rungswahlen und Selbstverwaltung - Forum Gesundheitspolitik
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– wurde in der Presse teils mit hämischem Unterton als „empfindliche Schlappe“ 34 ,<br />
„Demonstration gegen den Gewerkschaftsb<strong>und</strong>“ 35 , „Denkzettel“ 36 oder „Debakel“ 37<br />
kommentiert. Die großen konservativen Presseorgane nahmen das schlechte Abschneiden<br />
von DGB <strong>und</strong> DAG zum Anlass, dem DGB dessen Alleinvertretungsanspruch<br />
für die Interessen der Arbeitnehmer nun endgültig abzusprechen. Das Handelsblatt<br />
zitierte Thesen aus einer 1974 erschienenen Studie des Instituts der Deutschen<br />
Wirtschaft (IW) mit dem Titel „Auf dem Weg in den Gewerkschaftsstaat?“:<br />
Demnach verstehe sich der DGB nach wie vor nicht als bloße Interessenvertretung<br />
der Arbeitnehmer im tarifautonomen Bereich. Er betrachtet sich vielmehr als Ersatz<br />
<strong>und</strong> Konkurrenz für die politischen Parteien. Die FAZ meinte, dass die Gewerkschaften<br />
nun nicht mehr behaupten könnten, „die legitimierte autonome politische<br />
Interessenvertretung der Arbeitnehmer“ zu sein. „Die These von der Identität gewerkschaftlicher<br />
Ziele mit den Interessen der Arbeiter <strong>und</strong> Angestellten [sei] brüchig<br />
geworden.“ 38 Die WELT analysierte die Gründe der Verluste für die Gewerkschaften<br />
in dem gleichen Tenor: „Experten schließen aus dem Wahlergebnis, dass<br />
sich die Angestellten zunehmend als eigenständige soziale Gruppe fühlen <strong>und</strong> in der<br />
Mehrheit nicht von DGB <strong>und</strong> DAG vertreten werden wollen. Die beiden großen<br />
Gewerkschaften werden es also künftig schwerer haben, im Namen aller Angestellten<br />
zu sprechen – so bei der Mitbestimmung. Die Protesthaltung vieler Angestellter<br />
mag auch durch den – wie der CGB es formuliert – gewerkschaftlichen Monopolanspruch’<br />
verursacht worden sein. Vielleicht auch hat sich gerächt, dass die beiden<br />
großen Gewerkschaften sich stark parteilpolitisch engagierten. Dass vor allem die<br />
Deutsche Angestelltengewerkschaft bei [...] den Angestellten ihre dominierende<br />
Rolle verlor, führten Experten auch auf die Gerüchte über eine Fusion zwischen<br />
DAG <strong>und</strong> DGB zurück.“ 39 In diesen Medien wurde auch über die Forderungen der<br />
der FDP nahe stehenden Union leitender Angestellter (ULA), die erstmals bei Sozialwahlen<br />
in der BfA angetreten waren <strong>und</strong> auf Anhieb zwei Sitze in der Vertreterversammlung<br />
erhielten, nach Einschränkung des gewerkschaftlichen Einflusses im<br />
betrieblichen Bereich berichtet. In der FR <strong>und</strong> der SZ wurde auch Kritik am DGB<br />
laut, allerdings in eher konstruktiver Hinsicht: „Auch im eigensten Interesse kann<br />
die Konsequenz nur sein: sich mehr um die Angestellten kümmern. Und das geht<br />
nur unter Verzicht auf jene dogmatische Haltung, die soziologische Eigenständigkeiten<br />
innerhalb der Arbeitnehmerschaft verleugnen will. Mehr Erfolg bei den Angestellten<br />
kann der DGB außerdem kaum erringen, solange er sich so einseitig als<br />
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Die WELT vom 31.05.1974: „Die Sozialwahlen 1974 haben einen Erdrutsch gebracht – Hohe<br />
Wahlbeteiligung: Die Angestellten fügen dem DGB <strong>und</strong> der DAG eine empfindliche Schlappe<br />
zu.“<br />
FAZ vom 01.06.1974: „‚Eine Demonstration gegen den Gewerkschaftsb<strong>und</strong>’. Erhebliche<br />
Stimmenverluste bei den Sozialwahlen / Auch Angestelltengewerkschaft stark betroffen.“<br />
Allgemeines Deutsches Sonntagsblatt vom 07.06.1974: „Denkzettel für Gewerkschaften“.<br />
SZ vom 03.07.1974: „Bestürzung über Debakel der Gewerkschaften. Konsequenzen aus dem<br />
schlechten Abschneiden von DGB <strong>und</strong> DAG bei den Sozialwahlen gefordert.“<br />
FAZ vom 25.06.1974: „Der Machtanspruch der Gewerkschaften“.<br />
Die WELT vom 31.05.1974.<br />
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