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Eric Voegelins Politische Religionen. Kontexte und Kontinuitäten

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Die Brisanz dieser Erörterungen ist unübersehbar. Sie betrifft nicht<br />

nur die sittlichen Implikationen einer Rechtfertigung des Widerstandsrechts,<br />

ja des politischen Mordes unter ganz bestimmten Bedingungen,<br />

sondern auch die Konsequenzen, die die Veröffentlichung<br />

eines solchen Textes für dessen Autor, den Verlag, ja für die<br />

gesamte deutsche Emigration nach sich ziehen konnte. Dass von<br />

Seiten des Verlages ernste Bedenken erhoben wurden <strong>und</strong> Bermann-<br />

Fischer um die Streichung der betreffenden Passagen bat, war somit<br />

nicht überraschend. Dahinter stand vor allem die Sorge, dass der<br />

Text vom nationalsozialistischen Regime aus dem Zusammenhang<br />

gerissen, verfälscht <strong>und</strong> im Kampf gegen die Emigration verwendet<br />

werden konnte. 62 Diese Sorge war keineswegs unbegründet. So hatte<br />

Josef Göbbels das Attentat auf von Rath als „Verschwörung des<br />

Weltjudentums“ bezeichnet, <strong>und</strong> auch die kurz darauf folgenden<br />

Pogrome gegen jüdische Deutsche, die sogenannte Reichskristallnacht,<br />

war als „Vergeltungsmaßnahme an den Juden“ begründet<br />

worden.<br />

Warnungen kamen jedoch nicht nur von Seiten des Verlages, sondern<br />

auch von Fre<strong>und</strong>en, denen Voegelin den Text geschickt hatte.<br />

Besonders erwähnenswert ist dabei die Antwort von Alfred Schütz:<br />

„Was den Brief von Thomas Mann betrifft, so ist er in der Gesinnung<br />

ebenso schlecht, wie in der Grammatik, <strong>und</strong> ich glaube nicht,<br />

dass es noch irgendeine Nation gibt, deren führender Schriftsteller<br />

die Unkenntnis der Sprache, in der er sich ausdrückt, mit einer so<br />

abgr<strong>und</strong>tiefen Banalität zu verbinden versteht, wie es hier der Fall<br />

ist. Ich habe Ihr Vorwort einigen wenigen Fre<strong>und</strong>en gezeigt, die alle<br />

restlos begeistert waren, nicht nur über das, was Sie sagen, sondern<br />

auch darüber, wie Sie es tun. Nichtsdestoweniger will ich ernstlich<br />

hoffen, dass dieses Schriftstück ungedruckt bleibt. Sie nützen damit<br />

niemandem <strong>und</strong> schaden sich in ungeheurem Maße. Für mich selbst<br />

war es geradezu ein Labsal Ihre Seiten zu lesen. Aber derlei eignet<br />

sich nur zur Mitteilung von Fre<strong>und</strong> zu Fre<strong>und</strong>, einmal ins Publikum<br />

geworfen, verlieren solche Sätze ihre Wirkung völlig, sie kehren sich<br />

gegen den Autor <strong>und</strong> wiewohl ich weiß, dass Sie derlei nie gefürchtet<br />

haben, bin ich sicher, dass Sie, falls Sie sich doch zur Veröffent-<br />

62 Siehe dazu die Briefe vom 2. Februar 1939 von Gottfried Bermann-<br />

Fischer <strong>und</strong> Dr. Viktor Zuckerkandl an Voegelin.

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