsbuch und kein Biologiebuch. Aber<br />

wenn die Bibel etwas über die Naturwissenschaft sagt, ist es wahr. Wenn sie etwas über<br />

die Geschichte schreibt, ist es wahr. Wenn sie Aussagen über biologische Vorgänge macht,<br />

sind sie ebenfalls wahr. Es ist eine verführerische Taktik <strong>de</strong>s Teufels, mit vermeintlich<br />

wissenschaftlichen Argumenten Zweifel an <strong>de</strong>r Unfehlbarkeit <strong>de</strong>r Bibel zu säen. Lei<strong>de</strong>r ist<br />

es ihm in weiten Teilen <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses gelungen.<br />

Alle Schrift ist nützlich<br />

Die Schrift – das Wort Gottes – ist aber nicht nur unfehlbar. Sie hat auch absolute Autorität.<br />

Wer nicht akzeptiert, dass die Bibel unfehlbar ist, <strong>de</strong>r wird ihre Autorität nicht anerkennen.<br />

Tatsache ist aber, dass die Schrift inspiriert und <strong>de</strong>shalb nützlich ist -; nützlich für <strong>de</strong>n<br />

Menschen Gottes. Gottes Wort zeigt immer eine Wirkung. Der Schreiber <strong>de</strong>s Hebräerbriefes<br />

sagt: „Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als je<strong>de</strong>s zweischneidige<br />

Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl <strong>de</strong>r Gelenke<br />

als auch <strong>de</strong>s Markes, und ein Beurteiler <strong>de</strong>r Gedanken und Überlegungen <strong>de</strong>s Herzens“<br />

(Heb 4,12).<br />

Paulus nennt vier Punkte. Die Reihenfolge ist dabei sicher nicht ohne Be<strong>de</strong>utung:<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 107


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

• Nützlich zur Lehre: „Lehre“ be<strong>de</strong>utet hier „Belehrung“. Grundlage je<strong>de</strong>r Belehrung<br />

muss das Wort Gottes sein. Dabei geht es nicht nur um <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r Belehrung,<br />

son<strong>de</strong>rn ebenfalls um die Handlung <strong>de</strong>s Belehrens. Wie in Vers 10 steht die Lehre an<br />

erster Stelle. Sie ist die Basis für das praktische Leben <strong>de</strong>s Dieners Gottes. Sie zeigt,<br />

wie Gott über die Dinge <strong>de</strong>nkt. Wir lernen die Sichtweise Gottes kennen. Wenn wir als<br />

Kin<strong>de</strong>r Gottes und Diener <strong>de</strong>s Herrn in <strong>de</strong>r Wahrheit wan<strong>de</strong>ln möchten, dann müssen<br />

wir sie kennen. Wer <strong>de</strong>n Willen Gottes tun möchte, muss ihn vorher kennenlernen.<br />

Das Wort Gottes vermittelt uns diese Kenntnis. Die Lehre <strong>de</strong>r Bibel können wir nur<br />

kennenlernen, wenn wir uns von <strong>de</strong>r Bibel auch belehren lassen.<br />

• Nützlich zur Überführung: „Überführung“ be<strong>de</strong>utet „Überzeugung“. Das Wort Gottes<br />

bringt uns zur Einsicht. Das gilt für <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>r. Es gilt genauso für Menschen, die <strong>de</strong>m<br />

Herrn angehören. Ein Beispiel fin<strong>de</strong>n wir im Leben Davids. Die Worte <strong>de</strong>s Propheten<br />

Nathans – im Auftrag Gottes gesprochen – überführten ihn von seiner Sün<strong>de</strong>, die er<br />

begangen hatte (2. Sam 12,7). Das Wort überführt o<strong>de</strong>r überzeugt uns davon, dass die<br />

Lehre die Wahrheit ist. Der Diener Gottes muss zu je<strong>de</strong>r Zeit wissen, auf welch einem<br />

festen Fundament er steht. Wer diese feste Überzeugung nicht hat, wird schell ein<br />

Opfer falscher Lehren und Praktiken.<br />

• Nützlich zur Zurechtweisung: Das be<strong>de</strong>utet, dass die Schrift uns auf Fehler aufmerksam<br />

macht und korrigiert. Sie ist ein wichtiges Korrektiv, das je<strong>de</strong>r von uns braucht. Je<strong>de</strong>r<br />

Diener macht Fehler. Wir sind nicht vollkommen. Wenn wir diese Korrektur nicht<br />

haben, wer<strong>de</strong>n wir schnell in die Irre gehen. Dabei zeigt uns das Wort Gottes nicht<br />

nur, was wir falsch machen können (o<strong>de</strong>r falsch gemacht haben), son<strong>de</strong>rn es zeigt uns<br />

immer <strong>de</strong>n richtigen Weg.<br />

• Nützlich zur Unterweisung in <strong>de</strong>r Gerechtigkeit: Gerechtigkeit ist hier nicht die<br />

Gerechtigkeit aus Gott (o<strong>de</strong>r unsere Stellung). Es geht vielmehr um die praktische<br />

Gerechtigkeit im täglichen Leben. Praktische Gerechtigkeit im Leben <strong>de</strong>s Menschen<br />

Gottes ist ein Leben in Übereinstimmung mit Gott und mit seinem offenbarten Willen.<br />

Das gilt im Blick auf Gott, auf unsere Glaubensgeschwister und auf die ungläubige<br />

Umgebung. Dann geben wir je<strong>de</strong>m, was ihm zusteht. Gottes Wort unterweist uns in<br />

dieser praktischen Gerechtigkeit. Mit „Unterweisung“ verbin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Gedanke an<br />

ein „Training“. Gerechtigkeit ist – wie die Gottseligkeit – eine Tugend, in <strong>de</strong>r wir uns<br />

ständig üben müssen (1. Tim 4,7).<br />

Startpunkt o<strong>de</strong>r Grundlage ist die Lehre. Sie vermittelt uns eine feste Überzeugung.<br />

Dann wer<strong>de</strong>n wir durch Gottes Wort korrigiert und können so ein Leben in praktischer<br />

Gerechtigkeit führen.<br />

„Damit <strong>de</strong>r Mensch Gottes vollkommen sei, zu je<strong>de</strong>m guten Werk völlig geschickt“<br />

(Vers 17).<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 108


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Der Mensch Gottes<br />

Mit diesen Worten beschreibt Paulus das eigentliche Ziel. Gott möchte seine Menschen<br />

auf dieser Er<strong>de</strong> haben, die erstens vollkommen und zweitens zu je<strong>de</strong>m guten Werk völlig<br />

geschickt sind.<br />

Der Ausdruck „Mensch Gottes“ kommt in dieser Form im Neuen Testament nur zweimal<br />

vor, hier und in 1. Timotheus 6,11, wo Timotheus selbst so genannt wird. 2. Petrus 1,21<br />

spricht von „Menschen Gottes“ und nimmt Bezug auf Propheten im Alten Testament (wo<br />

verschie<strong>de</strong>ne Menschen wie beispielsweise Mose, David, Elia, Elisa und an<strong>de</strong>re diesen<br />

Ehrentitel tragen). Der Ausdruck selbst ist geschlechtsneutral, d. h. Männer und Frauen sind<br />

gemeinsam angesprochen. Der Mensch Gottes kommt aus <strong>de</strong>r Gegenwart Gottes und wird<br />

von Gott in die Welt gesandt. Er hat eine Botschaft im Auftrag Gottes. Dementsprechend<br />

soll er sich verhalten. Wer sich als Diener von Gott gebrauchen lässt, kann – und soll – ein<br />

Mensch Gottes sein. Es ist ein Ehrentitel, <strong>de</strong>r ausdrückt, wem wir gehören. Im Alten<br />

Testament steht <strong>de</strong>r Ausdruck oft mit einer konkreten Aufgabe und einem Dienst in<br />

Verbindung, <strong>de</strong>n Gott gibt. Das galt für Timotheus. Das gilt für uns.<br />

Vollkommen<br />

Vollkommen zu sein be<strong>de</strong>utet im Neuen Testament an einigen Stellen, zum vollen Wuchs<br />

gekommen o<strong>de</strong>r erwachsen gewor<strong>de</strong>n zu sein. Manchmal erinnert <strong>de</strong>r Ausdruck auch an<br />

die Stellung, die wir besitzen. An dieser Stelle scheint die Be<strong>de</strong>utung zu sein, dass jemand<br />

„von rechter Beschaffenheit“ ist. Das steht eng mit <strong>de</strong>r praktischen Gerechtigkeit in Vers 16<br />

in Verbindung. Der Maßstab ist hoch und niemand wür<strong>de</strong> von sich behaupten, dieses Ziel<br />

je erreicht zu haben. Aber weniger kann Gott von uns nicht erwarten. Vollkommen zu sein<br />

kann ebenso be<strong>de</strong>uten, dass wir durch das Wort Gottes völlig ausgerüstet sind für je<strong>de</strong>n<br />

Dienst und je<strong>de</strong> Aufgabe, die Gott uns gibt. Durch das Wort Gottes sind wir fähig, je<strong>de</strong>s<br />

gute Werk zu tun, das wir tun sollen.<br />

Zu je<strong>de</strong>m guten Werk geschickt<br />

Dieser Vers erteilt <strong>de</strong>m mo<strong>de</strong>rnen Ansatz, durch aka<strong>de</strong>mische Studien theologisch zubereitet<br />

o<strong>de</strong>r „zugerüstet“ zu wer<strong>de</strong>n, eine klare Absage. Es geht nicht um eine wie auch immer<br />

geartete theologische Ausbildung, son<strong>de</strong>rn es geht darum, dass <strong>de</strong>r Mensch Gottes durch<br />

Gottes Wort gebil<strong>de</strong>t und geprägt wird.<br />

Zu je<strong>de</strong>m guten Werk völlig geschickt zu sein verbin<strong>de</strong>t sich mit <strong>de</strong>r Aussage in Kapitel 2,21,<br />

wo wir lesen, dass wir zu je<strong>de</strong>m guten Werk bereitet sein sollen. Es be<strong>de</strong>utet so viel wie<br />

„ausgerüstet sein“. Gott möchte, dass wir bereit sind, gute Werke zu tun. Er möchte, dass<br />

die erfor<strong>de</strong>rlichen Voraussetzungen dazu gegeben sind. Dabei ist klar, dass wir keine guten<br />

Werke tun, um etwas zu bekommen, son<strong>de</strong>rn wir tun sie <strong>de</strong>shalb, weil wir etwas bekommen<br />

haben. Gott ist sozusagen „in Vorleistung“ gegangen. Durch sein Wort wirkt Er jetzt in uns,<br />

gute Werke zu tun.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 109


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 3<br />

Beispielhaft für uns sind die guten Werke von Maria aus Bethanien und von Dorkas aus<br />

Joppe. Von Maria heißt es ausdrücklich, dass sie ein gutes Werk an <strong>de</strong>m Herrn Jesus tat<br />

(Mk 14,6). Von Dorkas lesen wir, dass sie voll guter Werke war (Apg 9,36). Es gibt gute<br />

Werke, die wir direkt für <strong>de</strong>n Herrn tun. Es gibt gute Werke, die wir an an<strong>de</strong>ren Menschen<br />

tun, aber die <strong>de</strong>nnoch Werke sind, die wir letztlich für unseren Herrn tun.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 110


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Ein geistliches Vermächtnis<br />

In Kapitel 3 beschreibt Paulus <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses in <strong>de</strong>n letzten<br />

Tagen. Gleichzeitig erinnert er <strong>de</strong>n Diener Gottes an die Hilfsquellen, die ihm zur Verfügung<br />

stehen. Das Kapitel en<strong>de</strong>t mit einer gewaltigen Aussage über das Wort Gottes, diese nie<br />

versiegen<strong>de</strong> Hilfsquelle.<br />

Kapitel 4 schließt sich unmittelbar an das En<strong>de</strong> von Kapitel 3 an. Der Inhalt gleicht einem<br />

Höhepunkt in <strong>de</strong>m geistlichen Vermächtnis, das er seinem Kind Timotheus hinterlässt.<br />

Auch dieses Kapitel können wir in drei Teile glie<strong>de</strong>rn:<br />

1. Verse 1–5: Eine letzte Auffor<strong>de</strong>rung zum Dienst<br />

Paulus macht <strong>de</strong>utlich, wie wichtig es ist, dass das Wort gepredigt wird. Verfall und<br />

Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses dürfen <strong>de</strong>n Diener nicht vom Dienst abhalten.<br />

Degeneration um uns herum ist keine Entschuldigung für Tatenlosigkeit und Trägheit.<br />

2. Verse 6–8: Ein letztes Zeugnis<br />

Noch einmal stellt Paulus sein eigenes Leben als Beispiel vor. Er erinnert Timotheus an<br />

Dinge, die dieser genau wusste. Paulus blickt auf seinen eigenen Dienst zurück und kann<br />

sagen, dass er <strong>de</strong>n guten Kampf gekämpft hat. Er hat <strong>de</strong>n Lauf vollen<strong>de</strong>t. Er hat <strong>de</strong>n Glauben<br />

bewahrt. Sein En<strong>de</strong> ist jetzt nahe gekommen. Aber im Vertrauen sieht er gleichzeitig nach<br />

vorn und freut sich auf das, was vor ihm liegt.<br />

3. Vers 9–22: Letzte persönliche Botschaften<br />

Paulus nimmt Abschied. Eine Reihe persönlicher Botschaften schließt sich an. Darin<br />

erkennen wir Freu<strong>de</strong> und Trauer, Hoffnung und Enttäuschung. Wenn es um ihn selbst<br />

geht, ist Paulus voller Zuversicht. Wenn es um an<strong>de</strong>re geht, sind seine Empfindungen<br />

gemischt. Für manches ist er dankbar. In einigen Fällen ist er in Sorge.<br />

Die letzten Worte dieses großen Gottesmannes sind voller Gna<strong>de</strong> und Liebe. Sie zeigen<br />

seine innere Teilnahme an <strong>de</strong>m Ergehen geliebter Menschen. Für Timotheus – und darüber<br />

hinaus auch für uns – sind sie ein beson<strong>de</strong>res Vermächtnis und gleichzeitig ein Appell, im<br />

Dienst nicht mü<strong>de</strong> zu wer<strong>de</strong>n.<br />

„Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus, <strong>de</strong>r richten wird Leben<strong>de</strong> und Tote,<br />

und bei seiner Erscheinung und seinem Reich“ (Vers 1).<br />

Ein ernstliches Zeugnis<br />

Die Worte „Ich bezeuge ernstlich“ sind ein starker Appell. Sie zeigen <strong>de</strong>utlich, wie ernst<br />

es Paulus mit <strong>de</strong>m ist, was er jetzt vorstellt. Paulus ruft sozusagen göttliche Personen als<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 111


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

seine Zeugen an. Er beruft sich auf die höchste Instanz, die <strong>de</strong>nkbar ist. An<strong>de</strong>rs ausgedrückt<br />

könnte man sagen: „Ich beschwöre dich bei Gott und Christus Jesus.“ Ähnliche Worte<br />

hatte er schon in Kapitel 2,14 gebraucht. Dort sollte Timotheus ernstlich bezeugen, keinen<br />

Wortstreit zu führen. Hier geht es darum, dass das Wort gepredigt wer<strong>de</strong>n soll. Damit<br />

schließt <strong>de</strong>r erste Vers dieses Kapitels an die letzten Verse <strong>de</strong>s vorherigen Kapitels an.<br />

Die Aussage macht <strong>de</strong>utlich, welche Beweggrün<strong>de</strong> Paulus hatte, sein Kind Timotheus<br />

so zu beschwören. Paulus wusste, dass er vor Gott und Christus Jesus stand. Das galt für<br />

Timotheus genauso. Die Präposition „vor“ meint „im Angesicht von“ o<strong>de</strong>r „in <strong>de</strong>r Gegenwart<br />

von“. Je<strong>de</strong>r Dienst geschieht unter <strong>de</strong>m wachsamen und prüfen<strong>de</strong>n Auge Gottes.<br />

Paulus spricht von „Gott und Christus Jesus“. Damit ist eine Person gemeint. Es geht um<br />

unseren Herrn. Aber dieser Herr ist Christus Jesus und niemand an<strong>de</strong>res als Gott selbst.<br />

Somit liefern diese letzten Worte von Paulus einen erneuten Hinweis auf die Gottheit <strong>de</strong>s<br />

Herrn Jesus. Er ist in <strong>de</strong>r Tat Gott und Mensch in einer Person. Hier nimmt Paulus ein<strong>de</strong>utig<br />

Bezug auf seine Gottheit. Das soll <strong>de</strong>r Diener nicht vergessen.<br />

Drei Beweggrün<strong>de</strong> für <strong>de</strong>n Dienst<br />

Paulus nennt nun drei Tatsachen, die Timotheus im Dienst nicht vergessen sollte. Sie sind<br />

bis heute für je<strong>de</strong>n Diener wichtige Beweggrün<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Dienst bis zum En<strong>de</strong> in Treue zu<br />

erfüllen. Erstens erinnert Paulus daran, dass <strong>de</strong>r Herr Jesus Leben<strong>de</strong> und Tote richten wird.<br />

Zweitens spricht er von seiner Erscheinung und drittens von seinem Reich. Alle drei Punkte<br />

sind miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n.<br />

a) Christus ist <strong>de</strong>r Richter <strong>de</strong>r Leben<strong>de</strong>n und Toten: Petrus benutzt einen ähnlichen Ausdruck.<br />

Er spricht von Menschen, die einmal <strong>de</strong>m Rechenschaft geben wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r bereit ist,<br />

Leben<strong>de</strong> und Tote zu richten (1. Pet 4,5). Christus ist <strong>de</strong>r Richter. Gott hat Ihm das Gericht<br />

übertragen (Joh 5,27; Apg 17,31). Er beurteilt alles. Das gilt auch für <strong>de</strong>n Verfall innerhalb<br />

<strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses. Er weiß, was echt ist und was unecht ist. Er wird einmal<br />

alles beurteilen und richten. Paulus stellt dieses Gericht hier als etwas vor, das in nicht<br />

weiter Ferne liegt. Es heißt, dass Christus Jesus in Begriff steht o<strong>de</strong>r bereit ist zu richten<br />

(siehe Fußnote ELB).<br />

Paulus spricht von „Leben<strong>de</strong>n und Toten“. Dabei geht es an dieser Stelle nicht um Gläubige<br />

und Ungläubige. Es geht hier nicht darum, ob jemand Leben aus Gott hat o<strong>de</strong>r geistlich tot<br />

ist. Paulus spricht ausschließlich von ungläubigen Menschen. Der Unterschied (Leben<strong>de</strong> und<br />

Tote) ergibt sich dadurch, ob sie zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Gerichts leben o<strong>de</strong>r bereits gestorben<br />

sind. Das jeweilige Gericht über „Leben<strong>de</strong> und Tote“ fin<strong>de</strong>t nicht zur gleichen Zeit statt. Die<br />

Bibel kennt we<strong>de</strong>r eine „allgemeine Auferstehung“ noch ein „allgemeines Gericht“. So wie<br />

die Auferstehung in verschie<strong>de</strong>nen Phasen abläuft, wird das Gericht zu unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten ausgesprochen und vollzogen. Aber das ist hier nicht die Kernfrage. Es geht<br />

an dieser Stelle um die Tatsache an sich, dass <strong>de</strong>r Herr Jesus <strong>de</strong>r Richter <strong>de</strong>r ungläubigen<br />

Menschen ist und dass Er bereit ist, dieses Gericht auszuüben.<br />

Christus wird, wenn Er in Macht und Herrlichkeit erscheint, im Gericht kommen. Viele<br />

<strong>de</strong>r dann leben<strong>de</strong>n Menschen wer<strong>de</strong>n durch Kriegsgerichte weggerafft (Off 19,11). An<strong>de</strong>re<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 112


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

wer<strong>de</strong>n lebend vor <strong>de</strong>n Richterstuhl gestellt (Mt 25,31–46). Das ist das so genannte „Gericht<br />

<strong>de</strong>r Leben<strong>de</strong>n“ unmittelbar vor <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>nsreiches auf dieser Er<strong>de</strong>. Das eine<br />

ist ein Kriegsgericht, während das an<strong>de</strong>re ein Sitzungsgericht ist. Darüber hinaus wird es<br />

im Tausendjährigen Reich selbst ein Gericht über diejenigen geben, die dort sündigen (vgl.<br />

z. B. Ps 101,8). Am En<strong>de</strong> dieses Reiches wer<strong>de</strong>n dann alle Menschen, die unversöhnt in die<br />

Ewigkeit gegangen sind (das sind „die Toten“), am großen weißen Thron erscheinen. Davon<br />

spricht Offenbarung 20,11–15. Dort wer<strong>de</strong>n alle ungläubigen Menschen erscheinen müssen<br />

und gerichtet wer<strong>de</strong>n. Gläubige wer<strong>de</strong>n dort nicht stehen. Die Gläubigen wer<strong>de</strong>n zwar auch<br />

vor <strong>de</strong>n Richterstuhl Gottes gestellt wer<strong>de</strong>n, aber für uns ist es ein Preisrichterstuhl. Für uns<br />

geht es um die Bewertung unseres Lebens und unseres Dienstes für <strong>de</strong>n Herrn. Wir wer<strong>de</strong>n<br />

nicht gerichtet, son<strong>de</strong>rn offenbar. Dieser Unterschied ist wichtig.<br />

Paulus stellt diesen ersten Punkt vor, um <strong>de</strong>utlich zu machen, wie wichtig es ist, das Wort<br />

zu predigen. Wir kennen <strong>de</strong>n Schrecken <strong>de</strong>s Herrn (2. Kor 5,11). Deshalb überre<strong>de</strong>n wir<br />

die Menschen. Wir wissen um das Gericht, das kommen wird. Deshalb machen wir die<br />

Menschen auf <strong>de</strong>n Ernst ihrer Lage aufmerksam und bringen ihnen das Wort.<br />

b) Christus erscheint: Paulus erinnert an die Erscheinung Christi. Wenn das Neue Testament<br />

von <strong>de</strong>r „Erscheinung“ <strong>de</strong>s Herrn Jesus spricht, so steht das an keiner Stelle mit<br />

seinem Kommen für die Seinen zu unserer Entrückung in <strong>de</strong>n Himmel in Verbindung.<br />

Die Erscheinung <strong>de</strong>s Herrn Jesus hat immer mit seinem Offenbarwer<strong>de</strong>n zu tun. In<br />

2. Timotheus 1,10 geht es um sein erstes Kommen in Niedrigkeit auf diese Er<strong>de</strong>. In allen<br />

an<strong>de</strong>ren Stellen (2. Thes 2,8, 1. Tim 6,14, Tit 2,13; 2. Tim 4,8) und hier ist sein Kommen<br />

in Macht und Herrlichkeit auf dieser Er<strong>de</strong> gemeint. Das ist <strong>de</strong>r Augenblick, wo Er erneut<br />

sichtbar auf diese Er<strong>de</strong> kommen wird (bei seinem Kommen für die Gläubigen wird Ihn kein<br />

Ungläubiger sehen). Es geht hier nicht um sein Kommen zur Entrückung, son<strong>de</strong>rn um seine<br />

Erscheinung in Macht. Die Entrückung <strong>de</strong>r Glauben<strong>de</strong>n steht mit Gna<strong>de</strong> in Verbindung. Es<br />

ist ein Akt <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> und Barmherzigkeit, wenn <strong>de</strong>r Herr uns aus <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n dieser<br />

Er<strong>de</strong> heraus zu sich nehmen wird. Seine Erscheinung hingegen steht mit Verantwortung<br />

und mit Lohn in Verbindung. Paulus kommt darauf in Vers 8 zurück. Am (Preis)Richterstuhl<br />

<strong>de</strong>s Christus (2. Kor 5,10) wird <strong>de</strong>r Lohn ausgeteilt, <strong>de</strong>r dann bei <strong>de</strong>r Erscheinung <strong>de</strong>s Herrn<br />

Jesus mit allen seinen Heiligen sichtbar wer<strong>de</strong>n wird (vgl. 1. Pet 5,4).<br />

Die Tatsache, dass es Lohn für unseren Dienst gibt und dieser bei <strong>de</strong>r Erscheinung <strong>de</strong>s<br />

Herrn sichtbar wer<strong>de</strong>n wird, sollte uns im Dienst für Ihn anspornen. Wir dürfen <strong>de</strong>n Lohn<br />

nicht gering schätzen. Er ist zwar nicht die höchste Motivation, die wir haben, <strong>de</strong>nnoch<br />

wird uns <strong>de</strong>r Lohn in Aussicht gestellt, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Herr uns geben wird. Wer <strong>de</strong>n Lohn gering<br />

achtet, achtet letztlich <strong>de</strong>n gering, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Lohn gibt. Das wollen wir nicht vergessen.<br />

c) Christus wird sein Reich auf dieser Er<strong>de</strong> grün<strong>de</strong>n: Es geht um das tausendjährige<br />

Frie<strong>de</strong>nsreich. Es wird unmittelbar nach seiner Erscheinung seinen Anfang nehmen. Dann<br />

wird alles, was gegen Christus ist, weggetan sein. Die bekennen<strong>de</strong> Namenchristenheit<br />

wird Er vorher aus seinem Mund ausgespien haben (Off 3,16). Das Reich steht mit Macht,<br />

aber ebenso mit Herrlichkeit in Verbindung. Christus wird nicht einfach sichtbar wer<strong>de</strong>n,<br />

son<strong>de</strong>rn Er wird in Macht und Herrlichkeit sichtbar wer<strong>de</strong>n. Wir wer<strong>de</strong>n mit Ihm erscheinen<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 113


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

in Herrlichkeit (Kol 3,4). Er wird kommen, „um an jenem Tag verherrlicht zu wer<strong>de</strong>n in<br />

seinen Heiligen und bewun<strong>de</strong>rt zu wer<strong>de</strong>n in allen <strong>de</strong>nen, die geglaubt haben“ (2. Thes 1,10).<br />

Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r jetzt in <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Dienst <strong>de</strong>s Evangeliums gerettet wird, wird<br />

einmal dazu beitragen, die Herrlichkeit <strong>de</strong>s Herrn Jesus groß zu machen. Das ist ein weiterer<br />

Grund, das Wort zu predigen und in die Welt hinauszutragen.<br />

Zusammenfassend stellen wir fest, dass es bei <strong>de</strong>n Beweggrün<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Dienst erstens<br />

um Gericht geht, zweitens um Lohn und drittens um Herrlichkeit. Der Gedanke an diese<br />

drei Punkte soll <strong>de</strong>n Diener anspornen, das zu tun, was Paulus in Vers 2 weiter ausführt,<br />

nämlich das Wort zu predigen.<br />

„Predige das Wort, halte darauf zu gelegener und ungelegener Zeit; überführe, weise<br />

ernstlich zurecht, ermahne mit aller Langmut und Lehre“ (Vers 2).<br />

Predige das Wort<br />

Paulus hat in Vers 1 die Beweggrün<strong>de</strong> vorgestellt. Jetzt kommt <strong>de</strong>r eigentliche Auftrag. Es<br />

geht darum, das Wort zu predigen. Gemeint sind nicht einzelne beson<strong>de</strong>re Wahrheiten,<br />

son<strong>de</strong>rn das komplette Wort Gottes. Mit „Wort“ ist hier die Gesamtheit <strong>de</strong>r offenbarten<br />

Wahrheit Gottes gemeint – die gute Botschaft (das Evangelium) für <strong>de</strong>n Sün<strong>de</strong>r<br />

eingeschlossen. Der Diener predigt das Wort sowohl Ungläubigen als auch Gläubigen.<br />

Dies soll zu allen Zeiten geschehen, egal ob sie uns gelegen o<strong>de</strong>r nicht gelegen erscheinen.<br />

Der Herr hat es nicht an<strong>de</strong>rs getan, als Er auf dieser Er<strong>de</strong> war. Paulus hat es nicht an<strong>de</strong>rs<br />

getan. Timotheus sollte es nicht an<strong>de</strong>rs tun, und wir auch nicht. Es geht nicht um unsere<br />

Worte. Es geht nicht um unsere Botschaft. Es geht um das Wort Gottes. Die Botschaft Gottes<br />

soll verbreitet wer<strong>de</strong>n. Dies geschieht durch die Verkündigung. „Also ist <strong>de</strong>r Glaube aus <strong>de</strong>r<br />

Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort“ (Röm 10,17). Petrus schreibt: „ . . .<br />

die ihr nicht wie<strong>de</strong>rgeboren seid aus verweslichem Samen, son<strong>de</strong>rn aus unverweslichem,<br />

durch das lebendige und bleiben<strong>de</strong> Wort Gottes“ (1. Pet 1,23). Das zeigt uns, wie wichtig es<br />

ist, das Wort zu predigen – und nichts an<strong>de</strong>res.<br />

Paulus gebraucht zunächst zwei Ausdrücke, die bei<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Verkündigung zu tun haben.<br />

Er for<strong>de</strong>rt dazu auf, das Wort zu „predigen“ und darauf zu „halten“.<br />

„Predigen“ meint die offizielle Verkündigung (Proklamation) <strong>de</strong>s Wortes. So wur<strong>de</strong> im<br />

Altertum zum Beispiel eine Botschaft <strong>de</strong>s Kaisers o<strong>de</strong>r einer Regierungsstelle in das Reich<br />

hineingetragen und <strong>de</strong>n Untertanen vermittelt. Predigen ist <strong>de</strong>r Auftrag eines Herolds<br />

(Ausrufers). Ein Herold sprach damals nicht für sich selbst. Er brachte die Botschaft eines<br />

an<strong>de</strong>ren. Aber er war sich <strong>de</strong>r Autorität <strong>de</strong>ssen bewusst, für <strong>de</strong>n er eine Botschaft ausrief.<br />

So war es bei Paulus (siehe Vers 17). So sollte es bei je<strong>de</strong>m Diener sein. Wir müssen uns<br />

<strong>de</strong>r Autorität <strong>de</strong>ssen bewusst sein, <strong>de</strong>ssen Botschaft wir bringen. Unsere Botschaft an die<br />

Menschen hat die höchste Autorität und <strong>de</strong>r Bote entsprechen<strong>de</strong> Vollmacht.<br />

Halte darauf<br />

„Halte darauf“ <strong>de</strong>utet die ständige Bereitschaft und die Eindringlichkeit an, das Wort zu<br />

predigen. Der Ausdruck be<strong>de</strong>utet, „je<strong>de</strong> Gelegenheit beim Schopf ergreifen ohne Rücksicht<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 114


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

auf die Vorurteile o<strong>de</strong>r Wünsche an<strong>de</strong>rer, wenn diese in Konflikt mit <strong>de</strong>m stehen, was uns<br />

vom Herrn anvertraut wor<strong>de</strong>n ist“ (V.E. Vine). Die Botschaft Gottes ist für alle Menschen<br />

und zu allen Zeiten das Richtige. Gera<strong>de</strong> in einer Zeit, wo man die gesun<strong>de</strong> Lehre nicht<br />

mehr erträgt und sich <strong>de</strong>m Irrtum hingibt, gilt <strong>de</strong>r Auftrag, das Wort zu predigen – und zwar<br />

das ganze Wort. Wir dürfen nichts weglassen o<strong>de</strong>r einseitig überbetonen. Wir tragen die<br />

Botschaft einerseits zu verlorenen Menschen. Wir verkündigen das Wort an<strong>de</strong>rerseits <strong>de</strong>nen,<br />

die gerettet sind. Unsere Familien sind darin eingeschlossen. Wir haben einen Auftrag, <strong>de</strong>n<br />

wir durchführen müssen.<br />

Zu gelegener und ungelegener Zeit<br />

Paulus macht nicht nur klar, was Timotheus tun sollte, son<strong>de</strong>rn auch, wann er es tun sollte.<br />

Der Auftrag ist so wichtig, dass er zu gelegener und ungelegener Zeit ausgeführt wer<strong>de</strong>n<br />

soll. Mit an<strong>de</strong>ren Worten: zu je<strong>de</strong>r Zeit. Für Gott ist die Zeit natürlich immer gelegen.<br />

In 2. Korinther 6,2 spricht Paulus davon, dass „jetzt“ die wohlangenehme Zeit ist. Der<br />

Tag <strong>de</strong>s Heils ist jetzt. Ungelegen scheint die Zeit manchmal für uns Menschen zu sein.<br />

Ein Beispiel dazu liefert uns Felix in Apostelgeschichte 24,25. Paulus war seinem Auftrag<br />

nachgekommen. Felix hatte die gelegene Zeit verpasst.<br />

In Vers 3 spricht Paulus erneut von einer „Zeit“. Dort ist die Epoche <strong>de</strong>r letzten Tage <strong>de</strong>s<br />

christlichen Bekenntnisses auf dieser Er<strong>de</strong> gemeint. In Verbindung damit ist es möglich,<br />

dass Paulus bei <strong>de</strong>r „ungelegenen“ Zeit an diese Perio<strong>de</strong> gedacht hat. Die Zeit, in <strong>de</strong>r wir<br />

heute leben, mag uns „ungelegen“ erscheinen. Dennoch bleibt <strong>de</strong>r Auftrag bestehen, das<br />

Wort zu predigen und darauf zu halten.<br />

Überführen, zurechtweisen und ermahnen<br />

Dann wird <strong>de</strong>r Auftrag weiter präzisiert und gezeigt, wie das Wort gepredigt wer<strong>de</strong>n<br />

soll. Timotheus sollte erstens überführen, zweitens ernstlich zurechtweisen und drittens<br />

ermahnen.<br />

• Überführen ist ein Appell an das Gewissen <strong>de</strong>r Zuhörer. Überführen ist überzeugen.<br />

Man könnte alternativ übersetzen: „<strong>de</strong>n Beweis erbringen“. Das Gewissen wird über<br />

das Herz erreicht. Das Mittel dazu ist das Wort Gottes. Eigene menschliche Worte und<br />

Argumente helfen da wenig.<br />

• Zurechtweisen be<strong>de</strong>utet strafen o<strong>de</strong>r korrigieren. In Markus 8,33 ta<strong>de</strong>lte <strong>de</strong>r Herr<br />

seinen Jünger Petrus. Zurechtgewiesen wird jemand, <strong>de</strong>r falsch läuft, sich geirrt hat<br />

o<strong>de</strong>r gar in offener Opposition zu <strong>de</strong>m Wort steht. Je<strong>de</strong>nfalls geht es um Fehlverhalten.<br />

Das Zurechtweisen wird nur dann ein entsprechen<strong>de</strong>s Ergebnis zeigen, wenn es auf<br />

Gottes Wort basiert. Timotheus sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Paulus<br />

sagt ihm ausdrücklich, dass er „ernstlich“ zurechtweisen soll.<br />

• Ermahnen ist hier im Sinn von „ermuntern“, „trösten“, „bitten“ zu verstehen. Darin<br />

liegt <strong>de</strong>r Gedanke, dass <strong>de</strong>r richtige Weg gewiesen wird. Der Sün<strong>de</strong>r wird ermahnt,<br />

sich retten zu lassen und das Heil zu ergreifen (Apg 2,40). Gläubige wer<strong>de</strong>n ermahnt,<br />

mit Herzensentschluss bei <strong>de</strong>m Herrn zu verharren (Apg 11,23).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Das Überführen, Zurechtweisen und Ermahnen soll mit aller Langmut und Lehre geschehen.<br />

Die Wirkung <strong>de</strong>s Wortes ruft immer die Gegenwirkung <strong>de</strong>s Fleisches hervor. Deshalb<br />

braucht <strong>de</strong>r Diener alle Langmut im Umgang mit <strong>de</strong>n Menschen, zu <strong>de</strong>nen er re<strong>de</strong>t. Alle<br />

Langmut ist erfor<strong>de</strong>rlich, weil wir unter Umstän<strong>de</strong>n mit Menschen zu tun haben, die das<br />

Wort nicht hören und annehmen wollen, o<strong>de</strong>r auch mit solchen, die unwissend sind.<br />

Aber es muss gleichzeitig mit „aller Lehre“ sein. Die Basis muss die gesun<strong>de</strong> Lehre sein,<br />

obwohl es möglich ist, dass diese – wie <strong>de</strong>r nächste Vers uns zeigt – nicht mehr ertragen<br />

wird. Ohne das Fundament <strong>de</strong>r gesun<strong>de</strong>n Lehre können wir Menschen we<strong>de</strong>r überzeugen,<br />

noch können wir sie zurechtweisen o<strong>de</strong>r ermahnen. Die gebrauchte Formulierung lässt<br />

uns allerdings nicht nur an <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>nken, was gelehrt wird, son<strong>de</strong>rn sie betont<br />

beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n aktiven Vorgang <strong>de</strong>s Belehrens an sich.<br />

„Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesun<strong>de</strong> Lehre nicht ertragen wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn<br />

nach ihren eigenen Begier<strong>de</strong>n sich selbst Lehrer aufhäufen wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m es ihnen in<br />

<strong>de</strong>n Ohren kitzelt“ (Vers 3).<br />

Eine ernste Zeit<br />

Jetzt spricht Paulus über das Umfeld, in <strong>de</strong>m dieser Auftrag auszuführen ist. „Es wird eine<br />

Zeit sein.“ Paulus spricht in <strong>de</strong>r Zukunftsform. Er sah diese Zeit kommen. Sie <strong>de</strong>utete sich<br />

zu seinen Lebzeiten bereits an. Heute ist diese Zeit längst gekommen. Wir leben mitten<br />

darin. „Denn“ gibt die Begründung für <strong>de</strong>n Appell in Vers 2. Eine weitere Begründung folgt<br />

in Vers 6, wo Paulus darauf hinweist, dass er diese Er<strong>de</strong> bald verlassen wür<strong>de</strong>.<br />

Paulus spricht erneut über das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r christlichen Haushaltung. Der schlechte und<br />

erschrecken<strong>de</strong> Zustand innerhalb <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses muss Motivation zum<br />

Dienst auf <strong>de</strong>m Fundament <strong>de</strong>r gesun<strong>de</strong>n Lehre sein. Die falschen Lehrer kommen in die<br />

Häuser. Sie schrecken vor nichts zurück. Sie ergreifen ihrerseits die Initiative. Davor wer<strong>de</strong>n<br />

wir an verschie<strong>de</strong>nen Stellen im Neuen Testament gewarnt.<br />

„Sie“ sind wie<strong>de</strong>r die Menschen, die eine Form <strong>de</strong>r Gottseligkeit haben, <strong>de</strong>ren Kraft aber<br />

verleugnen. Es geht nicht um Hei<strong>de</strong>n, die die Wahrheit nie kannten, son<strong>de</strong>rn um Menschen,<br />

die sich als Christen bezeichnen. Sie wollen die gesun<strong>de</strong> christliche Lehre nicht ertragen.<br />

Aber nicht nur das. Sie wollen nicht nur das Gute nicht hören und akzeptieren, son<strong>de</strong>rn sie<br />

wen<strong>de</strong>n sich ganz bewusst <strong>de</strong>m Irrtum zu. Lehre ist hier nicht <strong>de</strong>r Vorgang <strong>de</strong>s Belehrens,<br />

son<strong>de</strong>rn das, was gelehrt wird. Gemeint ist <strong>de</strong>r Inhalt <strong>de</strong>r Lehre, nicht so sehr die Art<br />

und Weise <strong>de</strong>s Belehrens. Diese Lehre ist „gesund“. Sie ist nicht nur in sich selbst gesund,<br />

son<strong>de</strong>rn sie ist gleichzeitig hilfreich, sie macht gesund.<br />

Das Evangelium ist diesen Menschen also durchaus nicht unbekannt. Sie kennen die Bibel.<br />

Sie wissen um die christliche Wahrheit. Aber sie wollen sie nicht hören und sie können sie<br />

nicht ertragen, weil sie nicht bereit sind, ihr zu folgen. „Ertragen“ be<strong>de</strong>utet, sich in Bezug<br />

auf eine bestimmte Sache aufrecht, gera<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r fest zu verhalten. „Nicht ertragen“ meint<br />

dann im Gegensatz dazu, dass sich jemand weigert, sich <strong>de</strong>r Wahrheit entsprechend zu<br />

verhalten.<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Weil das so ist, wählen sie sich selbst Lehrer, die nicht die Lehre <strong>de</strong>r Bibel bringen, son<strong>de</strong>rn<br />

etwas an<strong>de</strong>res. Es han<strong>de</strong>lt sich nicht nur um einige wenige Lehrer, son<strong>de</strong>rn sie häufen sie<br />

auf. Das geschieht nach ihren eigenen Begier<strong>de</strong>n. Sie möchten gerne das hören, was ihnen<br />

angenehm ist. Das Wort Gottes, das lebendig ist und wie ein Schwert wirkt, in<strong>de</strong>m es das<br />

Gewissen anspricht, legen sie beiseite. Wie in Kapitel 3,6 geht es hier nicht so sehr um<br />

fleischliche Begier<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn um geistliche Begier<strong>de</strong>n. Judas hat dieselben Menschen<br />

im Blick, wenn er schreibt: „Diese sind Murren<strong>de</strong>, mit ihrem Los Unzufrie<strong>de</strong>ne, die nach<br />

ihren Begier<strong>de</strong>n wan<strong>de</strong>ln; und ihr Mund re<strong>de</strong>t stolze Worte, und um <strong>de</strong>s Vorteils willen<br />

bewun<strong>de</strong>rn sie Personen“ (Jud 16). Das Ergebnis kann nur Durcheinan<strong>de</strong>r sein. Wenn ein<br />

Blin<strong>de</strong>r einen Blin<strong>de</strong>n führt, fallen bei<strong>de</strong> in die Grube (Mt 15,14).<br />

„Und sie wer<strong>de</strong>n die Ohren von <strong>de</strong>r Wahrheit abkehren, sich aber zu <strong>de</strong>n Fabeln<br />

hinwen<strong>de</strong>n“ (Vers 4).<br />

Die Ohren von <strong>de</strong>r Wahrheit abkehren<br />

Mit <strong>de</strong>n Ohren nimmt <strong>de</strong>r Mensch die Wahrheit auf, damit sie ins Herz fällt und<br />

das Gewissen erreicht. Damit dieser Prozess erst gar nicht beginnt, wen<strong>de</strong>n die hier<br />

beschriebenen Menschen ihre Ohren von <strong>de</strong>r Wahrheit ab. Die „Wahrheit“ ist die Wahrheit<br />

Gottes, also wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Inhalt <strong>de</strong>r christlichen Predigt. Es ist die gesun<strong>de</strong> Lehre. Die gesun<strong>de</strong><br />

Lehre fußt immer auf <strong>de</strong>r Wahrheit, d. h. auf <strong>de</strong>r Gesamtheit <strong>de</strong>r offenbarten Gedanken<br />

Gottes. Daran müssen wir festhalten. Wer sich von <strong>de</strong>r Wahrheit abkehrt, braucht Ersatz.<br />

Einen solchen Ersatz fin<strong>de</strong>n diese Menschen in Fabeln o<strong>de</strong>r – wie man auch übersetzen<br />

kann – Mythen. Damals waren das sehr wahrscheinlich Fabeln, die sowohl in <strong>de</strong>r jüdischen<br />

als auch in <strong>de</strong>r griechischen Gedankenwelt ihren Ursprung hatten. Eine Fabel ist eine<br />

Fiktion (ein selbst erdachtes Gedankengebil<strong>de</strong>) und steht im Gegensatz zu <strong>de</strong>n Tatsachen,<br />

auf <strong>de</strong>nen Gottes Wort basiert. Die christliche Wahrheit grün<strong>de</strong>t sich nicht auf irgen<strong>de</strong>in<br />

gedankliches Gebäu<strong>de</strong>. Sie grün<strong>de</strong>t sich auf die geschichtlichen Tatsachen, dass Christus<br />

gestorben ist, dass Er begraben wur<strong>de</strong> und danach siegreich auferstan<strong>de</strong>n ist (1. Kor 15,1–4).<br />

Zu <strong>de</strong>n Fabeln hingewandt wer<strong>de</strong>n<br />

Das Abkehren <strong>de</strong>r Ohren von <strong>de</strong>r Wahrheit ist ein aktiver Prozess. Damit wird erstens ein<br />

ganz bewusster Prozess beschrieben. Zweitens ist es aber auch ein dauerhafter Prozess. Man<br />

will bewusst und dauerhaft mit <strong>de</strong>r Wahrheit nichts zu tun haben. Das „sich Hinwen<strong>de</strong>n“<br />

zu <strong>de</strong>n Fabeln hingegen ist ein passiver Prozess. Die Fußnote <strong>de</strong>r ElbU gibt dazu eine<br />

entsprechen<strong>de</strong> Erklärung. Eigentlich muss es heißen: „hingewandt wer<strong>de</strong>n“. Menschen<br />

wer<strong>de</strong>n also dort hingewandt. Es han<strong>de</strong>lt sich um eine von außen kommen<strong>de</strong> Kraft, <strong>de</strong>r sie<br />

sich aussetzen. Wer sich willentlich von <strong>de</strong>r Wahrheit abwen<strong>de</strong>t, muss sich nicht wun<strong>de</strong>rn,<br />

wenn ein an<strong>de</strong>rer ihn führt. Das ist in letzter Konsequenz niemand an<strong>de</strong>res als Satan. Wer<br />

sich von <strong>de</strong>r Wahrheit abkehrt, wird letztlich ein willenloses Werkzeug <strong>de</strong>s Teufels.<br />

„Du aber sei nüchtern in allem, lei<strong>de</strong> Trübsal, tu das Werk eines Evangelisten, vollführe<br />

<strong>de</strong>inen Dienst“ (Vers 5).<br />

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Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Eine vierfache Auffor<strong>de</strong>rung<br />

Zum dritten Mal spricht Paulus Timotheus mit <strong>de</strong>n Worten „du aber“ an. Er meint damit:<br />

„Was aber dich betrifft“. Der Gegensatz ist auffallend. In Kapitel 3,10 ging es darum, dass<br />

Timotheus etwas erkannt hatte. In Kapitel 3,14 sollte Timotheus bei (o<strong>de</strong>r in) etwas bleiben.<br />

Jetzt geht es um <strong>de</strong>n Dienst. Wir wer<strong>de</strong>n an das Beispiel Esras erinnert, von <strong>de</strong>m wir in<br />

Esra 7,10 ebenfalls drei Dinge lesen: Er hatte sich vorgenommen, das Gesetz <strong>de</strong>s Herrn zu<br />

erforschen. Das steht mit Erkenntnis in Verbindung. Esra wollte das Gesetz auch tun. Das<br />

steht mit <strong>de</strong>m Bleiben in Verbindung. Er wollte in Israel Satzung und Recht lehren. Das<br />

steht mit <strong>de</strong>m Predigtdienst in Verbindung, zu <strong>de</strong>m Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt wird.<br />

Paulus macht jetzt klar, was die Aufgabe eines Dieners in einer <strong>de</strong>rartigen Situation ist.<br />

Es nennt vier Stücke. Damit richtet er einen finalen Appell an Timotheus. Es ist die letzte<br />

unmittelbare Auffor<strong>de</strong>rung zum Dienst in diesem letzen Brief.<br />

• a) Sei nüchtern: Nüchtern zu sein be<strong>de</strong>utet wachsam zu sein. Wer nüchtern ist, setzt<br />

sich we<strong>de</strong>r falschen noch berauschen<strong>de</strong>n Einflüssen aus, die ihm scha<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r ihn<br />

gar vergiften könnten. Wer nüchtern ist, ist geistlich hellwach. Er hält sich lehrmäßig<br />

unter Kontrolle. Diese Haltung ist für je<strong>de</strong>n Diener <strong>de</strong>s Herrn unerlässlich. H. Smith<br />

schreibt: „Er hat sich sein Urteil anhand <strong>de</strong>r Wahrheit gebil<strong>de</strong>t und gestattet seiner<br />

Gesinnung nicht, durch das Böse und die Fabeln <strong>de</strong>r bekennen<strong>de</strong>n Masse beeinflusst<br />

zu wer<strong>de</strong>n.“ 1<br />

• b) Lei<strong>de</strong> Trübsal: Timotheus sollte die Bereitschaft dazu haben, in seinem Dienst<br />

Schwierigkeiten und Nöte zu akzeptieren. Darüber hatte Paulus vorher schon<br />

geschrieben (Kap 1,8 und 2,3). Auch wir müssen damit rechnen, dass wir von<br />

Menschen, die sich Christen nennen, angegriffen wer<strong>de</strong>n, wenn wir uns konsequent<br />

zur Wahrheit stellen. Es geht dabei nicht nur um körperliche Lei<strong>de</strong>n (Paulus hatte<br />

diese reichlich erfahren), son<strong>de</strong>rn auch um geistige und seelische Lei<strong>de</strong>n. Wer als<br />

Christ konsequent lebt, provoziert die große Masse, die das nicht einfach hinnimmt.<br />

• c) Tu das Werk eines Evangelisten: Ein Evangelist ist jemand, <strong>de</strong>r das Evangelium<br />

(die gute Botschaft) weitersagt. Das Neue Testament spricht oft vom Evangelium,<br />

aber relativ selten von Evangelisten. Philippus ist <strong>de</strong>r Einzige, <strong>de</strong>r namentlich so<br />

genannt wird (Apg 21,8). In Epheser 4,11 macht Paulus klar, dass Evangelisten eine<br />

Gabe <strong>de</strong>s verherrlichten Herrn an die Versammlung sind. Diese Gabe haben nicht<br />

alle. Wir zweifeln nicht daran, dass Timotheus sie besaß. Das erkennen wir aus <strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>nen Berichten über ihn und ebenfalls aus <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Briefen, die an ihn<br />

gerichtet sind. Diese Gna<strong>de</strong>ngabe sollte er anfachen (Kap 1,6). In unserem Vers geht es<br />

allerdings nicht primär um die spezielle Gabe <strong>de</strong>s Evangelisten. Es geht um das Werk<br />

eines Evangelisten. Vor <strong>de</strong>m Wort Evangelist steht im Grundtext kein Artikel. Deshalb<br />

ist die Be<strong>de</strong>utung: „Verrichte <strong>de</strong>ine Arbeit in einer evangelistischen Art und Weise.“<br />

Diese Auffor<strong>de</strong>rung hat bis heute nichts an Aktualität verloren. Sie gilt je<strong>de</strong>m von<br />

1 siehe http://www.bibelkommentare.<strong>de</strong>/in<strong>de</strong>x.php?page=comment&comment_id=342&part_id=2932<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 118


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

uns. Wir sollen – auch ohne die spezielle Gabe eines Evangelisten – Zeugen unseres<br />

Herrn sein und wie Himmelslichter in dieser Welt scheinen. Das tun wir, in<strong>de</strong>m wir<br />

das Wort <strong>de</strong>s Lebens (das ist <strong>de</strong>r Herr Jesus selbst) darstellen (Phil 2, 15.16).<br />

• d) Vollführe <strong>de</strong>inen Dienst: Timotheus hatte einen klaren Auftrag, <strong>de</strong>n er bis zum En<strong>de</strong><br />

ausführen sollte. We<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verfall innerhalb <strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses noch<br />

das kurz bevorstehen<strong>de</strong> Sterben von Paulus sollten ihn davon abhalten. Bis heute<br />

möchte <strong>de</strong>r Herr, dass sein Werk nicht halb, son<strong>de</strong>rn ganz getan wird. Je<strong>de</strong>r Diener<br />

soll sich bemühen, seine Aufgabe vollständig zu erfüllen. Die Kolosser wer<strong>de</strong>n darauf<br />

hingewiesen, ihrem Bru<strong>de</strong>r Archippus zu sagen: „Sieh auf <strong>de</strong>n Dienst, <strong>de</strong>n du im<br />

Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst“ (Kol 4,17). Die Gefahr besteht immer,<br />

dass wir unseren Dienst nur halb tun o<strong>de</strong>r dass an<strong>de</strong>re Dinge in unserem Leben eine<br />

höhere Priorität haben. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass wir mehr auf <strong>de</strong>n Dienst<br />

an<strong>de</strong>rer sehen als auf unseren eigenen Dienst. Bei<strong>de</strong>s soll vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

„Denn ich wer<strong>de</strong> schon als Trankopfer gesprengt, und die Zeit meines Abschei<strong>de</strong>ns ist<br />

gekommen“ (Vers 6).<br />

Die Zeit <strong>de</strong>s Abschei<strong>de</strong>ns<br />

Mit diesem Vers beginnt <strong>de</strong>r zweite Teil <strong>de</strong>s Kapitels. Paulus spricht jetzt noch einmal von<br />

sich selbst. In Vers 5 hatte er von <strong>de</strong>m gesprochen, was Timotheus betraf und gesagt: „du<br />

aber“. Jetzt spricht er von <strong>de</strong>m, was ihn selbst betraf und sagt: „<strong>de</strong>nn ich“. Er hält eine kurze<br />

Rückschau auf sein eigenes Leben und auf seinen Dienst. Er tut das, um seinem jüngeren<br />

Bru<strong>de</strong>r Timotheus Mut zu machen. Gleichzeitig sieht er nach vorn.<br />

Paulus war sich bewusst, dass das En<strong>de</strong> seines Lebens und seines Dienstes gekommen war.<br />

In Philipper 3,10 hatte er schon während seiner ersten Gefangenschaft in Rom <strong>de</strong>n Wunsch<br />

geäußert, zu seinem Herrn zu gehen. Er wollte Christus „erkennen und die Kraft seiner<br />

Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Lei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m ich seinem Tod gleichgestaltet<br />

wer<strong>de</strong>“. Dieser Zeitpunkt schien nun gekommen zu sein.<br />

Paulus benutzt das Wort „abschei<strong>de</strong>n“. Es be<strong>de</strong>utet „Aufbruch“, „Befreiung“ o<strong>de</strong>r „Lösen<br />

von einer Verbindung“. Das Wort wur<strong>de</strong> zum Beispiel benutzt, um das Lösen <strong>de</strong>s Schiffes<br />

von einem Anker zu beschreiben. Auch wenn ein Reisen<strong>de</strong>r sein Zelt an einem bestimmten<br />

Ort abbrach, um woan<strong>de</strong>rs hinzugehen, wur<strong>de</strong> dieses Wort gebraucht. Für Paulus war es<br />

in <strong>de</strong>r Tat eine Befreiung, diese Er<strong>de</strong> zu verlassen, um bei Christus zu sein. Für Timotheus<br />

be<strong>de</strong>utete das einerseits Trauer. An<strong>de</strong>rerseits lag ein Ansporn für ihn darin. Deshalb beginnt<br />

<strong>de</strong>r Satz mit <strong>de</strong>m Wort „<strong>de</strong>nn“. Darin liegt die Begründung für die Aussage von Vers 5.<br />

Wenn treue Diener <strong>de</strong>s Herrn diese Er<strong>de</strong> verlassen, kann das für an<strong>de</strong>re nur Ansporn und<br />

Motivation sein, in ihre Fußspuren zu treten und Dienste zu übernehmen. Dafür gibt es<br />

genügend Beispiele.<br />

Ein geistliches Trankopfer<br />

Paulus spricht jetzt von einem Trankopfer. Er selbst wur<strong>de</strong> als ein Trankopfer gesprengt.<br />

Trankopfer gab es sowohl im griechischen Opferkult als auch im jüdischen Opferdienst. Es<br />

ist anzunehmen, dass Paulus sich hier auf die Vorschriften <strong>de</strong>s Alten Testamentes bezieht<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 119


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

(z. B. 2. Mo 29,40.41; 4. Mo 15,1–10). Das Trankopfer (eine bestimmte Menge Wein) wur<strong>de</strong><br />

über ein an<strong>de</strong>res Opfer gegossen und erhöhte dadurch <strong>de</strong>n Wert <strong>de</strong>s Hauptopfers. Paulus<br />

sagt hier nicht direkt, welches Opfer er meint. In Philipper 2,17 ist das an<strong>de</strong>rs. Dort spricht<br />

er davon, dass er als Trankopfer über das Opfer und <strong>de</strong>n Dienst <strong>de</strong>r Philipper gesprengt<br />

wur<strong>de</strong>. Außer<strong>de</strong>m spricht Paulus dort in <strong>de</strong>r Möglichkeitsform. In unserem Vers bleibt offen,<br />

welches Opfer Paulus meint. Einige Ausleger beziehen das Opfer auf das Werk <strong>de</strong>s Herrn<br />

Jesus. Der Anteil von Paulus an diesem Werk (das Trankopfer) wäre dann die Predigt <strong>de</strong>s<br />

Evangeliums. Die bevorzugte Erklärung ist vermutlich die, die Aussage auf Paulus selbst<br />

zu beziehen – beson<strong>de</strong>rs dann, wenn man an <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Vers <strong>de</strong>nkt. Paulus hatte sein<br />

ganzes Leben <strong>de</strong>m Herrn als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer<br />

dargestellt (Röm 12,1). Nun war das En<strong>de</strong> gekommen. So wie <strong>de</strong>r Wein als Letztes über das<br />

Opfer gegossen wur<strong>de</strong>, wür<strong>de</strong> sein Tod die „Vollendung“ seiner Laufbahn auf dieser Er<strong>de</strong><br />

sein. Wir erkennen, mit welch einer Hingabe sich dieser große Gottesmann bis zum letzten<br />

Atemzug für seinen Herrn einsetzte.<br />

Der Apostel Petrus spricht in seinem letzten Brief ebenfalls von seinem En<strong>de</strong>. Doch er tut<br />

es in einer ganz an<strong>de</strong>ren Weise als Paulus. Er spricht in 2. Petrus 1,14 von <strong>de</strong>m „Ablegen<br />

seiner Hütte“. Wir erkennen, wie Gott seine Diener ganz unterschiedliche Wege führt. Den<br />

einen auf diese Weise, <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren auf jene Weise.<br />

„Ich habe <strong>de</strong>n guten Kampf gekämpft, ich habe <strong>de</strong>n Lauf vollen<strong>de</strong>t, ich habe <strong>de</strong>n Glauben<br />

bewahrt“ (Vers 7).<br />

Ein Rückblick<br />

Paulus selbst wür<strong>de</strong> nun bald nicht mehr da sein. Sein unmittelbarer Dienst wür<strong>de</strong> zu einem<br />

En<strong>de</strong> kommen. Was bleibt, ist das Beispiel seines Lebens, das er in drei kurzen Punkten<br />

vorstellt. Dabei liegt die Betonung nicht so sehr darauf, dass er – Paulus – das getan hatte,<br />

son<strong>de</strong>rn es geht vielmehr um das, was er getan hatte. Er spricht von seinem Kampf, von<br />

seinem Lauf und von seinem Glauben. Der Kampf hat beson<strong>de</strong>rs mit <strong>de</strong>m Dienst zu tun, <strong>de</strong>r<br />

Lauf mit <strong>de</strong>m Leben und <strong>de</strong>r Glaube mit <strong>de</strong>r Wahrheit.<br />

Den guten Kampf gekämpft<br />

Wir können hier sowohl an einen Waffenkampf als auch an einen sportlichen Wettkampf<br />

<strong>de</strong>nken. Das griechische Wort wur<strong>de</strong> für bei<strong>de</strong>s gebraucht. Das ganze Leben <strong>de</strong>s Apostels<br />

war ein Kampf und ein Konflikt gewesen – von Anfang bis zu En<strong>de</strong>. Immer wie<strong>de</strong>r hatte es<br />

Wi<strong>de</strong>rstand gegeben. Paulus hatte nicht irgen<strong>de</strong>inen Kampf gekämpft, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n guten<br />

Kampf. Er wusste, dass dieser Kampf nicht vergeblich gewesen war. Er hatte sich in je<strong>de</strong>m<br />

Fall gelohnt. Es war ein Kampf gegen das Böse. Es war ein Kampf im Evangelium. Es war<br />

ein Kampf für die Wahrheit. Es war ein Kampf für die Ehre Gottes. In diesem Kampf hatte<br />

er seine ganze Energie eingesetzt und verbraucht.<br />

Jetzt stehen an<strong>de</strong>re in diesem Kampf, und die Frage geht an uns, ob wir bereit sind, uns in<br />

diesem christlichen Kampf zu engagieren. Dabei geht es einerseits um Verteidigung und<br />

an<strong>de</strong>rerseits um Angriff. Wenn die Wahrheit attackiert wird, müssen wir bereitstehen, sie zu<br />

verteidigen. An<strong>de</strong>rerseits gilt es immer noch, im Evangelium zu kämpfen, damit Menschen<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 120


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

aus <strong>de</strong>r Gewalt Satans befreit wer<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Herrn Jesus als ihren Herrn und Heiland<br />

annehmen.<br />

Den Lauf vollen<strong>de</strong>t<br />

Hier geht es um das Bild eines Sportlers, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Rennbahn läuft. Paulus gebraucht dieses<br />

Bild in seinen Briefen mehrfach, um jeweils beson<strong>de</strong>re Seiten <strong>de</strong>r Wahrheit zu vermitteln. In<br />

Philipper 3 spricht er davon, dass er alles vergessen wollte, was hinter ihm lag. Er streckte<br />

sich, das Ziel anschauend, nach <strong>de</strong>m aus, was vor ihm lag (Phil 3,13.14). Ähnlich drückt er<br />

es <strong>de</strong>n Ältesten von Ephesus gegenüber aus: „Aber ich nehme keine Rücksicht auf mein<br />

Leben als teuer für mich selbst, damit ich meinen Lauf vollen<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n Dienst, <strong>de</strong>n ich<br />

von <strong>de</strong>m Herrn Jesus empfangen habe, zu bezeugen das Evangelium <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes“<br />

(Apg 20,24). Dieses Lebensziel hatte er nun fast erreicht. Der Lauf war vollen<strong>de</strong>t, d. h. zum<br />

Abschluss gebracht.<br />

Wir fragen uns, wofür wir laufen? Haben wir – wie Paulus – das Ziel fest vor Augen?<br />

Im Alten Testament musste Gott seinem Volk einmal vorwerfen, dass sein Haus wüst lag,<br />

während im Volk je<strong>de</strong>r für sein eigenes Haus lief (Hag 1,9). Es gibt auf dieser Er<strong>de</strong> viele<br />

Dinge, für die wir uns engagieren können. Letztlich ist es eine Frage <strong>de</strong>r Prioritäten. Wollen<br />

wir wirklich <strong>de</strong>n christlichen Lauf vollen<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Dienst erfüllen, <strong>de</strong>n wir vom Herrn<br />

empfangen haben? Es lohnt sich.<br />

Den Glauben bewahrt<br />

Den Glauben bewahrt zu haben be<strong>de</strong>utet an dieser Stelle nicht nur, dass Paulus fest im<br />

Glauben stand. Das tat er ohne Frage. Es be<strong>de</strong>utet vielmehr, dass Paulus das anvertraute<br />

christliche Glaubensgut bewahrt und weitergegeben hat. Er tat es in Lehre und Praxis.<br />

Vor <strong>de</strong>m Wort „Glaube“ steht im Grundtext ein Artikel. Es geht also nicht so sehr um <strong>de</strong>n<br />

Vorgang <strong>de</strong>s Glaubens o<strong>de</strong>r das Glaubensvertrauen, son<strong>de</strong>rn vielmehr um das, was geglaubt<br />

wird. Das ist das christliche Glaubensgut (die Glaubenswahrheit). Dieses Glaubensgut<br />

wur<strong>de</strong> damals bereits massiv angegriffen. Etliche waren vom Glauben abgeirrt (1. Tim 6,21).<br />

An<strong>de</strong>re wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Wahrheit (2. Tim 3,8).<br />

Wie viel mehr gilt dies als Herausfor<strong>de</strong>rung für uns. Wir dürfen dieses Glaubensgut nicht<br />

aufgeben, son<strong>de</strong>rn wir bewahren es. Bewahren be<strong>de</strong>utet erstens, dass wir es kennen,<br />

schätzen und praktisch in unserem Leben verwirklichen. Bewahren be<strong>de</strong>utet zweitens,<br />

dass wir es an<strong>de</strong>ren weitergeben. Bewahren be<strong>de</strong>utet drittens, dass wir bereit sind, für <strong>de</strong>n<br />

einmal <strong>de</strong>n Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen (Jud 3). Das Glaubensgut ist mehr<br />

als die gute Botschaft für verlorene Menschen. „Es hat seinen Mittelpunkt in Christus und<br />

umfasst die Herrlichkeiten seiner Person und die Größe seines Werkes. Es umfasst die ganze<br />

Wahrheit <strong>de</strong>s Christentums“ (H. Smith) 2 .<br />

Der Rückblick auf das Leben und <strong>de</strong>n Dienst von Paulus sollte für Timotheus ein Ansporn<br />

sein. Für uns ist das nicht an<strong>de</strong>rs. Wir sehen zurück auf das Leben und <strong>de</strong>n Dienst von<br />

Brü<strong>de</strong>rn und Schwestern, die ihrem Herrn mit vollem Einsatz zur Verfügung gestan<strong>de</strong>n<br />

haben. Den „Ausgang ihres Wan<strong>de</strong>ls“ anschauend, ahmen wir ihren Glauben nach (Heb 13,7).<br />

2 siehe http://www.bibelkommentare.<strong>de</strong>/in<strong>de</strong>x.php?page=comment&comment_id=342&part_id=2932<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 121


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Aber mehr noch, wir sehen hin auf „Jesus, <strong>de</strong>n Anfänger und Vollen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Glaubens, <strong>de</strong>r,<br />

die Schan<strong>de</strong> nicht achtend, für die vor ihm liegen<strong>de</strong> Freu<strong>de</strong> das Kreuz erdul<strong>de</strong>te“ (Heb 12,2).<br />

„Fortan liegt mir bereit die Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit, die <strong>de</strong>r Herr, <strong>de</strong>r gerechte Richter,<br />

mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tag; nicht allein aber mir, son<strong>de</strong>rn auch allen,<br />

die seine Erscheinung lieben“ (Vers 8).<br />

Die Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit<br />

Jetzt lenkt Paulus seinen Blick nach vorn. Er hatte sich in seinem Leben im Dienst für<br />

seinen Herrn engagiert. Sein Leben war von Christus ausgefüllt gewesen. Deshalb sah<br />

er <strong>de</strong>r Zukunft völlig ruhig entgegen. Er wusste, was ihn erwartete, nämlich die Krone<br />

<strong>de</strong>r Gerechtigkeit. Paulus spricht hier nicht direkt von <strong>de</strong>r Herrlichkeit <strong>de</strong>s Himmels o<strong>de</strong>r<br />

davon, bei Christus zu sein. Es geht ja um seinen Dienst und darum, Timotheus zum<br />

Dienst zu motivieren. Deshalb spricht er von <strong>de</strong>r Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit – also von Lohn<br />

und Vergeltung. Paulus hatte, wie er in Kapitel 2,22 gesagt hatte, nach <strong>de</strong>r praktischen<br />

Gerechtigkeit gestrebt. Er war <strong>de</strong>n Unterweisungen <strong>de</strong>r Gerechtigkeit gefolgt (Kap 3,16).<br />

Jetzt wartet er auf die Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit. Er wusste, dass sie ihm sicher war.<br />

Wer jetzt in dieser Zeit die Verwerfung <strong>de</strong>s Herrn teilt, seine Rechte aufrechterhält und<br />

Ihm dient, wird einmal die Herrlichkeit mit Ihm teilen und die Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit<br />

tragen. „Krone“ be<strong>de</strong>utet hier nicht ein Dia<strong>de</strong>m, son<strong>de</strong>rn es geht um einen Siegeskranz.<br />

Paulus gebraucht ein Bild, das Timotheus gut verstand. Ein Siegeskranz war damals eine<br />

Girlan<strong>de</strong> von Eichen- o<strong>de</strong>r Lorbeerblättern. Auf dieser Er<strong>de</strong> war das eine vergängliche<br />

Ehrenerweisung für siegreiche Kämpfer. Die himmlische Krone hingegen ist unvergänglich<br />

(1. Kor 9,25).<br />

An jenem Tag<br />

Diese Krone <strong>de</strong>r Gerechtigkeit lag für Paulus bereit. Das heißt nicht, dass er sie bereits<br />

hatte o<strong>de</strong>r dass er sie unmittelbar nach seinem Abschei<strong>de</strong>n bekommen wür<strong>de</strong>. Aber sie war<br />

ihm sicher. Einmal wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Augenblick kommen, wo ihm diese Krone zur Vergeltung<br />

gegeben wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Wann wür<strong>de</strong> das sein? Paulus sagt: „an jenem Tag“. Was ist das<br />

für ein Tag? Es ist nicht ein 24-Stun<strong>de</strong>n-Tag, son<strong>de</strong>rn ein Hinweis auf <strong>de</strong>n Richterstuhl<br />

<strong>de</strong>s Christus und das darauf folgen<strong>de</strong> Reich. Der Lohn für alle Arbeit wird am Richterstuhl<br />

<strong>de</strong>s Christus ausgeteilt und im Reich sichtbar wer<strong>de</strong>n. Dann hört <strong>de</strong>r treue Diener die<br />

Worte seines Herrn: „Wohl, du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über<br />

vieles wer<strong>de</strong> ich dich setzen; geh ein in die Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>ines Herrn“ (Mt 25,21). Auch Petrus<br />

verbin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Lohn (die Krone) mit <strong>de</strong>m Offenbarwer<strong>de</strong>n im Reich. Er schreibt: „Und wenn<br />

<strong>de</strong>r Erzhirte offenbar gewor<strong>de</strong>n ist, so wer<strong>de</strong>t ihr die unverwelkliche Krone <strong>de</strong>r Herrlichkeit<br />

empfangen“ (1. Pet 5,4). Natürlich ist die Gegenwart <strong>de</strong>s Herrn selbst mehr als die Krone.<br />

An an<strong>de</strong>rer Stelle spricht Paulus davon, dass er Lust hatte, abzuschei<strong>de</strong>n, um bei Christus zu<br />

sein (Phil 1,23). Dennoch spricht er hier in Verbindung mit <strong>de</strong>m Dienst von <strong>de</strong>r Belohnung.<br />

Wir erinnern uns noch einmal daran, dass wir die Belohnung nicht gering achten dürfen,<br />

weil <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Lohn gering schätzt, auch <strong>de</strong>n gering schätzt, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Lohn gibt.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 122


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Schon in Kapitel 1,12 hatte Paulus von „jenem Tag“ gesprochen. Dort ging es darum, dass<br />

<strong>de</strong>r Herr mächtig ist, das zu bewahren, was <strong>de</strong>r treue Diener hier auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> für Ihn<br />

erarbeitet hat. Hier sehen wir, dass <strong>de</strong>r Herr es nicht nur bewahren wird, son<strong>de</strong>rn dass Er<br />

an jenem Tag auch für Vergeltung (Lohn) sorgen wird. Alles das, was hier auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> aus<br />

Liebe zum Herrn und in Treue getan wird, fin<strong>de</strong>t dann seinen gerechten Lohn. Dabei wer<strong>de</strong>n<br />

nicht die Größe <strong>de</strong>r Aufgabe und die auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> sichtbaren Ergebnisse das Kriterium für<br />

<strong>de</strong>n Lohn sein. Als Kriterium nennt Paulus hier, dass wir seine Erscheinung lieben.<br />

Ein gerechter Richter<br />

Die Menschen, in <strong>de</strong>ren Hän<strong>de</strong> Paulus sich befand, hatten für ihn nur ein dunkles Gefängnis<br />

und <strong>de</strong>n Tod. Das war alles an<strong>de</strong>re als gerecht. Aber er fühlte sich nicht in <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>r<br />

Menschen, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Hand seines Gottes (1. Kor 4,3–5). Er wollte alles <strong>de</strong>r Beurteilung<br />

<strong>de</strong>s himmlischen Richters überlassen. Das Urteil von Menschen – beson<strong>de</strong>rs von Brü<strong>de</strong>rn –<br />

ist ganz sicher nicht ohne Belang. Wir sollten es nicht leichtfertig an die Seite schieben.<br />

Eigenwilliger und unabhängiger Dienst ist nicht nach <strong>de</strong>n Gedanken <strong>de</strong>s Herrn. Letztlich<br />

geht es allerdings darum, wie <strong>de</strong>r Herr die Dinge in unserem Leben beurteilt. Unser<br />

menschliches Urteil ist oft einseitig. Es ist kleinlich. Es ist von persönlichen Faktoren<br />

beeinflusst. Es ist egoistisch. Das alles gilt für das Urteil <strong>de</strong>s Herrn nicht.<br />

Paulus spricht von <strong>de</strong>m gerechten Richter. Es gibt nur einen gerechten Richter, <strong>de</strong>r sich von<br />

nichts und niemand beeinflussen lässt. Sein Gericht ist absolut gerecht und unbestechlich.<br />

Alle seine Gerichte sind wahrhaftig und gerecht (Off 19,2). Bei <strong>de</strong>m Richter <strong>de</strong>nken wir hier<br />

nicht so sehr an einen Richter auf <strong>de</strong>m Richterstuhl wie in Vers 1. Es geht vielmehr um<br />

einen „Schiedsrichter“ o<strong>de</strong>r besser noch „Preisrichter“ bei einem sportlichen Wettkampf.<br />

Seine Erscheinung lieben<br />

Diese Krone bekommen nicht nur die Apostel o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>re und herausragen<strong>de</strong> Diener <strong>de</strong>s<br />

Herrn. Sie liegt allen bereit, die seine Erscheinung lieben. Es geht nicht um eine beson<strong>de</strong>re<br />

Begabung, um große und nach außen hin sichtbare Dienste, um eine Führungsposition im<br />

Volk Gottes usw. Als Kriterium wird hier genannt, dass wir seine Erscheinung lieben, dass<br />

wir auf <strong>de</strong>n Augenblick warten, wo Er kommt, um hier auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> zu seinem Recht zu<br />

kommen. Es geht hier – wie in Vers 1 -; nicht um das Kommen <strong>de</strong>s Herrn, um uns zu sich<br />

zu nehmen, son<strong>de</strong>rn darum, dass Er sichtbar mit uns auf dieser Er<strong>de</strong> erscheint. Natürlich<br />

warten wir darauf, dass Er kommt, um uns zu entrücken. Sein Kommen für uns geht seiner<br />

Erscheinung voraus. Aber hier geht es Paulus um Dienst und um Motivation zum Dienst.<br />

Deshalb spricht er von Lohn und darüber, wie dieser Lohn einmal sichtbar wer<strong>de</strong>n wird.<br />

Aber vor allem spricht er darüber, wie <strong>de</strong>r Herr hier auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> verherrlicht wird. Echter<br />

Dienst wird durch die Liebe zu Ihm bestimmt. Deshalb freut sich <strong>de</strong>r Diener auf <strong>de</strong>n Tag, wo<br />

Er auf dieser Er<strong>de</strong> sichtbar verherrlicht wird. Seine Erscheinung zu lieben be<strong>de</strong>utet nichts<br />

an<strong>de</strong>res, als <strong>de</strong>n zu lieben, <strong>de</strong>m an jenem Tag auf dieser Er<strong>de</strong> alle Ehre wer<strong>de</strong>n wird. Es<br />

stellt sich für je<strong>de</strong>n von uns die Frage, ob <strong>de</strong>r Gedanke an diesen Augenblick uns wirklich<br />

beflügelt, ob wir Gläubige sind, die nicht nur um seine Erscheinung wissen, son<strong>de</strong>rn sie<br />

tatsächlich lieben.<br />

„Befleißige dich, bald zu mir zu kommen“ (Vers 9).<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 123


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Ein Wunsch von Paulus an Timotheus<br />

Mit Vers 9 beginnt <strong>de</strong>r Schlussteil <strong>de</strong>s Briefes, <strong>de</strong>r eine Reihe persönlicher Mitteilungen<br />

enthält, die sowohl Paulus selbst und seine Umstän<strong>de</strong> sowie einige seiner Mitarbeiter<br />

betreffen. Es sind letzte Worte eines beson<strong>de</strong>ren Gottesmannes. Sie zeugen einerseits von<br />

Schlichtheit und enthalten gleichzeitig noch einmal wichtige Belehrungen für uns.<br />

Paulus befand sich im Gefängnis. Die Umstän<strong>de</strong> waren äußerst unangenehm. Sie ließen ihn<br />

nicht gleichgültig, obwohl er nicht darüber klagte. Das erste, was er hier ausdrückt, zeigt,<br />

dass er seine Einsamkeit empfand. Er sehnte sich nach Timotheus, weil er spürte, dass er<br />

allein war. Darüber hinaus war es ganz sicher sein Wunsch, seinem „Kind“ Timotheus noch<br />

einige persönliche Worte mit auf <strong>de</strong>n Weg zu geben. Wegen <strong>de</strong>s bevorstehen<strong>de</strong>n Winters<br />

und <strong>de</strong>r dadurch verursachten eingeschränkten Reisemöglichkeiten sollte er bald kommen<br />

(Vers 21). Ja, er sollte sich befleißigen. Fleiß ist eine Eigenschaft, die in <strong>de</strong>r Bibel einen hohen<br />

Stellenwert hat, sowohl in geistlichen wie in natürlichen Dingen. Hier be<strong>de</strong>utet das Wort,<br />

dass je<strong>de</strong> mögliche Anstrengung unternommen wird. An<strong>de</strong>rs ausgedrückt sagt Paulus: „Tu<br />

<strong>de</strong>in Bestes und komm, so schnell es eben geht.“<br />

„Denn Demas hat mich verlassen, da er <strong>de</strong>n jetzigen Zeitlauf lieb gewonnen hat, und ist<br />

nach Thessalonich gegangen, Kreszens nach Galatien, Titus nach Dalmatien“ (Vers 10).<br />

Demas hat mich verlassen<br />

Der Wunsch, Timotheus zu sehen, wur<strong>de</strong> dadurch verstärkt, dass es Mitarbeiter gab, die<br />

Paulus verlassen hatten. Da war Demas, <strong>de</strong>ssen Weggehen ihn beson<strong>de</strong>rs schmerzte. Er<br />

hatte <strong>de</strong>n Dienst für <strong>de</strong>n Herrn aufgegeben. An<strong>de</strong>re waren offensichtlich mit einen Auftrag<br />

für <strong>de</strong>n Herrn gegangen, und wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re – wie zum Beispiel Tychikus – hatte Paulus<br />

selbst weggeschickt.<br />

Der Verlust eines Mitarbeiters wie Demas war für Paulus beson<strong>de</strong>rs hart. Es ist für einen<br />

Diener immer bitter, wenn er von einem Mitarbeiter und Jochgenossen verlassen wird.<br />

Demas wird außer an dieser Stelle in Philemon 24 und Kolosser 4,14 erwähnt. Viel wissen<br />

wir nicht über ihn. Paulus nennt ihn einmal seinen Mitarbeiter (Phlm 24). Hier lernen wir,<br />

dass er ihn verlassen hatte. „Verlassen“ be<strong>de</strong>utet nicht einfach weggehen, son<strong>de</strong>rn schließt<br />

ein, dass man jemand „im Stich“ lässt und ihn auf diese Weise enttäuscht. Genau das hatte<br />

Demas getan.<br />

Es heißt nicht, dass Demas Christus verlassen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n christlichen Glauben aufgegeben<br />

hatte. Aber <strong>de</strong>r Zusatz, dass er <strong>de</strong>n jetzigen Zeitlauf lieb gewonnen hatte, zeigt, dass es<br />

kein guter Weg war, <strong>de</strong>n Demas ging. War ihm <strong>de</strong>r Dienst zu mühsam gewor<strong>de</strong>n? War er<br />

nicht bereit, die Schmach <strong>de</strong>s Christus zu tragen? Wir wissen es nicht. Je<strong>de</strong>nfalls lockte ihn<br />

<strong>de</strong>r jetzige Zeitlauf. Die Liebe zu <strong>de</strong>m gegenwärtigen Zeitlauf war bei Demas größer als<br />

die Liebe zu Christus. Es ist <strong>de</strong>nkbar, dass Paulus hier einen Gegensatz zu <strong>de</strong>r Aussage im<br />

vorherigen Vers aufzeigt, wo von <strong>de</strong>nen die Re<strong>de</strong> ist, die seine Erscheinung lieben. Das war<br />

bei Demas offenbar nicht so.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 124


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

In Galater 1,4 lesen wir, dass Jesus Christus sich für unsere Sün<strong>de</strong>n hingegeben hat, um uns<br />

aus <strong>de</strong>r gegenwärtigen bösen Welt – das ist <strong>de</strong>r Zeitlauf dieser Welt – herauszunehmen<br />

nach <strong>de</strong>m Willen unseres Gottes und Vaters. Wie können wir als Kin<strong>de</strong>r unseres Gottes<br />

dahin zurückgehen, wo wir hergekommen sind? Demas hatte offensichtlich nicht bedacht,<br />

dass er nicht mehr zu dieser Welt gehörte. Der Christ hat sein Bürgertum in <strong>de</strong>n Himmeln.<br />

Unsere Segnungen gehören nicht zu dieser Er<strong>de</strong>. Wir sind himmlische Menschen – obwohl<br />

wir noch auf dieser Er<strong>de</strong> leben. Man kann nicht gleichzeitig im Himmel und auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />

seine wirkliche Heimat haben – damals nicht und heute nicht. Entwe<strong>de</strong>r leben wir mit<br />

Christus und für Christus, o<strong>de</strong>r wir lieben <strong>de</strong>n gegenwärtigen Zeitlauf. Bei<strong>de</strong>s ist nicht<br />

zeitgleich möglich.<br />

Kreszens und Titus<br />

Kreszens wird nur an dieser Stelle erwähnt. Gott hat es nicht für gut befun<strong>de</strong>n, uns mehr<br />

über diesen Mann zu sagen. Aber sein Werk ist Ihm bekannt und wird nicht vergessen. Das<br />

mag eine Ermutigung für Diener sein, die von und bei Menschen „unbekannt“ sind. Bei<br />

Gott ist je<strong>de</strong>nfalls keiner unbekannt, <strong>de</strong>r sich für seine Sache interessiert und engagiert.<br />

Titus war – wie Timotheus – ein enger Mitarbeiter von Paulus, <strong>de</strong>n er mit beson<strong>de</strong>ren<br />

Aufgaben betrauen konnte. Diese bei<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n außer an dieser Stelle im Neuen Testament<br />

nicht zusammen erwähnt. Offensichtlich haben sie nie direkt miteinan<strong>de</strong>r gearbeitet.<br />

Dennoch kannten sie einan<strong>de</strong>r, und es gibt nicht <strong>de</strong>n geringsten Hinweis, dass zwischen<br />

ihnen eine wie auch immer geartete „Rivalität“ bestan<strong>de</strong>n hätte. Paulus erwähnt Titus<br />

hier, damit Timotheus wusste, wo er sich befand. Das Interesse für die Aufgaben und<br />

Tätigkeitsfel<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Diener Gottes sollte bei uns nie fehlen. Wir sollen daran Anteil<br />

nehmen und füreinan<strong>de</strong>r beten.<br />

„Lukas ist allein bei mir. Nimm Markus und bring ihn mit dir, <strong>de</strong>nn er ist mir nützlich<br />

zum Dienst“ (Vers 11).<br />

Lukas – nicht allein gelassen<br />

Lukas war von Geburt Grieche und von Beruf Arzt. Paulus nennt ihn an an<strong>de</strong>rer Stelle nicht<br />

ohne Grund <strong>de</strong>n „geliebten Arzt“ (Kol 4,14). Er war von Gott geliebt. Aber auch Paulus liebte<br />

ihn. Darüber hinaus ist es gut möglich, dass er ein beson<strong>de</strong>rer Gegenstand <strong>de</strong>r Zuneigung<br />

<strong>de</strong>rer war, mit <strong>de</strong>nen er zu tun hatte. Dieser treue Diener und Weggefährte war in <strong>de</strong>n<br />

letzten Tagen seines Lebens allein bei Paulus. Seine Gegenwart und Liebe taten Paulus gut.<br />

Er war offensichtlich ein Mann mit einem weiten Herzen, voll geistlichen Mitgefühls und<br />

tiefer Hingabe an <strong>de</strong>n Herrn und an seine Sache.<br />

Markus – kein hoffnungsloser Fall<br />

Paulus wollte Markus bei sich haben. Es han<strong>de</strong>lt sich um Johannes Markus, <strong>de</strong>n Neffen<br />

<strong>de</strong>s Barnabas. Seine Geschichte wird in <strong>de</strong>r Apostelgeschichte erwähnt. Er war mit Paulus<br />

und Barnabas auf die Reise gegangen (Apg 12,25), hatte die bei<strong>de</strong>n dann aber verlassen.<br />

Später wollte Barnabas seinen Neffen erneut mitnehmen, was Paulus ablehnte. Er hielt<br />

ihn nicht für geeignet für <strong>de</strong>n Dienst. Lei<strong>de</strong>r entstand zwischen diesen bei<strong>de</strong>n begna<strong>de</strong>ten<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 125


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Dienern <strong>de</strong>s Herrn aus diesem Grund eine Erbitterung, so dass sie fortan getrennte Wege<br />

gingen (Apg 15,39). Über <strong>de</strong>n weiteren Dienst <strong>de</strong>s Barnabas schweigt die Bibel. Paulus<br />

nennt seinen Namen allerdings einige Male, ohne dass irgen<strong>de</strong>ine bleiben<strong>de</strong> Verbitterung<br />

zu spüren ist (z. B. 1. Kor 9,6). Markus wird in Kolosser 4,10 erneut erwähnt und Neffe<br />

<strong>de</strong>s Barnabas genannt. Offensichtlich hatte sich die Situation von Markus geän<strong>de</strong>rt. Paulus<br />

lässt Grüße von ihm ausrichten und gibt <strong>de</strong>n Kolossern bestimmte Hinweise, die diesen<br />

Diener <strong>de</strong>s Herrn betrafen. Der Apostel Petrus nennt ihn sogar seinen „Sohn“ (1. Pet 5,13).<br />

Offensichtlich bestand zwischen Petrus und Markus ein beson<strong>de</strong>res Verhältnis. Hier nun<br />

erwähnt Paulus ihn und fügt hinzu, dass er ihm zum Dienst nützlich sei. Aus <strong>de</strong>m einst<br />

unnützen Diener war ein nützlicher und brauchbarer Diener gewor<strong>de</strong>n. Das gleiche Wort<br />

wird für <strong>de</strong>n entlaufenen Sklaven Onesimus gebraucht. Paulus schreibt an Philemon, dass<br />

er einst unnütz war, „jetzt aber dir und mir nützlich“ (Phlm 11).<br />

Das Beispiel von Markus zeigt, dass es bei Gott keine hoffnungslosen Fälle gibt. Was mit<br />

Markus geschehen war, kann nur die Gna<strong>de</strong> tun. Sein Fehler war offenkundig gewor<strong>de</strong>n,<br />

aber ebenso seine Wie<strong>de</strong>rherstellung. Für Paulus muss das eine beson<strong>de</strong>re Ermunterung<br />

gewesen sein. Er macht hier nicht die geringste Anspielung auf seine Vergangenheit. Im<br />

Gegenteil: Er gibt ihm eine beson<strong>de</strong>re Auszeichnung, von <strong>de</strong>r wir lernen können. Gott<br />

möchte, dass wir alle nützlich zum Dienst sind. Bei Markus ging das so weit, dass er<br />

schließlich von Gott berufen wur<strong>de</strong>, das Evangelium <strong>de</strong>s vollkommenen Dieners – das<br />

Markus-Evangelium – zu schreiben.<br />

„Tychikus aber habe ich nach Ephesus gesandt“ (Vers 12).<br />

Tychikus – ein geliebter und treuer Bru<strong>de</strong>r<br />

Tychikus war ein weiterer Weggefährte <strong>de</strong>s Paulus, <strong>de</strong>r uns einige Mal im Neuen Testament<br />

begegnet. In Epheser 6,21 nennt Paulus ihn einen geliebten Bru<strong>de</strong>r und treuen Diener im<br />

Herrn. In Kolosser 4,7 heißt es von ihm, dass er ein geliebter Bru<strong>de</strong>r und treuer Diener und<br />

Mitknecht in <strong>de</strong>m Herrn war. Es lohnt sich, über solche Auszeichnungen nachzu<strong>de</strong>nken.<br />

Der Gebrauch <strong>de</strong>s Wortes „aber“ <strong>de</strong>utet einen Gegensatz an. Es ist möglich, dass Kreszens<br />

und Titus aufgrund eines eigenen Entschlusses gegangen waren, während Tychikus<br />

ausdrücklich von Paulus nach Ephesus gesandt wur<strong>de</strong>. In Titus 3,12 wird Tychikus ebenfalls<br />

von Paulus gesandt. Dort ging es nach Kreta. Jetzt sollte er eine Aufgabe in Ephesus erfüllen.<br />

Offenbar war er ein brauchbarer und treuer Mann, <strong>de</strong>r an unterschiedlichen Orten eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n konnte. Obwohl alle in Asien Paulus verlassen hatten (Kap 1,15), än<strong>de</strong>rte das nichts<br />

an <strong>de</strong>r Liebe <strong>de</strong>s Paulus zu seinen Geschwistern in Asien, wovon Ephesus ein Teil war. Er<br />

hatte die Gläubigen dort nicht aufgegeben. Es spricht für das beson<strong>de</strong>re Vertrauen, das<br />

Paulus in Tychikus setzte, dass er gera<strong>de</strong> ihn dorthin sandte. Es war bestimmt keine ganz<br />

einfache Mission für diesen Diener <strong>de</strong>s Herrn.<br />

„Den Mantel, <strong>de</strong>n ich in Troas bei Karpus zurückließ, bring mit, wenn du kommst, und<br />

die Bücher, beson<strong>de</strong>rs die Pergamente“ (Vers 13).<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 126


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Irdische Bedürfnisse<br />

Paulus spricht in seinen Briefen von <strong>de</strong>n höchsten geistlichen Segnungen, die uns geschenkt<br />

sind. Aber er spricht – unter <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>s Heiligen Geistes – genauso über einen Mantel,<br />

<strong>de</strong>n er in Troas zurückgelassen hatte. Gott ist ein Gott, <strong>de</strong>r für die geistlichen und für die<br />

irdischen Bedürfnisse <strong>de</strong>r Seinen sorgt. Ihm ist nichts zu groß und nichts zu klein. Der<br />

Mantel war wahrscheinlich ein Übergewand, das Paulus im Gefängnis gegen die Kälte <strong>de</strong>s<br />

Winters gut gebrauchen konnte.<br />

Paulus erwähnt Bücher und Pergamente. Timotheus wird gewusst haben, was er damit<br />

konkret verband. Wir wissen nicht genau, welche Bücher und Pergamente es waren.<br />

Offensichtlich hatten sie für Paulus einen beson<strong>de</strong>ren Wert. Einige Ausleger <strong>de</strong>nken, dass<br />

es sich bei <strong>de</strong>n Büchern um Abschriften <strong>de</strong>s Alten Testamentes han<strong>de</strong>lte. Es können<br />

aber ebenso an<strong>de</strong>re Bücher gewesen sein, die Paulus lesen wollte. Pergamente können<br />

möglicherweise leere Blätter gewesen sein, auf <strong>de</strong>nen Paulus schreiben wollte. An<strong>de</strong>re<br />

Ausleger erwähnen die Möglichkeit, dass es Papiere waren, die Paulus für seine anstehen<strong>de</strong><br />

Gerichtsverhandlung brauchte. Um was genau es sich han<strong>de</strong>lte, können wir nicht mit<br />

Gewissheit sagen. Letztlich ist das nicht entschei<strong>de</strong>nd.<br />

J. N. Darby wur<strong>de</strong> einmal gefragt, ob ihm wohl etwas fehlen wür<strong>de</strong>n, wenn dieser Satz nicht<br />

in <strong>de</strong>r Bibel stün<strong>de</strong>. Seine Antwort lautete etwa wie folgt: „Ich hätte ganz gewiss etwas<br />

verloren, <strong>de</strong>nn dieser Vers hielt mich einmal davon ab, meine Bibliothek zu verkaufen. Je<strong>de</strong>s<br />

Wort <strong>de</strong>r Bibel, darauf kann man sich verlassen, ist vom Geist eingegeben und von ewigem<br />

Wert.“<br />

„Alexan<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Schmied, hat mir viel Böses erwiesen; <strong>de</strong>r Herr wird ihm vergelten<br />

nach seinen Werken. Vor ihm hüte auch du dich, <strong>de</strong>nn er hat unseren Worten sehr<br />

wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n“(Verse 14.15).<br />

Wi<strong>de</strong>rstand<br />

Jetzt kommt Paulus auf einen Mann zu sprechen, <strong>de</strong>r ihm große Mühe bereitete und<br />

vor <strong>de</strong>m er Timotheus warnen wollte. Wer dieser Alexan<strong>de</strong>r war, können wir nicht mit<br />

Gewissheit sagen. Es ist <strong>de</strong>nkbar, dass es <strong>de</strong>r gleiche Mann ist, <strong>de</strong>r in 1. Timotheus 1,20 o<strong>de</strong>r<br />

Apostelgeschichte 19,33 erwähnt wird. Es ist genausogut möglich, dass es jemand an<strong>de</strong>res<br />

war, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Name Alexan<strong>de</strong>r war in <strong>de</strong>r damaligen Zeit relativ populär. Paulus nennt hier<br />

seinen Beruf, so dass es für Timotheus offensichtlich ein<strong>de</strong>utig klar war, wen er meinte.<br />

Es ist ebenfalls nicht ganz klar, ob dieser Alexan<strong>de</strong>r in Rom o<strong>de</strong>r in Ephesus lebte. Es<br />

spricht einiges dafür, dass er sich in Ephesus befand, weil Paulus Timotheus vor ihm warnt.<br />

An<strong>de</strong>rerseits spricht er davon, dass dieser Alexan<strong>de</strong>r seinen Worten sehr wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n<br />

hatte. Das könnte auf <strong>de</strong>n Aufenthaltsort Rom schließen lassen, es sei <strong>de</strong>nn, Paulus bezieht<br />

sich auf die Zeit, in <strong>de</strong>r er selbst in Ephesus gewesen war.<br />

Alexan<strong>de</strong>r war offensichtlich kein Irrlehrer. Es wird auch nicht gesagt, dass er die Welt<br />

lieb gewonnen hatte o<strong>de</strong>r ähnliches. Es scheint je<strong>de</strong>nfalls jemand gewesen zu sein, <strong>de</strong>r<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 127


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

sich Paulus wi<strong>de</strong>rsetzt hatte. Wenn es <strong>de</strong>r Alexan<strong>de</strong>r aus 1. Timotheus 1,20 ist, könnte die<br />

Feindschaft daraus resultieren, dass Paulus ihn <strong>de</strong>m Satan überliefert hatte.<br />

Alexan<strong>de</strong>r hatte Paulus viel Böses erzeigt. Diesen Ausdruck kann man auch übersetzen:<br />

Er hat mich „böse verklagt“. Daraus schließen einige Ausleger, dass er während <strong>de</strong>r<br />

Gerichtsverhandlung gegen Paulus ausgesagt o<strong>de</strong>r gar Anklage gegen ihn erhoben hatte.<br />

Personen wie diesen Alexan<strong>de</strong>r gibt es bis heute im Volk Gottes. Zum einen <strong>de</strong>nken wir an<br />

Menschen, die gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Worten und <strong>de</strong>r Lehre <strong>de</strong>s Paulus wi<strong>de</strong>rsprechen. Zum an<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>nken wir an Menschen, <strong>de</strong>ren Wi<strong>de</strong>rstand sich nicht so sehr gegen das richtet, was gesagt<br />

wird, son<strong>de</strong>rn vielmehr gegen die Brü<strong>de</strong>r und Schwestern, die es sagen. Für solche ist nicht<br />

so entschei<strong>de</strong>nd, was gesagt wird, son<strong>de</strong>rn wer es sagt. Die Grün<strong>de</strong> sind oft persönlicher<br />

Natur. Eine <strong>de</strong>rartige Verhaltensweise ist fleischlich und muss abgelehnt wer<strong>de</strong>n.<br />

Paulus reagierte auf das Verhalten von Alexan<strong>de</strong>r sehr besonnen. Er vergalt nicht Gleiches<br />

mit Gleichem. Der Wi<strong>de</strong>rspruch war offensichtlich persönlicher Natur. Deshalb überließ<br />

er diese Anklage seinem Gott. Er übergab sich – wie sein Herr – <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r gerecht richtet<br />

(1. Pet 2, 23). Aber Timotheus musste wachsam sein. Offensichtlich rechnete Paulus damit,<br />

dass sich <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand gegen ihn auf Timotheus übertragen wür<strong>de</strong>. Deshalb sollte er sich<br />

vor ihm hüten, d. h. er sollte aufpassen und sich wachsam fernhalten. So gibt es bis heute<br />

im Volk Gottes Menschen, vor <strong>de</strong>nen wir uns in dieser Weise in Acht nehmen müssen.<br />

„Bei meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, son<strong>de</strong>rn alle verließen mich;<br />

es wer<strong>de</strong> ihnen nicht zugerechnet“ (Vers 16).<br />

Vor <strong>de</strong>m Kaiser in Rom<br />

Paulus war bereits einmal vor <strong>de</strong>m Kaiser Nero in Rom erschienen. Dieser war für seine<br />

Grausamkeit bekannt. Vor Gericht musste Paulus sich mündlich verteidigen (vgl. auch<br />

Phil 1,7), und bei dieser Verteidigung stand ihm niemand bei. Die römische Justiz erlaubte,<br />

dass ein Angeklagter einen Bekannte o<strong>de</strong>r Freund mit zum Prozess bringen konnte, um<br />

vor Gericht als Zeuge für ihn zu plädieren und ihm auf diese Weise beizustehen. Niemand<br />

hatte für Paulus das Wort ergriffen. Ganz allein stand er vor Gericht. Paulus erlebte hier,<br />

was große Gottesmänner im Alten Testament ebenfalls erlebt hatten. Einem Daniel stand<br />

niemand bei, als er in die Löwengrube geworfen wur<strong>de</strong>. Einem Jeremia stand niemand<br />

bei, als man übel mit ihm umging. Aber ganz beson<strong>de</strong>rs traf das auf unseren Herrn zu,<br />

<strong>de</strong>ssen Nachahmer Paulus war. Als Er zu Unrecht angeklagt wur<strong>de</strong>, verließen Ihn die Jünger<br />

alle und flohen (Mk 14,50). Nur zwei waren Ihm von ferne gefolgt, und als die Stun<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Entscheidung nahte, hatte Petrus Ihn sogar verleugnet. Diese letzte Erfahrung blieb<br />

Paulus erspart. Dennoch wird es ihn sehr geschmerzt haben, dass er ganz allein vor Gericht<br />

erscheinen musste. Wie mag er sich nach einem Tröster und Fürsprecher gesehnt haben.<br />

Obwohl Paulus das empfun<strong>de</strong>n hat, fand sich kein Groll in seinem Herzen. Er beklagte sich<br />

nicht. Er wusste, dass einer immer bei ihm war.<br />

„Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich, damit durch mich die Predigt vollbracht<br />

wür<strong>de</strong> und alle die aus <strong>de</strong>n Nationen hören möchten; und ich bin gerettet wor<strong>de</strong>n aus<br />

<strong>de</strong>m Rachen <strong>de</strong>s Löwen“ (Vers 17).<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 128


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Der Herr stand mir bei<br />

Paulus erlebte – wie damals die Freun<strong>de</strong> Daniels im feurigen Ofen Nebukadnezars – <strong>de</strong>n<br />

unmittelbaren Beistand seines Herrn. Er erfuhr die Wahrheit <strong>de</strong>r Worte: „Und <strong>de</strong>r Herr, er<br />

ist es, <strong>de</strong>r vor dir herzieht; er selbst wird mit dir sein, er wird dich nicht versäumen und<br />

dich nicht verlassen; fürchte dich nicht und erschrick nicht!“ (5. Mo 31,8). Der Herr war mit<br />

seiner Gegenwart bei ihm. Das war Trost und Ermutigung für Paulus.<br />

Aber mehr noch. Der Herr hatte ihn gestärkt. Es war nicht seine eigene Kraft, son<strong>de</strong>rn die<br />

Kraft <strong>de</strong>s Herrn. Der Ausdruck be<strong>de</strong>utet wörtlich, dass <strong>de</strong>r Herr ihm Kraft einflößte. Am<br />

Anfang <strong>de</strong>s Dienstes von Paulus wird gera<strong>de</strong> dieses Wort gebraucht. Dort heißt es: „Saulus<br />

aber erstarkte umso mehr und brachte die Ju<strong>de</strong>n, die in Damaskus wohnten, in Verwirrung,<br />

in<strong>de</strong>m er bewies, dass dieser <strong>de</strong>r Christus ist“ (Apg 9,22). Am Anfang wie am En<strong>de</strong> stand<br />

Paulus Kraft zur Verfügung, um ein mächtiger Wortzeuge seines Herrn zu sein. Der ganze<br />

Dienst von Paulus war von dieser Kraft und Stärke begleitet. Er glich einem Kaleb, <strong>de</strong>r<br />

am En<strong>de</strong> seines Lebens sagen konnte, dass er selbst als alter Mann noch so stark war wie<br />

an <strong>de</strong>m Tag, an <strong>de</strong>m Mose ihn als Kundschafter ausgesandt hatte (Jos 14,11). Das ist die<br />

erhalten<strong>de</strong> Kraft Gottes, die <strong>de</strong>m Diener immer zur Verfügung steht.<br />

Paulus berichtet keine Einzelheiten über seine Verteidigung, son<strong>de</strong>rn re<strong>de</strong>t von <strong>de</strong>r Predigt,<br />

die vollbracht wer<strong>de</strong>n sollte. Nicht die Ankläger waren die Aktiven, son<strong>de</strong>rn Paulus. Er<br />

befand sich nicht in <strong>de</strong>r Defensive, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Offensive. Der Kampf im Evangelium<br />

war noch nicht zu En<strong>de</strong>. Paulus hatte – wie so oft – gepredigt und das Wort verkündigt. Im<br />

Zentrum seiner Botschaft stand immer Christus als <strong>de</strong>r gekreuzigte und verherrlichte Herr,<br />

in <strong>de</strong>m allein Vergebung <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong>n zu fin<strong>de</strong>n ist.<br />

Gott benutzte diese Gelegenheit, um vor einem heidnischen Publikum gesellschaftlich und<br />

politisch hochstehen<strong>de</strong>r Menschen das Evangelium verkündigen zu lassen. Erneut beweist<br />

sich, dass unsere Verlegenheiten Gottes Gelegenheiten sind. Bei <strong>de</strong>r ersten Gefangenschaft<br />

von Paulus war das nicht an<strong>de</strong>rs gewesen (vgl. Phil 1,13; 4,22). Die Predigt sollte vollbracht<br />

wer<strong>de</strong>n. Am Anfang <strong>de</strong>s Kapitels hatte Paulus Timotheus aufgefor<strong>de</strong>rt, das Wort zu predigen.<br />

Er sollte wie ein Herold die Botschaft <strong>de</strong>ssen weitersagen, <strong>de</strong>r ihn gesandt hatte. Auf diese<br />

Weise sollte er seinen Dienst vollführen (Vers 5). Hier benutzt Paulus <strong>de</strong>nselben Ausdruck<br />

in Bezug auf sich selbst. Die Predigt sollte vollbracht o<strong>de</strong>r vollführt wer<strong>de</strong>n. Paulus war bis<br />

zum letzten Augenblick ein Vorbild für seinen jüngeren Mitarbeiter.<br />

Gerettet aus <strong>de</strong>m Rachen <strong>de</strong>s Löwen<br />

Paulus wusste, dass er sich selbst nicht retten konnte. Aber er wusste sich in <strong>de</strong>r Hand<br />

<strong>de</strong>ssen, <strong>de</strong>r die Macht hatte, ihn retten zu können. Paulus spricht jetzt von <strong>de</strong>m Rachen<br />

<strong>de</strong>s Löwen. Es ist klar, dass dieses Bild ein Ausdruck <strong>de</strong>r Gewalt und <strong>de</strong>r Macht ist. Was<br />

genau Paulus aber meint, bleibt offen. Der Rachen <strong>de</strong>s Löwen ist an manchen Stellen ein<br />

Bild <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s (vgl. z. B. Ps 22,22; Dan 6,23). Wenn Paulus hier an <strong>de</strong>n Tod dachte, dann liegt<br />

darin <strong>de</strong>r Gedanke, dass er bis dahin noch nicht zum Tod verurteilt wor<strong>de</strong>n war. Der Löwe<br />

ist an an<strong>de</strong>ren Stellen ein Bild vom Teufel. Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich wird das in 1. Petrus 5,8.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 129


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Petrus spricht davon, dass <strong>de</strong>r Teufel umhergeht wie ein Löwe, um Opfer zu suchen, die er<br />

verschlingen kann. Der Teufel tritt eben nicht nur mit <strong>de</strong>r List einer Schlange auf, son<strong>de</strong>rn<br />

auch als brüllen<strong>de</strong>r Löwe. Wenn Paulus darauf anspielt, dann war das Werkzeug <strong>de</strong>s Teufels<br />

in diesem Fall Nero. Die Rettung aus <strong>de</strong>m Rachen <strong>de</strong>s Löwen <strong>de</strong>utet dann <strong>de</strong>n Aufschub<br />

an, <strong>de</strong>r ihm gewährt wur<strong>de</strong>. Aber <strong>de</strong>r Prozess wür<strong>de</strong> weitergehen. Der Löwe mag also<br />

ein Hinweis auf Nero o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Teufel sein, <strong>de</strong>r dahintersteckte. Es mag aber auch<br />

einfach <strong>de</strong>r Hinweis auf die To<strong>de</strong>sgefahr sein, in <strong>de</strong>r Paulus stand. Was man wohl mehr<br />

o<strong>de</strong>r weniger ausschließen kann, ist <strong>de</strong>r manchmal geäußerte Gedanke, dass Paulus an die<br />

Löwen in <strong>de</strong>r römischen Arena gedacht hat.<br />

„Der Herr wird mich retten von je<strong>de</strong>m bösen Werk und bewahren für sein himmlisches<br />

Reich; <strong>de</strong>m die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen“ (Vers 18).<br />

Gerettet und bewahrt<br />

Paulus wusste sehr wohl, dass sein Tod nahe bevorstand (Vers 6). Er musste damit rechnen,<br />

sein Leben als Märtyrer zu geben. Angesichts dieser Tatsache war er <strong>de</strong>nnoch völlig ruhig.<br />

Er wusste sich in <strong>de</strong>r Hand seines Herrn. Seine Zuversicht erinnert an die Aussage aus<br />

Psalm 121,7, wo <strong>de</strong>r Psalmdichter sagt: „Der Herr wird dich behüten vor allem Bösen, er<br />

wird behüten <strong>de</strong>ine Seele.“<br />

Ein „böses Werk“ ist ein Ver<strong>de</strong>rben bringen<strong>de</strong>s Werk. „Retten“ be<strong>de</strong>utet hier wie in Vers 17<br />

(vgl. auch Kapitel 3,11), jemand aus einer Gefahrenzone zu ziehen. „Bewahren“ be<strong>de</strong>utet in<br />

Sicherheit bringen. Einige Ausleger <strong>de</strong>nken, dass Paulus hier die Zuversicht äußert, dass er<br />

vor je<strong>de</strong>m bösen Werk bewahrt wer<strong>de</strong>n wird, das seine Fein<strong>de</strong> gegen ihn ersinnen könnten.<br />

Wenn die Aussage so zu interpretieren ist, dann wäre selbst <strong>de</strong>r Märtyrertod eine Rettung,<br />

und zwar in <strong>de</strong>m Sinn, dass er ihn zu seinem Herrn bringen wür<strong>de</strong>. Da Paulus aber seinen<br />

Tod sicher vor Augen sah, scheint die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Aussage vielmehr darin zu liegen, dass<br />

<strong>de</strong>r Herr ihn vor allem bewahren wür<strong>de</strong>, was in seinen letzten Lebenstagen das Zeugnis für<br />

Ihn beeinträchtigen könnte. Der Herr wür<strong>de</strong> ihn davor bewahren, vor Gericht ängstlich zu<br />

sein o<strong>de</strong>r Ihn gar zu verleugnen. Wenn das die Be<strong>de</strong>utung ist, dann spricht Paulus hier also<br />

von möglichen bösen Werken, die von ihm selbst begangen wer<strong>de</strong>n könnten, und nicht von<br />

äußerem Bösen, das man ihm antun könnte. Das könnte zum Beispiel ein Versagen im Blick<br />

auf die Predigt sein.<br />

Das himmlische Reich ist das himmlische „Königreich“. Das ist nichts an<strong>de</strong>res als das<br />

kommen<strong>de</strong> Reich in Macht und Herrlichkeit (das Tausendjährige Reich). Dabei steht nicht<br />

so sehr <strong>de</strong>r irdische Charakter dieses Reiches im Vor<strong>de</strong>rgrund, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r himmlische<br />

Charakter. Petrus spricht von einem reichlichen Eingang in das ewige Reich unseres Herrn<br />

und Heilan<strong>de</strong>s Jesus Christus (2. Pet 1,11). Das ist <strong>de</strong>r himmlische Teil <strong>de</strong>s Reiches. Dieser<br />

Eingang war Paulus sicher. Es ist das Reich <strong>de</strong>s „Herrn“, d. h. <strong>de</strong>r Bereich, in <strong>de</strong>m seine<br />

Autorität anerkannt wer<strong>de</strong>n wird. Es ist aber für <strong>de</strong>n Gläubigen gleichzeitig nichts an<strong>de</strong>res<br />

als das Reich <strong>de</strong>s Sohnes <strong>de</strong>r Liebe <strong>de</strong>s Vaters (Kol 1,13). Wenn es um die Seite Gottes geht,<br />

ist dieses Reich je<strong>de</strong>m sicher, <strong>de</strong>r neues Leben hat. Wenn es um unsere Seite geht, ist <strong>de</strong>r<br />

Eingang in dieses Reich mit Verantwortung verbun<strong>de</strong>n.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 130


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Dann folgt ein bemerkenswerter Lobpreis, <strong>de</strong>n wir in ähnlicher Form in <strong>de</strong>n Schriften<br />

von Paulus wie<strong>de</strong>rholt fin<strong>de</strong>n: „Dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ Die<br />

griechische Sprache kennt keinen stärkeren Ausdruck für Ewigkeit als diesen. Es geht um<br />

die Ewigkeit nach <strong>de</strong>r Zeit. Diesem Herrn, <strong>de</strong>r seine Diener in dieser Zeit zu bewahren<br />

vermag, sei Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Es geht nicht um unseren Verdienst, son<strong>de</strong>rn um<br />

das, was <strong>de</strong>r Herr tut.<br />

„Grüße Priska und Aquila und das Haus <strong>de</strong>s Onesiphorus“ (Vers 19).<br />

Gute Freun<strong>de</strong><br />

Dieser Vers <strong>de</strong>utet an, dass Timotheus sich immer noch in Ephesus befand, <strong>de</strong>nn dort<br />

wohnte Onesiphorus (Kap 1,16–18), und dort waren Priska und Aquila (Apg 18,26).<br />

Priska und Aquila waren ein Ehepaar, das Paulus nicht vergaß. Es waren treue Wegbegleiter<br />

<strong>de</strong>s Paulus gewesen, die uns an verschie<strong>de</strong>nen Stellen im Neuen Testament begegnen.<br />

Paulus erwähnt sie insgesamt sechsmal (Apg 18,2.18.26; Röm 16,3; 1. Kor 16,19; 2. Tim 4,19).<br />

Die bei<strong>de</strong>n scheinen wohlhaben<strong>de</strong> Ju<strong>de</strong>n gewesen zu sein, die an mehreren Orten gelebt<br />

und gearbeitet haben. Sie stan<strong>de</strong>n bis in die letzten Tage hinein treu zu ihm. Timotheus<br />

sollte nicht vergessen, ihnen einen Gruß auszurichten. Über das Haus <strong>de</strong>s Onesiphorus<br />

hatte Paulus bereits in Kapitel 1,16 loben<strong>de</strong> Worte gefun<strong>de</strong>n.<br />

„Erastus blieb in Korinth; Trophimus aber habe ich in Milet krank zurückgelassen“<br />

(Vers 20).<br />

Erastus und Trophimus<br />

Paulus war trotz seiner Gefangenschaft darüber im Bild, wo sich seine Weggefährten<br />

aufhielten. Erastus wird – wenn es dieselbe Person ist – in Römer 16,23 erwähnt. Außer<br />

seiner Berufstätigkeit – er war Stadtkämmerer – wird von ihm weiter nur berichtet, dass<br />

er in Korinth geblieben war, weil er dort offensichtlich eine Aufgabe zu erfüllen hatte.<br />

Tüchtige Leute im Werk <strong>de</strong>s Herrn haben sich in aller Regel zuerst als tüchtige Leute in<br />

ihrem irdischen Beruf erwiesen. Ein zweites Mal fin<strong>de</strong>n wir ihn in Apostelgeschichte 19,22<br />

als einen Diener von Paulus.<br />

Trophimus wird in Apostelgeschichte 20, 4 und 21, 29 erwähnt. Er war einer <strong>de</strong>r<br />

Reisebegleiter von Paulus gewesen. Offensichtlich hatte er sich in Ephesus bekehrt und war<br />

dann mit Paulus gegangen. Die äußeren Gegebenheiten hatten dazu geführt, dass Paulus ihn<br />

krank in Milet zurücklassen musste. Dieser Umstand ist insofern bemerkenswert, als dass<br />

Paulus – obwohl er die Gabe <strong>de</strong>r Krankenheilung besaß – diese Gabe nicht benutzt hatte, um<br />

Trophimus gesund zu machen. Trophimus war nicht <strong>de</strong>r einzige Mitarbeiter von Paulus, <strong>de</strong>r<br />

krank wur<strong>de</strong>. In Philipper 2,25–28 spricht Paulus von Epaphroditus, <strong>de</strong>r ebenfalls todkrank<br />

gewesen war. Auch ihn hatte Paulus nicht gesund gemacht. Wun<strong>de</strong>rgaben waren Zeichen<br />

für Ungläubige, um das Evangelium in einer Zeit zu unterstützen, in <strong>de</strong>r das Wort Gottes<br />

noch nicht vollen<strong>de</strong>t war. Gläubigen gegenüber wur<strong>de</strong>n sie im Allgemeinen nicht benutzt.<br />

Wir müssen heute davon ausgehen, dass diese Gabe im Regelfall nicht mehr gefun<strong>de</strong>n<br />

wird und ganz sicher nicht in ihrer Anwendung auf Gläubige. Manchmal wird in diesem<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 131


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Zusammenhang auf Jakobus 5,14–16 verwiesen. Der Zusammenhang <strong>de</strong>s Abschnitts macht<br />

aber klar, dass es sich dort um Fälle han<strong>de</strong>lt, wo Gott Krankheit als Zucht für begangene<br />

Sün<strong>de</strong>n schickt. Das scheint bei Trophimus nicht <strong>de</strong>r Fall gewesen zu sein. Darüber hinaus<br />

ist <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>r Heilung bei Jakobus nicht irgen<strong>de</strong>ine beson<strong>de</strong>re Gabe <strong>de</strong>r Krankenheilung,<br />

son<strong>de</strong>rn das Bekenntnis <strong>de</strong>r Sün<strong>de</strong> und das Gebet <strong>de</strong>s Glaubens. Es geht in Jakobus 5 nicht<br />

um die Ausübung <strong>de</strong>r Gabe <strong>de</strong>r Heilung, son<strong>de</strong>rn um das Gebet.<br />

„Befleißige dich, vor <strong>de</strong>m Winter zu kommen. Es grüßt dich Eubulus und Pu<strong>de</strong>ns und<br />

Linus und Klaudia und die Brü<strong>de</strong>r alle“ (Vers 21).<br />

Vor <strong>de</strong>m Winter<br />

Paulus schiebt hier in die Grüße eine kleine Einzelheit ein, die Gott nicht gleichgültig ist. Er<br />

hatte schon über <strong>de</strong>n Mantel und die Bücher geschrieben. Jetzt erwähnt er die Jahreszeit.<br />

Timotheus sollte sich befleißigen, vor <strong>de</strong>m Winter zu kommen. Im Winter konnte man nicht<br />

gut reisen. Das ist vermutlich <strong>de</strong>r Grund, warum er vorher kommen sollte.<br />

Unbekannt und doch genannt<br />

Es folgen drei Namen, die uns an keiner an<strong>de</strong>ren Stelle im Neuen Testament begegnen<br />

und von <strong>de</strong>nen wir folglich nichts Weiteres wissen. Dennoch waren die Namen für Paulus<br />

wichtig. Wir lernen daraus, dass unserem Gott je<strong>de</strong>r wichtig ist, <strong>de</strong>r sich im Reich Gottes<br />

einbringt. Die Grüße zeigen eine beson<strong>de</strong>re Wertschätzung. Sie sind nicht gering zu achten.<br />

„Der Herr Jesus Christus sei mit <strong>de</strong>inem Geist! Die Gna<strong>de</strong> sei mit euch!“ (Vers 22).<br />

Schlussworte<br />

Mit diesen Worten schließt <strong>de</strong>r Apostel Paulus sein Vermächtnis an sein Kind Timotheus.<br />

Dieser Abschluss unterschei<strong>de</strong>t sich von allen an<strong>de</strong>ren „Schlussformeln“ in <strong>de</strong>n Briefen von<br />

Paulus. Die meisten Briefe en<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Wunsch, dass die Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Herrn Jesus Christus<br />

mit <strong>de</strong>n Briefempfängern sein sollte. In Galater 6,18, Philipper 4,23 und Philemon 25 wird<br />

gesagt, dass die Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Herrn Jesus Christus mit <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>r Briefempfänger sei. Auch<br />

in unserem Brief erinnert Paulus an die Gna<strong>de</strong>, aber zuerst schreibt er: „Der Herr Jesus<br />

Christus sei mit <strong>de</strong>inem Geist!“ Diese Formulierung fin<strong>de</strong>t sich in dieser Form in keinem<br />

an<strong>de</strong>ren Brief. Sie ist insofern einzigartig.<br />

Paulus hatte in seinem Brief daran appelliert, dass Timotheus im Dienst für seinen Herrn<br />

nicht nachlassen sollte. Er sollte die Gna<strong>de</strong>ngabe anfachen (Kap 1,6). Er sollte seinen Dienst<br />

vollführen (Kap 4,5). Paulus hatte in diesem Brief vor <strong>de</strong>r negativen Entwicklung innerhalb<br />

<strong>de</strong>s christlichen Bekenntnisses gewarnt. Aber Paulus hatte gleichzeitig immer wie<strong>de</strong>r an<br />

die Hilfsquellen erinnert, die <strong>de</strong>m Diener in <strong>de</strong>n letzten Tagen unverän<strong>de</strong>rt zur Verfügung<br />

stehen. Insbeson<strong>de</strong>re hatte er immer auf <strong>de</strong>n Herrn Jesus hingewiesen, in <strong>de</strong>m allein Kraft<br />

für je<strong>de</strong>n Dienst zu fin<strong>de</strong>n ist. Darauf kommt er jetzt in seiner Schlussaussage noch einmal<br />

zurück. Er wünscht, dass <strong>de</strong>r Herr Jesus Christus mit <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>s Timotheus sei.<br />

Es ist hier nicht <strong>de</strong>r Charakter <strong>de</strong>s Heilan<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>r vor uns kommt, son<strong>de</strong>rn es ist „<strong>de</strong>r Herr<br />

Jesus Christus“. Es gibt nur einen Herrn, <strong>de</strong>m alle Autorität und Macht gehört. Es gibt nur<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 132


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.) Kapitel 4<br />

Einen, <strong>de</strong>m wir dienen, <strong>de</strong>m wir folgen und <strong>de</strong>m wir Gehorsam schul<strong>de</strong>n. Aber dieser „Herr“<br />

war einst in Niedrigkeit als „Jesus“ auf dieser Er<strong>de</strong>, um zu lei<strong>de</strong>n und zu sterben. Für die<br />

Menschen ist Er immer noch <strong>de</strong>r verachtete „Jesus von Nazareth“, auf <strong>de</strong>ssen Seite wir jetzt<br />

stehen und mit Ihm lei<strong>de</strong>n. Aber für uns ist Er <strong>de</strong>r „Christus“. Er ist <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n Gott zu seiner<br />

Rechten erhoben und mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt hat.<br />

Dieser Herr Jesus Christus sollte mit <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>s Timotheus – und damit mit unserem<br />

Geist – sein. Es geht nicht nur darum, dass Diener Gottes in <strong>de</strong>r Lehre richtig stehen o<strong>de</strong>r<br />

sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild von <strong>de</strong>n Menschen dieser Welt (einschließlich<br />

<strong>de</strong>r Namenschristen ohne Leben aus Gott) unterschei<strong>de</strong>n. Es geht darum, dass <strong>de</strong>r Diener<br />

in einem guten inneren geistlichen Zustand ist. Hier wer<strong>de</strong>n nicht die Seele o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Leib angesprochen, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Geist. In 1. Thessalonicher 5,23 ist die Re<strong>de</strong> davon, dass<br />

unser ganzer Geist, Seele und Leib unta<strong>de</strong>lig bewahrt wird. Das bleibt wahr. Aber hier<br />

liegt <strong>de</strong>r Schwerpunkt auf <strong>de</strong>m Geist. Wir brauchen in letzten Tagen eine klare geistliche<br />

Orientierung auf <strong>de</strong>n Herrn Jesus hin.<br />

Dazu benötigen wir alle zusammen göttliche Gna<strong>de</strong>. Es wird hier nicht gesagt, wer die<br />

Quelle <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> ist. Es ist nicht von <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Herrn Jesus<br />

Christus die Re<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn einfach von Gna<strong>de</strong>. Es ist ohne Frage göttliche Gna<strong>de</strong>. „Die<br />

Gna<strong>de</strong> sei mit euch.“ Gna<strong>de</strong> ist unverdiente Zuwendung Gottes an uns Menschen. Es ist<br />

interessant, dass Paulus im letzten Satz von <strong>de</strong>r persönlichen Anre<strong>de</strong> auf die kollektive<br />

Anre<strong>de</strong> wechselt. Offensichtlich ging er davon aus, dass dieser Brief nicht nur eine Botschaft<br />

für Timotheus hatte, son<strong>de</strong>rn dass <strong>de</strong>r Brief ebenso von an<strong>de</strong>ren gelesen wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>.<br />

Diese Gna<strong>de</strong> brauchte Timotheus. Diese Gna<strong>de</strong> brauchen alle, die in letzten Tagen treu im<br />

Dienst für ihren Herrn stehen möchten und für die das geistliche Vermächtnis <strong>de</strong>s Paulus<br />

immer noch ein Appell zur Hingabe und zum Dienst ist.<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 133


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Bibelstellenverzeichnis<br />

Bibelstellenverzeichnis<br />

1. Mose<br />

1,3 . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

3,1 . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

21,9 . . . . . . . . . . . . . 101<br />

2. Mose<br />

7,11–22 . . . . . . . . . . . 94<br />

29,40.41 . . . . . . . . . 120<br />

4. Mose<br />

15,1–10 . . . . . . . . . . 120<br />

5. Mose<br />

6,7 . . . . . . . . . . . . . . 104<br />

11,19–21 . . . . . . . . . 104<br />

13,1 . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

31,8 . . . . . . . . . . . . . 129<br />

Josua<br />

14,11 . . . . . . . . . . . . 129<br />

2. Samuel<br />

12,7 . . . . . . . . . . . . . 108<br />

Esra<br />

7,10 . . . . . . . . . . . . . 118<br />

Hiob<br />

18,14 . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Psalmen<br />

16,10 . . . . . . . . . . . . . 53<br />

19,7 . . . . . . . . . . . . . 105<br />

22,22 . . . . . . . . . . . . 129<br />

35,5.7 . . . . . . . . . . . 100<br />

36,4 . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

49,7 . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

51,8 . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

101,8 . . . . . . . . . . . . 113<br />

119,89 . . . . . . . . . . . 105<br />

121,7 . . . . . . . . . . . . 130<br />

Jesaja<br />

5,20 . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

Jeremia<br />

9,2 . . . . . . . . . . . . . . 102<br />

Daniel<br />

1,8 . . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

6,23 . . . . . . . . . . . . . 129<br />

Hosea<br />

6,4 . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

6,6 . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

Haggai<br />

1,9 . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

Matthäus<br />

1,21 . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

5,7 . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

6,3 . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

8,28 . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

11,29 . . . . . . . . . . . . . 88<br />

13,25 . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

13,31.32 . . . . . . . . . . 86<br />

15,14 . . . . . . . . . . . . 117<br />

16,22 . . . . . . . . . . . . 107<br />

25,14.15 . . . . . . . . . . 22<br />

25,21 . . . . . . . . . . . . 122<br />

25,31–46. . . . . . . . .113<br />

28,19 . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Markus<br />

8,33 . . . . . . . . . . . . . 115<br />

14,6 . . . . . . . . . . . . . 110<br />

14,50 . . . . . . . . . . . . 128<br />

Lukas<br />

1,3 . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

1,74 . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

6,16 . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

6,47 . . . . . . . . . . . . . 103<br />

10 . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

Johannes<br />

4,34 . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

5,27 . . . . . . . . . . . . . 112<br />

8,25 . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

13 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

14,27 . . . . . . . . . . . . . 16<br />

15,18–20 . . . . . . . . . 101<br />

17 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

Apostelgeschichte<br />

1,8 . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

2,36 . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

2,40 . . . . . . . . . . 27, 115<br />

2,42 . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

5,41 . . . . . . . . . . . . . 101<br />

9,15 . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

9,16 . . . . . . . . . . . 31, 99<br />

9,22 . . . . . . . . . . . . . 129<br />

9,36 . . . . . . . . . . . . . 110<br />

11,23 . . . . . . . . . 98, 115<br />

12,25 . . . . . . . . . . . . 125<br />

13,2 . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

13,8 . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

13,50 . . . . . . . . . . . . . 99<br />

14,5 . . . . . . . . . . . . . 100<br />

14,19 . . . . . . . . . . . . 100<br />

15,39 . . . . . . . . . . . . 126<br />

16,1 . . . . . . . . . . 14, 19 f.<br />

17,31 . . . . . . . . . . . . 112<br />

18,2.18.26 . . . . . . . . 131<br />

18,26 . . . . . . . . . . . . 131<br />

19,10 . . . . . . . . . . . . . 36<br />

19,22 . . . . . . . . . . . . 131<br />

19,33 . . . . . . . . . . . . 127<br />

19,36 . . . . . . . . . . . . . 90<br />

20,4 . . . . . . . . . . . . . 131<br />

20,19.31 . . . . . . . . . . 18<br />

20,24 . . . . . . . . . . . . 121<br />

21,8 . . . . . . . . . . . . . 118<br />

21,29 . . . . . . . . . . . . 131<br />

22,3 . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

22,8.10 . . . . . . . . . . . 98<br />

24,16 . . . . . . . . . . . . . 19<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 134


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Bibelstellenverzeichnis<br />

24,25 . . . . . . . . . . . . 115<br />

28,15 . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Römer<br />

1,2 . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

1,16 . . . . . . . . . . . 25, 27<br />

1,21 . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

1,29–31 . . . . . . . . . . . 87<br />

2,15 . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

2,16 . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

2,20 . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

2,24 . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

2,28.29 . . . . . . . . . . . 91<br />

3,20 . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

5,1 . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

5,2 . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

5,5 . . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

7,24 . . . . . . . . . . . . . 100<br />

8,29 . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

9,1 . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

10,17 . . . . . . . . . . . . 114<br />

11,13 . . . . . . . . . . . . . 30<br />

12 . . . . . . . . . . . . . . 22 f.<br />

12,1 . . . . . . . . . . . . . 120<br />

12,9 . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

15,19 . . . . . . . . . . . . . 23<br />

16,3 . . . . . . . . . . . . . 131<br />

16,23 . . . . . . . . . . . . 131<br />

1. Korinther<br />

2,12.13 . . . . . . . . . . 103<br />

2,13 . . . . . . . . . . . . . 106<br />

3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

3,13 . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

4,3–5 . . . . . . . . . . . . 123<br />

4,17 . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

5,2 . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

9,6 . . . . . . . . . . . . . . 126<br />

9,13 . . . . . . . . . . . . . 105<br />

9,25 . . . . . . . . . . . . . 122<br />

9,27 . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

12 . . . . . . . . . . . 22 f., 25<br />

12,4.21 . . . . . . . . . . . 23<br />

12,11 . . . . . . . . . . . . . 23<br />

14 . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

14,20 . . . . . . . . . . . . . 25<br />

15,1–4 . . . . . . . . . . . 117<br />

15,54 . . . . . . . . . . . . . 30<br />

16,19 . . . . . . . . . . . . 131<br />

2. Korinther<br />

1,12 . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

4,1.2. . . . . . . . . . . . . .98<br />

5,7 . . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

5,10 . . . . . . . . . . . . . 113<br />

5,11 . . . . . . . . . . . . . 113<br />

5,15 . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

6,2 . . . . . . . . . . . . . . 115<br />

6,6 . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

11,23–28 . . . . . . . . . . 99<br />

12,10 . . . . . . . . . . . . . 24<br />

12,15 . . . . . . . . . . . . . 99<br />

Galater<br />

1,4 . . . . . . . . . . . . . . 125<br />

2,4 . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

2,7 . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

2,16 . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4,29 . . . . . . . . . . . . . 101<br />

5,3 . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

5,22 . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

6,10 . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

6,18 . . . . . . . . . . . . . 132<br />

Epheser<br />

1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

1,11 . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

1,13 . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

1,14 . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

1,17 . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2,4 . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

2,9 . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

3,1 . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

3,2 . . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

3,10.11 . . . . . . . . . . . 28<br />

3,11 . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

4 . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

4,8 . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

4,11 . . . . . . . . . . . . . 118<br />

4,12.13 . . . . . . . . . . . 22<br />

4,30 . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

5,32 . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

6,1 . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

6,19.20 . . . . . . . . . . . 31<br />

6,21 . . . . . . . . . . . . . 126<br />

6,24 . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

Philipper<br />

1,7 . . . . . . . . . . . . . . 128<br />

1,13 . . . . . . . . . . . . . 129<br />

1,23 . . . . . . . . . . . . . 122<br />

2,15.16 . . . . . . . . . . 119<br />

2,17 . . . . . . . . . . . . . 120<br />

2,22 . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2,25–28 . . . . . . . . . . 131<br />

3 . . . . . . . . . . . . 98, 121<br />

3,10 . . . . . . . . . . . . . 119<br />

3,13.14 . . . . . . . 98, 121<br />

3,14 . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4,1 . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

4,7 . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

4,8 . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

4,9 . . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

4,22 . . . . . . . . . . . . . 129<br />

4,23 . . . . . . . . . . . . . 132<br />

Kolosser<br />

1,13 . . . . . . . . . . 27, 130<br />

1,20 . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

1,23 . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

1,25 . . . . . . . . . . . 33, 97<br />

3,4 . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

3,15 . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

4,7 . . . . . . . . . . . . . . 126<br />

4,10 . . . . . . . . . . . . . 126<br />

4,14 . . . . . . . . . . . . 124 f.<br />

4,17 . . . . . . . . . . . . . 119<br />

1. Thessalonicher<br />

1,6 . . . . . . . . . . . . . . 101<br />

1,10 . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2,9 . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

3,10 . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

4,7 . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

5,23 . . . . . . . . . . . . . 133<br />

2. Thessalonicher<br />

1,3 . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

www.bibelkommentare.<strong>de</strong> 135


Ein Vermächtnis wird zum Appell (E.A.B.)<br />

Bibelstellenverzeichnis<br />

1,10 . . . . . . . . . . 32, 114<br />

2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

2,8 . . . . . . . . . . . 29, 113<br />

2,9–12 . . . . . . . . . . . 102<br />

2,14 . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

3,2 . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

3,8 . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

1. Timotheus<br />

1,4 . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

1,5 . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

1,9 . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

1,11 . . . . . . . . . . . 12, 30<br />

1,12 . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

1,18 . . . . . . . . . . . 13, 21<br />

1,20 . . . . . . . . . . . . 127 f.<br />

2,4 . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

2,7 . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

3,11 . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

3,13 . . . . . . . . . . . . . 106<br />

3,15 . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

3,16 . . . . . . . . . . . . . 101<br />

4,3 . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

4,7 . . . . . . . . . . . . . . 108<br />

4,14 . . . . . . . . 13, 21, 23<br />

5,18 . . . . . . . . . . . . . 106<br />

6,5 . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

6,10 . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

6,11 . . . . . . . . . . . . . 109<br />

6,12 . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

6,14 . . . . . . . . . . 29, 113<br />

6,18 . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

6,20 . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

6,21 . . . . . . . . . . . . . 121<br />

2. Timotheus<br />

1,5 . . . . . . . . . . . . . . 104<br />

1,6 . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

1,10 . . . . . . . . . . . . . 113<br />

2,2 . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

3,8 . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

4,1 . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

4,8 . . . . . . . . . . . 29, 113<br />

4,19 . . . . . . . . . . . . . 131<br />

Titus<br />

1,2 . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

1,6 . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

1,15 . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

2,3 . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

2,4 . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

2,11 . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

2,12 . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

2,13 . . . . . . . . . . 29, 113<br />

3,2 . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

3,12 . . . . . . . . . . . . . 126<br />

Philemon<br />

1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

11. . . . . . . . . . . . . . .126<br />

24. . . . . . . . . . . . . . .124<br />

25. . . . . . . . . . . . . . .132<br />

Hebräer<br />

2,14 . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

3,1 . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4,12 . . . . . . . . . . . . . 107<br />

4,16 . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

10,2 . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

11,24 . . . . . . . . . . . . . 91<br />

12,2 . . . . . . . . . . . . . 122<br />

13,5 . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

13,7 . . . . . . . . . . 98, 121<br />

Jakobus<br />

3,17 . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

5 . . . . . . . . . . . . . . . . 132<br />

5,14–16 . . . . . . . . . . 132<br />

1. Petrus<br />

1,13 . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

1,15 . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

1,16 . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

1,20 . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

1,22 . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

1,23 . . . . . . . . . . . . . 114<br />

2,9 . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2,23 . . . . . . . 32, 98, 128<br />

3,9 . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

4,5 . . . . . . . . . . . . . . 112<br />

4,10 . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

4,12 . . . . . . . . . . . . . 102<br />

5,4 . . . . . . . . . . 113, 122<br />

5,5 . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

5,8 . . . . . . . . . . . . . . 129<br />

5,10 . . . . . . . . . . . 15, 27<br />

5,12 . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

5,13 . . . . . . . . . . . . . 126<br />

2. Petrus<br />

1,11 . . . . . . . . . . . . . 130<br />

1,14 . . . . . . . . . . . . . 120<br />

1,21 . . . . . . . . . 107, 109<br />

2,5 . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

2,10–12 . . . . . . . . . . . 88<br />

3,3 . . . . . . . . . . . . . . 85 f.<br />

3,16 . . . . . . . . . . . . . 106<br />

1. Johannes<br />

2,16 . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

2,18 . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

2,20.27 . . . . . . . . . . . 35<br />

5,11 . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Judas<br />

3 . . . . . . . . . . . . 34, 121<br />

4 . . . . . . . . . . 86, 93, 96<br />

16. . . . . . . . . . . . . . . 117<br />

18 . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

21 . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

Offenbarung<br />

2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

2,4 . . . . . . . . . . . . . 7, 36<br />

3 . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

3,16 . . . . . . . . . . 91, 113<br />

12,9 . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

19,2 . . . . . . . . . . . . . 123<br />

19,11 . . . . . . . . . . . . 112<br />

20,2 . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

20,11–15. . . . . . . . .113<br />

21,4 . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

22,18.19 . . . . . . . . . . 35<br />

22,21 . . . . . . . . . . . . . 15<br />

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