PDF Download - b:sl Beruf-Schulleitung
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:Recht<br />
35<br />
Gefahr durch großzügige Geschenke<br />
Vor allem an Grundschulen, manchmal aber auch an weiterführenden Schulen, werden den Lehrkräften<br />
großzügige Geschenke gemacht. Kein Problem?<br />
Dass Sie als Schulleiter Geschenke bekommen, ist vermutlich die<br />
Ausnahme. Die meisten Präsente erhalten die ganz „normalen”<br />
Lehrkräfte, wobei Sie jedoch dafür sorgen müssen, dass an Ihrer Schule<br />
die Regelung über die Annahme von Geschenken eingehalten wird.<br />
Oft fängt es harmlos an: Zuerst sind es Blumensträuße oder Pralinen.<br />
Später gibt es für die Kollegen vielleicht einen Kinogutschein<br />
(mit Popcorn und Getränk) oder zum Jahresende einen Schlemmerkorb.<br />
Nicht zu vergessen die kleinen Aufmerksamkeiten zum<br />
Geburtstag und zu Weihnachten. Manche Kollegen sehen hier kein<br />
Problem, andere sind etwas beunruhigt. Denn sie erinnern sich, vor<br />
der Einstellung bei der Schulbehörde ein Papier unterschrieben zu<br />
haben, das die Annahme von Geschenken regelt. Diese Erinnerung<br />
aber verdrängen sie, weil das Verhältnis zu Schülern und Eltern ausgesprochen<br />
nett ist.<br />
Vor allem au<strong>sl</strong>ändische Eltern geben Lehrkräften manchmal individuelle<br />
Geschenke, wobei sie oft darauf hinweisen, dass es in ihrem<br />
Kulturkreis ausgesprochen unhöflich wäre, ein Geschenk abzulehnen.<br />
In unserem Fall bekommt eine Lehrerin, die ihre Klasse erfolgreich<br />
zum Abschluss geführt hat, von der Elternschaft eine Parkbank (Obi,<br />
99,– €) für ihren Garten geschenkt. Die Kollegin findet das zwar etwas<br />
üppig, freut sich aber, weil sie ihre anstrengende Arbeit endlich einmal<br />
gewürdigt sieht. Zudem will sie nicht unhöflich sein und meint, das<br />
Geschenk sei unproblematisch, weil es ihr ja erst nach der Zeugniskonferenz<br />
übergeben wurde.<br />
In solchen und ähnlichen Fällen sollten Sie den Kollegen erklären,<br />
was zulässig ist – und was nicht. Deshalb kommt jetzt der Erlass, den<br />
die Lehrkräfte in den meisten Bunde<strong>sl</strong>ändern zwar einmal erhalten<br />
haben, an den sie sich aber nicht mehr erinnern (wollen). Aber selbst<br />
wenn die Kollegen den Erlass nicht bekommen haben, müssen sie ihn<br />
kennen und beachten.<br />
Ob Geschenke mit Hintergedanken gemacht werden, lässt sich<br />
kaum feststellen. Aber das ist auch nicht nötig, weil für Lehrkräfte<br />
gilt: Grundsätzlich dürfen keine Geschenke (od. Belohnungen) angenommen<br />
werden. Schließlich soll niemand auf die Idee kommen, in<br />
Deutschland könne man sich Behördenvertreter über Geschenke gewogen<br />
machen. Wobei die Parkbank von oben streng genommen kein<br />
Geschenk, sondern eine Belohnung darstellt. Denn sie wurde ja, wie<br />
die meisten Zuwendungen, zum Schluss des Schuljahres übergeben,<br />
also als Belohnung für das schülerfreundliche Verhalten.<br />
Nun sind weder Gerichte noch Kultusministerien so weltfremd,<br />
dass gar nichts akzeptiert werden darf. Und so gibt es eine „Bagatellgrenze”,<br />
die bei 10, – € liegt – allerdings nicht pro Schüler, sondern pro<br />
Lerngruppe und Schuljahr. Bis zu dieser Grenze gilt die Zustimmung<br />
der vorgesetzten Dienstbehörde als automatisch erteilt. Eine geringe<br />
Überschreitung ist nicht dramatisch, falls der „Gebrauchswert” des<br />
Geschenks gering ist (vergänglicher Blumenstrauß für 12,50 Euro). Besonders<br />
hoch ist der Gebrauchswert bei Bargeld und Gutscheinen (z.B.<br />
eines Supermarktes), die der Beschenkte nach Belieben nutzen kann.<br />
Liegt der Wert zwischen 10,– € und 50,– €, so muss die vorgesetzte<br />
Dienstbehörde zustimmen, die diese Befugnis jedoch an Sie abgeben<br />
kann. Ein solches Geschenk darf aber auf keinen Fall ohne Absegnung<br />
„von oben” angenommen werden.<br />
Sobald der Wert über 50,– € liegt, muss die Zustimmung der obersten<br />
Dienstbehörde, also des Kultusministeriums, eingeholt werden.<br />
Tja, so hart sind die Regelungen in Deutschland.<br />
Sicher kennen Sie den Einwand der Kollegen, die au<strong>sl</strong>ändische Schüler<br />
unterrichten und von ihnen bzw. deren Eltern Geschenke annehmen:<br />
Dies abzulehnen, sei fast eine Beleidigung. Das stimmt nur teilweise.<br />
Und die entscheidende (rhetorische) Frage ist doch, welche kulturellen<br />
und rechtlichen Normen an deutschen Schulen gelten sollen.<br />
Sie können den Kollegen erklären: Die unausgesprochene Verpflichtung,<br />
Geschenke anzunehmen, gilt nur auf der privaten Ebene.<br />
Auch in anderen Kulturkreisen werden Behördenvertretern keine Geschenke<br />
gemacht – und wenn dies doch geschieht, dann will man sich<br />
den Betreffenden gewogen machen, also geschickt bestechen.<br />
Eltern, die Lehrkräften attraktive Geschenke machen, versuchen<br />
daher, die Beziehung zu Lehrkräften auf die private Ebene der Freundschaft<br />
zu ziehen, weil sie sich davon einen Vorteil für ihre Kinder versprechen.<br />
Denn einem Schüler, mit dessen Eltern man quasi befreundet<br />
ist, gibt eine Lehrkraft nicht so schnell eine Fünf oder empfiehlt ihn für<br />
die Hauptschule.<br />
Allerdings ist das Verhältnis von Lehrern zu Eltern kein privates,<br />
sondern ein dienstliches, in dem die Lehrkräfte den deutschen Staat<br />
bzw. seine Behörden repräsentieren. Deshalb darf nicht der Eindruck<br />
entstehen, dort würden Belohnungen für gefälliges Verhalten akzeptiert.<br />
Das heißt nicht, dass man den Kollegen unterstellt, sie seien bestechlich.<br />
Vielmehr geht es um die Wirkung nach außen und darum,<br />
was einige Eltern verbreiten könnten.<br />
Wenn die Belohnung schon angenommen wurde, kann eine Notlösung<br />
darin bestehen, die Parkbank nicht persönlich zu nutzen, sondern<br />
sie – quasi als Spende – der Schulgemeinschaft zukommen zu lassen.<br />
In einigen Bunde<strong>sl</strong>ändern besteht für Schulen eine sog. Aushangpflicht.<br />
Sie fordert, wichtige Erlasse auszuhängen, damit jeder sie sehen<br />
kann. Dazu zählt auch der Erlass über das Verbot der Annahme von<br />
Geschenken und Belohnungen. Auch Sie sollten ihn im Lehrerzimmer<br />
aushängen und die Kollegen einmal jährlich, am besten kurz vor Ende<br />
des Schuljahres, daran erinnern. Dadurch sind Sie auf der sicheren Seite<br />
– und falls dann irgendwelche Kollegen trotzdem dagegen verstoßen,<br />
so ist das nicht mehr Ihr Problem.<br />
Mit den besten Grüßen bis zum nächsten Mal<br />
Ihr Günther Hoegg<br />
Text: Dr. jur. Günther Hoegg<br />
Dr. jur. Günther Hoegg, ist Jurist und seit 20 Jahren Lehrer. Im Januar 2011 ist sein Band „SchulRecht! für<br />
schulische Führungskräfte” im Verlag Beltz erschienen.<br />
b:<strong>sl</strong> 03:2012