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rungswahlen und Selbstverwaltung - Forum Gesundheitspolitik

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Wenn im verfassungsrechtlichen Kontext von Wahlen gesprochen wird, so stehen<br />

dabei die Parlamentswahlen auf B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Länderebene (Art. 38 GG sowie Art.<br />

28 Abs. 1 GG) im Vordergr<strong>und</strong>. Bereits aus der Pflicht zur Durchführung der Kommunalwahlen<br />

in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG erschließt sich, dass Wahlen auch in der<br />

(Selbst-)Verwaltung ein wichtiges Instrument der Legitimationsbegründung darstellen.<br />

Nicht ohne Gr<strong>und</strong> wird deshalb auch aus Art. 87 Abs. 2 GG, der für die Sozialversicherungsträger<br />

eine körperschaftliche Organisation vorsieht, auf deren organisationsrechtliche<br />

Ausgestaltung als <strong>Selbstverwaltung</strong>sträger geschlossen, deren<br />

Leitungsorgane ebenfalls durch Wahlen bestimmt werden. 168<br />

Die Begründung von demokratischer Legitimation durch Wahlen beruht auf dem<br />

Gr<strong>und</strong>gedanken, dass im demokratischen Verfassungsstaat die Ausübung von Herrschaft<br />

(Staatsgewalt) zeitlich begrenzt Repräsentanten anvertraut wird. 169 Die Kandidaten<br />

in Wahlprozessen „bewerben“ sich gegenüber den Wählern um dieses Vertrauen<br />

<strong>und</strong> werden im Falle ihres Erfolges zu (haupt- oder ehrenamtlichen) Amtswaltern<br />

bestellt, die im Rahmen von Verfassung <strong>und</strong> Gesetz tätig werden. Unausge-<br />

Unausgesprochene Voraussetzung von Wahlen sind deshalb in der Regel eine die<br />

Zahl der Mandate übersteigende Zahl von Bewerbern sowie eine hinreichende Information<br />

der Wähler über die Person <strong>und</strong> Programmatik der Kandidaten (informierte<br />

Auswahl).<br />

Dieser Normalbef<strong>und</strong> wird bei den Wahlen in der Sozialversicherung weitgehend<br />

<strong>und</strong> seit langem verfehlt, da sich mit den Friedenswahlen ein Mechanismus als Regelfall<br />

etabliert hat, bei dem es an vorausgehender Information <strong>und</strong> Wahlhandlung<br />

fehlt. An ihre Stelle tritt ein Koordinationssystem, das auf direktes Handeln der<br />

Versicherten <strong>und</strong> – mit Ausnahme der Ersatzkassen 170 – der Arbeitgeber als Wahlberechtigte<br />

verzichtet <strong>und</strong> an seine Stelle das nur bedingt transparente Handeln von<br />

Vereinigungen (insbesondere Gewerkschaften <strong>und</strong> Arbeitgeberverbänden) setzt, die<br />

die Interessen der Wahlberechtigten vertreten. Dieser Zustand spiegelt sich eindrucksvoll<br />

darin wider, dass es bei den Sozialwahlen 2005 lediglich bei acht der 340<br />

Versicherungsträger Wahlen mit Wahlhandlung gab, während bei den übrigen 332<br />

Trägern Wahlen ohne Wahlhandlung (Friedenswahlen) durchgeführt wurden. 171<br />

Existenz <strong>und</strong> Praxis der Friedenswahlen waren von Beginn an Gegenstand<br />

rechtswissenschaftlicher Kontroversen. 172 Diese resultierten letztlich aber in der<br />

höchstrichterlich akzeptierten Kompromissformel, dass Friedenswahlen jedenfalls<br />

168<br />

169<br />

170<br />

171<br />

172<br />

So jedenfalls die herrschende Meinung: siehe nur Burgi, in: von Mangoldt/Klein/Starck,<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz Kommentar, Bd. 3, 5. Auflage 2005, Art. 87 Abs. 2, Rdnr. 74 ff. m. w. N.<br />

Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch<br />

des Staatsrechts, Bd. II, 3. Auflage 2004, § 24, Rdnr. 50.<br />

Bei den Ersatzkassen werden die Leitungsorgane nur durch die Versicherten/Arbeitnehmer<br />

gewählt.<br />

B<strong>und</strong>eswahlbeauftragter für die Sozialversiche<strong>rungswahlen</strong>, Schlussbericht 2005, S. 40.<br />

Siehe Muckel, Friedenswahlen in der Sozialversicherung, in: Schnapp (Hrsg.), Funktionale<br />

<strong>Selbstverwaltung</strong> <strong>und</strong> Demokratieprinzip – am Beispiel der Sozialversicherung, 2001, S. 151<br />

ff. m. w. N.; Schnapp, VSSR 2006, 191 (199 f.).<br />

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