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Parodontologische Apekte<br />
Die Parodontitis ist nach heutigem Kenntnisstand eine<br />
multifaktorielle Infektionserkrankung, die einerseits den<br />
Biofilm voraussetzt, anderseits in ihrer Ausprägung stark<br />
von der Wirtsantwort beeinflusst wird. Ist bei einem Patienten,<br />
aus welchen Gründen auch immer, die Parodontitis<br />
nicht beherrschbar, so ist die Extraktion von Zähnen mit<br />
anschließender Implantation von vorneherein zum Misserfolg<br />
verurteilt. Bevor in einem parodontal vorgeschädigten<br />
Gebiss über eine Implantattherapie nachgedacht wird, muss<br />
die parodontale Infektion behandelt sein, denn durch Implantate<br />
ersetzte Zähne ändern prinzipiell das Risikoprofil<br />
des Patienten nicht. Parodontal erkrankte Zähne stellen ein<br />
Reservoir für die bakterielle Kontamination von Implantaten<br />
dar [51,52]. Parodontalpathogene Keime sind innerhalb eines<br />
Monats nach Implantatfreilegung in der subgingivalen<br />
periimplantären Umgebung nachweisbar [50]. Die Ätiologie<br />
von Parodontitis und Periimplantitis ist dieselbe [47,48],<br />
aber die Periimplantitis stellt im Gegensatz zur Parodontitis<br />
nach wie vor ein äußerst schwer zu therapierendes Problem<br />
dar. Durch eine suffiziente Initialtherapie mit sich anschließender<br />
konsequenter Erhaltungstherapie können in vielen<br />
Fällen teilweise infauste, sicherlich aber die meisten ursprünglich<br />
als fraglich eingestuften Zähne, erhalten werden [21]<br />
(Abb. 2). Darüber hinaus verbessert sich die Langzeitprognose<br />
von Implantaten im parodontal vorgeschädigten<br />
Gebiss deutlich [46].<br />
Parodontaltherapeutisches Praxiskonzept<br />
Antiinfektiöse Therapie (Initialtherapie)<br />
Am Anfang der Initialtherapie steht die anamnestische<br />
Befragung des Patienten, um Risikofaktoren (Rauchen, Diabetes<br />
mellitus, Stress usw.) zu eruieren und wenn möglich<br />
zu reduzieren, um dadurch die Wirtsantwort so weit wie<br />
möglich zu verbessern.<br />
Die eigentliche Behandlung der parodontalen Infektion<br />
erfolgt in schweren chronischen oder aggressiven Fällen,<br />
eventuell mit unterstützender Antibiotikatherapie, innerhalb<br />
von 24 Stunden (z.B. nach dem Full-Mouth-Disinfection<br />
Prinzip [45]). Während der Heilphase nach der Initialtherapie<br />
werden stark gelockerte Zähne geschient (Abb. 3, 4).<br />
Bei persistierender Entzündungsbereitschaft trotz guter<br />
Mundhygiene sollte nach der Reevaluation eine internistische<br />
Untersuchung des Patienten erfolgen, um eventuell<br />
bisher unbekannte Allgemeinerkrankungen (z.B. Diabetes<br />
mellitus), die die Wirtsantwort beeinflussen, zu diagnostizieren.<br />
Entscheidungskriterien<br />
Von den gesetzlichen Krankenkassen wird in der Parodontologie<br />
verlangt, schon vor der Initialtherapie bei schwerer<br />
generalisierter Parodontitis die Extraktion vermeintlich infauster<br />
Zähne durchzuführen.<br />
Die Extraktion von Zähnen aus parodontalen Gründen<br />
sollte allerdings immer kritisch überdacht werden.<br />
Die Studie von Hirschfeld und Wassermann [21] an 600<br />
Patienten, die sich über 22 Jahre in parodontaler Erhaltungstherapie<br />
befanden, zeigte, dass bei 50% der Patienten alle<br />
Zähne erhalten werden konnten, darüber hinaus konnte<br />
festgestellt werden, dass 33% der Patienten nur 1-3 Zähne<br />
verloren hatten. Ebenfalls mussten nach diesem langen<br />
Zeitraum nur 31% der ursprünglich als fraglich eingestuften<br />
Zähne extrahiert werden.<br />
Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen sich in der Praxis.<br />
Gerade einwurzlige Zähne mit einem Knochenverlust von<br />
deutlich mehr als 50% können oft noch jahrelang in Funktion<br />
bleiben.<br />
Wird die Initialtherapie gründlich durchgeführt und schließt<br />
sich daran eine regelmäßige UPT an, so ist in vielen Fällen<br />
auch eine spontane Regeneration von Knochen zu<br />
beobachten (Abb. 2, 3, 4). Deshalb ist zu empfehlen,<br />
mit eventuellen regenerativen Maßnahmen mindestens<br />
ein Jahr abzuwarten. Dadurch erübrigt sich oft ein regenerativ-chirurgisches<br />
Vorgehen.<br />
Überhaupt wird durch dieses konservative Behandlungskonzept<br />
(Initialtherapie und konsequente UPT) die<br />
chirurgische Parodontaltherapie meist überflüssig. Ohnehin<br />
ist das Indikationsfenster für die resektive chirurgische <br />
F A C H L I C H E S<br />
Unterstützende Parodontitistherapie<br />
(UPT, Erhaltungstherapie)<br />
Je nach Risikoprofil (Berner Risikodiagramm), das in der<br />
Reevaluationssitzung bestimmt wird, wird das Recallintervall<br />
festgelegt.<br />
Da es zu einer Rekonolisation der parodontalen Tasche<br />
kommt [44], ist ohne die konsequente, regelmäßige Erhaltungstherapie<br />
der Erfolg der Initialtherapie schon mittelfristig<br />
zum Scheitern verurteilt. Die UPT ist somit eine conditio<br />
sine qua non einer jeden Parodontitistherapie.<br />
Abb. 2: Panoramaschichtaufnahme eines Patienten mit<br />
aggressiver Parodontitis.<br />
D E Z E M B E R 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />
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