ZUR LAGE
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Der Weg zum Wein<br />
„Sehr gutes Erzeugniß“<br />
Im Waiblinger Ortsteil Neustadt wurde ein verwilderter Weinberg<br />
teilweise rekultiviert und diente zunächst dem Berufsbildungswerk für<br />
die Ausbildung Jugendlicher. Inzwischen ist im „Haufler“ zudem eine<br />
ambitionierte Weinerlebnisführerin als Winzerin aktiv.<br />
Sigrun Trinkle dirigiert Auszubildende<br />
mit Lernbehinderung bei der Arbeit im<br />
Weinberg und ist ansonsten in jeder freien<br />
Minute in dem wiederbelegten „Haufler“.<br />
Während der Begleiter mit Schreibgerät und Block vorsichtig<br />
einen Fuß vor den anderen setzt, schreitet Sigrun<br />
Trinkle wie eine Gämse die über 240 engen Stäffele des<br />
steilen Weinbergs hinaus, blickt dann von oben stolz hinunter<br />
und öffnet gleichzeitig eine Flasche mit Schillerwein,<br />
der hier im Haufler wuchs und in der Remstalkellerei<br />
in Weinstadt-Beutelsbach ausgebaut wurde.<br />
Die Rebenflur in Waiblingen-Neustadt ist etwas Besonderes<br />
unter den Württemberger Arealen. Wer die knapp<br />
0,4 Hektar und die verwildert anmutende Umgebung betrachtet,<br />
ahnt nicht, dass dies hier mal eine bedeutende<br />
Fläche mit rund neun Hektar war, die sich größtenteils im<br />
Besitz der Württembergischen Hofkammer befand. In einer<br />
Oberamtsbeschreibung aus dem Jahr 1850 ist nachzulesen,<br />
dass „der Haufler mit weißen und schwarzen Clevnern,<br />
Traminern und Rießlingen ein sehr gutes Erzeugniß<br />
liefert, höher im Preis als der übrige Neustadter“.<br />
1934 kam der Weinberg in Privatbesitz. Die Bewirtschaftung<br />
war, auch wegen der Frostgefahr, schwierig.<br />
1957 stellte die Ortsgenossenschaft vorbeugend über tausend<br />
Ölöfen in den Reben auf; wenn Eiseskälte im Anzug<br />
war, heulte eine Sirene und die Öfen wurden angezündet.<br />
Vor rund 50 Jahren kam dann das vorläufige Ende des<br />
Hauflers. Mit der Zeit verwilderte der Weinberg, die Trockenmauern<br />
fielen zusammen. Brombeeren, Eschen und<br />
sonstige Natur machten sich breit. Dass hier mal durchaus<br />
lukrativer Rebbau von „fleißigen und betriebssamen<br />
Einwohnern“ betrieben wurde, war nicht mehr erkennbar.<br />
Bis das Berufsbildungswerk Waiblingen im Jahr 2000<br />
einen besonderen Nutzwert der mittlerweile im Besitz<br />
der Stadt Waiblingen befindlichen Flur erkannte und begann,<br />
zumindest einen kleinen Teil der einstigen Fläche<br />
zu rekultivieren.<br />
Auszubildende, auch solche mit Lernbehinderung,<br />
sollten hier praxisnahen Unterricht in freier Natur bekommen.<br />
Zielsetzungen: wirtschaftliches Handeln ver-<br />
Fotos: Simone Mathias<br />
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