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Eric Voegelins Politische Religionen. Kontexte und Kontinuitäten

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Symbole entnimmt, die Hierarchie bis zum göttlichen Gr<strong>und</strong> erstreckt,<br />

von dem aus die sakrale Substanz als „göttlicher Kraftstrom“<br />

(S. 31), mediiert durch den Herrscher, in die gesellschaftliche <strong>und</strong><br />

politische Sphäre einströmt <strong>und</strong> diese ordnet. Dass in diesem Kapitel<br />

der Begriff „politische Religion“ nicht fällt, dürfte sich daraus erklären,<br />

dass in ihm nicht wie im ägyptischen Fall eine ganze Weltanschauung<br />

skizziert wird, sondern nur einige für die weltlich-göttliche<br />

Verbindung allerdings zentrale Symbole diskutiert werden. Dennoch<br />

ist es wahrscheinlich, dass Voegelin auch das mittelalterliche Welt<strong>und</strong><br />

Ordnungsverständnis, dem er die meisten dieser Symbole entnimmt,<br />

als einen eigenen Typus von politischer Religion betrachtet.<br />

Und mehr noch: Dass er in ihm eine der bestmöglichsten Ausgestaltungen<br />

sieht, da in ihr – im Gegensatz zum Fall Altägyptens, wo<br />

lediglich der Pharao unmittelbar unter Gott steht – die Personalität<br />

<strong>und</strong> Gottesunmittelbarkeit des Menschen am deutlichsten zum<br />

Ausdruck gebracht wird. Auf diesen Punkt wird später noch näher<br />

einzugehen sein.<br />

Sofern diese Deutung zutrifft <strong>und</strong> das christlich-mittelalterliche Ordnungsverständnis<br />

im Ablauf <strong>und</strong> in der Typologie politischer <strong>Religionen</strong><br />

als Scheitelpunkt angesehen werden kann, erfolgt nun der<br />

Abstieg. Denn schon hier verweist Voegelin darauf, dass die „Vergöttlichung<br />

der irdischen Herrschaftsordnung, ihre innerweltliche<br />

Schließung <strong>und</strong> die gleichzeitige Dekapitierung des überweltlichen<br />

Gottes, an eine größere Zahl von Voraussetzungen geb<strong>und</strong>en (ist).“<br />

(S. 32) Und die „Voraussetzungen“ dieses Prozesses, der zu den<br />

innerweltlichen Gemeinschaften der Gegenwart führt, treten nun<br />

immer stärker ins Zentrum der Analyse. Wir brauchen auf sie nicht<br />

im einzelnen einzugehen, es genügt der Hinweis auf die wichtigsten<br />

der hier von ihm angeführten: (1) auf die Symbole der naturalen Abstammungsgemeinschaft;<br />

(2) auf die Umbildungen der Ekklesia-<br />

Substanz, die sich nicht nur in den christlichen Kirchen zeigt, sondern<br />

„auch in den staatlichen Gemeinschaften lebendig geblieben“<br />

ist (S. 34); (3) auf die Spaltung der Ekklesia in den Linien von spiritual<br />

<strong>und</strong> temporal, von der es heißt, dass sie einer der „wichtigsten<br />

Faktoren in der Bildung der innerweltlichen Gemeinschaften war“<br />

(S. 35); sowie schließlich (4) auf die religiöse Geschichtsdeutung,<br />

sprich: auf die christliche Reichsapokalypse von Joachim von Fiore,<br />

der Voegelin „entscheidende Bedeutung für die Dynamik der

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